Die Sammlung von Gruselgeschichten Scary Stories To Tell In The Dark in drei Bänden für junge Erwachsene erfreut sich in den USA größter Beliebtheit. Jetzt bringt uns niemand geringeres als Star-Regisseur Guillermo del Toro diese in Spielfilmformat auf die große Leinwand. Ob es ihm gelingt, aus der Zusammenstellung unabhängiger Geschichten einen zusammenhängenden Streifen zu schustern, erfahrt ihr im Folgenden.
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Titel | Scary Stories to Tell in the Dark |
Jahr | 2019 |
Land | Canada |
Regie | André Øvredal |
Genres | Horror, Thriller |
Darsteller | Zoe Colletti, Dean Norris, Michael Garza, Gabriel Rush, Gil Bellows, Natalie Ganzhorn, Austin Abrams, Austin Zajur, Kathleen Pollard, Lorraine Toussaint, Deborah Pollitt, Victoria Fodor, Marie Ward, Mark Steger, Javier Botet, Troy James, Will Corno, Kyle Labine, David Tompa, Karen Glave, Stephanie Belding, Hume Baugh, Jane Moffat, Will Carr, Amanda Smith, Brandon Knox, Rodrigo Fernandez-Stoll, Anna Fraser, Alex Spencer, Matthew Smith, Daniel Gravelle, Colton Gobbo, Ajanae Stephenson, Divan Meyer, Lyndon B. Johnson, Richard Nixon, Walter Cronkite |
Länge | 108 Minuten |
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Worum geht es in Scary Stories To Tell In The Dark?
Es ist Halloween und die drei Teenager Auggie, Chuck und Stella sind eigentlich mittlerweile schon etwas zu alt, um sich an den kindischen Kostümierungen und Süßigkeitensammlungen zu beteiligen. Doch dies wollen sie einfach nicht wahrhaben, denn alle haben sie ihre eigenen Gründe, lieber nicht zu Hause bleiben zu müssen. Schnell wird ihnen auf ihrem nächtlichen Spaziergang jedoch langweilig und sie kommen auf die Idee, sich ein bisschen in dem alten, verlassenen, heruntergekommenen Spukhaus der Ortschaft gruseln zu wollen. Dort hat sich nämlich die Tochter der damals dort lebenden Familie vor fast einem Jahrhundert erhängt und infolgedessen ist auch der Rest der Familie unter mysteriösen Umständen verschwunden.
Die Gruppe ist mittlerweile in Begleitung des sympathischen Ramon sowie Ruth, der Schwester von Chuck, wird aber vom gemeinen Schläger Thommy verfolgt. Mehr oder weniger zufällig gerät sie dabei in Besitz eines mysteriösen Tagebuchs. Als in diesem schließlich wie von Geisterhand Gruselgeschichten auf den Seiten erscheinen, werden diese zum Schrecken der fünf Heranwachsenden Wirklichkeit. Grauenvolle Kreaturen beginnen, der Reihe nach Jagd auf die Gruppe zu machen. Gemeinsam müssen sie zusammenstehen, um den Gefahren zu entkommen. Doch wie lässt sich das Schreiben der Scary Stories verhindern?
Eine Sammlung gruseliger Spukgeschichten
Der Umstand, dass der Streifen auf einer Reihe unabhängiger Kurzgeschichten beruht, kann schnell zu einer abgehakten und episodenhaften Erzählung führen. Diesen Eindruck erhält man in Scary Stories To Tell In The Dark jedoch zu keinem Zeitpunkt. Geschickt werden die insgesamt fünf ausgewählten Geschichten der Buchreihe in Form der Einträge des mysteriösen Tagebuchs erzählt und mit den einzelnen Charakteren der Gruppe in Verbindung gebracht. Dadurch können, im Anschluss an eine großartig geschriebene Introduktion, die einzelnen Figuren näher charakterisiert werden. Es gelingt dem Film somit, die Hauptpersonen sehr schnell für das Publikum nahbar zu gestalten. Auch wenn hier nicht gänzlich auf gängige Klischees bezüglich amerikanischer Teenager verzichtet wird, so handelt es sich im Grunde um sehr psychologische Horrorsituationen, die uns stets mehr über die Figuren verraten, als dass die so liebevoll gestalteten Monster zum Zwecke banaler Schockmomente verkommen.
