Chad Ferrin, seines Zeichens Regisseur des „schmutzigsten Films des 21. Jahrhunderts“ (gemeint ist Someone’s Knocking at the Door), fühlt sich mit Pig Killer berufen eine True Crime-Story zu verfilmen – räudige Exploitation oder feinfühlige Autopsie einer aufsehenerregenden Mordserie?
Titel | Pig Killer |
Jahr | 2022 |
Land | Canada |
Regie | Chad Ferrin |
Genres | Horror, Krimi, Mystery |
Darsteller | Jake Busey, Bai Ling, Lew Temple, Kate Patel, Ginger Lynn Allen, Cyril O'Reilly, Robert Miano, Robert Rhine, James Russo, Susan Priver, Silvia Spross, Scott Vogel, Elina Madison, Cassandra Gava, Michael Paré, Paul Blyumkin, Marie Bergenholtz |
Länge | 122 Minuten |
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Die Handlung von Pig Killer
Willy Pickman (Jake Busey) lebt in einem Trailer auf seiner Schweinefarm. Bei abendlichen Besuchen im örtlichen Pub oder bei den auf seinem Farmgelände veranstalteten Partys, knüpft er stets zuverlässig neue Kontakte zu den verschiedensten Frauen. Wenn diese ihn jedoch nach Hause begleiten, nimmt das anfängliche Techtelmechtel allzu bald weniger romantische Züge an. Parallel ermittelt ein Polizisten-Duo (u. a. Michael Paré) im Falle von mehreren verschwundenen Frauen.
Der „echte“ Robert „Willie“ Pickton
Oben erwähnter Willy Pickman basiert auf den realen Geschehnissen rund um den kanadischen Serienmörder Robert „Willie“ Pickton. 2002 erfolgte Picktons Verhaftung aufgrund des Verdachts des Mordes an 26 Prostituierten, schlussendlich wurde 2007 vom Gericht eine lebenslange Haftstrafe (nach kanadischem Maßstab mindestens 25 Jahre) aufgrund des Totschlags an 6 Frauen verhängt. Eine enorme Differenz hinsichtlich der Opferzahl, die sich aus Picktons abscheulichem Modus Operandi ergab. So fanden sich auf Picktons Anwesen zwar die DNA-Spuren zahlreicher weiterer vermisster Frauen, doch da Pickton regelmäßig gut besuchte Partys in einer Scheune auf seinem Grundstück abhielt, der sogenannten „Piggy Palace Good Times Society“, einem Bikerclub, ließen sich die verschiedensten DNA-Spuren begründen. Seine tatsächlichen Opfer wurden, so mutmaßt man, entweder direkt zu Fleischerzeugnissen verarbeitet und verkauft oder an die Schweine verfüttert und somit indirekt als Ware verkauft. Durch diese perfide Art der Beseitigung der Leichen konnten Pickton kaum Morde nachgewiesen werden.
Einziger Anhaltspunkt über die wahre Höhe seiner Mordtaten bietet eine Aussage gegenüber einem Mitgefangenen, welcher übrigens Undercover-Polizist war, in welcher er sich rühmte, 49 Frauen ermordet zu haben und gleichzeitig traurig darüber sei, nicht die 50 Opfer erreicht zu haben.
Krampfhafte Provokation
Angesichts des zugrundeliegenden Inhalts und hinsichtlich Ferrins früheren Films Someone’s Knocking at the Door, mag man sich nun entweder in froher Erwartung auf expliziten Schmutz die Hände reiben oder selbige voller Entrüstung vor die Stirn schlagen. Schließlich lautete der Alternativtitel zu Someone’s… frei weg Corpse Rapist – eine Namensgebung, die sich wiederum beim hier besprochenen Pig Killer geradezu anbieten, bei allzu exploitativer Ausschlachtung aber wohl deutlich übers Ziel hinausschießen würde.
