Das Alltagschaos zwischen den großen Ambitionen einer Profikarriere und der Karriereplanung der Eltern – North Hollywood ist eine Coming-of-Age Story aus der Skater-Szene, angesiedelt in den Gefilden eines Mid90s. Ob die Dramedy so sicher auf dem Board steht, wie der geistige Vorgänger, oder gelegentlich ins Wackeln gerät erfahrt ihr hier.
Titel | North Hollywood |
Jahr | 2021 |
Land | United States of America |
Regie | Mikey Alfred |
Genres | Komödie, Drama |
Darsteller | Ryder McLaughlin, Miranda Cosgrove, Vince Vaughn, Angus Cloud, Nico Hiraga, Aramis Hudson, Bobby Worrest, Tyshawn Jones, Tom Papa, Blake Anderson, Gillian Jacobs, Jason Dill, Thomas Barbusca, Mikey Alfred, Sunny Suljic, Kelvin Pena, Kasey Elise, Hannah Einbinder, Diego Velásquez, Arsenio Castellanos, Griffin Gluck, Sophia Bui, Richard Lawson, Kalina Vanska, Beverly Wilkerson, Cameron McFadden, AprilAnn Dais, Wyatt Shears, Fletcher Shears |
Länge | 94 Minuten |
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Die Handlung von North Hollywood
Michael steht kurz vor seinem Highschool-Abschluss und weiß schon genau, wo die Reise hingehen soll, nur das „Wie“ hat er noch nicht herausgefunden. Bis dahin hängt er jeden Tag mit seinen Freunden Jay und Adolf im Skatepark herum, versucht Kontakte zu knüpfen und seine Skills zu präsentieren. Das gefällt seinem Vater überhaupt nicht, welcher den traditionellen Lebensweg inklusive College plus „anständigen“ Beruf für das Richtige hält. Michael fällt die Balance im Leben zunehmend schwerer: seine Freunde, den ernsthaften Versuch, eine Karriere als Skateboarder in Angriff zu nehmen, die schöne Rachel, auf welche er ein Auge geworfen hat, und die Pflichten, die sein Vater ihm aufdrückt, wollen nicht mehr unter einen Hut passen. Als Folge leidet die Vater-Sohn-Beziehung. Zudem wachsen in seinem Freundeskreis deutliche Spannungen heran…
Von Skatern für Skater
Das Langfilm Regiedebüt von Mikey Alfred fühlt sich nicht grundlos sehr vertraut an, wenn man den großartigen Mid90s gesehen hat, denn er co-produzierte Jonah Hills erster Regiearbeit. Man könnte North Hollywood als den Mid90s für eine neue Generation ansehen. Das spiegelt sich sowohl in der Musikauswahl als auch der verbalen Kommunikation unter den Jugendlichen wider. Die Coming-of-Age Story wirkt nicht nur aus dem Leben gegriffen, sie ist es auch. Lose basierend auf Alfreds Vergangenheit als Skater und der Beziehung zu seinem Vater, lässt er als Drehbuchautor North Hollywood vor allem authentisch wirken. Ein Film von Skatern für Skater mit den typischen Problemen und Sorgen eines Pubertierenden.
Das Geschichtenerzählen übers Erwachsenwerden nutzt sich nicht ab. So kann jede Generation ihre Erlebnisse teilen und verarbeiten. Selten jedoch verkörpert ein Werk dieselbe Überzeugung, Werte und Vibes sowohl auf dem Bildschirm als auch hinter der Kamera. Denn Alfreds Werdegang ließ ihn früh die Skateboard-Marke, spätere Modelinie und schlussendlich Produktionsstudio Illegal Civilization gründen.
Dynamische Kameraarbeit in North Hollywood
Seitdem arbeitete Alfred mit Musikgrößen wie Kendrick Lamar oder Tyler The Creator zusammen, besonders im Bereich von Musikvideo-Drehs. So erklärt sich, warum North Hollywood teilweise wie ein Musikvideo zu einem HipHop-Song gefilmt ist. Da passt es auch, dass unter anderem Pharrell Williams das Drama mit produzierte. Das gleichnamige Viertel in Los Angeles dient dabei als Kulisse, wenn das Dreiergespann vor Restaurants herumlungert, in den Straßen umher fährt und in den Parks Tricks performt. Alfred weiß ganz genau, wie man die positiv/negativ aufgeladene Energie der Jungen, die Skateboarder-Kultur und das Zugehörigkeitsgefühl zu jener inszeniert. North Hollywood ist sowohl eine Liebeserklärung an den sonnigen Heimatort des Regisseurs als auch an das Skateboarden als Kunstform. Das liegt insbesondere an der gelungenen Kinematographie.
Mit seiner bunten Farbpalette und wunderbar weiten Panoramaaufnahmen erinnert North Hollywood optisch an American Graffiti. Die Weitwinkelobjektiv-Aufnahmen gepaart mit Guter- Laune-Musik huldigen der visuellen Eleganz alter Klassiker sowie der Repräsentation der fließenden Bewegungen des Skateboard-Fahrens. Statt eines Schnittgewitters ist die Kamera dynamisch, geht mit dem Flow. Die Musik lässt zudem verlauten, was Michael am meisten antreibt und wann er sich am wohlsten fühlt: auf dem Board und in Gegenwart der Profi-Skateboarder. Hier wechselt die Musik zu geradezu himmlischen Tönen.
