Kaum ein Film hat die Gerüchteküche die letzten beiden Jahre so beherrscht, wie der dritte Spider-Man-Solofilm mit Tom Holland. Nun ist es endlich soweit und die Spinne schwingt sich wieder durch New Yorker Häuserschluchten. Doch wird Spider-Man: No Way Home dem Hype nun auch gerecht?
Titel | Spider-Man: No Way Home |
Jahr | 2021 |
Land | United States of America |
Regie | Jon Watts |
Genres | Action, Abenteuer, Science Fiction |
Darsteller | Tom Holland, Zendaya, Benedict Cumberbatch, Jacob Batalon, Jamie Foxx, Willem Dafoe, Alfred Molina, Rhys Ifans, Thomas Haden Church, Andrew Garfield, Tobey Maguire, Jon Favreau, Benedict Wong, Tony Revolori, Marisa Tomei, Angourie Rice, Arian Moayed, Paula Newsome, Hannibal Buress, Martin Starr, JB Smoove, J.K. Simmons, Charlie Cox, Haroon Khan, Emily Fong, Mary Rivera, Rudy Eisenzopf, Kathleen Cardoso, Jonathan Sam, Andrew Dunlap, Zany Dunlap, B. Clutch Dunlap, Minnah Dunlap, Ben VanderMey, Gary Weeks, Gregory Konow, Carol Anne Dines, Anisa Nyell Johnson, Willie Burton, Mallory Hoff, Greg Clarkson, Regina Ting Chen, Robert Mitchel Owenby, Glenn Keogh, Paris Benjamin, Jwaundace Candece, Taylor St. Clair, Rolando Fernandez, Gabriella Cila, Darnell Appling, Edward Force, Michael Le, Dean Meminger, Frederick A. Brown, Cristo Fernández, Clay Savage, Tom Hardy, Jay Karales, Gina Aponte, John Barnes, Harry Holland, John M. Maiers, Josh Lahann, Cole Failing |
Länge | 159 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Joyn Plus Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload |
Spider-Man: No Way Home – Handlung
Zum ersten Mal in der Filmgeschichte von Spider-Man ist die Identität unseres freundlichen Helden aus der Nachbarschaft enthüllt – was seine Pflichten als Superheld mit seinem normalen Leben in Konflikt bringt und wodurch diejenigen, die ihm am meisten am Herzen liegen, in Gefahr geraten. Als er die Hilfe von Doctor Strange in Anspruch nimmt, um sein Geheimnis wiederherzustellen, reißt dessen Zauber ein Loch in ihre Welt und setzt die mächtigsten Schurken frei, die jemals ein Spider-Man in irgendeinem Universum bekämpft hat. Jetzt ist es an Peter Parker, seine bisher größte Herausforderung zu meistern, die nicht nur seine eigene Zukunft für immer verändern wird, sondern auch die Zukunft des Multiversums…
! Spoilerfreie Kritik !
Diese Rezension, soviel sollten die Leser:innen wissen, wird von einem großen Spider-Man-Fan verfasst. Daher ist vieles hier nicht wirklich objektiv, sondern von den Emotionen eingefärbt, die den Kinogang mitgeprägt haben. Trotz alledem wird hier auf Spoiler verzichtet, da Spider-Man: No Way Home auch sehr von den Überraschungen lebt. Da einiges nicht angesprochen und bewertet werden kann, ohne diese Überraschungen womöglich vorweg zu nehmen, steht bei diesem Beitrag wirklich im Zentrum, was bereits aus den Trailern heraus bekannt war.
Einordnung ins Marveluniversum
Bevor es nun um den neusten Eintrag in der inzwischen fast 30 Film zählenden Liste des Marvel Cinematic Universe konkret geht, soll das dritte Solo-Abenteuer von Tom Hollands Spider-Man nochmal ins große Ganze einsortiert werden. Der direkte Vorgänger Far From Home war nach dem eigentlichen (Etappen-)Finale Avengers: Endgame gefühlt eher eine Mischung aus Epilog und Weg in die Eigenständigkeit für den noch immer recht jungen Spider-Man. Seit Endgame folgten im Kinobereich mit Black Widow ein Prequel, mit Shang-Chi die Initialzündung für einen neuen regionalen MCU-Subkosmos und mit Eternals dann etwas vollkommen Eigenständiges. Dementsprechend haben sich die minimalen Fortschritte der Gesamtgeschichte des MCU seit 2019 quasi nur in den neuen Serienformaten abgespielt.
