In Superdeep lauert das Grauen in der Tiefe – mal wieder. Eine Forschungs- und Rettungsmission stößt in den Abgrund des tiefsten Bohrlochs der Welt vor, wo das Böse schon wartet. Kann der Horror aus Russland noch schocken, oder wärmt er nur altbekannten Einheitsbrei auf? Das erfahrt ihr in unserer Rezension.
Titel | Superdeep |
Jahr | 2020 |
Land | Russia |
Regie | Arseny Syukhin |
Genres | Horror, Science Fiction, Thriller |
Darsteller | Milena Radulović, Сергей Иванюк, Николай Ковбас, Никита Дювбанов, Вадим Демчог, Альбина Чайкина, Кирилл Ковбас, Виктор Низовой, Артём Цуканов, Андрей Трушин, Ilya Ilinykh, Dasha Chagal, Alisa Zelenovskaya, Алексей Сдобнов, Vladimir Kolida, Константин Терновой, Dmitry Ermoshin, Никита Люшненко, Максим Радугин, Evgeny Cherkashin, Julia Ustinova |
Länge | 113 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Amazon Prime Video, Superfresh Amazon Channel, Amazon Prime Video with Ads, Galactic Stream Amazon Channel Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Verleihshop Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, maxdome Store, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Verleihshop, Freenet meinVOD |
Die Handlung von Superdeep
Der Zweck heiligt die Mittel, das scheint in Superdeep auch für die Wissenschaftlerin Anna zu gelten, die einst einen Forschungspartner durch einen Selbstversuch verloren hat. Einem Versuch immerhin, dem die Entwicklung eines neuen Vakzins zu verdanken war, das vielen sowjetischen Soldaten das Leben rettete. Wir befinden uns am Ende der 1980er Jahre. Über den TV-Schirm flimmert eine Silvester-Ansprache Michael Gorbatschows. Dann klingelt das Telefon, und Anna wird vom Geheimdienst für eine neue Mission rekrutiert.
Es geht um das tiefste Bohrloch der Welt, ein mehr als zwölf Kilometer in die Erde hinabreichendes Loch auf der Insel Kola. Unheimliche Geräusche dringen aus dieser Tiefe nach oben, 20 Menschen sind mittlerweile verschwunden. Anna und ihr Team werden nach unten geschickt, um dem Geheimnis auf den buchstäblichen Grund zu gehen. Sie werden konfrontiert mit einem gefährlichen Zellparasiten, der das menschliche Leben auszulöschen droht. Doch der KGB wittert darin eine neue Waffe.
Hatten die Forscher die Hölle angebohrt?
Der russische Streifen Superdeep basiert lose auf einer urbanen Legende, die sich seit 1989 um die Kola-Bohrung rankt. Es gab Gerüchte über merkwürdige Vorkommnisse. Mikrofone sollten Geräusche aufgenommen haben, die an menschliche Schreie erinnerten. Schließlich lag es abergläubischen Naturen nahe, bei einer solchen Tiefe zu befürchten, dass die Forscher direkt die Hölle angebohrt haben könnten.
Das Team um Anna trifft zwar nicht direkt auf den Teufel. Dennoch geht es in der Tiefe höllisch ab. Der Zellparasit befällt nach und nach die Teammitglieder und verwandelt sie in Monstren. Das Ganze erinnert nicht von ungefähr an Klassiker wie Das Ding aus einer anderen Welt von John Carpenter oder auch Alien von Ridley Scott. An Letzteren vor allem die taffe weibliche Hauptfigur, die in Superdeep von der serbischen Schauspielerin Milena Radulovic ziemlich überzeugend interpretiert wird – auch wenn sie an eine Sigourney Weaver nicht heranreicht. Aber wer tut das schon?
Der Zweck heiligt in Superdeep die Mittel
Der russische Regiedebütant Arseny Syuhin macht seine Sache in Superdeep gar nicht ungeschickt – zumindest am Anfang. In einer Art Prolog zeigt er uns in düsteren Schwarz-Weiß-Bildern die so traumatische wie prägende Erfahrung der gescheiterten Reanimation an Annas damaligen Kollegen. Beim abschließend knappen Dialog zwischen ihr und ihrem KGB-Führungsoffizier sieht man nur die stark ausgeleuchteten Gesichter vor schwarzem Hintergrund, ein Theatereffekt, der an Ingmar Bergman erinnern könnte. Und die zynische Botschaft vom Zweck heiligenden Mittel dramatisch akzentuiert. Die soll Annas moralische Zweifel ausradieren.
