Sydney Sweeney ist aktuell in aller Munde, weil die Euphoria-Darstellerin zum Dauergast im Kino mutiert mit lustigen, gruseligen und ernsten Filmen. Reality ist in diesem Fall ein spannendes Drama, bei der die junge Darstellerin zeigt, wie gut sie eigentlich schauspielern kann.
Titel | Reality |
Jahr | 2023 |
Land | United States of America |
Regie | Tina Satter |
Genres | Drama, Thriller |
Darsteller | Sydney Sweeney, Josh Hamilton, Marchánt Davis, Benny Elledge, John Way, Reality Winner, Tucker Carlson, Bill Maher, Krystal Ball, Juan Williams, David Corn, James Comey |
Länge | 83 Minuten |
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Die Handlung von Reality
An einem stinknormalen Samstag im Sommer 2017 kommt Reality Winner (Sydney Sweeney) vom Einkaufen nach Hause. Doch an diesem Tag wird sich ihr Leben auf den Kopf stellen. Denn zwei Männer vom FBI, Justin C. Garrick (Josh Hamilton) und R. Wallace Taylor (Marchánt Davis), warten auf sie mit einem Durchsuchungsbefehl. Von Beginn an lassen sie ihr Tonbandgerät mitlaufen, um alles aufzuzeichnen.
Reality stimmt der Untersuchung zu, gerät dabei aber zunehmend unter Druck. Denn das FBI-Team stellt nicht nur ihr Haus auf den Kopf, sondern bohrt mit jeder Frage tiefer in ihr Leben hinein. Doch was hat sich die junge Frau eigentlich zu Schulden kommen lassen?
Je weniger du weißt, desto besser
Zu den Fakten: Reality – Wahrheit hat ihren Preis basiert auf den wahren Ereignissen um die frühere Air-Force-Linguistin Reality Winner und hat 2017 in den USA hohe Wellen geschlagen. Denn was damals aufgedeckt wurde, warf selbst ein politisches Schlaglicht auf die Amtszeit Donald Trumps.
Hierzulande dürfte der Fall vielen unbekannt sein, was für den Genuss des Films aber ein absoluter Glücksfall ist. Denn wenn zwei auffallend freundliche FBI-Beamte plötzlich auf Realitys Rasen stehen, herrscht für die Zuschauerschaft Verwirrung, Irritation und die Suche nach Verständnis, was hier eigentlich gespielt wird.
Tina Satter, die eigentlich vom Theater kommt, feiert mit Reality ihr Spielfilmdebüt (Regie & Drehbuch) und greift dazu auf ihr eigenes Stück Is This A Room: Reality Winner Verbatim Transcription zurück. Transcription ist hier das entscheidende Stichwort: Alle Unterhaltungen des Films sind 1 zu 1 aus den Tonbandaufnahmen des FBI (bzw. der schriftlichen Abfassung dessen) entnommen, die die reale Hausdurchsuchung dokumentieren.
Satter re-inszeniert damit die Wirklichkeit in einer Detailgetreue, wie es die wenigsten Verfilmungen von sich behaupten können. Zwar gibt es sichtbare Kürzungen, aber der kompakt auf 83 Minuten gehaltene Film vermittelt ein starkes Gefühl von Echtzeit und eben Authentizität.
Ein mutiger und origineller Film
Auch das Seherlebnis ist ein Besonderes, wenngleich etwas ungewöhnlich. Denn während Filme üblicherweise die Zuschauerschaft tief in die Immersion ziehen wollen, dass alles auf dem Bildschirm echt und wahrhaftig ist, so verweist Reality ständig darauf, dass der Film nur ein Film ist, der die echten Ereignisse neu inszeniert.
Um die Zuschauerschaft an diese zweite Ebene zu erinnern, kommen einige visuelle Kniffe zum Einsatz. So werden immer wieder Abschriften der Dialoge auf Papier gezeigt in dem Moment, in dem die Figuren sie im Film wiedergeben. Oder es werden Audiospuren (mit eingeblendetem Titel wie in einem Karteisystem) ablaufen gelassen. So entsteht der Eindruck, hier selbst zu ermitteln und sich anhand der FBI-Dokumente in den Fall einzuarbeiten. Je weniger man also selbst weiß, wohin die Reise geht, desto prickelnder ist diese behördliche Untersuchung.
