Statt auf der großen Leinwand landet Pixars neuestes Abenteuer Soul direkt auf dem hauseigenen Streamingdienst Disney+. Warum das schade ist und weshalb der Animationsstreifen eines der Jahreshighlights ist, könnt ihr hier nachlesen.
[su_youtube URL=“https://youtu.be/_hXw9dxvZo0″]
Titel | Soul |
Jahr | 2020 |
Land | United States of America |
Regie | Pete Docter |
Genres | Animation, Familie, Komödie, Fantasy |
Darsteller | Jamie Foxx, Tina Fey, Graham Norton, Rachel House, Alice Braga, Richard Ayoade, Phylicia Rashād, Donnell Rawlings, Questlove, Angela Bassett, Cora Champommier, Margo Hall, Daveed Diggs, Rhodessa Jones, Wes Studi, Sakina Jaffrey, Fortune Feimster, Calum Grant, Laura Mooney, Zenobia Shroff, June Squibb, Ochuwa Oghie, Jeannie Tirado, Cathy Cavadini, Dorian Lockett, Doris Burke, Ronnie del Carmen, Esther K. Chae, Élisapie, Marcus Shelby |
Länge | 100 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Disney Plus Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Videoload, Freenet meinVOD |
Zurück ins Leben
Joe Gardner (Jamie Foxx) hat eine Leidenschaft – die Jazz-Musik. Als Pianist versucht er seit Jahren, Fuß in der Szene zu fassen. Doch kommt er über den Status eines Musiklehrers auf einer Mittelschule nicht hinaus. Das scheint sich zu ändern, als er die Chance bekommt, an einem großen Jazz-Gig teilzunehmen. Freudig ob der Möglichkeit durchquert er leichtsinnig und unvorsichtig die Straßen New Yorks und findet sich alsbald an einem Ort wieder, mit dem er so früh nie gerechnet hätte. Auf dem direkten Wege ins Jenseits. Dort will er freilich nicht hin und so purzelt er durch Zufälle begünstig hin zu einem mysteriösen Ort, an dem die Seelen auf ihr irdisches Leben vorbereitet werden. Mit 22 (Tina Fey) lernt er dabei eine sture Seele kennen, die partout nicht auf die Erde möchte, aber zugleich Joe die Möglichkeit der Rückkehr zu dieser bietet.
Soul – Verdammt erwachsen
Mit Alles steht Kopf machte Pete Docter das Emotionsspektrum der Menschen visuell greifbar. Nun geht er in Soul einen Schritt weiter und versucht sich an einer Visualisierung unserer Seele. Und zwar vor, während und nach dem Leben im irdischen Körper. Fixpunkt für den Handlungsrahmen ist der Jazz-Musiker Joe Gardner, dessen Geschichte schon relativ früh klar macht, dass man hier den bis dato erwachsensten Pixar-Film geliefert bekommt. Sowohl das Jazz-Szenario als auch seine Geschichte bieten kaum Verknüpfungspunkte für die ganz Kleinen. Auch größere Kinder dürften ob der Inhalte klar überfordert sein. Erst wenn die sture Seele 22 auf den Plan und damit eine Art kindliche Perspektive in den Film tritt, wird der Film für Kinder zugänglicher. Zwischen den beiden Seelen, die in ihrer Art und Zielsetzung unterschiedlicher nicht sein könnten, entspinnt sich eine spannende Dynamik. Das sorgt für witzige Gags, die auch für die Kleinen funktionieren.
