Martin Ritts Man nannte ihn Hombre präsentiert Paul Newman als weißen Indianer, der einen Ausflug wagt, in die Welt, von der er sich einst abgewandt hat. Der anti-rassistische Western ist ein Klassiker des Genres. Ob das HD-Upgrade lohnt, erfahrt ihr bei uns.[su_youtube url=“https://www.youtube.com/watch?v=24ZKMRSutuM“]
Titel | Man nannte ihn Hombre |
Jahr | 1967 |
Land | United States of America |
Regie | Martin Ritt |
Genres | Western |
Darsteller | Paul Newman, Fredric March, Richard Boone, Diane Cilento, Cameron Mitchell, Barbara Rush, Peter Lazer, Margaret Blye, Martin Balsam, Skip Ward, Frank Silvera, David Canary, Val Avery, Larry Ward |
Länge | 111 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Man nannte ihn Hombre, und er war ein Weißer aus dem Reservat
John Russell (Paul Newman) wurde als Kind von Indianern entführt. Als man ihn wieder nach Hause brachte, kam der Junge nicht mehr in der Welt des weißen Mannes zurecht. Er nahm Reißaus und lebte fortan unter den ungeliebten Rothäuten. Eines Tages taucht ein junger Mann namens Billy Lee (Peter Lazer) im Reservat auf. Er wurde von Russells alten Bekannten Mendez (Martin Balsam) geschickt, der ihn dringend zu sprechen ersucht. Als Russell ihn in einem Wirtshaus trifft, eröffnet er ihn, dass sein Ziehvater gestorben ist und ihm seine Pension in Sweetmary vererbt hat. Diese wird von der resoluten Jessie Brown (Diane Cilento) geführt und läuft mehr schlecht als recht. Neben Billy Lee und seiner unzufriedenen Frau Doris (Margaret Blye) als zahlende Gäste lässt Jessie auch ihren Liebhaber Frank Braden (Cameron Mitchell) hier wohnen.
Russell trifft einige Tage später in Sweetmary ein, rasiert und in angemessener Kleidung. Die meisten Leute wissen allerdings, wer er ist, und treten ihm argwöhnisch entgegen. In der Pension erzählt er Jessie, dass er nicht daran interessiert ist, die alten Arrangements seines Vaters aufrecht zu erhalten. Er will Haus und Grundstück gegen Pferde tauschen und damit in das Reservat zurückkehren. Dazu schließt er sich einer Fahrgemeinschaft um Dr. Favor (Ferdric March) und seiner Frau Audra (Barbara Rush) an, die eine Kutsche gechartert haben. Als Pferdelenker haben sich Billy Lee und Mendez angeboten, die Gruppe wird komplettiert durch Doris und den schmierigen Cicero Grimes (Richard Boone). Letzterer führt Übles in Schilde, hat es auf Geld abgesehen, das Dr. Favor veruntreut hat und eigentlich für das Reservat gedacht war. Nun ist John Russell die einzige Hoffnung der Fahrgäste, aber der hat eigentlich kein Interesse daran, ihnen zu helfen…
Ein Regisseur und sein Star
Der jüdische Regisseur Martin Ritt war dafür bekannt, in seinen Filmen gerne soziale Missstände in den Fokus zu rücken. Er selbst hatte es im Showbiz nicht immer leicht, landete er doch wegen angeblicher unamerikanischer Umtriebe 1952 auf der berüchtigten schwarzen Liste. Er gab darauf einige Jahre Schauspiel-Unterricht. Erst mit seinem Hit Der lange, heiße Sommer (1958) mit Paul Newman konnte er sich in Hollywood rehabilitieren. Sie drehten danach zusammen das Drama Paris Blues (1961) sowie die beiden Western Der wildeste unter Tausend (1963) und Carrasco, der Schänder (1964). Damit war der Schauspieler auch die logische Wahl, als Ritt darauf Man nannte ihn Hombre (1967) in Angriff nahm. Er basierte auf einem Buch von Elmore Leonard, der später vor allem für moderne Noir-Stoffe bekannt, von denen u.a. 52 Pick-up (John Frankenheimer, 1986), Schnappt Shorty (Barry Sonnenfeld, 1995) und Jackie Brown (Quentin Tarantino, 1997) verfilmt wurden.
Er ist kein weißer Junge mehr
Die Geschichte von Man nannte ihn Hombre dreht sich um Rassismus und den tiefen Spalt, der sich über die Jahre zwischen den weißen Siedlern und die von ihnen oder für sie vertriebenen und in Reservate gepferchten Ureinwohner Amerikas zieht. Ritt nutzt das Erscheinungsbild seines Stars sehr schön, um zu verdeutlichen, wie tief der Hass der neuen Amerikaner, der Eroberer, sitzt. Anfangs tritt er noch als Indianer auf, mit langen Haaren und wildem Blick. Als er in die Zivilisation zurückkehrt, passt er sich seiner Umgebung an. Trotzdem sieht sich der blonde, blauäugige Mann Anfeindungen und Ressentiments ausgesetzt. Allein das Wissen um seine Entscheidung, lieber unter den Indianern denn seinesgleichen zu leben, ekelt einige der Menschen um ihn herum förmlich an. Allerdings ist er niemand, der sich einschüchtern lässt, genauso wenig wie er Streit suchen würde.
