Nach 36 langen Jahren schaffte es William Lustigs Horrorfilm Maniac 2019 endlich runter vom Index. Jetzt dürfen wir uns auch über eine vollständig ungeschnittene deutsche Fassung freuen. Wir verraten euch, ob der grimmige Slasherfilm noch heute schockieren kann.
Titel | Maniac |
Jahr | 1980 |
Land | United States of America |
Regie | William Lustig |
Genres | Horror |
Darsteller | Joe Spinell, Caroline Munro, Abigail Clayton, Nelia Bacmeister, Denise Spagnuolo, Billy Spagnuolo, Kelly Piper, Sharon Mitchell, Rita Montone, Hyla Marrow, Tom Savini, Linda Lee Walter, James Brewster, Tracie Evans, Carol Henry, Louis Jawitz, Candace Clements, Diane Spagnuolo, Kim Hudson, Terry Gagnon, Joan Baldwin, Jeni Paz, Janelle Winston, Randy Jurgensen, Jimmy Aurichio, Frank Pesce, Andrew W. Garroni, Taso N. Stavrakis, William Lustig |
Länge | 88 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Die Handlung von Maniac
Frank Zito (Joe Spinell) ist ein geisteskranker Psychopath, der in den Häuserschluchten New Yorks sein Unwesen treibt. Wegen seines gestörten Verhältnisses zu Frauen streift er herum, um vorzugsweise junge, brünette Damen zu ermorden und zu skalpieren. In seiner kargen Einzimmerwohnung verwendet er ihre Haarschöpfe dazu, sie Schaufensterpuppen überzuziehen und sie anschließend als seine verstorbene Mutter anzusprechen.
Als Frank eines Tages die junge Fotografin Anne D’Antoni (Caroline Munro) kennenlernt, die ihn im Park zufällig ablichtet, scheint er eine echte Beziehung zu ihr aufzubauen. Doch wie lange kann diese Verbindung wirklich bestehen, während Frank schonungslos weiter mordet?
Vom Sexflick zum Horrorstreifen
Der Name William Lustig dürfte heutzutage nur noch bei eingefleischten Horrorfans die Glocken läuten lassen. In den 1980er-Jahren konnte Lustig als Regisseur mit Maniac und später der ähnlich veranlagten, dreiteiligen Reihe Maniac Cop auf sich aufmerksam machen. Dabei begann seine Karriere wenig schillernd mit verschiedenen Sexfilmen in den 70er-Jahren, die damals noch regulär in den Lichtspielhäusern liefen. Doch 1980 ging der junge Filmemacher andere Wege, um sich einen persönlichen Wunsch zu erfüllen: einen eigenen Horrorfilm.
So entstand gemeinsam mit seinem Freund Joe Spinell die Idee zu Maniac. Spinell, der bereits kleinere Rollen in namhaften Filmen wie Der Pate 1 und 2 sowie Taxi Driver ergattern konnte, übernahm dafür auch die herausfordernde Hauptrolle des psychisch kranken und gewalttätigen Frank Zito. Der durch Dawn of the Dead berühmt gewordene Tom Savini wurde sowohl für einen kleinen Auftritt als auch für den immens wichtigen Part des Maskenbildners beziehungsweise Spezialeffektkünstlers gewonnen. Die handgemachten Splatter- und Goreeffekte zählen daher zu den klaren Highlights des Films.
Wie so viele Horrorfilme in dieser Zeit war auch Maniac eine Low-Budget-Produktion, die aus ihrer Not eine Tugend zu machen versuchte. Die recht unspektakulären Alltagssettings, die teilweise zu wackelige Kameraarbeit und der grobkörnige, dreckige Look des Films sind die Ecken und Kanten, die zum Teil – ob gewollt oder ungewollt – zum beeindruckenden Gesamtergebnis beigetragen haben.
Der etwas andere Slasher
Was Maniac neben seinen expliziten Tötungs- und Gewaltsequenzen so verstörend macht, ist seine Erzählperspektive. Statt die typische Gruppe junger Leute darzustellen und mit einem Killer zu konfrontieren, bleiben wir fast über die gesamte Spielzeit an der Seite des Serienkillers Frank Zito. Abgesehen davon, dass die Opfer in den Stalk-n-Slash-Szenen aus Spannungsgründen häufig in den Mittelpunkt rücken, müssen wir das wirre Gerede und das röchelnde Gestöhne Minute um Minute ertragen. Während Michael Myers charakteristisches tiefes Atmen unter der Maske in Halloween eine beängstigende Ruhe und Kaltblütigkeit zum Ausdruck bringt, wirkt Franks Atmung sprunghaft, zerfahren und als eindrückliches Symptom seines krankhaft verdrehten Geistes.
