Apple TVs neues Filmprojekt Tetris erzählt die wahre Geschichte des Videospielverkäufers Henk Rogers und der Entwicklung des gleichnamigen Spiels im Jahre 1988. Ist Regisseur Jon S. Baird in der Lage gemeinsam mit Taron Egerton aus den Vollen zu schöpfen oder erleben wir nur eine Nacherzählung der wichtigsten Stationen?
Titel | Tetris |
Jahr | 2023 |
Land | United Kingdom |
Regie | Jon S. Baird |
Genres | Thriller, Historie, Drama |
Darsteller | Taron Egerton, Никита Ефремов, Софья Лебедева, Anthony Boyle, Ben Miles, Ken Yamamura, Игорь Грабузов, Олег Штефанко, Ayane Nagabuchi, Rick Yune, Roger Allam, Toby Jones, Mara Huf, Miles Barrow, Алексей Шедько, Natalia Gonchar, 山本彩乃, Nino Furuhata, Togo Igawa, Kanon Narumi, Timur Kassimikulov, Mark Khismatullin, Karin Nurumi, Moyo Akandé, Bhav Joshi, Jenni Keenan-Green, Irina Kara, Greg Kolpakchi, Zane Mihailova, Sergii Levchenko, Katarzyna Sanak, Christine Koudreiko, Дмитрий Шаракоис, Ieva Andrejevaitė, Olga Utkina, Polina Sulim, Rob Locke, Matthew Marsh, Len Blavatnik, Peter Burlakov, Daria Westbrook, Anna Lavrentyeva, Aaron Vodovoz |
Länge | 118 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Apple TV Plus |
Tetris – Die Handlung
Der Spieleverkäufer Henk Rogers (Taron Egerton) versucht auf einer Spielemesse in Las Vegas sein Spiel „Go“ an die Leute zu bringen, doch leider ohne Erfolg. In den 1980ern sind die Spieleautomaten seine größte Konkurrenz und bei einem Rundgang durch die Messe entdeckt er ein süchtig machendes Puzzlespiel, bei dem fallende bunte Blöcke aufeinander gestapelt werden müssen. Das Spiel heißt: Tetris. Nachdem Henk die Spielerechte für Japan erwerben kann, reist er in die Sowjetunion, um den Spieleentwickler Alexei Paschitnow (Nikita Yefremov) kennenzulernen und mit ihm zusammenzuarbeiten.
Dort angekommen muss Henk feststellen, dass die Geschäftspraktiken nicht seinen westlichen Werten entsprechen und die Gier nach Profit noch größer erscheint. Die russischen Akteure Nikolai Belikov (Oleg Stefan), Alexeis Vorgesetzter und KGB-Offizier Valentin Trifonov (Igor Grabuzov) wollen sich finanziell absichern, bevor das System der Sowjetunion endgültig zusammenbricht. Es ist entbrennt ein Wettlauf gegen die Zeit und ein Buhlen um eines der beliebtesten Spiele aller Zeiten.
Eine Geschichte über Freundschaft und Gier in 8-Bit
Filmemacher Jon S. Baird dürfte für die Allgemeinheit ein noch recht unbekannter Regisseur sein. Mit Filmen wie Drecksau oder Stan & Ollie lieferte er zwei bemerkenswerte Werke ab, die aber sehr unter den Radar liefen und finanziell erfolglos blieben. Mit Tetris bietet sich ihm eine weitere Gelegenheit, um im Mainstream den Durchbruch zu schaffen. Dafür hat er sich die Dienste von Taron Egerton sichern können, der mit wenig Schnörkeln in die Rolle des Henk Rogers schlüpft. Der Schauspieler verleiht dem Spieleentwickler den nötigen Enthusiasmus, um als nahbare Hauptfigur zu funktionieren. Die Performance strotzt nur vor Energie – und wird mit einem auffälligen Schnauzbart abgerundet.