John Russell selbst hat mit seiner Vergangenheit als „weißer Junge“ schon lange abgeschlossen. Er erwartet nichts mehr von seinen Mitmenschen in der vermeintlichen Zivilisation. Und das Verhalten der Stadtmenschen scheint ihm recht zu geben. Er hat von sich aus auch nichts mehr für die Weißen übrig. Das Schicksal der armen, abgearbeiteten Jessie ist ihm gleich. Er will sich nur seines Besitzes entledigen, um dem Stamm etwas Gutes zu tun. Und auch als die Räuber die Insassen der Kutsche bedrohen, kommt ihm gar nicht in den Sinn, den anderen zu helfen. Er schießt sich den Weg frei und setzt sich mit dem Geld ab. Nur widerwillig übernimmt er dann die Führung der Truppe auf der Flucht vor der Bande. Gerade Dr. Favor, wegen dem viele seines Stammes hungern und sterben mussten, lässt er seinen Hass spüren. Aber er ist kein böser Mensch, er kann sie nicht sterben lassen.
Zwischen den Welten
Paul Newman wird damit zum unfreiwilligen Wanderer zwischen den Welten, der nie vor hatte, eine Brücke zwischen beiden Kulturen zu schlagen. Ritt zeigt auf, dass der Hass auf beiden Seiten existiert, die Fronten verhärtet sind. Auf der einen Seite sind die Weißen, die ihren Wohlstand nicht teilen und keine Indianer oder auch Mexikaner unter sich leben haben wollen. Demgegenüber wünschten sich auch die indigenen Einwohner nichts sehnlicher, als dass der weiße Mann wieder komplett verschwinde. Ein Zusammenleben scheint für beide Seiten undenkbar. Letztlich ist es ein Mexikaner aus Grimes‘ Gang, der in Russell lediglich einen bewundernswerten Gegner sieht und ihn nur Hombre, was einfach „Mensch“ heißt, nennt. Am Ende ist die Existenz des verbitterten, aber gutmütigen weißen Indianers nicht mehr mit der Realität der damaligen Gesellschaft vereinbar.
Der Regisseur und sein Star machen es dem Zuschauer dabei nicht einfach, für die Indianer Partei zu ergreifen. Sie vermeiden es, dass das vornehmlich weiße Publikum aus seiner vermeintlichen Überlegenheit heraus Mitleid empfindet, sondern lehrt es harte Lektionen über Verbohrtheit, alltäglichem Rassismus und gelebten Hass. Es wird zu einer Erkenntnis geführt, denn Verständnis ist der erste Schritt zur Annäherung. Man nannte ihn Hombre geht nicht plump mit seiner antirassistischen Botschaft hausieren, er verpackt sie in das Drama eines einzelnen Mannes, das das Drama einer gesamten Gesellschaft widerspiegelt.
Drama wie Thriller
Dafür nimmt sich der Film Zeit, vermittelt ein Gefühl für die Figur Russells und was ihn bewegt. Bis zum Überfall auf die Kutsche ist die Halbzeitmarke schon locker geknackt. Ab hier beginnt Ritt, seinen Titelhelden, der kein Held sein will, aufzubrechen. Er kann die Bitte der anderen, ihnen zu helfen, sie zu führen, nicht ablehnen, weil er weiß, dass sie sonst dem Tode geweiht sind. Er scheint sich beinahe zu wünschen, sie würden ihn weiter ignorieren und ins Verderben wanken. Bis dahin wird auch die Spannung immer weiter geschürt. Denn Russell begegnet vorher immer wieder finsteren Typen, und der Zuschauer ist sich schnell gewahr, dass da was im Busch ist. Wenn dann das Böse in Form der Bande, deren einziger human erscheinender Charakter ausgerechnet der Mexikaner ist, über die Gesellschaft hereinbricht, wird der Film unversehens zum Survival-Thriller.
Diese mitreißende Mischung zündet nur, weil vor wie hinter der Kamera herausragendes Personal arbeitet. Über Paul Newman kann man nichts Lobendes mehr schreiben, das man nicht schon irgendwo gelesen hätte. Aber auch der anhängende Cast um Martin Balsam, Richard Boone und Diane Cilento agiert durchgängig souverän. Kameramann James Wong Howe fängt die weite Landschaft, von der man sich kaum vorstellen kann, dass sie nicht genug Platz für alle Menschen bieten soll, in teils atemberaubend schönen Bildern ein. Die Autoren Irving Ravetch und Harriet Frank Jr, beides langjährige Mitstreiter des Regisseurs, formten aus Leonards Roman genau die Geschichte, die erzählt werden sollte. Das ist große Filmkunst. Man nannte ihn Hombre wurde leider bei den Oscars 1968 zugunsten von Rate mal, wer zum Essen kommt und dem Abräumer In der Hitze der Nacht, beides Filme mit Sidney Poitier und dem Thema „Rassismus im Alltag“, sträflich übergangen.
Unser Fazit zu Man nannte ihn Hombre
Der Film selbst ist ohne Frage einer der großen Klassiker des US-Westerns und dümpelte viel zu lange im Backkatalog von 20th Century Fox. Eine HD-Veröffentlichung war längst überfällig. Leider kommt die Blu-ray mal wieder ohne jegliches Bonus-Material. Doch damit sah es schon von jeher mau aus. Monieren möchte ich dazu auch noch die lieblos wirkende Covergestaltung. Das hat der Film nicht verdient. Bild und Ton sind aber, wie vom Traditionsstudio gewohnt, von guter Qualität. Ein Upgrade ist somit auf jeden Fall empfehlenswert. Und wer ihn noch nicht kennt, sollte ohnehin zuschlagen.
Man nannte ihn Hombre erschien am 25. April 2019 von 20th Century Fox auf DVD und Blu-ray!
Unsere Wertung:
© 20th Century Fox