Regiedebütant Mo Hong-jin bringt in Missing You – Mein ist die Rache zwei Dinge zusammen, die einfach zusammengehören: südkoreanisches Kino und Rachethriller. Ob das immer noch so gut funktioniert, erfahrt ihr in unserer Review!
Titel | Missing You - Mein ist die Rache |
Jahr | 2016 |
Land | South Korea |
Regie | Mo Hong-jin |
Genres | Krimi, Thriller |
Darsteller | 심은경, 김성오, 윤제문, Oh Tae-kyung, 정해균, 안재홍, 김원해, Yoon Hwan |
Länge | 108 Minuten |
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Die Handlung von Missing You – Mein ist die Rache
Hee-ju (Shim Eun-kyung) muss als kleines Mädchen den Tod ihres Vaters mitansehen. Der als Serienmörder unter Verdacht stehende Ki-bum (Kim Sung-oh) verbüßt daraufhin eine 15-jährige Haftstrafe. Am Tag seiner Freilassung heftet sich Dae-young (Yoon Je-moon), seines Zeichens Polizist und ehemaliger Kollege von Hee-jus Vaters, an Ki-bums Fersen, um diesen ein für alle Male hinter Gitter zu bringen. Als erneut Morde im Dunstkreis des Verdächtigen geschehen, scheint die Sache für die Polizei klar. Doch auch Hee-ju hat den Mord an ihrem Vater nicht vergessen…
Südkorea und die Rache
International aufgeschlossene Filmfans wissen nicht erst seit dem Hype um Squid Game oder dem Oscarsieg von Parasite um die Qualitäten des asiatischen, und hinsichtlich des hier besprochenen Missing You – Mein ist die Rache insbesondere des südkoreanischen, Filmmarktes.
Beinahe omnipräsent bei den Thrillern aus Südkorea: Rache. Park Chan-wooks Revenge-Trilogie (Sympathy for Mr. Vengeance, Oldboy, Lady Vengeance), Na Hon-jins The Chaser oder auch Kim Jee-woons I saw the Devil setzen auf das moralische Dilemma zwischen persönlichen Rachegelüsten und juristischer Gerechtigkeit. Außerdem zeichnet sie neben einer stets erstklassigen Ästhetik in puncto Bildern, Sound und Ausstattung eine unterkühlte, distanzierte Atmosphäre aus. Drastische Gewaltakte werden von klassischer Musik unterlegt und verleihen der Brutalität einen künstlerischen Anstrich. Trotz dieser Stilisierung wirken die Taten dennoch kaum selbstzweckhaft und aufgesetzt.
Die handelnden Personen agieren zwar immer unter dem Druck starker Emotionen und Gelüste, diese Emotionalität überträgt sich wegen des beinah dokumentarischen Anstrichs aber selten auf der Zuschauerschaft. Im Regelfall überlassen die Regisseure die Einordnung der Geschehnisse ganz ihr und verzichten dankenswerterweise auf den belehrend erhobenen Zeigefinger. Typisches Schwarz-Weiß-Denken oder klar abgegrenzte Gut-Böse-Kategorisierungen bleiben aus.
Es sind also bereits ausgelotete Fahrwasser, in welche sich Missing You begibt. Der Film behauptet sich unter seiner starken Konkurrenz allemal, wird auf der Langstrecke dann aber doch von den gängigen Klassikern abgehängt.
Spannende Charaktere
Dabei macht Missing You eigentlich kaum etwas falsch, ist der Markt aber mittlerweile doch von zwar stilsicheren, aber ähnlichen wirkenden Thrillern gesättigt? Das Überraschungsmoment fehlt, um heute noch den Impact zu haben, den ein Oldboy vor fast knapp 20 Jahren hatte. Es ist beinahe so, als würde man stets eine ähnlich wendungsreiche und bittersüße Handlung erwarten, wie von Chan-wooks Meisterwerk.
Auf dieser Ebene gibt sich auch Missing You große Mühe, das Publikum bei Laune zu halten und entwirft nach einem kurzen Prolog, der die grobe Richtung der Handlung vorgibt, eine interessante Figurenkonstellation, die die klassische Hierarchie eines Serienkillerthrillers geschickt unterwandert. Dabei entstehen teils enorm packende Szenen, wie die Infiltration des Hotelzimmers von Ki-bum durch einen unerwünschten Gast, die zwar arg konstruiert und wenig realistisch wirken, durch diesen artifiziellen Anstrich aber einfach denkwürdigen Charakter erhalten.