In diesen luftleeren Raum und die sich doch langsam unter Fans aufgestaute Sehnsucht nach dem nächsten, richtig großen Kinoevent im MCU-Rahmen stößt nun Spider-Man: No Way Home. Vom ersten Info-Happen über unzählige Gerüchte bis hin zum ersten Trailer, der im Sommer sämtliche Klick-Rekorde brechen konnte, hat man seitens Sony und Marvel ganz bewusst nur soviel offiziell verraten, dass die Neugier in ungeahnte Höhen getrieben wurde. Selbst mit dem nun erschienenen Film sind nicht alle Zukunftsfragen zu beantworten. Die Vertragssituationen einiger Hauptdarsteller:innen sind vor allem auch im komplizierten Geflecht zwischen Sony und Disney/Marvel im Vagen und weiterhin setzt die Marketingmaschinerie gezielt darauf, dass Spekulation, wie Spinnweben im Keller, die Schlagzeilen der Fachpresse beherrschen. Wie oben geschrieben wird hier auf Spoiler komplett verzichtet, doch soviel sei verraten: Inzwischen machen sich die beiden beteiligten Konzerne selbst einen Spaß aus den Wünschen der Fangemeinden.
Die selbstironische Tonalität der Holland-Reihe
So, jetzt aber endlich zum eigentlichen Film: Und Spider-Man: No Way Home beginnt – auch das schon mal ein MCU-Novum – direkt da, wo Far From Home sein Publikum vor gut zweieinhalb Jahren entlassen hat. Nachdem nun die ganze Welt weiß, dass sich Peter Parker unter der Spinnenmaske versteckt, muss er einerseits mit dem plötzlichen Ruhm zurechtkommen und andererseits sich den Anschuldigungen erwehren, er stecke hinter den „terroristischen“ Ereignissen von London und dem Tod von Mysterio. In den ersten Minuten legt der Comicfilm ein extremes Tempo an den Tag. Dabei bleibt man jedoch der leichtfüßigen Gangart, die man aus den beiden vorherigen Solofilmen kennt, weiterhin treu. Gags und flotte Sprüche, die mal mehr, mal weniger sitzen im Sekundentakt und sämtliche Nebenfiguren der Reihe bekommen nochmal mindestens einen kurzen Running-Gag-Moment.
Der Auftakt des Films soll die gewohnte Atmosphäre wieder hochfahren und bestätigt jene Kritiker, die der Holland-Spider-Man-Reihe ankreiden, die Essenz der Comics nicht auszuspielen. Denn in Spider-Man ist eigentlich immer das zentrale Thema, dass jede Tat Konsequenzen mit sich bringt. Die Trilogie von Sam Raimi und auch die beiden Amazing-Spider-Man-Teile hatten in diesem Punkt bislang deutlich mehr Verständnis für die Comicfigur zeigen können. Und macht es, wie auch schon aus dem Trailer hervorgeht, den Eindruck, dass Hollands Peter Parker auch diesmal versucht, Konsequenzen aus der Welt zu schaffen, in dem die Hilfe des mächtigen Dr. Strange ersucht.
Die ein oder andere falsche Fährte hat es in den Trailer geschafft
Doch – soviel hat auch das Trailer-Bildmaterial schon verraten – hat dieser Besuch im Sanctum Sanctorum diesmal tatsächlich Folgen. Dabei haben die Trailer jedoch schon ein bisschen falsche Eindrücke der tatsächlichen Zusammenhänge vermittelt. Was jedoch, auch soviel kann noch ohne Spoilergefahr gesagt werden, der missglückte Zauber von Dr. Strange zur Folge hat, ist, dass einige ungebetene Gäste aus den anderen Spider-Man-Filmreihen plötzlich in der Holland-MCU-Welt auftauchen und Peter dafür sorgen soll, dass diese ikonischen Schurken gefangen und zurückgeschickt werden. Fast alles, das jedoch im Promomaterial gezeigt wurde, spielt sich dann innerhalb der ersten Hälfte des Films ab. Die zweite Hälfte hält dann so viele Überraschungen für die Fans bereit, von denen man sich einfach überwältigen lassen sollte, ohne darüber zu viel zu wissen.
