Mit Pauline kehrt die bildundtonfabrik wieder auf die Bildfläche der Coming-of-Age-Serien zurück. Ursprünglich sollte die Serie auf Netflix laufen, jetzt erscheint die Geschichte um Teenie-Schwangerschaften und Dämonen auf Disney+. Funktioniert diese Formel auch 2024?
Titel | Pauline |
Jahr | 2015 |
Land | United States of America |
Regie | Mathilde Suissa |
Genres | Drama |
Darsteller | Christina Colon, Davonne Bacchus |
Länge | 2 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Die Handlung von Pauline
Pauline (Sira-Anna Faal) möchte unbedingt Medizin studieren. Doch als sie nach einem One-Night-Stand ungewollt schwanger wird, ändert sich ihr ganzes Leben. Denn Lukas (Ludger Bökelmann), der Vater des ungeborenen Kindes, ist niemand anderes als der Sohn des Teufels Lilith (Andrea Sawatzki). Pauline ist nun der Spielball einer Konfrontation zwischen Engeln und Teufeln, die alles in ihrer Macht tun, um an Pauline und ihr ungeborenes Kind heranzukommen. Als sie übernatürliche Kräfte erhält, bedeutet dies das Ende ihres bisherigen Lebens.
Die bildundtonfabrik: Mehr als nur eine Produktionsfirma
Hinter Pauline steht eine Produktionsfirma, die wohl wie kaum eine andere die Popkultur der letzten Jahre in Deutschland geprägt hat: Die bildundtonfabrik (btf) aus Köln. Mit How to Sell Drugs Online (Fast) gelang ein absoluter Hit, der Spin-Off-Film Buba und die Serie King of Stonks sollten unter anderem folgen. Neben Fernsehserien war das Aushängeschild der btf aber lange Jahre das Neo Magazin Royale mit Jan Böhmermann. Rund um das Show-Format entstand nicht nur ein sorgfältig ausgewähltes Autor*innen-Team, was nun immer wieder in der Kulturlandschaft auftaucht, sondern auch ein eigener Humor, der vor kreativen Ideen nur so strotzte.
Als Fan genau dieser Show und anderer früher Formate der bildundtonfabrik bemerke ich bei Pauline immer wieder, wie viel Liebe zum Detail vorhanden ist. Das fängt bei größeren Themen an, Konstantin Gropper ist nicht nur Komponist des Soundtracks, sondern schon bei einigen Folgen des Neo Magazin Royale involviert gewesen. Aber auch kleine Easter Eggs sind hier sorgfältig versteckt. So überrascht die Serie zum Beispiel in einer Folge mit einem kleinen Gag, der wahrscheinlich nur den Fans auffallen wird, die die entsprechende Folge der Show mit Jan Böhmermann gesehen haben. Solche crossmediale Referenzen sind klug gewählt und schaffen ein Fan-Service-Gefühl, obwohl die Serie an sich komplett eigenständig ist.
Von Druck, Drogen und Supermärkten: Deutschlands Verhältnis zur Jugendlichkeit
Doch viel mehr als die Serien der bildundtonfabrik muss hier eine andere Serie als Inspiration herangezogen werden: Druck. Die öffentlich-rechtlich produzierte Web-Serie hat eine ganze Generation geprägt und kann getrost als richtungsweisend gesehen werden, wie man brisante Jugendthemen in den deutschen Medien darstellen kann. Daher verwundert es nicht, dass mit Hauptdarstellerin Sira-Anna Faal und Lukas Alexander von Horbatschewsky zwei Darsteller*innen aus dem Druck-Kosmos tragende Rollen übernehmen. Komplettiert wird der junge Cast von Ludger Bökelmann und Johanna Hens, erster ist vielen wohl bekannt als Möchtegern-Proll Peter aus Die Discounter. Das junge Quartett funktioniert in seiner Dynamik sehr gut und zeigt, dass man sich auf diesem Gebiet nicht vor fremdsprachigen Produktionen verstecken muss.
Der Look mag bisweilen etwas gewöhnungsbedürftig sein. Sehr starke Blautöne prägen das Bild und sind Geschmacksache. Durch solche stilistische Kniffe mag der Ton der Serie für manche billig wirken, orientiert sich aber deutlich am Stil bestehender Web- und Streaming-Formate. Positiv hervorzuheben sind die immer wieder auftauchenden visuellen Kniffe: Sowohl Cartoon-Einlagen zur Veranschaulichung komplexerer Themen als auch Split-Screens während Action-Sequenzen. Auch wenn diese Highlights in meinen Augen etwas zu kurz kommen, bereichern sie die Serie enorm und sorgen für frischen Wind im Streaming-Kosmos.
Das Ende der Welt ist nur einen Witz entfernt
Auch wenn der Fokus von Pauline deutlich auf der Coming-of-Age-Ebene zu liegen scheint, darf hier nicht vergessen, dass die Serie auch Fantasy-Elemente beinhaltet. Der immerwährende Kampf zwischen „Gut“ und „Böse“, Chaos und Ordnung, Engeln und Teufeln – das alles ist nicht neu, für eine deutsche Produktion aber ein spannender Ansatz. In seiner Umsetzung ist Pauline dann aber mehr Sophia, der Tod und ich als Dark. Die spirituellen Grundschemata sind hier firmenmäßig angeordnet, mit klarer Hierarchie versehen und dann doch sehr starr. Muss man das so darstellen? Man kann es und das auf eine schön abstruse Weise. Leider verfliegt die Begeisterung doch recht schnell, denn in entscheidenden Momenten ist die Produktion nicht konsequent genug.
Häufig wird die fehlende Dramatik durch Humor gelöst. Das Mittel zum Zweck sind hier die zahlreichen Referenzen auf die aktuelle Popkultur sowie klassische Situationskomik. Diese Formel, die bei How to Sell Drugs Online (Fast) noch wunderbar fuktionierte, zündet hier nicht immer. Das liegt nicht am Cast, der dies sicherlich bedienen könnte. Mittlerweile wirkt diese Idee leider nicht mehr frisch, sondern recycelt und nicht am Zahn der Zeit. Statt Konsequenzen für die Aktionen ihrer Hauptfiguren gibt es halbgare Witzchen – in meinen Augen die größte Schwäche des Formats.
Unser Fazit zu Pauline
Egal ob als Hauptfigur oder gleichnamige Serie, so richtig entscheiden kann sich Pauline nicht. Durch eine Webserien-Optik mit jungem Cast könnte man denken, dass hier der große Wurf gelingen könnte. Leider bleibt die Produktion genau in den Momenten, in denen sie mehr als nur eine gut durchdachte Coming-Of-Age-Geschichte sein könnte, zahm und zahnlos. Hier hätte ich mir persönlich mehr Momente gewünscht, in denen sich Pauline traut, ins Risiko zu gehen. Auf Humorebene zeigt die bei How to Sell Drugs Online (Fast) perfektionierte Handschrift der bildundtonfabrik zwar Abnutzungserscheinungen. Durch einen tollen Cast und kleine Fan-Service-Momente bleibt dennoch ein positives Grundgefühl. Daher sollten Fans der Streaming-Produktionen aus Deutschland auf jeden Fall einen Blick riskieren, auch wenn mich die Serie nicht ganz begeistern konnte.
Pauline läuft ab 22. Mai bei Disney Plus.
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