Ambivalenter Protagonist
Das Label für Skater zieht auch Skater an. So verwundert es nicht, dass unzählige professionelle Skateboarder in kleinen und großen Rollen vertreten sind und so zur Glaubwürdigkeit des Filmes beitragen. Selbst Sunny Suljic aus Mid90s taucht wieder auf und garantiert so neben unserem Protagonisten eine weitere Parallele zwischen den beiden sehr ähnlichen Filmen.
Ex-Profi-Skater Ryder McLaughlin macht all seine Stunts selbst. Entsprechend bekommt man ein paar Tricks am Stück zu sehen, ohne Stuntdouble. Sein Michael ist aber leider nicht der sympathischste Hauptcharakter. Man kann ihn entweder als nervig arroganten Teenager wahrnehmen oder es als erfrischend ansehen, mal einen Jugendlichen zu erleben, der in einer schwierigen Phase nicht die umgänglichsten Allüren an den Tag legt und somit ebenfalls sehr authentisch wirkt. Der Jugendliche kommt sich selbst am meisten in den Weg bei dem Wunsch, der neue Tony Hawk zu werden.
Starke Chemie aber schwache Charakterisierung
Auch wenn kein Sympathieträger, ist Michaels Zwiespalt, um seine Leidenschaft und Freundschaften, nachvollziehbar. Seine Gefühle legt er über den gesamten Film hinweg offen, dabei kann man beide Seiten der Streitereien gut verstehen. Besonders die Konversation mit seinem Vater dürften nahezu alle in ähnlicher Form kennen. Es beginnt schon mit einem Dialog über das Überschwemmen des Badezimmers, welches diesem Autor nur allzu bekannt vorkam. Vince Vaughn hat eine super Dynamik mit „seinem“ Sohn und sorgt mit seiner direkte Art garantiert für Lacher. Nach Freaky eine weitere großartige Performance, die an alte Zeiten anknüpft. Manchmal fällt es schwer, herauszulesen, ob er Michael gerade eine Standpauke hält, oder ihn nur leicht ironisch belehrt, aber Vaughn ist definitiv das Highlight des Films.
Anders als Michaels ultra-glaubwürdige, aber konstant klein gehaltenen Freunde. Da ist das Skript leider inkonsequent und will uns eine jahrelange Freundschaft verkaufen, ohne sie je gespürt zu haben. Das Zusammenspiel zwischen McLaughlin, Hiraga und Hudson wirkt wie aus dem Leben gegriffen, wirklich unterfüttert werden ihre beiden Figuren aber leider kaum. Um hier etwas Tiefe zu kreieren, hätte man Miranda Cosgroves Part komplett rausschreiben können. Ihr Schauspiel ist nicht schlecht, der Charakter fühlt sich jedoch zu sehr forciert an, als wenn man gedacht hätte, dass eine Beziehung in einer Coming-of-Age Geschichte unbedingt von Nöten wäre. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, künstliches Drama zwischen Michael und seinen Freunden aufzubauen.
Verschenktes Potential
Einige Momente – zwischen Vater und Sohn oder im Skatepark – sind natürlich in Szene gesetzt, das Script hingegen, besonders Cosgroves Sätze erscheinen unnatürlich. Das Schauspiel erweckt oft den Anschein, als wenn die Schauspieler:innen hölzern ihre Zeilen vorlesen, ohne Druck oder Emotionen dahinter.
Das Drehbuch schreibt manche Charaktere, wie es gerade bequem ist, in den Hintergrund, um bloß keine tiefsinnigen Interaktionen zu gestalten. So entsteht keine Ernsthaftigkeit, in welcher wir um Entscheidung und Konsequenzen bangen. Die Figuren werden weitestgehend in ihrer Comfort Zone gehalten und nicht über den Rand gepusht, der Charakterzeichnung ausmacht. Interessiert an eben diesen Figuren ist man nie, nur an dem, was sie beim Prozess des Erwachsenwerdens verkörpern.
Am Ende des Films fragt man sich, wo die Zeit hingegangen ist. Von dem Standard Korsetts des Genres kann sich der Regisseur nicht entfernen, sodass keine Handlungsentwicklungen oder Charaktere erinnerungswürdig wären. Darüber hinaus könnte man das Ende als erwachsene Aussage beschreiben, die schlecht für das Publikum mit einem Voiceover gelöst wurde. Zufriedengestellt ist man weniger.
Unser Fazit zu North Hollywood
Der Film schneidet überraschend ernste Themen wie Verantwortungsbewusstsein, Neid oder Zugehörigkeit an, verpasst es aber unter der schönen Oberfläche, je konkret zu werden. Der Film ist ein wenig wie sein Protagonist selbst: zielstrebig, mit viel Potential, stählerner Entschlossenheit und Blick auf etwas Großes. Wie bei Michael wird aber auch das vorhandene Talent klar durch Unsicherheiten abgeschwächt.
North Hollywood baut ein gutes Fundament auf, doch lässt sich den weiteren Bau entgehen. Der Romanzen-Handlungsstrang lenkt Michael und uns gleichermaßen ab. Trotz der zahlreichen negativ Punkte strahlt das Drama eine Menge Positivität aus. Das sonnige North Hollywood erzählt uns vielleicht nicht die originellste Geschichte und nutzt nicht das vorhandene Potential zur Gänze, macht dies aber mit viel Leidenschaft, Freude und Stil.
North Hollywood ist seit dem 09.06.22 auf DVD und Blu-ray erhältlich!
Unsere Wertung:
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