Red Notice mit den Megastars Gal Gadot, Dwayne Johnson und Ryan Reynolds ist bis dato die teuerste Filmproduktion von Netflix. Ist der Actionfilm nun aber ein großer Wurf oder eine gigantische Luftnummer geworden?
Titel | Red Notice |
Jahr | 2021 |
Land | United States of America |
Regie | Rawson Marshall Thurber |
Genres | Action, Komödie, Krimi |
Darsteller | Dwayne Johnson, Ryan Reynolds, Gal Gadot, Ritu Arya, Chris Diamantopoulos, Ivan Mbakop, Vincenzo Amato, Rafael Petardi, Seth Michaels, Sebastien Large, Guy Nardulli, Andrew Hunter, George Tsai, Rawson Marshall Thurber, Robert Mata, Anthony Belevtsov, Daniel Bernhardt, Yosef Podolski, Martin Harris, Alexander Perkins, Joseph A. Garcia, Gonzalo Escudero, Jay Romero, Ethan Herschenfeld, Brenna Marie Narayan, Tom Choi, Nick Arapoglou, Robert Clotworthy, Ed Sheeran, Steve Eifert, Elbert Kim, Victoria Paige Watkins |
Länge | 117 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Red Notice – Handlung
Wenn Interpol eine rote Ausschreibung (engl. „Red Notice“) zur Jagd auf die meistgesuchten Verbrecher der Welt herausgibt, ist der Top-Profiler des FBI – John Hartley (Dwayne Johnson) – zur Stelle. Seine Jagd rund um den Globus verwickelt ihn in einen gewagten Coup, bei dem er notgedrungen mit dem weltweit besten Kunstdieb (Ryan Reynolds) kollaborieren muss, um die meistgesuchte Kunstdiebin der Welt (Gal Gadot) zu fassen. Was folgt, ist eine abenteuerliche Odyssee um die Welt, die das Trio unter anderem auf die Tanzfläche, hinter die Mauern eines abgeschotteten Gefängnisses und sogar in die Tiefen des Dschungels führt. Zu allem Überfluss müssen sie dabei vor allem einander ertragen.
Hobbs & Deadpool
Nach einer für den Gaunerfilm typischen Eröffnungssequenz in Rom müssen die beiden Superstars recht schnell im Team zusammenarbeiten. Es ergeben sich also zwangsläufig die ebenfalls altbekannten Buddy-Movie-Dynamiken zwischen Johnson und Reynolds, die sich eigentlich nicht ausstehen können, aber für ein gemeinsames Ziel ihre Differenzen beiseite legen müssen. Das „Teambuilding“, wenn man es so nennen will, findet in einem russischen Gefängnis statt, wo sich die unterschiedlichen Typen, während sie sich permanent gegenseitig Beleidigungen an den Kopf schmeißen, irgendwie rausmanövrieren müssen.
Auch wenn die Chemie zwischen den Stars grundsätzlich stimmt, schafft es dieses Paar in Red Notice nicht mal ansatzweise, dass man ihre jeweiligen Rollen von vorherigen Rollen abstrahieren kann. Das ständige Anblaffen seitens Dwayne Johnson wirkt exakt wie das, was er in der Fast-and-Furious-Reihe erst mit Vin Diesel und dann im Spin-Off Hobbs and Shaw mit Jason Statham durchexerziert hat. Zum einen wirkt das inzwischen furchtbar aufgesetzt und redundant. Zum anderen hat es definitiv auch in den vorherigen Konstellationen besser funktioniert.
Ryan Reynolds in der Jack-Sparrow-Falle
Dabei muss sich nicht nur Johnson den Schuh anziehen, eigentlich seit Jahren oftmals den selben Einheitsbrei vor der Kamera abzuliefern. Speziell bei Ryan Reynolds ist es noch nie so extrem ins Gewicht gefallen wie nun in dieser Produktion, dass er seit Deadpool egal in welcher Rolle immer wieder in den „merc-with-a-mouth“-Modus schaltet. So wie Johnny Depp nach dem Erfolg von Fluch der Karibik sich immer mehr in einen Real-Life-Jack-Sparrow gewandelt hat, so muss Reynolds extrem aufpassen, dass er sich aus dieser Falle wieder befreit, ehe er überhaupt nicht mehr für seriöse Rollen infrage kommt.
Hier in Red Notice nervt er mit seiner unangenehm penetranten Attitüde wahrscheinlich sogar seine Hardcore-Fans. Es gibt keine einzige ernste Szene in diesem Film, da schon jeder Anflug von Seriosität meist eben von Reynolds durch einen deplatzierten One-Liner erstickt wird. So wird das ganze Abenteuer zu einer großen Lachnummer. Gal Gadot kann einem da eigentlich nur Leid tun, denn selbst sie muss sich der unfreiwillig parodistischen Tonalität beugen. Man muss den drei Topstars noch zugute halten, dass sie sichtbar Spaß an diesem Schwachsinn hatten, aber selbst wenn man den Humor mit Wohlwollen als hochgradig selbstironisch akzeptieren kann, ändert dies nichts daran, dass die Witze zu zwei Drittel allesamt Rohrkrepierer sind.