Leider sind solche starken Momente rar gesät, was aber eher auf das Drehbuch zurückzuführen ist, denn auf die die darstellerischen Leistungen. Denn vor allem King Sung-oh (Rettet den Zoo, The Man from Nowhere) als Ki-bum weist eine enorme Präsenz auf, die sich nicht nur auf seine körperliche Verfassung der Marke shredded bezieht. Vielmehr ist es seine selbstgefällige und siegessichere Art und Weise, die ihn gleichermaßen interessant, wie abstoßend erscheinen lässt. Ganz nebenbei natürlich sein brutales Vorgehen während der Morde.
Sein Gegenpart, die von Shim Eun-kyung (Train to Busan, Hansel & Gretel) gespielte Hee-ju, überzeugt hingegen durch stilles Vorgehen, denn durch physische Präsenz. Während die moralische Gesinnung Ki-bums von Beginn an festgelegt wird, befindet sich Hee-ju im bereits angesprochenen Zwiespalt: persönliche Rache oder Gerechtigkeit.
Men or Monster?
So folgt man gespannt dem undurchsichtigen Figurengespann rund um arroganten Killer, möglichem Nachahmer, einsamer Waise und rastlosem Polizisten. Dieses wird aber relativ schnell entschlackt und der Fokus verschiebt sich hin zu Hee-jus Dilemma. Dabei ist es Eun-kyungs Schauspiel, welches zu fesseln weiß.
Anfangs das traumatisierte, in sich gekehrte und unsicher erscheinende Mädchen, später die zusehends von Rache getriebene und berechnende Jägerin. Beachtlich ist hierbei ihr Ankämpfen und Ringen zwischen dem scheinbar einfachem Ausweg, ihrer persönlichen und tödlichen Justiz, und dem höheren Wohl, der objektiven Gerechtigkeit für alle Betroffenen. Dabei steht Missing You – Mein ist die Rache ganz in der Tradition seiner Genrekollegen. Denn, so viel sei verraten, sie muss für ihre Entscheidungen natürlich große Opfer bringen.
Was hierbei jedoch sauer aufstößt, ist die anfängliche Charakterisierung der Protagonistin. Beinahe wird bei der Einführung ihrer Figur ein derart passives und in sich gekehrtes Bild gezeichnet, dass man meinen könnte, ihr kindliches Trauma hat sie geistig zurückgeblieben hinterlassen. Aber wer könnte schon von sich behaupten, ihren einschneidenden Lebensweg mitsamt Auswirkungen beurteilen zu können.
Mitten drin scheint es, als sei plötzlich ein Schalter umgelegt worden und Hee-ju mutiert mit einem Fingerschnippen zum eiskalten Racheengel. Das Ende wiederum offenbart, dass ihr Vorgehen auf intensiven Nachforschungen beruhte. Dennoch bleibt ein etwas fragwürdiger Beigeschmack, wenn die einst so Schüchterne unvermittelt aus der Deckung bricht und zum aktiven Part der Handlung wird.
Unser Fazit zu Missing You – Mein ist die Rache
More of the same: Missing You – Mein ist die Rache ist solide Thrillerkost aus Südkorea, die wunderbar funktioniert, nach der Vielzahl ähnlich gelagerter Filme aus dem gleichen Land aber nicht mehr zwingend überraschen kann. Das ist natürlich keine Kritik, die den Film direkt betrifft. Viel eher ist es schade, dass der Streifen erst so spät auf den europäischen Markt schwappt, schließlich stammt er aus dem Jahre 2016.
Mo Hong-jins Regiedebüt mag nicht so wendungsreich und grimmig daherkommen wie andere Genrevertreter, sorgt mit seinem emotionalen Einstieg, dem ebenso emotionalen Finale und seinen beiden unterschiedlichen und stark gespielten Hauptfiguren für ausreichende Spannungsmomente. Fans des Genres wissen also, was sie erwartet und Neulinge können vielleicht sogar noch eine zusätzliche Scheibe auf die Wertung aufschlagen.
Missing You – Mein ist die Rache erscheint am 26.08.2022 wahlweise als Single-DVD oder-Blu-ray oder im Mediabook. Letzteres enthält den Film auf beiden Medien, sowie einen 16-seitigen Buchteil!
Unsere Wertung:
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© Busch Media Group