Geschichten wollen gehört werden
Wie in einem jeden guten Horror-Film fragt also auch dieser Streifen danach, was dem Menschen an sich Angst macht. Besonders in Hinblick auf die Sorgen und Ängste von Teenagern, welche hier im Mittelpunkt stehen, kommt man nicht umhin, eine gewisse Ähnlichkeit zu Stephen Kings Es zu sehen. Gerade im Vergleich mit Andy Muschiettis neuen Filmen hat Scary Stories To Tell In The Dark allerdings in einigen Punkten die Nase vorn. Hier ist das Böse nämlich nicht einfach eine ominöse Figur in Lieblingsgestalt eines Clowns. Es sind die Geschichten selbst, die uns Angst einjagen. „Nicht wir lesen das Buch, das Buch liest uns!“, heißt es im Film. Durch diese Prämisse bezieht sich André Øvredals Film auf die Art und Weise, wie wir Geschichten rezipieren. Im Grunde kommt es nicht darauf an, was uns erzählt wird, sondern vielmehr, was wir darin erkennen.
Jeder Mensch sammelt in seinem Leben Erfahrungen. Diese prägen ihn und das Zusammenwirken dieser Prägungen bildet die Persönlichkeit. Rezipieren wir nun Geschichten oder Kunst im Allgemeinen, so projizieren wir unsere Erfahrungen dort hinein. Auf diese Weise ist es mitunter zu erklären, dass dieselbe Geschichte bei einer Person eine heftige emotionale Reaktion hervorrufen kann und bei jemand anderem nicht. Wie wir auf Geschichten reagieren, sagt also viel über unsere eigene Persönlichkeit aus. Doch welche Rolle kann im Zuge dessen der Erzähler oder die Erzählerin spielen? Er oder sie hat möglicherweise das Ziel, gehört und verstanden zu werden. Von solchen Überlegungen handelt auch Scary Stories To Tell In The Dark und stellt damit erfreulicherweise ein deutlich komplexeres Grundmaterial zur Verfügung als die meisten üblichen Gruselschocker. Den Drehbuchautoren John August und Marcus Dunstan ist also das Experiment geglückt, die einzelnen Geschichten durch eine packende und intelligent erzählte, übergeordnete Handlung zu verbinden.
Eine Ausstattung zum Niederknien
Dabei gelingen auch die einzelnen Geschichten sehr gut. Es wird seit langem mal wieder richtig gruselig im Kino. Die gesamte Ausstattung trägt extrem viel dazu bei, die gelungene Atmosphäre zu schaffen, die grundsätzlich vom Geiste Guillermo del Toros durchdrungen ist. Dass der Meisterregisseur von Filmen wie Pans Labyrinth, Shape Of Water, Crimson Peak oder der Hellboy-Reihe hier nicht nur produziert hat, wie in den Credits angegeben, spürt man in jeder Spielminute. So war er zunächst sogar für den Regieposten eingeplant und hatte bereits einen Großteil der Vorbereitungen beaufsichtigt und auch das Drehbuch mit ausgearbeitet, als er vom diesem Amt zurücktrat und das Projekt in André Øvredal überaus fähige Hände gab. So ist etwa die große Liebe zu klassischen Gruselkreaturen der 30er und 40er Jahre Hollywoods omnipräsent. Glücklicherweise wurden diese auch wo es irgend ging ohne unnötige CGI-Effekte zum Leben erweckt.
