In LX 2048 flüchten die Menschen vor den tödlichen Sonnenstrahlen und dem Elend ihres Lebens in virtuelle Welten. Auch der Tod scheint mit Hilfe von Klonen nicht mehr unüberwindbar. Eine schöne neue, wenn auch künstliche Welt. Gute Ansätze machen aber noch lange keinen guten Film. Hier erfahrt Ihr mehr.
Titel | LX 2048 |
Jahr | 2020 |
Land | Lithuania |
Regie | Guy Moshe |
Genres | Science Fiction, Drama |
Darsteller | James D'Arcy, Gina McKee, Delroy Lindo, Juliet Aubrey, Anna Brewster, Jay Hayden, Linc Hand, Gabrielle Cassi, Ronin Zaki Moshe, Logan Findlay, Majus Motiejus Prokopas, Chelsea Darnell |
Länge | 103 Minuten |
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Die Handlung von LX 2048
Man schreibt das Jahr 2048. Die Sonne hat sich verändert, die Strahlen sind nach kurzer Zeit tödlich. Die Welt ist auf Droge. Alle schlucken täglich brav ihre Lithiumpillen und verkriechen sich in virtuelle Realitäten. Alle? Nun zumindest Adam Bird (James D’Arcy) lagert die Glücklichmacher lieber in der Küchenschublade. Und auch die Welt hinter der VR-Brille hat für ihn ihren Reiz verloren. Bis auf die kleine Liaison mit Maria (Gabrielle Cassi), seiner Sexpuppe im Cyberspace. Als ihm Gattin Reena (Anna Brewster) dabei auf die Schliche kommt, helfen auch keine Pillen mehr. Die Scheidung ist angesagt.
Reena kennt auch kein Mitleid, als Adam ihr erzählt, dass er wegen eines Herzfehlers wohl bald das Zeitliche segnen müsse. Nicht einmal die beiden Kinder will sie ihn noch einmal sehen lassen. Und vielleicht ist der Tod des Ex auch gar nicht so schlecht. Denn es gibt ja die Versicherungspolice Premium 3. Die garantiert in kürzester Zeit die Rückkehr des Verstorbenen als Klon – in optimierter Fassung. “Wenn das unglückliche Ereignis eintreten sollte, können Sie sich auch etwas freuen”, versichert der Versicherungsvertreter. Etwas schwierig wird es aber, wenn der mit allen Erinnerungen des Originals programmierte Klon auf das doch noch nicht verstorbene Original stößt.
Drama, Thriller oder Satire?
Was klingt wie der Plot zu einer geistreichen Satire, ist dies irgendwo auch. Oder vielleicht doch nicht? LX 2048 kommt zunächst daher wie ein düsteres Ehedrama, schwankt unentschlossen zwischen den Genres. Auch wenn früh einige Bilder einen skurrileren Kurs andeuten, etwa wenn Adam im Ganzkörperschutzanzug mit dem offenen Cabrio durch die Stadt saust. Auch wenn er durch das leere Großraumbüro an seinen Arbeitsplatz geht, ist das ein verwirrender Anblick. Er ist der Einzige, der real in seiner Firma auftaucht. Alle anderen sind, wie wir coronageschult wissen, im Homeoffice. Bis auf die Putzfrau, die wie eine Erscheinung vom anderen Stern in einer Türöffnung auftaucht. Wobei Regisseur und Autor Guy Moshe die Gute dabei auch noch in eine sonnige Aura gesättigter Farben hüllt.
Wenn Adam etwas später im Konferenzraum mit der VR-Brille auf der Nase sitzt und mit seinen Kollegen debattiert, wirkt es, als rede er mit leeren Stühlen. Das erinnert stark an eine peinliche Episode von Hollywood-Altstar Clint Eastwood, der im Wahlkampf gegen Barack Obama mit einer ähnlichen Einlage für Irritationen sorgte. Ob Moshe tatsächlich ironisch darauf verweisen wollte? Halten wir ihm zugute, dass dies zumindest möglich sei.
LX 2048 ist ein Stoff für die Bühne
Doch an visuellen Ideen ist LX 2048 eher arm, was im Übrigen auch für die Tricktechnik gilt. Schon der CGI-Vorspann kommt wie eine schlechte TV-Animation der 90er Jahre daher. Wohlmeinend mag man auch darin einen ironischen Verweis auf den satirischen Grundtenor sehen. Der Streifen ist stark dialoglastig, häufige Zwiegespräche uninspiriert inszeniert. Oft fühlt man sich an ein Theaterstück erinnert, und in der Tat dürfte der Stoff auf der Bühne größere Wirkung entfalten als auf der Leinwand oder im Heimkino. Wobei die Dialoge durchaus um interessante Themen und spannende, philosophische Fragen kreisen.