Wer Spidey liebt, kann sich kaum einen besseren Film wünschen
Inhaltlich wird deswegen auf diese Akte nicht eingegangen. Was aus Sicht eines Spider-Man-Fans, der schon vor dem ersten Teil mit Tobey Maguire die Comics und Zeichentrickserien verfolgt hat, gesagt werden kann – Spider-Man: No Way Home kommt in dieser zweiten Filmhälfte der Essenz dessen, was die Comicikone ausmacht, wohl so nahe, wie bislang kaum ein anderer Realfilm. Hat man bislang nicht selten lesen müssen, dass Holland als Peter Parker eher eine Art „Iron-Boy“ als tatsächlich Spider-Man sei, so wird man hier Zeuge seiner endgültigen Spider-Man-Werdung. Die Etappen, die dafür signifikant sind, werden dabei neu interpretiert. Überhaupt kann man dem dritten Teil zweifelsohne zugute halten, dass man es perfekt schafft, die Tonalität von Minute zu Minute umschlagen zu lassen, sodass ab der einen, entscheidenden Szene dann tatsächlich eine glaubhaft ernste Stimmung vorherrscht, die man bislang von diesem Spider-Man nicht kannte.
Ist der Film voll mit Fan-Service? Ja, bis zur Oberkante! Doch, auch wenn sich auch noch kein Spidey-Abenteuer so sehr nach „Comic“ angefühlt hat, so hat man in nahezu jeder Einstellung den Eindruck, dass hier alles ganz bewusst so inszeniert wurde, um eben dem Vermächtnis voll gerecht zu werden. Als Fan der Figur, der Geschichten, ja und vor allem des Mikrokosmos a.k.a. dem Spider-Verse, könnte es kaum eine schönere, emotionalere und packendere Umsetzung dessen geben, was man sich in den eigenen Visionen je zusammengeträumt hat.
Actionszenen voller Abwechslung
Auch handwerklich liefert dieser MCU-Beitrag wieder ab. Zwar ist die erste, größere Actionsequenz, der Kampf mit Doc Ock, den man schon im Trailer sehen konnte, tricktechnisch nicht ganz so stark umgesetzt, wie man es teils schon in anderen Comicfilmen bestaunen durfte. Doch das tut dem Vergnügen kaum einen Abbruch. Überhaupt reihen sich hier im Verlauf etliche überzeugende Set Pieces aneinander. Die Kämpfe sind abwechslungsreich und trotz der Masse an Figuren kommen sämtliche Charakteristika gut zum Tragen. Der Endkampf ist mit Sicherheit nicht ganz so episch, wie die Finalschlacht in Endgame, aber auch das hat wiederum seine Gründe, auf die hier nicht eingegangen wird.
Im Gegensatz zu den bisherigen Teilen mit Tom Holland fühlt sich in Spider-Man: No Way Home die Action sogar um einiges härter an. Auch diese bislang nicht gekannte Körperlichkeit trägt dazu bei, dass sich der dritte Teil trotz all der typischen Selbstironie und der One Liner erwachsener anfühlt. Speziell die schon boshafte Art von Willem Dafoe als Grüner Goblin im Duell mit Spider-Man lässt einen jeden Hieb, jeden Rückschlag mitfühlen.
Dafoe, Simmons und Molina back for good!
Von den schon vorher bekannten Rückkehrern fällt zwar keiner negativ auf, aber besonders in den Vordergrund spielen sich vor allem die drei Akteure, die man aus der Raimi-Trilogie kennt. Alfred Molina als Doc Ock hat auch nach fast 20 Jahren noch immer die Aura von einst, J.K. Simmons darf als J. Jonah Jameson so frei drehen wie eh und je und in jeder Szene, in der Willem Dafoe die gespaltene Persönlichkeit von Norman Osborne zum Besten gibt, stiehlt er seinen Mitspielern fast die Show. Wer befürchtet hat, dass die Wiederkehrenden nur für Cameo-artige Kurzauftritte verpflichtet wurden, der sei beruhigt: Alle alten Recken sind wesentlicher Teil der Handlung und jeder hat mindestens einen Moment, in dem er nochmal richtig glänzt.
Und einer zweiten Befürchtung kann ich ebenfalls den Wind aus den Segeln nehmen. Auch, wenn noch nie ein Spider-Man-Film so voll mit Helden und Schurken war, wirkt es hier nie übervoll. Jeder Auftritt hat seinen Zweck und alle Puzzleteile sind notwendig für das runde Gesamtbild.
Dass das Trio aus Peter, MJ und Nat eine fantastische Chemie hat, musste eigentlich nicht bewiesen werden. Aber in Spider-Man: No Way Home bekommen die Beziehungen der drei untereinander durch einschneidende Ereignisse nochmals eine zusätzliche emotionale Tiefe, der die drei Darsteller jeweils voll gerecht werden können. Es ist nicht nur der Film-Peter, der in die Rolle nun richtig reingewachsen ist, nein, auch Tom Holland hat es nun endgültig geschafft, dass man ihn als Spider-Man auch akzeptiert, wenn er keinen Mentoren an seiner Seite hat.