Ist allerdings der Computer einmal von Nöten, so passt auch das ausgesprochen gut zur Grundstimmung, die klar an die Universal-Monster-Ära, aber auch an die kleinen Independent-Horrorfilme der 60er und 70er Jahre oder das Schaffen eines Sam Raimi erinnert. Eine solche Retromanie kann man dem Filme möglicherweise vorwerfen. Schließlich zitiert er dabei zahlreiche Horrorklassiker explizit und schwelgt stark in dem Stile vergangener Zeiten. Andererseits macht gerade dieser Aspekt unglaublich viel Spaß. Der gesamte Look ist so detailverliebt und hingebungsvoll, dass man, trotz der atmosphärisch bedingten Anspannung, die gesamte Zeit über eine innere Freude verspürt. Im Gegensatz zu den psychologisch Genrekollegen eines Ari Aster (Hereditary, Midsommar) oder den gesellschaftskritischen Überlegungen von Jordan Peele (Get Out, Wir) kommt Scary Stories To Tell In The Dark erstaunlich leicht daher. Wenn dann an passenden Stellen auch noch eine Prise Humor eingestreut wird, ist das Vergnügen perfekt.
Rundum gelungen
Auch ansonsten scheint André Øvredal viel von seinem großen Vorbild gelernt zu haben. Nach eigenen Angaben konnte er sich jederzeit bei Fragen eine zweite Meinung bei del Toro einholen. Die Inszenierung wirkt wie aus einem Guss, denn speziell die Kameraarbeit von Roman Osin und die Farbkorrektur heben in einem hohen Maße die klassische Gothic-Gruselstimmung hervor. Dazu trägt auch der verspielte Score vom zweifach oscarnominierten Marco Beltrami bei. Von Spieluhrmelodien über magische Themen bis hin zu klassisch quietschenden Streichern komplettiert dieser die Hommage an vergangene Gruselzeiten und erhöht das Sehvergnügen ungemein. Schließlich scheint der Regisseur auch die Anleitung der jungen Darsteller und Darstellerinnen zu verstehen, denn diese spielen allesamt überzeugend.
Unser Fazit zu Scary Stories To Tell In The Dark
Zusammenfassend stellt Scary Stories To Tell In The Dark den nahezu perfekten Film für Halloween dar. Es wird endlich mal wieder klassisch schaurig-schön im Kinosaal. Dabei verzichtet der Streifen größtenteils auf zu hohe Gewaltdarstellungen, sondern will sich laut Regisseur André Øvredal auch an ein jüngeres Publikum ab 13 Jahren wenden. In den USA hat die Altersfreigabe dem zugestimmt, in Deutschland ist der Film allerdings erst ab 16 Jahren freigegeben. Vermutlich ist der FSK der Gruselfaktor für eine Freigabe ab 12 Jahren dann doch zu groß gewesen.
Der Streifen schafft es, dieses wohlige Gefühl zu erzeugen, welches man erhält, wenn man sich abends am Lagerfeuer klassisch gruselige Geister- und Spukgeschichten erzählt. Grusel und Spaß gehen hier Hand in Hand, was insbesondere an der famosen Ausstattung und Inszenierung liegt. André Øvredal hat hier vom Altmeister Guillermo del Toro eine Menge gelernt, denn dessen Einfluss ist allgegenwärtig. Erfreulicherweise gestaltet sich jedoch auch die Rahmenhandlung als überaus geschickt erzählt und verleitet sogar zu tiefsinnigeren Gedanken, wann man sich diesen hingeben möchte. Damit macht der Film nahezu alles richtig, was Es falsch macht. Für alle Fans klassischer Gruselfilme stellt der Film gerade durch seine Retrospektive an vergangene Zeiten ein absolutes Muss dar und hält sein Versprechen nach purem Kinovergnügen, welches auch für das weniger abgehärtete Horrorpublikum etwas sein dürfte. Also begebt euch zu Halloween in den dunklen Kinosaal, den dort gehören die Scary Stories To Tell In The Dark hin!
Der Film läuft ab dem 31. Oktober in den deutschen Kinos.
Unsere Wertung: