Auch im August gibt sich Netflix keine Blöße und lässt den nächsten stargespickten Actionknaller auf die Abonnenten los. Erfahrt in dieser Filmbesprechung, ob in der vielversprechenden Superheldengeschichte Project Power tatsächlich auch die Wucht steckt, die der Titel verspricht!
[su_youtube url=“https://www.youtube.com/watch?v=_2UEl3qgncU“]
Titel | Project Power |
Jahr | 2020 |
Land | United States of America |
Regie | Henry Joost |
Genres | Action, Krimi, Science Fiction |
Darsteller | Jamie Foxx, Joseph Gordon-Levitt, Dominique Fishback, Rodrigo Santoro, Courtney B. Vance, Amy Landecker, mgk, Tait Fletcher, Allen Maldonado, Andrene Ward-Hammond, Cory DeMeyers, Jazzy De Lisser, Yoshi Sudarso, Jim Klock, Azhar Khan, Joseph Poliquin, Kyanna Simone Simpson, C.J. LeBlanc, Mike Seal, Kim Baptiste, CG Lewis, Oren Hawxhurst, Chip Carriere, Rose Bianco, Theodus Crane, Toney Chapman Steele, Peter Jaymes Jr., Sam Malone, Carli McIntyre, Michael Wozniak, Justin Carmouche, Christopher Winchester, Sienna Jeffries, Eric Scarabin, Mike R. Moreau, Michelle Torres, Keyana Rodney, Aaron Mitchell, David Merriam, Robert Junkins, Brian Held Jr., Chad Governale, Wild Wayne, Austin David Jones, Jon Eyez, Dane Rhodes, Chika, Casey Neistat |
Länge | 113 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Project Power – 5 Minuten Superkraft oder der Tod
Auf den Straßen von New Orleans macht eine geheimnisvolle, neue Pille von sich reden, die angeblich Superkräfte verleihen soll, die bei jedem anders ausfallen. Der Haken ist allerdings, dass man erst mehr weiß, wenn man sie genommen hat. Während einige also unverwundbar werden, sich unsichtbar machen können oder extrem stark werden, zeigt sich bei anderen mitunter eine tödliche Wirkung. Als die Pille jedoch zu einem extremen Anstieg der Kriminalitätsrate führt, schließt sich ein Polizist (Joseph Gordon-Levitt) mit einem jungen Dealer (Dominique Fishback) und einem ehemaligen Soldaten mit geheimer Vendetta (Jamie Foxx) zusammen, um die Gefahr mit ihren eigenen Waffen zu bekämpfen. Das bedeutet aber auch, um die Gruppe zu finden und aufzuhalten, die diese Pille entwickelt hat, müssen sie selbst ebenfalls das gefährliche Produkt schlucken…
Wo ist denn nun die Power in Project Power?
Hat man den Trailer zum Film gesehen, stellt man sich womöglich auf ein adrenalingeladene Mischung aus Ohne Limit und X-Men ein. Die Idee einer superkräfteverleihenden Superdroge, deren finale Wirkung gar der Tod sein kann, ist eine gute Grundlage für einen kurzweiligen Actionfilm. Welche verschiedenen Kräfte könnte man alles zeigen, wie stark werden die Kurzzeitmutanten, welche unterschiedlichen Pläne verfolgen die Personen, die sich die Pillen einschmeißen? Ohne etwas vom Plot zu wissen, malt man sich als Zuschauer schon aus, was man von der abgefahrenen Prämisse erwartet.
Doch mit dieser Erwartungshaltung bekommt man durch einen doch sehr actionarmen Überbau schnell einen Dämpfer. Speziell, wenn man noch die gut gemachten Gefechte der letzten Netflix Actionfilme The Old Guard und Tyler Rake: Extraction vor dem Auge hat, kommt einen Project Power über weite Strecken ziemlich uninspiriert und austauschbar vor. Auch die Anzahl an Actionszenen weit entfernt vom Actionfeuerwerk, das der Titel suggeriert.
Geht es dann doch mal temporeicher zur Sache, wie zum Beispiel in einer Szene, in der Jamie Foxx Figur Art a.k.a. der Major eingeführt wird, so bekommt man lediglich Actionware von der Stange präsentiert. Nichts, was man nicht in den unzähligen Comicverfilmungen der letzten Dekade so und vor allem schon besser gesehen hat.
Wieder ein Netflix Großprojekt, dass sein Potenzial verkennt
Dabei wäre die Basis für einen weit überdurchschnittlichen Sci-Fi-Actionfilm durchaus vorhanden, da man ohne den Druck einer Comicvorlage vollkommen freidrehen könnte. Während The Old Guard oder all die MCU und DCEU Filme immer Vorlagentreue und Eigenständigkeit ausbalancieren müssen, bietet der originäre Stoff von Project Power nahezu Narrenfreiheit beim Drehbuch.
Der Knackpunkt, der diesem Film leider zum Verhängnis geworden ist, ist die eindeutig falsche Schwerpunktsetzung bei der Geschichte, die im Vordergrund steht. Auch die Handlung ist, wie die Action, zu abgedroschen und austauschbar. Eine generischere Story, wie die eines Vaters, der, um seine entführte Tochter zu retten, mit dem ganz großen Verbrechen in Konflikt tritt, hätte man sich wohl nicht ersinnen können. Alles weitere ist dann so Standard, dass man nahezu den kompletten Film voraussehen kann und durch nichts überrascht wird. Bedeutet am Ende leider: Keine Überraschungen, keine Spannung.
