Wo Cronenberg draufsteht, steckt auch Cronenberg drin. Auch dann, wenn Sohnemann Brandon auf dem Regiestuhl Platz nimmt. Denn mit Possessor hat er eines der Highlights des diesjährigen Fantasy Filmfests und darüber hinaus abgeliefert. Warum ihr euch den Sci-Fi-Horror-Streifen unbedingt auf die Merkliste schreiben solltet, erfahrt ihr hier.
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Titel | Possessor |
Jahr | 2020 |
Land | Australia |
Regie | Brandon Cronenberg |
Genres | Horror, Thriller, Science Fiction |
Darsteller | Andrea Riseborough, Christopher Abbott, Jennifer Jason Leigh, Sean Bean, Tuppence Middleton, Rossif Sutherland, Kaniehtiio Horn, Raoul Bhaneja, Gage Graham-Arbuthnot, Gabrielle Graham, Christopher Jacot, Hanneke Talbot, Deragh Campbell, Ayesha Mansur Gonsalves, Matthew Garlick, Daniel Junghuan Park, Hrant Alianak, Rachael Crawford, Kathy Maloney, Megan Vincent, Danny Waugh, Dorren Lee, Doug MacLeod |
Länge | 104 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Amazon Prime Video, MagentaTV, Amazon Prime Video with Ads Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube Leihen: Apple TV, Google Play Movies, YouTube |
Der Feind in dir
Sie ist eine der besten ihres Fachs. Tasya Vos (Andrea Riseborough) ist Auftragskillerin, nur führt sie ihren Job nicht von Angesicht zu Angesicht aus. Denn eine neuartige Technologie ermöglicht es ihr, dass sie in die Psyche und das Bewusstsein von anderen Menschen eintauchen kann. Damit übernimmt sie deren Kontrolle und kann in fremden Körpern ihre Aufträge ausführen. Somit hinterlässt sie einerseits keine Spuren und kann sich andererseits in den näheren Kreis der Zielpersonen einklinken. Bisher hat das alles auch reibungslos funktioniert. Bis sie in den Körper von Colin Tate (Christopher Abbott) eintaucht, über den sie an den Finanzier John Parse (Sean Bean) gelangen möchte. Denn diesmal klappt nichts so wie geplant und es entspinnt sich ein Kampf um Körper und Geist.
Possessor – Stylisch, tiefgründig und unglaublich brutal
Nochmal schnell das Emotionsspektrum checken und schon geht’s ans Eingemachte. Possessor wirft den Zuschauer direkt und schonungslos in einen Auftragsmord, der Szenario, Stil und Gewaltgrad des Films etabliert. Während die Prämisse noch nach einem Nolan-Film aussieht, könnte die Inszenierung von einem Mainstream-Film nicht weiter entfernt sein. Allein das Budget und der Einsatz von Gewalt sorgen für ein gänzlich anderes und vor allem eigenständiges Filmgefühl. Dabei ist es beeindruckend, was Brandon Cronenberg mit seinem Team hier aus dem niedrigen Budget gezaubert hat. Die Kameraarbeit von Karim Hussain sorgt mit seinen Farb- und Lichtspielereien für betörende Bilder. Unterlegt mit düsteren Synthie-Klängen erzeugt der Film eine atmosphärische Sogwirkung, der man sich nur schwer entziehen kann.
Nach dem aufregenden Einstieg schaltet Possessor ein paar Gänge zurück, um seiner vielschichtigen Handlung den nötigen Raum zur Entfaltung zu geben. Langweilig wird es deshalb aber nicht, im Gegenteil. Denn nun reißt eine unfassbar gut aufspielende Andrea Riseborough (Mandy) den Film an sich und beweist einmal mehr, dass sie zu den fassettenreichsten Darstellerinnen gehört. Man lernt ihre Lebensumstände und Gedankengänge kennen, die für den weiteren Verlauf essenziell werden. Denn Possessor vertieft sich immer mehr in die Psyche seiner Figuren und spricht dabei existenzielle Themen wie die eigene Identität, Selbstkontrolle und das eigene Bewusstsein an. Die Herangehensweise an diese Themen ist sehr eindringlich und wird im letzten Drittel zudem mit virtuosen Bildern eindrucksvoll visualisiert. Spätestens da tritt Brandon Cronenberg in die Fußstapfen seines Vaters und kann diese selbstbewusst und eigenständig ausfüllen.
Eins besonderes Erlebnis
Andrea Riseborough dominiert einen Part des Psycho-Thrillers, den anderen Part übernimmt Christopher Abbott (It Comes At Night), der mit seinem Erscheinen im Film eine Art „Doppelrolle“ mit Andrea Riseborough einnimmt. Seine Figur Colin Tate ist durschaubar und undurchsichtig zugleich und wird zum Vehikel für den beispiellosen Psycho-Trip. Das Tempo bleibt dabei stets gemächlich, hält aber immer wieder markerschütternde Gewaltspitzen bereit, die den steten Abwärtsstrudel unterstreichen. Immer mehr spitzt sich die Situation zu und lässt die Wahrnehmung zwischen Vision und Realität verschwimmen. Das Ergebnis des Trips ist ein intensives Finale, das fordert und überwältigt. Possessor ist keine leichte Kost und umschlingt den Zuschauer mit fortschreitender Laufzeit immer mehr mit seiner Heftig- und Schonungslosigkeit.
Brandon Cronenbergs zweiter Langspielfilm wirkt nach und lässt sich nur schwer verdauen. Dennoch möchte man am liebsten sofort zurück in die einzigartige Welt und unentdeckte Details finden. Denn diese sind ausgeklügelt bis in die Spitzen und profitieren von der unglaublich stimmigen Inszenierung. Zudem glänzt Possessor auch in den Nebenrollen, die mit Jennifer Jason Leigh und Sean Bean namhaft besetzt sind. Es ist einer jener Filme, bei denen jedes Rädchen nahezu perfekt ineinandergreift und einer jener Filme, der sich mit nichts vergleichen lässt. Wie die Filme vom Vater.
Unser Fazit zu Possessor
Brandon Cronenberg liefert mit Possessor einen betörenden Psycho-Trip im ganz großen Stil ab. Mit dichter Atmosphäre, stylischen Bildern, ruhiger Erzählweise und gnadenlos effektiver Gewaltdarstellung sorgt er für eine einmalige Sogwirkung, die bis weit nach dem Ende anhält. Der Film hallt nach und macht dem Namens seines Vaters alle Ehre. Ein unkonventionelles Erlebnis, dass fernab des Mainstreams sicher nicht jedermanns Sache, aber definitiv etwas besonderes ist.
Possessor ist je nach Stadt ab dem 09. September auf dem Fantasy Filmfest zu sehen.
Unsere Wertung:
© Arclight Films