In Mayday findet sich Anastasia, genannt Ana, plötzlich in einer Parallelwelt wieder, in der Frauen keine Angst vor männlichen Übergriffen zu haben brauchen. Ob sich der Film lohnt, erfahrt ihr in unserer Kritik.
Titel | Mayday |
Jahr | 2023 |
Land | Brazil |
Regie | João Dalbo |
Genres | Science Fiction, Thriller |
Darsteller | Malu Neumam, Daniel Costa, Jeane Hanauer, Kamylle Amarilla, Pablo Marques |
Länge | 18 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Die Handlung von Mayday
Das Leben der jungen Anastasia ist hart. Sie hält sich mit anstrengen Schicht-Jobs über Wasser und soll heute für eine Hochzeitsgesellschaft kellnern. Doch ihr gewalttätiger Chef macht ihr auch hier das Leben zur Hölle. Nach einem Übergriff ist sie völlig verzweifelt und möchte sich das Leben nehmen. Da hört sie eine leise Stimme „Mary-Alpha-Yankee-Delta-Alpha-Yankee“. Immer wieder. Plötzlich findet sich Ana auf einer Insel im Ozean wieder. Sie wird von einer Gruppe Mädchen aufgenommen, die dort lebt. Die Anführerin, Masha, erklärt ihr, dass sie sich im Krieg befinden. In ihrem U-Boot wohnen noch zwei weitere Mädchen, wie an anderen Stützpunkten auf der Insel und die wird nicht nur rigoros gegen Männer verteidigt, fangen die Mädchen Notsignale auf, lotsen sie die Schiffe absichtlich in einen Sturm und die Soldaten der Besatzung sind dem Untergang geweiht. Doch Ana passt das nicht so ganz und sie möchte trotz allem zurück in ihr altes Leben…
Eine spannende Parallelwelt
So ganz neu ist die Idee einer Parallelwelt, in der die Frauen stark und ohne Angst leben können nicht. Im Gegensatz zu Sucker Punch und Co. überzeugt Mayday aber vor allem durch realistische Mädchen, die ganz unterschiedlich sind. Während Masha kein Erbarmen kennt und alle Männer hasst, differenziert Ana und will zurück zu ihrer großen Liebe Dimitri. Auch der alte Koch im Restaurant, sowie ein unbekannter Fotograf verkörpern Männer, die keine Bedrohung darstellen oder sie unterstützen. Sie sind nicht alle die Bösen, sondern teils sogar Opfer. Denn so verschieden wie die Frauen auf der Insel sind, so unterschiedlich sind auch die Männer im Film, die teilweise auch in verschiedenen Situationen ein jeweils ganz anderes Gesicht zeigen.
Die Frauen in Mayday werden erfrischender Weise nicht durchgehend sexualisiert, tragen dem Setting entsprechende Kleidung und obwohl sie stark sind, stehen auch ihre traditionell eher weiblich konnotierten Werte wie Fürsorge und Mitgefühl im Vordergrund. Sie helfen einander ihre Traumata zu überwinden bzw. sogar ganz zu vergessen, geben sich Sicherheit, Gemeinschaft und ein Zuhause. Die lang antrainierte Fähigkeit sich unauffällig zu verhalten, länger in umbequemen Posen zu verharren und genau zu beobachten, macht Ana auf der Insel zu einer exzellenten Scharfschützin. Denn nur, weil Frauen nicht so angriffslustig sind, sind sie nicht gleich schwach, sondern vielleicht einfach nur vernünftiger nicht alles mit Gewalt lösen zu wollen. Der Film schafft hier interessante Gedankenanstöße.
So wirkt diese Parallelwelt allein durch ihre Figuren sehr real, auch wenn sogar eine Musicalsequenz eingebaut ist, die die synchronen Bewegungen der Soldaten wunderbar aufgreift. Die echte und die Parallelwelt werden sehr geschickt miteinander verwoben und auch die Charaktere, die in beiden Welten auftreten, machen den Film spannend.
Undurchsichtige Figuren
Dabei erfährt man nur wenig über die Hintergründe der einzelnen Personen und kann sich erst durch Andeutungen, Rückblenden und ihr Verhalten ein klareres Bild machen. Dadurch behält die Geschichte auch eine gewisse Mystik und nicht nur Ana versteht nach und nach, wie diese Welt funktioniert. Als sie realisiert, dass sie trotz allem wieder in ihre alte Welt zurück möchte, muss sie herausfinden wie das möglich ist und auch, welche Opfer sie dafür bringen muss. Der Cast überzeugt dabei auf ganzer Linie und mit Juliette Lewis gibt es nicht nur gute, sondern auch prominent besetzte Nebenrollen. Obwohl der Film vieles eher im Unklaren lässt, bleibt er auch dank seiner komplexen Figuren spannend und hält einige Wendungen parat.
Große Themen und Analogien zu bekannten Geschichten
Mystische Wesen (ähnlich Sirenen) die Männer mit ihren lieblichen Stimmen in unruhige Gewässer locken, wo sie Schiffbruch erleiden, sich plötzlich in einer anderen Welt wiederfinden und wie in der Zauberer von Oz seine Reise beginnen – all diese Motive kennt man auch aus anderen Erzählungen, Sagen oder Mythen. Diese Elemente, das Zweite-Weltkriegs-Setting und die einzelnen Charaktere. Es geht darum die innere Stärke zu finden und Traumata zu überwinden. Mayday ist damit ein sehr hoffnungsvoller Film. Die Reise in eine unbekannte Welt voll Freundschaft und Verletzlichkeit, zwischen Natur und Maschinen.
Unser Fazit zu Mayday
Mayday ist ein kluger Film mit überzeugenden Hauptdarstellerinnen, der nachdenklich macht. Wo Sucker Punch ausweglos ist und seine Heldinnen im Kampf sinnlos knappe Outfits tragen, ist Mayday deutlich vielschichtiger. Große Themen wie Missbrauch, Gewalt, Traumata, Liebe, Gemeinschaft und Moral verpackt in sehr klassische Erzählstoffe und eine fantastische Welt, in die man aber gut hineinfindet, machen Mayday zu einem interessanten, aber auch nachdenklich machenden Film. Denn hier gibt es einige Grauzonen, nicht immer ein richtig oder falsch, Gutes und Schlechtes sehr nah beieinander. Tolle Naturaufnahmen, jede Menge Bewegung im Film und ein erfrischendes Drehbuch machen den Film zudem sehenswert.
Mayday ist ab dem 23. Juni 2022 auf DVD und Blu-ray erhältlich!
Unsere Wertung:
© Koch Films