Im Kern behandelt Soul aber deutlich gewichtigere und erwachsene Themen, mit denen gerade Kinder unter 10 Jahren definitiv überfordert sein dürften. Dazu gesellen sich Momente, die noch düsterer gestaltet sind als jene in Alles steht Kopf. Denn hier wird nicht nur der Glanz, sondern durchaus auch die Schattenseiten des Lebens behandelt. Bemerkenswert ist dabei, dass man gekonnt aus der „Du-kannst-alles-erreichen-wenn-du-nur-willst“-Formel gängiger Animationsfilme ausbricht und den Fokus genau darauf lenkt, wenn dies eben nicht gelingt. Dadurch wird der Film trotz seiner visuellen Künstlichkeit umso nahbarer und glaubhafter, hält er dem erwachsenen Zuschauer doch regelrecht den Spiegel vors Gesicht. Denn es gibt immer wieder Situationen, in denen man sich oder Phasen seines eigenen Lebens wiederentdeckt. Genau mit diesen Stellen werden Kinder nicht mitfühlen können, da dafür einfach die Reife und Erfahrung fehlt. Doch Erwachsene dürfte es umso mehr treffen und einen Denkanstoß über sich und das eigene Leben geben.
Kreativität soweit das Auge reicht
Inhaltlich geht Pixar einen erwachsenen Weg, der mit einer wie selbstverständlich wirkenden Leichtigkeit und Verspieltheit an den Zuschauer getragen wird. Das liegt zum Großteil an der einmal mehr geradezu ausufernden Kreativität, die das Studio in seine Produktionen steckt. In Soul werden Dinge visualisiert, für die es keine Vorlagen, ja nicht mal Vorstellungen gibt. Was macht eine Seele aus? Woher kommt sie? Wohin geht sie? Und wie sieht all das bitteschön aus? Genau für diese Fragen wird hier eine manchmal kunterbunte und manchmal farbarme und düstere Antwort gefunden. Zusammen mit den fröhlich überzeichneten Bildern aus der realen Welt ergibt das einen eigentümlichen, aber auch verdammt stimmigen Mix. Es wird nie langweilig und es gibt ständig neue Elemente und Ideen zu entdecken, die sich schlüssig aus der Frage nach dem Sinn des Lebens entwickelt haben. Denn diese ist Kern und Ausgangspunkt für ein Abenteuer, das zu erörtern versucht, was das Leben ausmacht.
Dabei bewegt sich Soul erwartungsgemäß auf einem enorm hohen technischen Niveau, ohne dass es direkt ins Auge fällt. Doch bei genauerem Blick stechen gerade in der realen Welt die vielen Details hervor. Bei der Gestaltung der Menschen hat man sich zudem weiterentwickelt und schafft es, jeder Figur eigene Charakteristika optisch zu hinterlegen, ohne dass es überzeichnet wirkt. Man kann nicht genau erklären warum, aber sie wirken einfach ausgereifter und damit erwachsener. Wie eben der komplette Film, mit dem Pixar einmal mehr beweist, dass der Animationsfilm nicht nur was für kleine Kinder ist. Im Gegenteil, denn die ganz Kleinen sind hier alles andere als gut aufgehoben. Dafür dürften sich gerade die Eltern umso besser wiederfinden und nach dem Abspann vielleicht sogar über das eigene Leben sinnieren. Mehr kann ein Film nicht erreichen.
Unser Fazit zu Soul
Das Altwerden, die Emotionen und nun die Seele. Pete Docter nutzt den Animationsfilm einmal mehr dafür, komplexe und tiefgehende Fragestellungen des Lebens auf einer kreativen und unterhaltsamen Abstraktionsebene darzustellen. Und mit Soul gelingt ihm das einmal mehr auf überragende Art und Weise. Technisch auf neustem Stand und vor Ideen nur so sprudelnd werden hier Themen behandelt, bei denen sich jeder erwachsene Zuschauer ertappt fühlen dürfte. Es ist manchmal sogar ein unbequemer Spiegel, den man vorgehalten bekommt, der einen aber dennoch hoffnungsvoll auf das eigene Leben blicken lässt. So bekommt man hier den erwachsensten aller Pixar-Filme geliefert, der dadurch aber gerade für die kleineren Kinder nicht wirklich geeignet ist. Humorvoll, emotional, tiefgründig und voller Kreativität liefert Pixar so einen der stärksten Filme des arg gebeutelten Filmjahres 2020 ab und damit auch den besten Pixar-Film seit Alles steht Kopf.
Soul startet am 25.12.2020 ohne zusätzliche Kosten auf dem Streamingdienst Disney+.
Unsere Wertung:
© Disney