Mit Survival of the Dead beendete George A. Romero seinen Zombie-Zyklus vorzeitig und hinterlässt fragende Gesichter. Western, Familiensoap und Zombies? Romeros macht es selbst den beinharten Fans in seinem finalen Film nicht leicht.
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Titel | Survival of the Dead |
Jahr | 2010 |
Land | Canada |
Regie | George A. Romero |
Genres | Horror |
Darsteller | Alan van Sprang, Kenneth Welsh, Kathleen Munroe, Devon Bostick, Athena Karkanis, Stefano DiMatteo, Julian Richings, Richard Fitzpatrick, John Migliore, Matt Birman, Ho Chow, Eric Woolfe |
Länge | 90 Minuten |
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Survival of the Dead – Handlung
Sarge (Alan Van Sprang) und seine Truppe Soldaten erfahren von einem jungen Kerl namens Boy (Devon Bostick), dass auf der kleinen Insel Plum Island ein weitgehend friedliches Leben in den Zeiten der Zombieapokalypse möglich wäre.
Auf ihrem Weg stoßen sie auf Patrick O’Flynn (Kenneth Welsh), den Patriarchen der O’Flynn-Familie von Plum Island. Dieser möchte zurück auf das Eiland und dort Rache am verfeindeten Clan der Muldoons nehmen, denn diese verbannten ihn einst von der Insel. Zwischen beiden Familien herrscht schon seit Ewigkeiten ein gewalttätiger Konflikt, der auch durch den Ausbruch der Zombiekrise nicht beigelegt wurde. Vielmehr sorgt diese für weitere Reibung zwischen den Familien.
Während die Muldoons die Untoten domestizieren und einpferchen will, um ihnen später ein mögliches Heilmittel zuführen zu können, stehen die O’Flynns für die totale Vernichtung, wollen Plum Island von allen Zombies säubern…
In Survival of the Dead orientiert sich Romero an den großen amerikanischen Western: ein Leben fernab des stressigen Trubels, verfeindete Familienbanden, zahlreiche Shootouts und eine dritte Partei, die sich zwischen zwei bestehende Gruppen drängt. Der Clinch, der zwischen beiden Familien vorherrscht, erinnert dabei frappierend an die Hatfield-McCoy-Fehde. Romeros letztes Werk entpuppt sich somit quasi als zombifizierter Vorläufer der Western-Mini-Serie Hatfields & McCoys.
Viel Gekröse…
In kaum einem anderen Film aus Romeros Zombie-Kanon findet der genretypische Leitsatz homo homini lupus, der Mensch ist des Menschen Wolf, unverblümter Anwendung als in Survival of the Dead. Die Gefahr durch die Zombies ist über weite Strecken der Spielzeit nur eine Randnotiz, ein Produkt aus der fortschreitenden Domestikation und Kontrolle über die untoten Wesen. Stattdessen sind es wieder einmal unterschiedliche Prinzipien und Moralvorstellungen, die die Überlebenden untereinander nicht zur Ruhe kommen lassen.
Fast schon beiläufig werden umherstreunende Zombies niedergemäht, die wirkliche Gefahr geht von anderen Menschen aus, die Fremden gegenüber Argwohn hegen oder schlichtweg auf Überfälle aus sind. Im Vergleich mit dem direkten Vorgänger Diary of the Dead wurde die Anzahl der untoten Wandler aber sogar erhöht – sehr zur Freude des Bodycounts. So viele Zombieschädel wie hier von Kugeln durchlöchert werden, ist es eine wahre Freude für Freunde der bluttriefenden Unterhaltung.
Fatal ist hierbei nur die unausgewogene Präsentation. Während im Finale eine herrlich blutrünstige und in Handarbeit geschaffene Ausweidung zu bestaunen ist, vermiest ein miserabel getrickster CGI-Kopfschuss die Freude an zünftigen Splattereien – und das bereits in den ersten Filmminuten. Wer auf die Rückkehr zeitloser Effektarbeit wie noch in Day Of The Dead hofft, der wird leider enttäuscht.
…um nichts
Setzten die früheren Filme ihre gesellschaftliche Demontage noch relativ subtil in Gang, gingen Romeros Filme nach der Jahrtausendwende ihre Kritik deutlich Holz hämmernder ein. In Survival of the Dead vergeht aber jegliche kritische Stimme im soapigen Flair. Die Figuren stellen nur noch tumbe und ziemlich blasse Abziehbilder dar. Schmächtiger Nerd mit großer Klappe, Lesbe in der Armee oder waffenstarrender Macho. Romeros Drehbuch ist sich nicht zu schade, sich nur so in Klischees zu suhlen. Des Öfteren darf auch an der Auffassungsgabe einzelner Protagonisten gezweifelt werden. Wenn beispielsweise ausgebildete Soldaten bei gleißendstem Sonnenschein von zwei kaum zu übersehenden Reitern überrascht werden, legt sich die Stirn des Zuschauers in fragende Falten.
Nun hat sich Romero nie gescheut, seinen Zombiefilmen einen eigenen Sinn für Humor mit auf den Weg zu geben. Ob die Handlungsweisen und abgenudelten Stereotypen allerdings auf einer humorvollen Ebene gemeint waren, darf in Frage gestellt werden. Arg over the top, aber zweifelsfrei ironischer Höhepunkt: Der ewige Kreislauf der sich bekriegenden Familienoberhäupte. Wer den Film kennt, wird wissen, was gemeint ist.
Deutlich eindrucksvoller erscheinen die Zombies, die von den Muldoons als Attrappen des alten Lebens versklavt werden. Briefträger und Holzfäller finden sich in einer Tretmühle wieder, die Sisyphos zur Ehre reichen würde. Ebenfalls spannend: Romero spinnt die Idee seiner Zombies letzten Endes doch weiter. Denn, so viel sei verraten, im fresshaltigen Finale werden sich die untoten Kollegen erstmalig in Romeros Welt von nicht menschlichem Fleisch ernähren.
Unser Fazit zu Survival of the Dead
Survival of the Dead beendete 2009 Romeros Schaffen als Regisseur, bevor er 2017 verstarb. Weiß man um diese Tatsache, ist es äußert schade, dass es Romero nicht vergönnt war, die Bühne mit einem letzten großen Knall zu verlassen. Seine späteren Werke können leider nicht aus dem Schatten seiner Ur-Trilogie treten, müssen sich jedoch zwangsläufig an diesen messen lassen. Trotzdem ist es Romero gelungen, jedem einzelnen Film eine eigene Identität zu geben, und nicht sechsmal denselben Film abgedreht zu haben.
Kritische Ebene hin oder her, fester Bestandteil von Zombiefilmen sind gemeinhin trotzdem saftige Fressgelage am lebenden Objekt. Insbesondere Dawn und Day of the Dead haben in dieser Disziplin zeitlose Klasse bewiesen. Und ausgerechnet hierbei strauchelt Romeros letzter Streich mit halbgarer Effektarbeit.
Natürlich ist aber auch einem Romero Weiterentwicklung nicht nur gestattet, sondern gewünscht. Was er mit der Wahl unterschiedlicher Themen seiner Werke auch eindeutig bewiesen hat. Und so ist es auch nur plausibel, dass sich sein Anspruch an seinen persönlichen Zombiefilm im Jahr 2009 deutlich von dem im Jahr 1978 unterscheidet.
Unsere Wertung:
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