Jeremy Saulnier hat noch nicht viele Filme verantwortet, aber die wenigen haben durchaus Beachtung speziell in Genre-Kreisen erregt. Kann nach Green Room, Blue Ruin und Wolfsnächte nun Rebel Ridge als Actionthriller übezeugen?
Titel | Rebel Ridge |
Jahr | 2024 |
Land | United States of America |
Regie | Jeremy Saulnier |
Genres | Krimi, Action, Thriller, Drama |
Darsteller | Aaron Pierre, Don Johnson, AnnaSophia Robb, Emory Cohen, David Denman, Oscar Gale, Steve Zissis, Daniel Chung, Dana Lee, C.J. LeBlanc, Zsané Jhé, Reid Williams, Matthew Rimmer, Brannon Cross, Victor Eli Hugo, James Cromwell, Chelsea Bryan, Al Vicente, Terence Rosemore, Leslie Nipkow, Rhonda Johnson Dents, Charlie Talbert, Harlon Miller, Clayton Cooper, Caleb J. Thaggard, Jordan Thoma, Angela Griffitt |
Länge | 132 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Rebel Ridge – Die Story
Terry Richmond (Aaron Pierre) kommt mit einer einfachen, aber dringenden Mission nach Shelby Springs – er will die Kaution für seinen Cousin hinterlegen und ihn so vor drohender Gefahr schützen. Doch als Terrys gesamte Ersparnisse unrechtmäßig von der Justiz eingezogen werden, muss er es mit dem Polizeichef Sandy Burnne (Don Johnson) und seinen kampfbereiten Beamten aufnehmen. Terry erfährt durch die Gerichtsdienerin Summer McBride (AnnaSophia Robb) unerwartet Unterstützung und gemeinsam werden sie in eine tiefgreifende Verschwörung in der abgelegenen Gemeinde verwickelt. Als es schließlich um Leben und Tod geht, muss Terry sich seine dunkle Vergangenheit zunutze machen, um die Gemeinde aus den Klauen der Polizei zu befreien, seiner Familie Gerechtigkeit widerfahren zu lassen und dabei Summer zu beschützen.
Wie Reacher in Cop Land
Wie Reacher in der gleichnamigen Serie kommt der Protagonist hier anfangs in die Kleinstadt: Ex-Soldat, leicht traumatisiert, aber direkt als rechtschaffener Kämpfer für die richtige Seite etabliert. Und damit beginnt dann auch ein Film, bei dem einem sehr viel bekannt vorkommen und wirklich nichts überraschen wird. Das war in Reacher zwar auch nicht der Fall, aber dort hat der etwas mysteriös gezeichnete Hauptcharakter zumindest noch mit seiner Aura und seinem schmallippigen Charme für Situationskomik und Sympathie gleichermaßen gesorgt.
In Rebel Ridge aber geht dem Protagonisten das gewisse Etwas leider ab. Aaron Pierre hat fraglos Augen und einen Blick, der eindringlich ist und der klar macht, dieser Typ wird keine Kompromisse eingehen, hat aber eine verletzliche Seite. Und Pierre spielt die Rolle auch wirklich gut, soweit es eben die Figurenzeichnung in diesem mehr als archetypischen Cop-Korruptions-Thriller zulässt. Denn die Story ist wirklich eine einzige Blaupause, jedes Gespräch wirkt wie aus einem Baukastensystem entlehnt und die Antagonisten stammen ebenfalls aus einem Stapel von Schablonen, vom dem sich nicht erst James Mangold in Cop Land vor 25 Jahren schon bediente.
Wenig Handschrift, viel Leerlauf
Aber sind wir mal ehrlich: Jeremy Saulnier hat hier einen astreinen B-Movie abgeliefert, der heutzutage nun mal das Brot-und-Butter-Geschäft der Streamingdienste ist, um das allwöchentliche Veröffentlichungsversprechen einhalten zu können. Nicht jede Woche kann man dabei einen (Möchtegern)Blockbuster vorlegen, manchmal darf es auch ein klassischer Gut-gegen-Böse-Thriller sein, bei dem Stars der B-Liga auf bekannte Gesichter vergangener Hits treffen. Hier: Emory Cohen, der immer mal wieder in A-Produktion in zweiter Reihe in Erscheinung tritt und Don „Miami Vice“ Johnson.
Etwas Aufmerksamkeit dürfte dem Projekt damit schon sicher sein und ein gutes Bisschen mehr kommt dann noch durch die Erwartungshaltung gegenüber Regisseur Saulnier. Doch der kann dem Ganzen nur wenig Handschrift verleihen, wenngleich er sich zumindest tonal treu bleibt und hier gänzlich auf humoristische Brechung verzichtet, die ansonsten im Cop-Thriller Gang und gäbe ist. Ansonsten wirkt dieser Film nach einer 08/15-Auftragsarbeit nach Schema F. Rebel Ridge macht handwerklich wenig falsch, aber ist komplett ohne eigene Identität und Rückgrat aufgrund der überlangen gut zweistündigen Laufzeit trotzdem eine zähe Angelegenheit.
Zwischen hart und abgehärtet
Green Room und Blue Ruin waren auf ihre jeweils eigene Weise harter Tobak – ohne dabei splatterig zu sein oder komplett auf shock value zu setzen. Auch Rebel Ridge hat harte Momente, geht nicht zimperlich mit seinem Personal um und liefert speziell am Finale auch reichlich Material, das zartbesaiteten Zuschauern üble Träume bereiten kann. Doch insgesamt wird man das Gefühl nicht los, dass der Film weder Fisch noch Fleisch ist. Die Story, wie beschrieben, ist zeitlos-klassisch (positiv betrachtet) oder belanglos-altbacken (negativ betrachtet). Es hängt also schlicht vom einzelnen Zuschauer ab und davon, ob dieser dann jeweils entweder vom Immergleichen nicht genug sehen kann oder doch noch Innovation in seinem Lieblingsgenre erwartet.
So verhält es sich dann auch mit der Action, die natürlich hart und wuchtig ist, aber eben auch wieder im Jahr 2024 niemanden mehr vom Hocker hauen wird, der in den letzten 20 Jahren in diesem Genre nur einen Bruchteil der erfolgreichen Produktionen gesehen hat. Saulnier kann man zugute halten, dass er auch hier durch einige Einstellung sein Gespür für eine ästhetisch besondere Bildsprache herausarbeiten kann. Doch für die Laufzeit ist das zu wenig, um über den Leerlauf und die Standard-Dialoge hinwegzukommen. Ein kleines Extralob hat sich aber dennoch die Darstellerin AnnaSophia Robb verdient, die in diesem extrem testosteronlastigen Streifen schafft herauszustrahlen und Lust auf mehr zu machen. Johnson und Cohen erfüllen allenfalls die Kriterien für eine Teilnehmerurkunde.
Unser Fazit zu Rebel Ridge
Rebel Ridge ist kein schlechter Film, wahrscheinlich sogar ein guter. Aber der Cop-Thriller kommt gefühlt Jahrzehnte zu spät. Weder ist die Story originell noch kann die Darbietungsform in ihrer Drastik und Rohheit heute noch jemanden in Staunen versetzen. Im Rahmen des „Freitags-Films bei Netflix“ ist die Jeremy Saulnier-Arbeit aber für dessen Fans und unersättlichen Cop-Thriller-Schauern doch eine Empfehlung wert.
Rebel Ridge startet am 6. September 2024 bei Netflix.
Unsere Wertung:
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