Vom Free-Solo–Regisseur gibt es nun einen neuen Film. Diesmal aber geht es nicht an eine Steilwand, sondern quer durch den Ozean. Überzeugt NYAD oder säuft das Biopic ab?
Titel | NYAD |
Jahr | 2023 |
Land | Switzerland |
Regie | Elizabeth Chai Vasarhelyi |
Genres | Drama, Historie |
Darsteller | Annette Bening, Jodie Foster, Rhys Ifans, Ethan Jones Romero, Luke Cosgrove, Jeena Yi, Eric T. Miller, Anne Marie Kempf, Carolyn McCormick, Marcos Diaz, Belle Darling, Pearl Darling, Johnny Solo, Anna Harriette Pittman, Hanler Rodriguez, Harraka Eliana, Marcella Acuña Báez, Sophia Hernandez, Katherine Klosterman, Toussaint Merionne, Tisola Logan, Orpha Salimata, Erica Cho, Marina Vasarhelyi-Chin, James Vasarhelyi-Chin, Nadia Lorencz, Marcus Young, Karly Rothenberg, Grace Subervi, Stephen Schnetzer, Elizabeth Chahin, Garland Scott, Iván Oleaga, Jose Mota Prestol, Melissa R. Stubbs, Mauricio Adrian, Samantha Gordon, Lilo Grunwald |
Länge | 121 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
NYAD – Die offizielle Handlungsangabe
NYAD ist eine bemerkenswerte, wahre Geschichte über Beharrlichkeit, Freundschaft und den Triumph des menschlichen Geistes. Der Film handelt von einer fesselnden Episode im Leben der Weltklassesportlerin Diana Nyad. Drei Jahrzehnte, nachdem sie das Langstreckenschwimmen für eine erfolgreiche Karriere als Sportjournalistin an den Nagel gehängt hatte, setzte sich die damals 60-jährige Nyad (gespielt von der vierfachen Oscar-Kandidatin Annette Bening) in den Kopf, den Meilenstein zu erreichen, der ihr noch fehlte: die scheinbar unbezwingbare Strecke von 177 Kilometern zwischen Kuba und Florida – und zwar als erster Mensch ohne Haikäfig. Also begab sie sich mit ihrer besten Freundin und Trainerin Bonnie Stoll (gespielt von der zweifachen Oscar-Preisträgerin Jodie Foster) und einem engagierten Segelteam auf eine nervenaufreibende Odyssee, die vier Jahre dauern sollte.
Bei dem inspirierenden Film handelt es sich um das Spielfilm-Regiedebüt der Oscar-prämierten Dokumentarfilmer*innen Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin (Free Solo, The Rescue: Das Höhlenunglück in Thailand). Produziert wurde NYAD von Andrew Lazar (p.g.a.) und Teddy Schwarzman (p.g.a.). Das Drehbuch, das auf den Memoiren „Find a Way“ von Diana Nyad basiert, stammt von Julia Cox.
“Unglaublich, aber wahr”…
… mit dieser Floskel locken Verfilmungen von erzählenswerten Ereignissen, die sich vom Alltäglichen weit abhebend nahezu standardmäßig. Das führt natürlich zu einer gewissen Inflation des Sensationsbegriffs, da es in der Menge dann doch zu viel gibt, was vermeintlich eine Hammerstory ist, aber bei genauerer Betrachtung doch nicht soweit von dem entfernt ist, was beispielsweise Extremsportler ohnehin tagtäglich leisten. Mitunter hat es aber kein anderer wie Jimmy Chin verstanden, die wirkliche Speerspitze der übermenschlichen sportlichen Leistungen herauszupicken und in ebenso Sensations-würdige Bilder zu packen. Spätestens mit Free Solo erbrachte der selbst Berg-affine Filmemacher den Beweis, dass man auch mit Dokumentarfilmen ein Publikum zum Nägelkauen bringen kann.
Ich bin es leid, von der Seitenlinie zuzusehen.
Jetzt ist NYAD auf den ersten Blick vielleicht “nur” die Geschichte einer speziellen Ausdauerleistung. Doch auf den zweiten Blick wird schon deutlich, dass es hier eben nicht nur darum ging durch einen Streckenrekord die Grenzen des menschlich Machbaren zu verschieben, sondern ein Lebenswerk zu vollenden. Denn, was in dieser Geschichte trotz all der Fokussierung auf das Schwimmen stets im Vordergrund, ist, ist die Persönlichkeit der Protagonistin, die wahrscheinlich genauso einmalig ist wie ihre Leistung.