Doch nicht nur bei der Geschichte vergibt man die Chance, einen erinnerungswerten Film zu kreieren. Wenn man schon zwei so große Hollywood Stars, wie Foxx und Gordon-Levitt, für einen Streamingfilm begeistern kann, dann sollte man deren schauspielerische Qualitäten auch mehr ausspielen. Beide wirken über die volle Laufzeit mal unterfordert, mal gar gelangweilt. Ihre Rollen geben ihnen aber auch leider kaum Möglichkeiten zu glänzen, da die Figuren absolut nach Schema F aus der Superheldenfilmmottenkiste geschrieben sind.
Einzig die junge Dominique Fishback, die schon durch eine tolle Leistung in The Hate U Give ins Gespräch kam, schafft es den Zuschauer mitzunehmen und für den ein oder anderen emotionalen Moment zu sorgen. Ihrer Figur sei Dank, dass man auch in den ruhigen Momenten, die sich sonst sehr lange anfühlen, am Ball bleibt.
Zielgruppengerecht statt ambitioniert
Noch ärgerlicher ist die Belanglosigkeit von Project Power, da man immer wieder Facetten einer vielversprechenden Hintergrundgeschichte aufblitzen. Die Fragen nach der Quelle des Stoffes, den politischen Verwicklungen und den Zielen der Organisationen hinter der Droge haben speziell vor den aktuellen politischen Themen, die unsere Gesellschaft dominieren, einen aktuellen Bezug, den man nur auszuspielen bräuchte, um sofort mehr Relevanz zu haben. Entweder aus Angst zu politisch daherzukommen oder schlicht, weil man diese Dimension unterschätzt hat, werden diese Gebiete, wenn überhaupt, stiefmütterlich tangiert.
Dass man sich eine Zielgruppe ausgesucht hat, die man durch komplexere politischere Ebenen in der Storyline nicht überfordern will, merkt man bei Project Power an allen Ecken und Enden. So strahlt die Hip-Hop-lastige Musikauswahl Leichtigkeit und Coolness aus und die Tatsache, dass die „Superkraft“ von Robin ihr Rap-Talent ist, spricht ebenfalls für den jugendfreundlichen Ansatz.
Womöglich muss man daher den Film auch mehr aus der Teenagerperspektive heraus betrachten, um besser in die Story hineinfinden zu können oder gar mit der Protagonistin „connecten“ zu können. Noch deutlicher wird einem dann die auserkorene Zielgruppe, wenn man in einer Nebenrolle plötzlich YouTube-Legende Casey Neistat entdeckt. Project Power ist ein Film für Millennials, die eben mit Ikonen wie Neistat aufgewachsen sind und wahrscheinlich mehr auf dem Videoportal gesehen haben, wie von den älteren X-Men-Filmen.
Technisch zwischen gewöhnungsbedürftig und solide
Abschließend sollten auch noch ein paar Worte zu den technischen Aspekten fallen. Zu Beginn wirkt der Film erst einmal ungewohnt, wenn man nicht erst kürzlich einen der Vorgängerfilme des Regieduos Nerve gesehen hat. Alles ist gestochen scharf, wirkt fast etwas videospielartig und die Kamerafahrten sind auch alles andere als konventionell. Glücklicherweise gewöhnt man sich dann aber doch an das Look’n’Feel und kann sich anschließend über die schwankende Qualität der CGI-Effekte wundern. Einige Digitaleffekte können mit den großbudgetierten Kinoproduktionen von Marvel und co. durchaus mithalten. An manchen Stellen merkt man jedoch dann deutliche Qualitätsunterschiede zum Kino-Level. Hierbei fallen insbesondere die Mutationsanimationen ins Gewicht, die eher mittelmäßiger Standard im Jahr 2020 sind. Die Finalszene ist dann nur noch ein CGI-Brei. Auch wenn man auch bei Venom genau diese Schwäche auch mehrfach herausgestellt hat, ist dies keine Ausrede, es wieder nicht besser zu lösen.
Unser Fazit zu Project Power
Project Power ist ein weiterer Actionfilm mit hohen Ambitionen in der aktuellen Netflixoffensive. Doch aus der vielversprechenden Grundlage macht man genauso wenig, wie aus dem wieder einmal herausragenden Cast.
Für Fans von Comicfilmen aus dem X-Men-Universum bietet sich hier ein mauer Aufguss ohne neue Ideen und Akzente. Lediglich eine sympathisch aufspielende Dominique Fishback kann die Vollkatastrophe noch verhindern.
Am ehesten empfehlen kann man Project Power noch der Zielgruppe unter 25, die mit der Videospiel-Optik warm werden kann. Ein Faible für Rapmusik und keine allzu tiefe emotionale Bindung zu den großen Comic-Franchises, die diese Story so ähnlich schon zigfach besser vorgetragen haben, ist ebenfalls ein Vorteil.
Project Power ist seit dem 14. August 2020 bei Netflix abrufbar.
Unsere Wertung:
© Netflix