Schwer Vorstellbar, dass Mein Nachbar Totoro anfangs als finanzielles Risiko des damals noch jungen Studio Ghibli galt, zumal die Silhouette des namensgebenden Waldgeistes nun das Firmenlogo ziert und weltweite Bekanntheit erreicht hat. Wie es zu dieser Berühmtheit kam und was den zeitlosen Zauber dieses Films ausmacht, erfahrt ihr in unserer Rezension.
Titel | Mein Nachbar Totoro |
Jahr | 1988 |
Land | Japan |
Regie | Hayao Miyazaki |
Genres | Fantasy, Animation, Familie |
Darsteller | Noriko Hidaka, Chika Sakamoto, 高木均, 糸井重里, Sumi Shimamoto, Tanie Kitabayashi, 雨笠利幸, Yuko Maruyama, 広瀬正志, Reiko Suzuki, 鷲尾真知子, Naoki Tatsuta, 西村朋紘, 神代知衣, 水谷優子, Shigeru Chiba, TARAKO, 石田光子, 中村大樹, Akiko Hiramatsu, Ikue Otani |
Länge | 86 Minuten |
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Die Handlung von Mein Nachbar Totoro
Die beiden Mädchen Satsuki und Mei ziehen mit ihrem Vater, einem Tokioter Professor, aufs Land, um in der Nähe ihrer Mutter sein zu können. Diese erholt sich aufgrund einer schweren Krankheit in einem nahegelegenen Krankenhaus und kann wohl schon bald entlassen werden. Die Kinder stellen schnell Fest, dass das alte Haus und der angrenzende, noch ältere Wald viele Geheimnisse bergen, sodass die Neugier der Mädchen ungebremst zum Erkunden einlädt.
Durch Erzählungen der Großmutter, einer alten Frau von der Nachbarfarm, lernen Satsuki und Mei die mythischen Wesen um sich herum kennen. So kommt es, dass Mei, die jüngere der Schwestern, beim Spielen im Wald auf den Waldgeist Totoro während seines Mittagsschläfchens stößt: ein riesenhaftes, kuschelweiches und stets freundliches Wesen. Totoro kann zwar nicht sprechen, wohl aber alles verstehen und steht den Kindern fortan als Tröster, Freund und Helfer zur Seite.
Durch die Augen von Kindern sehen
Nachdem die kleine Mei auf Totoro trifft, verschwimmen charmant die Grenzen der Fantasie und der Wirklichkeit: was ab diesem Zeitpunkt passiert, ist nicht klar abzugrenzen und könnte der lebhaften Vorstellungskraft eines Kindes entsprungen sein. Eine zweifelsfreie Unterscheidung zwischen Realität und Einbildung ist während des Films nur selten möglich.
Beispielsweise pflanzen die Kinder Samen in ein Beet und können beobachten, wie Totoro eines Nachts mit seinen kleinen Gefährten um diese Stelle tanzt. Daraufhin erhebt sich ein gigantischer Baum scheinbar endlos in den Nachthimmel. Als die Mädchen das Beet am darauf folgenden Morgen in Augenschein nehmen, sind dort zumindest kleine Sprösslinge durch den Boden gestoßen. Das zuvor beobachtete Ritual scheint sich demnach dieses Mal nur im Traum der beiden Mädchen abgespielt zu haben.
Satsuki und Mei als Spiegel des Kindseins
Satsuki und Mei sind gekonnt unterschiedlich charakterisiert und spiegeln so die gesamte Bandbreite der Kindlichkeit wider: die vierjährige Mei ist unbedacht, neugierig und möchte möglichst viel auf eigene Faust entdecken. Als sie sich erstmals den Weg zu Totoro in den Wald bahnt und dafür durch einen durch Bäumchen geformten Tunnel klettern muss, kann der geneigte Zuschauer sogar entfernt Parallelen zu Alice im Wunderland herstellen.
Satsuki hingegen ist Teenager und fühlt sich ohne die Anwesenheit der Mutter veranlasst, Erwachsen zu werden. Sie übernimmt die Verantwortung für ihre kleine Schwester und ist ihrem Umfeld gegenüber sehr einfühlsam. Beide verbindet schließlich die bedingungslose Liebe zu Mutter und Vater.
Mein Nachbar Totoro – ein wahrer Ghibli-Film
Nach altbewährter Qualität des Studio Ghibli ist auch Mein Nachbar Totoro in einem verliebten, detailreichen Zeichenstil gehalten. Malerische, weitläufige Hintergründe sind dabei gepaart mit etwas genauer ausgearbeiteten Elementen im Vordergrund. Eben diese Grundlage bildet eine perfekte Synergie mit der Grundstimmung des Films, welche einerseits leicht melancholisch gehalten, aber andererseits immer schnell aufgelöst wird. Unter der Prämisse des Zusammenhalts, der Zugehörigkeit und des liebevollen Miteinander herrscht dagegen durchweg eine Wohlfühlatmosphäre zwischen den Kindern, Eltern und den Fabelwesen vor.
Unterstützt wird die Gemütslage durch eine ruhige Kameraführung und einer langsamen Erzählweise. Hinzu kommt ein entspanntes Szenenbild, das gefühlt in den 50er Jahren verortet ist und ein romantisches Idyll versprüht. Indes ist die Musik von Joe Hisashi dezent, selten bedrohlich und dann auch nur, um schnell wieder in wärmende, ikonische Melodien überzugehen.
Ernster Hintergrund und trotzdem nicht düster
Ähnlich zu anderen Produktionen von Studio Ghibli, verbirgt sich auch in Mein Nachbar Totoro ein biographisches Element: Die Mutter von Hayao Miyazaki (welcher geradezu als Synonym für Ghibli steht) ist in seinen Kindertagen an Tuberkulose erkrankt. Er erinnert sich und verarbeitet hierdurch die entbehrungsreiche Zeit in diesem Film. Miyazaki war nach eigenen Angaben damals auch von Ungewissheit geplagt und befürchtete, dass seine Mutter das Krankenhaus nicht mehr lebend verlassen würde.
Die Rahmenbedingungen könnten also trauriger nicht sein und dennoch kommt es nie zu einer bedrohlichen Situation. Obwohl Mei sich im Laufe des Films einmal alleine auf den Weg macht und verloren geht, wird die Situation rasch und glücklich (natürlich mit Totoros Hilfe) aufgelöst. Wie warm und herzlich Mein Nachbar Totoro infolge erdacht ist, wird paradigmatisch in einer Szene deutlich, als die Mädchen mit ihrem Vater einen Abend im angebauten Badehaus verbringen. Da Satsuki und insbesondere Mei das neue Haus noch etwas unheimlich finden, schlägt der Vater vor, die Geister bzw. Sorgen einfach weg zu lachen. Schnell verfliegt die bedrückte Stimmung und die drei liefern sich daraufhin eine ausgelassene Wasserschlacht.
Unser Fazit zu Mein Nachbar Totoro
Mein Nachbar Totoro ist ein Film für die ganze Familie. Die Geschichte voller Fantasie und liebevoller Naivität lädt auch Erwachsene dazu ein, wieder Kind zu sein. Dabei ist das animierte Märchen und seine Charaktere nie bedrohlich und stets freundlich. Man könnte Studio Ghibli andernteils vorwerfen, der Film sei zu kindlich, nicht gruselig oder traurig genug und zu wenig differenziert. Aber genau das ist die Stärke: Mein Nachbar Totoro ist einfach nur schön, kurz und süß, ein Wohlfühlfilm zum Fallenlassen.
Unsere Wertung:
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