Zwei Schauspiellegenden überzeugen als Partner im Außergewöhnlichen
Herzstück dieses überaus gelungenen Sportler-Biopics ist die lebenslange Freundschaft von Diana und Bonnie, die von Annette Bening und Jodie Foster nahbar, authentisch und vollkommen unprätentiös herübergebracht wird. Bening wird womöglich – und es wäre sehr verdient – im kommenden Jahr ins Oscar-Rennen gehen und dort unter anderem auf “Barbie” Margot Robbie treffen. Ungleicher könnte ein Wettstreit kaum sein, zumindest auf den ersten Blick. Doch bei näherer Betrachtung erkennt man auch hier, dass die Sportgeschichte und die Spielzeug-Verfilmung doch ähnliche Botschaften versuchen zu transportieren. Doch während es bei Barbie primär um die Verschiebung ideologischer Grenzen und den gesellschaftlichen Druck, der durch überholte Rollenverteilung entsteht, geht, handelt NYAD recht schlicht vom Aufbäumen gegen die physischen Grenzen, gegen Naturgewalt – und gegen das Altern. Feministische Aussagen, die für Inspiration sorgen, haben beide Filme in sich.
Eine Niederlage ist keine Option.
Was Bening hier abliefert, ist tatsächlich Oscar-würdig. Sie schafft es, dass man von Sekunde eins an versteht, wie viel für Diana davon abhängt, dieses Pionierstück zu vollenden. Sie begeistert mit ihrem unbändigen Willen eben nicht nur ihr Team, dass über Jahre hinweg und auch nach vier Fehlversuchen noch an sie glaubt, sondern auch jeden im Publikum. Allein wäre das schon mitreißend, aber doch etwas einseitig in den entscheidenden Momenten, hätte Bening nicht die kongeniale Jodie Foster an ihrer Seite. Die Oscarpreisträgerin hat in den letzten Jahren recht wenige Auftritte gehabt, aber wenn, dann braucht es nur wenige Szenen, um zu wissen, weshalb Foster eine der stärksten Darstellerinnen ihrer Generation ist. Sie ist als Rückhalt von Diana nicht wegzudenken für den Erfolg des Projekts und als Sympathieträger nicht wegzudenken aus dieser Produktion.
Von Quallen und Qualen
Neben den schauspielerischen Qualitäten ist es aber auch die visuelle Umsetzung, die die zwei Stunden zu einer spannenden Reise machen, obwohl man ja bereits weiß, dass am Ende der Erfolg stehen wird. Elizabeth Chai Vasarhelyi und Jimmy Chin mischen atemberaubende Sportfilm-Aufnahmen mit Naturfotografien und weben auch immer wieder dokumentarische Elemente wie Bilder der echten Berichterstattung über das Nyad-Vorhaben ein. Darüber hinaus sind vereinzelte fantastische Elemente, um beispielsweise die Halluzinationen von Diana zu bebildern, nicht allzu märchenhaft und ordnen sich dem informativen Grundton unter. Die Rückblenden in die Jugendjahre der Protagonistin sind womöglich eine der wenigen Schwächen, denn um die Motivation zu unterstreichen, drückt man hier fast etwas zu dick auf.
Alles, was aber im Wasser stattfindet, ist optisch virtuos eingefangen und hebt die Erfahrungen des Regie-Duos aus dem Action-Sport hervor. Langstreckenschwimmen hört sich anfangs audiovisuell nicht sonderlich spannend an, aber Vasarhelyi und Chin machen es einem leicht, sich mitten im Ozean zu wähnen.
Unser Fazit zu NYAD
NYAD ist eine mehr als inspirierende Sportgeschichte. Zwei sensationelle Hauptdarstellerinnen tragen die einmalige Geschichte und sorgen dafür, dass man sich gut in die übermenschliche Leistung der Marathon-Schwimmerin hineinversetzen kann. Kurzum ist dieses Bionic damit einer der stärksten Filme, die 2023 bei Netflix ins kalte Wasser geworfen wurden.
NYAD läuft ab dem 3. November 2023 bei Netflix!
Unsere Wertung:
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