Zitate querbeet durch die Spidey-Historie, bis hin zur Musik
Um nochmal auf das Thema „Fan-Service“ zurückzukommen: Wenn dieser immer so charmant umgesetzt wäre, wie hier, dann würde dem Begriff nicht diese negative Konnotation anhaften! Das Spinnenabenteuer spielt leichtfüßig mit der eigenen Comichistorie und referenziert immer mit dem gebührenden Respekt ikonische Szenen und Momente. Dabei muss man als Zuschauer:in natürlich die Kenntnis der Filme mit Maguire und Garfield mitbringen und auch allgemein die Popkultur vergangener Jahrzehnte auf dem Schirm haben. Dem ein oder anderen mag das hier vielleicht zu viel des Guten sein. Aber selbst wenn manches etwas lang ausgekostet wird und zu sehr aufs Auge gedrückt daherkommt, so wird jeder Anflug von Überreizung durch einen anderen Moment ausgeglichen, der einen wahlweise in Jubelstürme versetzt oder die Tränen in die Augen treibt.
Dieses Gespür für das richtige Maß an Fan-Pleasing geht sogar soweit, dass der neue Score in den richtigen Momenten den genau passenden Score der alten Filmreihen aufgreift und einwebt. Und wenn der wohl wichtigste aller Sätze aus Spider-Man überhaupt, dann in Spider-Man: No Way Home perfekt platziert endlich ausgesprochen wird, dann brechen beim Hardcore-Fan sämtliche Dämme:
Aus großer Kraft folgt große Verantwortung!
Nicht hinterfragen, einfach fühlen!
In keinem MCU-Film wurde bisher so viel geweint, wie hier. Nicht nur auf der Leinwand fließen reichlich Tränen, denn Spider-Man: No Way Home weiß genau, welche Knöpfe zu drücken sind, um das Publikum emotional alles abzufordern. Ja, unter logischen Gesichtspunkten finden sich auch in dieser Geschichte einige Teile, die man nicht zweimal durchdenken darf. Einiges wird auch gar nicht erklärt, sondern passiert einfach ohne große Hinführung. Und speziell die Entscheidungen von Dr. Strange wirken in dessen eigener Entwicklung definitiv inkohärent. Aber selten konnte man all diese Versäumnisse so bereitwillig ausblenden wie in dieser Comicverfilmung.
Extrem viel Herz, ein feines Fingerspitzengefühl beim Einsatz von Anspielungen und bewusste Reminiszenzen an die Highlights der Spider-Man-Historie machen vor allem die zweite Hälfte zur emotionalen Achterbahnfahrt. Dabei entstehen dann einige Bilder, die mit Sicherheit selbst demnächst zu Postermotiven werden, mit denen Fans ihre Wände schmücken werden. Das Ende des Films lässt wieder reichlich Raum für Fortsetzungen, mit oder ohne Holland. Aber da dieser nun erst wirklich seine ganz eigenständige Interpretation der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft gefunden zu haben scheint, wäre es schon sehr verwunderlich, wenn er jetzt das Kostüm an den Nagel hängt.
Unser Fazit zu Spider-Man: No Way Home
Spider-Man: No Way Home ist der erwachsenste Teil der Holland-Reihe, der comichafteste aller Spider-Man-Filme, mit Ausnahme von Spider-Man: A New Universe, und mitunter der emotionalste Beitrag des ganzen Marvel Cinematic Universe. Fans bekommen mehr als genug von dem, wovon sie immer geträumt haben, was sie über ein paar Unausgewogenheit im Skript hinwegsehen lassen wird. Das dritte Abenteuer der neuen Spinne ist voll mit Überraschungen, die man sich auf keinen Fall vorwegnehmen lassen sollte. Je weniger man an Vorwissen mitbringt, desto mehr Wirkung haben die perfekt platzierten Momente im Film.
No Way Home ist nahe an der Perfektion und doch stehen dem Peter Parker von Tom Holland am Ende dieses Teils einige Türen zu Zukunft offen. Auch nach diesem vorläufigen Finale warten viele spannende Geschichten.
Spider-Man: No Way Home ist seit dem 16. Dezember in den deutschen Kinos zu sehen!
Unsere Wertung:
© Sony Pictures Entertainment/Marvel Studios