Nicht mal als leichtgängige Abenteuerkomödie überzeugend
Selbst wenn man nicht allzu tief im Abenteuerfilm-Genre drin ist, merkt man schnell, dass die eigentliche Intention hinter Red Notice wohl war, einen ganz klassischen Schatzsuche-Film mit modernen Elementen aufzupeppen und dabei den augenscheinlichen Vorbildern immer wieder die Ehre zu erweisen. Rawson Marshall Thurber zitiert sich kunterbunt durch die Genrehistorie. Vieles erinnert selbstverständlich an die Indiana-Jones–Filme, manches an Tomb Raider oder Vermächtnis der Tempelritter. Doch nicht mal als Hommage wird man dieser unausgewogenen Inszenierung etwas abgewinnen können.
Die Action ist völlig unspektakulär und die Suche nach den Artefakten entbehrt jedweder Originalität. Selbst das Katz-und-Maus-Spiel zwischen den verschiedenen Fraktionen inklusive der Polizei überzeugt im Serienformat, beispielsweise in Lupin oder Haus des Geldes, mehr. Die Krönung des Ganzen ist jedoch, dass man es tatsächlich geschafft hat, in das proklamierte neue Aushängeschild des Streamingriesen Netflix nicht nur den dümmsten Twist, sondern auch den dämlichsten Cameo-Gag des Jahres einzubauen. Selbst wenn man beide Augen zugedrückt hat und sich an der simplen Abenteuerprämisse noch lange Zeit entlang hangeln konnte, so wird diese Schlussviertelstunde inklusive Andeutung einer Fortsetzung auch die letzten Zuschauenden dazu bringen, ungläubig ob des bodenlosen Unsinns den Kopf bis zur Bewusstlosigkeit zu schütteln.
Rekordbudget für sinnloses Location Hopping in Red Notice
Ganz in der Tradition des Abenteuerfilms und anderer ähnlich teurer Genres, geht es auch in Red Notice innerhalb der knapp zwei Stunden nahezu um die halbe Welt. Die zahlreichen Drehorte, die jeweils viel zu kurz kommen, sind neben den Schauspielergagen sicherlich der Faktor, der den Etat von 160 Mio. Dollar erklärt. Egal, ob Rom, Valencia oder Russland – jeder Spot dient genau für eine Actionszene und könnte eigentlich auch beliebig ausgetauscht werden. Aus der Story leitet man zwar das Springen von Schauplatz zu Schauplatz ab. Aber beispielsweise zuletzt in Army of Thieves, hatten die Orte mehr Relevanz als hier. Dieses Prestigeprojekt von Netflix ist nicht mehr als eine Aneinanderreihung einigermaßen hochwertig produzierter Action-Set-Pieces. Die hanebüchene Geschichte fungiert dabei immer nur als Rechtfertigung für die nächste Hochglanz-Location.
Trio kann die Katastrophe nicht verhindern
Das Gesamtergebnis ist vor allem deswegen so enttäuschend, da alle drei Topstars in diesem Jahr schon bewiesen haben, dass sie allein leichtgängige Blockbuster durch ihr Charisma deutlich aufwerten können. In Jungle Cruise hat The Rock an der Seite von Emily Blunt einen auf dem Papier vielleicht ähnlich simplen Abenteuerfilm zu einem sehenswerten Sommerblockbuster gemacht. Ryan Reynolds hat es in Free Guy geschafft, seine Selbstironie genau auf das Niveau zu bringen, damit in den emotionalen Szenen extrem viel Herz durchschimmern konnte. Und Gal Gadot war in Wonder Woman: 1984 wieder eine Wucht, die im Alleingang das ansonsten eher schwächere Sequel noch gerettet hat. Red Notice ist womöglich also der Beweis dafür, dass selbst die mitunter sympathischsten Stars der Gegenwart einmal Schiffbruch erleiden können, wenn ein Skript sich einzig und allein auf die Starpower verlässt und sämtliche üblichen Ansprüche über Bord wirft.
Unser Fazit zu Red Notice
Gemessen an den Erwartungen, die Netflix mit einem solchen Budget und dem Staraufgebot selbst geschürt hat, ist Red Notice – man kann es nicht anders sagen – eine Vollkatastrophe geworden. Die Gags zünden nicht, Ryan Reynolds nervt bis zum Exzess und nicht einmal die Schatzsuche macht beim Zusehen Spaß. Dieses Hochglanzprojekt fühlt sich über weite Strecken mehr wie ein überlanger Imagefilm für ein Urlaubsland an, wie man ihn oftmals in der Fernsehwerbung zu sehen bekommt. Im Gegensatz kann wahrscheinlich sogar 6 Underground noch mehr empfohlen werden, denn dort haben die übertriebenen Actionszenen zumindest durch ihren Wahnsinn überzeugt, während hier sogar die Action altbacken daherkommt. Der Sargnagel des Ganzen ist dann noch ein völlig aus der Zeit gefallener Score, der die Lächerlichkeit gar noch betont.
Red Notice ist ab dem 12. November bei Netflix abrufbar!
Unsere Wertung:
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