Dass der Film im Grunde wenig zu erzählen hat und sich in wiederkehrenden, aber spannend inszenierten Morden an Frauen zu verlieren droht, darf dabei nicht unerwähnt bleiben. Etwas spät, aber dennoch zum Glück bricht Lustig die bedrückende Eindimensionalität in Frank Zitos Leben auf, indem er diesem tatsächlich so etwas wie ein normales Sozialleben schenkt. In der Bekanntschaft mit Anne weiß Frank den Zuschauer ebenso kalt zu erwischen: Humorvoll, wortgewandt, selbstbewusst und kein bisschen schräg zeigt sich der Killer plötzlich als ganz andere Person.
Franks gestörtes Verhältnis zu Frauen ist für den Zuschauer schnell als Dreh- und Angelpunkt des Ganzen ausgemacht. Lustig buchstabiert die Ursprünge dieses krankhaften Verhaltens mit der Zeit klar und deutlich über die Selbstgespräche Franks aus, was dem einen oder anderen schon zu viel oder zu küchenpsychologisch gestaltet sein dürfte. Nichtsdestotrotz weiß dieser tiefe Blick in eine gequälte Seele auf verfängliche Weise zu berühren. So bekommt der schaurige Einzelgänger ein greifbares Profil.
Die Spielwiese des Maniac: Das New Yorker Moloch
Ein großer Trumpf von Maniac ist zweifellos sein perfekt gewähltes Setting. Die niemals schlafende Stadt New York, die man charakteristisch als hell erleuchtete, schrille und boomende Metropole kennt, zeigt hier ihre hässliche und nicht minder realistische Fratze. Wenn Frank Zito nachts einer Frau erst in den Straßen, dann in den unterirdischen Gängen des U-Bahn-Netzes nachjagt, erleben wir eine unterkühlte, anonyme Großstadt, in der die Menschen sozusagen nur gemeinsam allein sind. Dass die Hauptfigur Nacht um Nacht zwischen den Häuserfassaden umherstreift und Morde begeht, bleibt trotz großem Medienecho ungeschoren.
Maniac porträtiert damit ebenso eindrücklich ein verkommenes New York der 70er- und 80er-Jahre, wie es beispielsweise auch Death Wish – Ein Mann sieht rot und Driller Killer – Der Bohrmaschinenkiller auf ihre Weise tun. In Death Wish mutiert der gutsituierte Paul Kersey zur Ein-Mann-Bürgerwehr, als nach einem räuberischen Überfall sein Kind das Leben und seine Frau den Verstand verliert. Aus impulsiver Rache wird überzeugte Selbstjustiz, um die von Verbrechen regierten Straßen NYs sicherer zu machen.
„If you were prepared to live somewhere that looked like Beirut, and where Heroin was easier to buy than groceries, the Lower East Side was paradise“. – Journalist Simon Reynolds
Driller Killer zeigt wiederum schonungslos, wie der Künstler Reno Miller durch den persönlichen Überlebenskampf wahnsinnig wird und mit der titelgebenden Bohrmaschine wahl- sowie hemmungslos Obdachlose in den Häuserschluchten dahinmetzelt. Alle drei Filme nehmen also ex- oder implizit Bezug auf das reale verkommene New York zu einer Zeit, in der die Stadt von hoher Arbeitslosigkeit, dem boomenden Drogenhandel und hoher Kriminalität schwer gezeichnet war.
Darüber hinaus darf John McNaughtons Henry – Portrait of a Serial Killer nicht unerwähnt bleiben, der den Zuschauer sechs Jahre nach Maniac ebenso schonungs- und distanzlos in den Alltag eines Mörders eintauchen lässt.
Unser Fazit zu Maniac
Verstörend, blutig, kompromisslos – William Lustigs Maniac ist ein beinharter Horrorthriller, der uns in die schaurigen Abgründe eines psychisch gestörten Serienkillers hinabführt. Eingebettet in den bedrückenden Großstadtdschungel New Yorks entstand 1980 ein bodenständiger, realitätsnaher Slasherfilm ohne die damals so angesagten Masken oder großen, funkelnden Messer. Unbedingte Sehempfehlung für alle, die sich trauen.
Maniac ist am 1. Oktober ungeschnitten in deutscher Sprachausgabe auf DVD & Blu-ray erschienen.
Unsere Wertung:
© Sony Pictures Entertainment