So diskutiert Adam mit seiner Klon-Therapeutin Dr. Maple (Juliet Aubrey) über den Grund seiner ablehnenden Haltung. Klone hätten keinen Instinkt und kein Mitgefühl, meint er. “Sie wollen von mir überrascht werden?” fragt sie ihn dann. “Geht es im Leben nicht genau darum?” antwortet er mit einer Gegenfrage. Und wir mögen ihm da gar nicht widersprechen. Auch beim Turteln mit seiner virtuellen Geliebten wird Adam nachdenklich. “Wieso müssen wir etwas besitzen, um es zu lieben”, fragt er mehr sich selbst. Um sich auch gleich eine Antwort zu geben, die indes am Kern der Frage etwas vorbeigeht: “Damit ich mich wahrhaftig geliebt fühle, muss ich wissen, dass Du mich ausgesucht hast. Und um mich auszusuchen, müsstest Du echt sein, mehrere Optionen haben, mehr als nur meine eigene Phantasie sein.”
Doch auf tiefschürfende Gedanken ist Maria nicht programmiert. “Das ist ganz schön ernst, was Du da sagst”, entgegnet sie nur. “Seit wann nimmst Du schon nicht mehr Deine Medizin?” Ja, das Allheilmittel der schönen neuen Welt: “Lithium X nimmt all unserer Schmerzen”, weiß auch Adam. “Aber Liebe existiert nicht ohne Schmerzen”, hat er erkannt.
Rückblenden durchbrechen den zähen Handlungsfluss
Die Erzählstruktur von LX 2048 wird von zahlreichen Rückblenden durchbrochen, die vor allem die Gründe des ehelichen Zerwürfnisses näher beleuchten. Das bringt zwar Abwechslung in den durch die Dialoge etwas zähen Erzählfluss, bietet ansonsten aber keine weitere Bereicherung. Es gibt nur wenige Handlungsräume, und immer mehr ähnelt es einem Kammerspiel. Das gipfelt im letzten Akt in der Begegnung Adams mit seinem optimierten Double. Und hier dreht der Streifen noch einmal auf.
Nicht ganz frei Plattheiten wie dem offenbar obligatorischen Schwanzvergleich wird diese Begegnung doch zu einem gut durchdachten Wettstreit der Prinzipien. Was ist besser? Der natürliche Mensch mit all seinen Schwächen oder der optimierte Klon? Durchaus eine Frage von aktueller Brisanz – angesichts des zunehmenden Optimierungswahns in Teilen der Gesellschaft.
Der doppelte D’Arcy rettet LX 2048 vorm Flop
Auch hier ist die Tricktechnik nicht überzeugend. Wenn der verdoppelte James D’Arcy sich selbst gegenübersteht, und sich die Blicke der beiden Kontrahenten treffen sollten, gehen diese zu oft aneinander vorbei. Hier noch Methode zu vermuten, wäre des Wohlwollens doch zu viel. Stark in dieser Doppelrolle ist aber die Performance D’Arcys, der in Momenten an den legendären Anthony Perkins (Psycho) erinnert – den er übrigens in Hitchcock von 2012 an der Seite von Anthony Hopkins auch verkörperte. Original und Klon sind halt nur äußerlich gleich. Ihre unterschiedlichen Charaktere glaubhaft in einer Szene zu verkörpern, ist eine großartige Leistung. D’Arcy, der schon in Serie wie Marvel’s Agent Carter und Filmen wie The Philosophers – Wer überlebt? vielleicht nicht das beste Händchen für seine Rollenauswahl, wohl aber seine Vielfältigkeit zeigte, rettet LX 2048 damit vor der Drittklassigkeit.
Unser Fazit zu LX 2048
Der Film von Guy Moshe, der 2010 mit Bunraku mit Josh Hartnett, Demy Moore und Woody Harrelson immerhin einen kleinen Achtungserfolg erzielen konnte, bietet zwar eine spannende und höchstaktuelle philosophische Grundidee. Er krankt aber an seiner Dialoglastigkeit und wirkt oft wie ein Theaterstück. Rückblenden reichen nicht, um Längen zu überspielen. Bei einer Laufzeit von mehr als 100 Minuten hätte die ein oder andere Kürzung sicher gut getan. Unentschlossen schwankt LX 2048 zwischen Drama und Satire, wobei es durchaus eine Reihe gelungener Momente gibt. Insbesondere das brillante Spiel von James D’Arcy hebt den Streifen leicht über das Mittelmaß. Ganz leicht!
LX 2048 erscheint am 7. April 2022 digital, am 14. April als digitales VOD und am 6. Mai auf DVD und Blu-ray.
Unsere Wertung:
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