Ist das der langweiligste oder vielmehr der gruseligste Horrorfilm des Jahres? Skinamarink ist ein echter Publikumsspalter. Wir haben uns eine eigene Meinung gebildet.
Titel | Skinamarink |
Jahr | 2023 |
Land | Canada |
Regie | Kyle Edward Ball |
Genres | Horror |
Darsteller | Lucas Paul, Dali Rose Tetreault, Ross Paul, Jaime Hill, Kyle Edward Ball |
Länge | 100 Minuten |
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Die Handlung von Skinamarink
Als die beiden Geschwister Kaylee und Kevin eines Nachts aufwachen, stellen sie fest, dass sie allein im Haus sind. Ihr Vater ist spurlos verschwunden. Die Situation für den Vier- und die Sechsjährige wird noch mysteriöser, als sich nach und nach Türen sowie Fenster in Luft auflösen.
Nur der Fernseher, der alte Zeichentrickserien zeigt, spendet neben der Nachtlampe ein wenig Licht in den unheimlichen vier Wänden. Eine Horror-Nacht steht Kaylee und Kevin bevor, denn irgendjemand oder irgendetwas scheint in den Schatten zu sein.
Kleiner Film auf großer Leinwand
Was für ein Erfolg: 15.000 Dollar hat der kleine experimentelle Horrorfilm Skinamarink nur gekostet, aber in den USA bis dato satte 2 Millionen eingespielt.
Damit ist der Film zwar in absoluten Zahlen weit weg von den Sensations-Hits The Blair Witch Project und Paranormal Activity, die bei winzigem Budget sogar dreistellige Millionenbeträge einspielten.
Aber dennoch ist dem Langfilm-Debütanten Kyle Edward Ball ein kleiner Coup und Achtungserfolg gelungen, an den wohl niemand, auch nicht er selbst, geglaubt haben dürfte.
Die Hintergründe des Erfolgs sind dabei so spannend wie der ungewöhnliche Film selbst, denn alles begann mit einem krassen Rückschlag. Nach seiner Premiere auf einem kanadischen Filmfestival wurde Skinamarink illegal im Netz veröffentlicht.
Was folgte, war eine faszinierende Mund-zu-Mund-Propaganda querbeet durch die sozialen Netzwerke. Letztlich dürften Best-of-Zusammenschnitte des Films auf TikTok wohl für einen vergleichbaren Hype wie beim letztjährigen Horror-Schocker Smile gesorgt haben.
So ist es am Ende alles andere als selbstverständlich, dass Skinamarink hierzulande auch kurzzeitig in den Kinos erscheint. Was für eine tolle Geschichte!
Diesen Film kann man niemandem empfehlen…
Mit Skinamarink ist nun ein spannender neuer Filmemacher auf der großen Bühne aufgeploppt: Kyle Edward Ball.
Bislang verwirklichte sich der kanadische Regisseur und Autor vor allem auf seinem YouTube-Kanal „Bitesized Nightmares“, wo er seit einigen Jahren, passend zum Namen, Horrorkurzfilme von wenigen Minuten veröffentlicht.
So entstand auch Heck, im Grunde die Kurzfassung von Skinamarink und der Testlauf für das spätere Langfilm-Debüt. Viel Inspiration zieht Ball aus eigenen Alpträumen oder eben jenen, von denen ihm User u.a. bei Reddit berichten.
Auch Skinamarink passt nun perfekt in dieses Muster, denn auch hier geht es primär um eine kindliche Urangst, Die Angst, dass irgendetwas im Dunklen lauert und wartet, anzugreifen, während man selbst vor Angst gelähmt in die Dunkelheit starrt, aber bestenfalls Schemen erkennt.
Was auf dem Papier nach dem ultimativ gruseligsten Horrorfilm klingt, der gigantische Vorfreude entfacht, entpuppt sich aber in den 100 definitiv quälend langen Minuten als Experimentalfilm. Hier werden nahezu alle Sehgewohnheiten unterlaufen.
Da wäre zum einen das extreme, digital erzeugte Bildrauschen, das die VHS-Optik vergangener Jahrzehnte imitiert, und zusammen mit der Dunkelheit für viele schwer zu erkennende Bilder sorgt.
Zum anderen filmt Ball kompromisslos das Innere des Hauses ab, sodass wir über 100 Minuten eine Aneinanderreihung von Wänden, Decken, Böden usw. sehen. Nur selten folgen wir wirklich den Kindern, haben das Gefühl, etwas mit diesen zu erleben.
Die meiste Zeit ist Skinamarink quasi ohne handelnde Figuren im Mittelpunkt gefilmt, die bestenfalls in Teilen im Bildausschnitt zu erkennen sind. Wir starren also minutenlang auf Innenräume in der Hoffnung, endlich etwas zu finden, was sich als Bedrohung formiert.
…aber man sollte ihn gesehen haben
Skinamarink ist ohne Wenn und Aber ein Film, der sein Publikum spaltet, weil er sich nur schwer bis zum Ende schauen lässt. Denn Ball ist vor allem daran gelegen, ein Gefühl von Unbehagen, Verlorenheit bis hin zu Angst zu erzeugen, das er aus seinen stark verfremdeten Bildern destilliert.
Das mag für den einen 5 Minuten und für den anderen 20 Minuten hervorragend funktionieren. Auf Strecke bleibt der Film allerdings die Antwort schuldig, warum der Kurzfilm Heck hier um gute 70 Minuten erweitert wurde.
Skinamarink ist am Ende in all seiner Radikalität, die man einfach respektieren und so weit wie möglich mit gehen sollte, eine beeindruckende Seherfahrung. Denn alles, was Zuschauer:innen typischerweise in Blockbustern an Haltegriffen und Verständnishilfen um die Ohren gehauen wird, fehlt hier, um uns auf allen Ebenen zu verunsichern und zu verstören.
Unser Fazit zu Skinamarink
Kyle Edward Balls Skinamarink ist ein beeindruckender Horror-Experimentalfilm, der kindliche Urängste als abstrakte, 100-minütige Tortur (für die Figuren wie die Zuschauer:innen) inszeniert. Die Kompromisslosigkeit des Films, der nahezu vollständig auf narrative Muster und eine fortschreitende Handlung verzichtet, ist dabei gleichermaßen Fluch wie Segen.
Letzten Endes verliert sich Skinamarink als Langfassung (des Kurzfilms Heck) mit der Zeit in unzähligen Wiederholungen und erschöpft seine verstörende Wirkung, wenn immer wieder Wände, Decken, Fußböden und andere Ausschnitte der Räume abgefilmt werden.
Für viele dürfte sich daher gar nicht die Frage stellen, ob sie den Film bis zum Ende schaffen, sondern nur noch, wann sie das Kino verlassen (oder abschalten).
Skinamarink erscheint ab dem 7. September für kurze Zeit im Kino und am 13. Oktober auf Disk via Capelight.
Unsere Wertung:
© Capelight Pictures