Doch man kann aufatmen: Ferrin ist zwar nicht um offensive Gewalt und Ekel verlegen, feiert seinen „Willie“ aber nicht ab, sondern bietet einen eher schwarzhumorigen Blickwinkel, ohne ihn zum Antihelden zu stilisieren. Ob Angehörige damaliger Opfer aber mit der Darstellung einverstanden wären, darf sicherlich bezweifelt werden.
Denn so wird in einigen Momenten demonstriert, wie Pickman seine Opfer zerteilt, ausweidet und Hausschwein Balthazar zum Fraß vorwirft – im Falle der toten Prostituierten Brenda (Bai Ling) wird diese noch als bestes chinesisches Essen angepriesen, das es jemals gab. Wirklich grenzüberschreitend wird Ferrin bei den Gewalttaten allerdings nie – vielleicht doch noch aus einem Restrespekt gegenüber den Betroffenen. Dafür wissen die (wenigen) weitestgehend vernünftig getricksten Gewaltmomente zu überzeugen und sind in der ansonsten enorm zähen und geschwätzigen Handlung bitter nötig, um das Publikum aus lethargischer Schläfrigkeit zu erwecken. Zwischendurch versucht Pig Killer das Geschehen mit debilem Humor aufzulockern, für den die Sidekicks des Killers herhalten dürfen: Fleischlieferant Pat beispielsweise, darf von seinem durch Oralverkehr mit einem Schwein zerkauten Gemächt schwafeln und es natürlich auch bei einem Kameraschwenk durchs Bild schwingen. Ferrin bemüht sich, mittels nackter Tatsachen eine anstößige Atmosphäre zu erschaffen – aber offensichtliche Penis-Attrappen schocken heute wohl niemanden mehr.
Fehlender Tiefgang
Chad Ferrin hat mit Pig Killer also kein True Crime-Drama der seriösen Sorte abgeliefert, sondern einen waschechten Genrefilm. Dennoch hat er es sich nicht nehmen lassen, in seinen Film zumindest Eckdaten aus Picktons realer Lebensgeschichte einfließen zu lassen. Seien es die Partys auf dem Farmgelände, Frostschutzmittel als tödliche Injektionen, die Aussage gegenüber dem vermeintlichen Mitinsassen oder auch seine, wenn auch nur teilweise, der familiäre Background seiner Kindheit. Es ist nett, dass Ferrin seinen Film mit derlei kleinen Details anreichert, doch trotz dessen wirkt vieles davon beliebig und substanzlos.
Statt Pig Killer dadurch um irgendeine Form des Kommentars zu ergänzen, bleiben Picktons/Pickmans Verhalten nebulös. Sämtliche Handlungen wirken episodisch, es gibt, bis auf bestenfalls küchenpsychologische Rückblicke rund um den als Kind sexuell und seelisch missbrauchten Pickman, keinerlei Erklärungsansätze für dessen späteres Handeln. Nicht einmal die gegenwärtig gezeigten Morde fußen auf irgendeinem bestimmten Grund. Er ist einfach nur ein Mörder, der von Stimmen verfolgt wird, sich dauerhaft latent aggressiv zeigt und stets auf der Suche nach weiteren Opfern ist.
Unser Fazit zu Pig Killer
Pig Killer beginnt noch relativ stimmungsvoll in von Obdachlosen und Prostituierten bevölkerten Straßen, ködert mit etwas Anstößigkeit und Gewalt, versandet danach aber in belanglosen Dialogen, spannungsarmer wie sprunghafter Handlung und langweilt als extrem zäher „Exploiter“, der es kaum schafft zu schocken. Da hatte das veröffentlichende Label Busch Media Group in der Vergangenheit mit Werken wie dem CAT III-Klassiker Ebola Syndrome oder dem abgefahrenen Cat Sick Blues deutlich bessere Schocker im Angebot.
Pig Killer ist ab dem 9.11.2023 als VoD, DVD und Blu-ray im Handel erhältlich, am 16.11. folgt noch ein limitiertes Mediabook mit wenig subtilem Covermotiv.
Unsere Wertung:
© Busch Media Group