Eine Mischung aus Thriller, Roadmovie und Romanze – das alles vereint Queen & Slim, der sich mit Polizeigewalt gegen Schwarze in den USA auseinandersetzt. Geht dieser Genre-Mix auf?
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Titel | Queen & Slim |
Jahr | 2019 |
Land | Canada |
Regie | Melina Matsoukas |
Genres | Krimi, Drama, Liebesfilm |
Darsteller | Daniel Kaluuya, Jodie Turner-Smith, Bokeem Woodbine, Sturgill Simpson, Flea, Chloë Sevigny, Indya Moore, Benito Martinez, Jahi Di'Allo Winston, Gralen Bryant Banks, D.A. Obahor, Bryant Tardy, Thom Gossom Jr., Melanie Halfkenny, Brian Thornton, Joseph Poliquin, Karen Kaia Livers, Bertrand E. Boyd II, Lucky Johnson, Reynolds Washam, Andre De'Sean Shanks, Robert Walker Branchaud, Colby Boothman-Shepard, Andy Dylan, Regina Swanson, Soledad O'Brien, Gayle King, Gregory Keith Grainger |
Länge | 133 Minuten |
Wer streamt? | Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Freenet meinVOD |
Worum geht’s in Queen & Slim?
Über Tinder lernen sich die beiden schwarzen Hauptfiguren Ernest “Slim” Hines (Daniel Kaluuya), ein Schuhverkäufer, und Angela “Queen” Johnson (Jodie Turner-Smith), eine Juristin, kennen und verabreden sich in einem Diner. Nach dem Date werden die beiden aufgrund von nicht eingesetztem Blinker jedoch von einem weißen Polizisten angehalten. Der Konflikt eskaliert und Angela wird angeschossen, während Ernest ihn in Notwehr erschießt. Nun sind die beiden auf der Flucht vor dem Gesetz und durch den Süden der USA auf dem Weg nach Kuba.
Auf ihrer Odyssee, auf der beide Gefühle füreinander entwickeln, erhalten sie jedoch nicht nur Unterstützung von Angelas Onkel Earl (Bokeem Woodbine), sondern unerwartet auch von der (vermehrt schwarzen) Bevölkerung. Eine Dash-Cam im Dienstwagen zeichnete die Ereignisse auf und diese in den Medien kursierenden Aufnahmen beweisen, dass die Tat in Notwehr geschah. Zudem soll der erschossene Polizist zwei Jahre zuvor bereits jemanden getötet haben. So avancieren die beiden für viele schnell zu den schwarzen “Bonnie & Clyde” und zum kraftvollen Symbol einer Gegenbewegung. In Sicherheit wägen dürfen sie sich jedoch noch lange nicht…
Zwei unfreiwillige Helden
In ihrem Spielfilmdebüt Queen & Slim zeichnet die zweifache Grammy-Gewinnerin Melina Matsoukas eine oft meditative, manchmal spannungsgeladene Odyssee von zwei ganz normalen Menschen, die unfreiwillig zum Protest-Symbol für die schwarze Bevölkerung in den USA werden. Dabei werden nicht nur wichtige Themen wie Rassismus, Polizeigewalt oder der Drang nach Freiheit und Gleichberechtigung angesprochen, sondern nebenbei wird auch eine Romanze erzählt, die sich langsam aber sicher zwischen den beiden Hauptfiguren entwickelt.
Daniel Kaluuya, der einer breiteren Masse durch den ebenfalls Rassismus thematisierenden Horrorfilm Get Out (2017) bekannt wurde, und das Model Jodie Turner-Smith spielen das jederzeit überzeugend, immer wechselnd zwischen lebhafter Freude, die ihnen der Roadtrip in den kleinen Momenten beschert, und hintergründiger, dauerhafter Anspannung und Unsicherheit. Auch die Chemie zwischen den beiden stimmt; die langsam aufkeimende Zuneigung, was man beim ersten, eher mäßig verlaufenen Date noch nicht vermuten würde, wirkt durchaus glaubhaft. In kleinen Nebenrollen tauchen eher skurrile Figuren auf, die der Sache zudem etwas Witz verleihen, etwa der proletenhafte Uncle Earl und seinen freizügigen Mitbewohnerinnen.
Wer außerdem erwartet, hier ein recht einseitiges Bild im Sinne von “Die armen Schwarzen gegen die bösen Weißen” serviert zu bekommen, wird spätestens dann eines Besseren belehrt, wenn die beiden Hauptfiguren nicht nur von der schwarzen, sondern auch von der weißen Bevölkerung Unterstützung erhalten. Eine (wortwörtliche) Schwarz-Weiß-Malerei kann man der Regisseurin also nicht vorwerfen. Leider vertieft Queen & Slim diesen Konflikt nicht weiter, denn dafür beruft er sich dann doch zu sehr auf seine Romanzen- und Roadmovie-Aspekte. Und auch diese werden nicht vollständig ausgeschöpft. Ein wenig konsequenter in seiner Erzählweise hätte Matsoukas Spielfilmdebüt ruhig sein dürfen.