Die sprichwörtliche Spannungsschraube wird nicht zuletzt dadurch in Schwung gebracht, dass manche Aussagen aus der Vorlage geschwärzt wurden. So gehen nicht nur ganz entscheidende Informationen verloren, die frühzeitiger für Hinweise sorgen könnten (und die Spannung hinten raus verlängern). Zusätzlich setzt Satter auch hier auf visuelle Effekte, zum Beispiel, indem die Figur, die eine geschwärzte Aussage äußert, blitzartig aus der Szenerie ausgeblendet wird. Alternativ verzerren optische Bildstörungen das Gezeigte.
Starke Besetzung
Die durch die Serie Euphoria berühmte gewordene Darstellerin Sydney Sweeney hat seit einer Weile den Sprung auf die große Leinwand geschafft und scheint bei der Wahl ihrer Rollen nicht gerade wählerisch. Madame Web, Wo die Lüge hinfällt oder Immaculate sind jedenfalls grundverschieden, allein schon von ihren Genres, und über die Qualität lässt sich ausführlich streiten. Reality erscheint in dieser Reihe dagegen wie ein bewusst gewählter Ausreißer. Denn kurz gesagt: Sweeney ist als absolut unscheinbare Mittzwanzigerin, die eines Tages das FBI vor der Tür stehen hat, unglaublich gut.
Die zunehmende Überforderung unter dem Druck der Ermittler bringt sie allein mit ihren Augen hervorragend zur Geltung, wenn diese im Laufe des Films zunehmend röter werden, ohne eine einzige Träne zu vergießen. Auf der Gegenseite ist Josh Hamilton als 08/15-Sesselpupser im Außeneinsatz ebenso fantastisch wie glaubwürdig. Warum er agiert, wie er es tut, wird erst schrittweise klarer und sorgt auf dem Weg dorthin mit Sicherheit für die eine oder andere emotionale Reaktion auf der Couch.
Warum Reality am Ende nicht der ganz große Wurf geworden ist, liegt trotz aller Regiekniffe an der Trockenheit des Stoffs. Als Theaterstück scheint das reale Geschehen prädestiniert, als Film ist es trotz der kompakten 83 Minuten nicht immer unterhaltsam, was an dem Dauerfeuer der Dialoge, den wenigen Settings und der gleichbleibend schwelenden Situation liegt. In einigen wenigen Momenten bricht Satter sogar aus ihrem Konzept aus, spielt offensichtlich mit der Wahrnehmung ihrer Hauptfigur.
So bleibt am Ende der Beigeschmack, dass Reality als Film doch etwas mehr Freiheit und künstlerischer Ausdruck (gleichwohl auf Kosten der Authentizität) gut getan hätte. Wer uninformiert reinschaut und aufgrund der Ausgangssituation einen Genrefilm erwartet, der im Finale ordentlich eskaliert, dürfte sogar etwas enttäuscht sein.
Unser Fazit zu Reality
Experiment gelungen: Tina Satter inszeniert mit Reality einen überwiegend spannenden Thriller, der vollständig auf den Tonbandaufnahmen des FBI bei einer Hausdurchsuchung basiert. So entsteht in nur 83 Minuten ein fast schon dokumentarisch wirkendes Kammerspiel, das eine eigentlich kleine Geschichte mit großer politischer Tragweite erzählt. Ein Film, der hierzulande sowohl im Kino als auch Heimkino untergehen wird, aber definitiv mehr Aufmerksamkeit verdient.
Das liegt zum einen an dem brisanten gesellschaftspolitischen Bild der USA, das Reality anhand seiner titelgebenden Figur (und realen Persönlichkeit) Reality Winner zeichnet. Und zum anderen beweist Sydney Sweeney eindrucksvoll, dass sie viel mehr zu bieten hat, als nur ihr Äußeres attraktiv in der Kamera zu präsentieren.
Reality erscheint am 25. April im Heimkino auf DVD & Blu-ray.
© Plaion Pictures