Den Film tragen Egertons Interaktionen mit schmierigen Geschäftspartnern wie Robert Stein (Toby Jones) oder Robert Maxwell (Roger Allam). Die trockensten Vertragsverhandlungen werden zu scharfsinnigen Schlagabtauschen. Im Kern der Geschichte soll aber eine Freundschaft stehen: die zwischen Henk und Alexei. Der niederländische Spieleverkäufer möchte dem Entwickler des Spiels ein großes Stück vom Kuchen verschaffen und geht für ihn durch die Hölle. Dadurch entsteht eine unerwartete Dynamik, die kleine, sehr strahlende Momente erzeugt. Die Beziehung der beiden Figuren wirkt glaubhaft. Baird und Autor Noah Pink verweben die Beziehung zwischen Rogers und Paschitnow mit den Gefahren, die in der Sowjetunion auf die beiden lauern.
Im Stil dem Spiel nachempfunden
Besonders auffällig in Tetris ist die visuelle Präsentation: Die Editoren haben sich überlegt, die 8-Bit-Ästhetik des Spiels in den Film einfliessen zu lassen. Wie das aussieht? Nun: Die Exposition stellt Henk Rogers in einer Präsentation dar, indem er wichtige Akteure seiner Vertragsverhandlungen wie Spielcharaktere vorstellt und diese im 8-Bit-Stil geformt werden. Passend werden sie als Player eines großen Spiels präsentiert: das Spiel des Geldes. Im Verlauf des Films inszeniert Baird eine handwerklich kompetente Autoverfolgungsjagd durch Moskau, die mittendrin den Stil des Spiels übernimmt. Er kreiert damit eine abwechslungsreiche Actionszene, die im Gedächtnis bleibt. Gerade weil sie nicht aussieht, als hätte man diese bereits dutzende Male gesehen. Die Visualität zieht sich durch den Film und verleiht ihm einen frischen Look, der den grauen, sowjetischen Beton und einige Greenscreens schnell vergessen lässt. Gerade Nostalgiker, die zu Anfangszeiten an den Arcade-Automaten spielten, kommen auf ihre Kosten.
Nur eine Betrachtungsweise
Man darf bei Biografien nie vergessen, dass auch kreativen Freiheiten bestehen. Auch ist die Perspektive hier ganz entscheidend. Wir erleben die ganze Story aus der Sicht von Henk und betrachten die Sowjetunion und die Methoden der russischen Charaktere gänzlich aus einer westlichen Perspektive. Man kommt dabei nicht drumherum, einen verfälschten Blick auf die Ereignisse zu entwickeln, indem der Westen der Untergang geweihten Sowjetunion den Gnadenstoß verpasst. Ebenso erscheint es manchen Stellen, dass der westliche Kapitalismus dem Kommunismus als überlegen präsentiert wird – nur ohne tiefer oder kritischer in die Geschäftspraktiken einzugehen. Dies ist keine schwerwiegende Kritik an Tetris oder den Machern. Dennoch sollte man die monoperspektivische Darstellung stets im Hinterkopf behalten.
Wer eine Entstehungsgeschichte auch aus dem IT-Zirkus sehen möchte, die explizit damit spielt, wie sämtliche Akteure die Sachverhalte anders erlebt haben, dem sei an dieser Stelle die Origin-Story von Spotify in The Playlist bei Netflix empfohlen.
Unser Fazit zu Tetris
Abseits kleiner thematischer Schwächen bietet Tetris einen spaßigen Trip zum Ende der 1980er. Mit einem energiegeladenen Taron Egerton, einem verspielten, nostalgischen 8-Bit-Stil und einigen Ohrwürmern im Soundtrack („Final Countdown“ und „I need a Hero“) kreiert Jon S. Baird eine stimmungsvolle Geschichte über eines der größten Spiele aller Zeiten. „Kann ein Film über Tetris wirklich aufregend sein?“ Die Antwort lautet: auf jeden Fall! Es ist ein kurzweiliges Vergnügen für alle, die mit dem Spiel großgeworden sind. Und die öden Unternehmenspraktiken werden hier wirklich unterhaltsam abgebildet.
Tetris kann ab dem 31.3. bei Apple TV+ gestreamt werden.
Unsere Wertung:
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