Ein schön anzusehender Trip
Die anfängliche Mord-Szene, die gekonnt Spannung aufbaut, gerät erstaunlich schnell in Vergessenheit. Denn auch wenn die beiden durchgängig auf der Flucht sind, so hat der Film viele befreiende, zärtliche Momente, die einfach das Leben an sich feiern und in jeder noch so schlechten Lage etwas Gutes sehen. Diese werden nur recht selten, dann aber richtig von vereinzelten, geschickt inszenierten Spannungssequenzen durchbrochen.
Dass Melina Matsoukas zuvor Musikvideos, unter anderem für Rihanna und Beyonce, drehte, bleibt keinesfalls unbemerkt. Immer wieder inszeniert sie ästhetisch sehr ansprechende oder symbolisch aufgeladene Bilder. Auch musikalisch tobt sich die Regisseurin aus und lässt häufig Hip-Hop-Musik aus dem Autoradio tönen, die den entsprechenden Szenen eine passende Atmosphäre verleihen, während draußen die schön eingefangene, parallel zur Liebesbeziehung immer wärmer werdende Landschaft vorbeizieht. Der Musikvideo-Look wirkt bisweilen jedoch etwas zu glatt und erinnert somit an eine typische Netflix-Produktion. Die Regisseurin besitzt trotz starker Bilder (noch) keine eigene Handschrift. Dass sie ein Händchen für eine atmosphärische Bildsprache hat, stellt sie hier aber gekonnt unter Beweis.
Zu viel Pathos, zu wenig glaubwürdig
Trotz der ernsten Thematiken wird Queen & Slim nur selten schockierend, oder gar abgründig und richtet sich sowohl erzählerisch als auch optisch eher an ein Mainstream-Publikum. Das muss keinesfalls schlecht sein, nur merkt man den Film zusätzlich an, dass es sich hier um ein Regie-Debüt handelt. Dieses wirkt nämlich nicht immer glaubwürdig, was sich schon bei der Eskalation in der Auftakt-Szene bemerkbar macht. In seine Manteltasche zu greifen, um zu telefonieren, während ein sichtbar angespannter Cop die Waffe auf einen richtet, ist nun mal nicht das Klügste, was man machen kann. In einer weiteren Szene, die dann schockieren möchte, schießt ein schwarzer Junge bei einem Protest einem freundlichen schwarzen Polizisten ohne erkennbaren Grund ins Gesicht. Die Aussage dieser Szene ist klar: Diejenigen, die sich Queen und Slim zum Vorbild nehmen, glauben, es sei in Ordnung, Polizisten umzubringen. Doch die Tat wird in jener Szene schlicht und ergreifend nicht nachvollziehbar verkauft.
Zudem trägt der Film gerne dick auf, was besonders im Finale deutlich wird, bei der die beiden Protagonisten auf pathetische Weise vollends zu heroischen Ikonen stilisiert werden. Die Botschaft wird spätestens dann dem Zuschauer geradezu ins Gesicht gepfeffert, ein wenig Subtilität hätte Queen & Slim nicht geschadet. Als letzter Kritikpunkt muss außerdem die Lauflänge herhalten, die mit ihren 133 Minuten häufig für kleine Längen sorgt und ruhig 15 Minuten kürzer hätte ausfallen können.
Unser Fazit zu Queen & Slim
Queen & Slim ist ein atmosphärischer und überzeugend gespielter Mix aus Romanze, Thriller und Roadmovie, bei dem zwei Flüchtende zu unfreiwilligen Heldenfiguren für die unterdrückte schwarze Bevölkerung werden. Die Themen Rassismus und Polizeigewalt kommen dabei jedoch zu kurz, die Lauflänge ist hingegen etwas zu lang. Auch eine konsequente, jederzeit glaubwürdige Handlung und eine subtile Inszenierung sind nicht unbedingt die Stärken dieser Odyssee durch die USA. Dafür kann diese mit vereinzelten Spannungsmomenten, einer ruhigen, fast schon meditativen Bildsprache und einem sympathischen Darsteller-Duo punkten. Ein durchaus gelungenes Regie-Debüt und trotz Einschränkungen einen Blick wert!
Universal Pictures veröffentlichte die DVD und Blu-ray zu dem Film am 21. Mai 2020!
Unsere Wertung:
© Universal Pictures