Es folgt ein Schnitt auf eine Kirche, nun in Farbe. Klassische Klaviermusik erklingt. Während Anna mit Freunden Silvester feiern will, stört der Rekrutierungsanruf ihres alten Vorgesetzten. Gerade in dem Moment, in dem im TV Gorbatschow mit seiner Silvesteransprache die Zukunft feiert, meldet sich das alte Regime. Es geht bei der Mission aber nicht um Rettung, das soll die WHO übernehmen, sagt der General. „Wir gehen da rein, nehmen Proben und verschwinden.“ Denn, so die Vermutung, in dem Bohrloch wurde ein neues Virus entdeckt. Und daraus lässt sich ja immer eine prima Waffe machen. Anna nimmt den Auftrag an. Ihr anschließender Blick in den Spiegel, als wäre sie nicht ganz sicher, was sie darin sieht, zeigt deutlich die Ambivalenz ihres Charakters. Feinheiten der Inszenierung, die allerdings im Short-Cut von Superdeep fast gänzlich zu verschwinden drohen.
Ein Film, zwei Versionen
Denn Koch Films präsentiert uns Superdeep in zwei Varianten: der 115-minütigen Originalfassung und einem alternate Cut, der 15 Minuten kürzer ist. Wer nun meint, 15 Minuten seien bei fast zwei Stunden Laufzeit nicht gar so viel, täuscht sich. Obwohl die originale Schnittfassung insbesondere in der zweiten Hälfte schwächelt und deutliche Längen aufweist, wurde in der alternativen Version zu viel geschnippelt. Und vor allem an den falschen Stellen. So wirken viele Szenen recht holprig zusammengestellt, manches bleibt unklar. Durch die Langfassung dagegen muss man sich zwar mitunter etwas durchquälen, sie ist dennoch vorzuziehen. Leider veröffentlicht Koch Films diese nur im Media Book, die Standard-Blu-ray und -DVD beinhalten nur die Kurzfassung.
Vieles in Superdeep wirkt etwas mühsam, die Action mitunter angestrengt. Ein längere Sequenz spielt nur unter rotem Flackerlicht, was die Ereignisse undeutlich macht, so dass man sie nur schwer verfolgen kann. Überhaupt wirkt das Ganze manchmal wirr, insbesondere im alternate Cut. Auf der anderen Seite gibt es auch überzeugende inszenatorische Ideen. Die Landungssequenz des Hubschraubers mit der Forschungsgruppe am Ort der Bohrung etwa. Die Kamera umkreist den Landeplatz in einem weiten Radius. Sie definiert so nicht nur den Raum, sondern enthüllt dabei nach und nach ein ganzes Tableau von gleich handlungsrelevant werdenden Elementen: Forscher betreten einen Evakuierungsbus, Soldaten mit Waffen im Anschlag und an den Leinen reißenden Hunden, ein Mann, der sich hinter einem Fahrzeug versteckt. Dann geht die Post ab. Das ist elegant gemacht. Was leider nicht so bleibt.
Superdeep gewinnt durch tolles Creature-Design
Positiv fällt noch das wirklich ungewöhnliche Creature Design auf. Die Mutationen, die der pilzartige Parasit bewirkt, hat man so wohl noch nicht gesehen. Sie sind echt eklig, ein Pluspunkt für den Film. Aber Warnung: Nicht angucken, während ihr eine Pizza Funghi esst. Auch das Set-Design der unterirdischen Forschungsstation mit ihren dicken Stahlschleusen bringt die klaustrophobische Enge unter der Erde gut zum Ausdruck. Und die musikalische Untermalung ist wohltuend unaufdringlich, aber dennoch spannungssteigernd. Was alles nicht über die ermüdenden Längen und, von Anna einmal abgesehen, stereotypen Charakterzeichnungen hinwegtröstet.
Mein Fazit zu Superdeep
Der Film im schon recht ausgelutschten Fahrwasser von Das Ding aus einer anderen Welt oder Alien zeigt, dass russischer Action-Horror durchaus seine Momente haben kann. Aber das weiß man spätestens seit Timur Bekmambetows Wächtern der Nacht. Syuhins Variante eines Monster-Horrors macht vieles richtig, aber leider auch vieles falsch. Während der alternate Cut von Superdeep krampfhaft versucht, die Längen der Originalfassung zu eliminieren, geht dies aber auf Kosten von Atmosphäre und Handlungskonsistenz. Stimmungsvoller und inhaltlich klarer ist auf jeden Fall die Langfassung, die dann aber in der zweiten Hälfte in unübersichtlichem Actionbombast zerfasert. Das ist zum Gähnen und man möchte auf die Werbepause warten. Dennoch einen Versuch wert.
Superdeep erscheint am 24. Juni 2021 auf DVD und Blu-ray sowie im schicken Mediabook. Koch Films bietet sowohl die ursprüngliche Schnittfassung, als auch einen alternate Cut. Letzterer wird als BR/DVD-Amaray veröffentlicht, beide Schnittfassungen sind dagegen nur im Mediabook zu finden – dazu die ursprüngliche Schnittfassung in 4K.
Unsere Wertung für die Langfassung:
Unsere Wertung für den alternate Cut:
© Koch Films