Die Rückkehr aus dem Irak gestaltet sich für den Soldaten Adam Schumann und seine Kameraden alle andere als leicht. Sie leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen – wie hunderttausende Andere auch. Therapeutische Betreuung ist kaum vorhanden, die Ex-Soldaten werden von der Army im Stich gelassen. Dramen um Kriegsheimkehrer gibt es, seitdem es Kriege gibt. Ob Thank You for Your Service einen neuen Akzent setzen kann, erfahrt Ihr in unserer Rezension.[su_youtube URL=“https://www.youtube.com/watch?v=DbjGUDtJOKc“]
Titel | Thank You for Your Service |
Jahr | 2017 |
Land | United States of America |
Regie | Jason Hall |
Genres | Drama, Kriegsfilm |
Darsteller | Miles Teller, Haley Bennett, Joe Cole, Amy Schumer, Beulah Koale, Scott Haze, Keisha Castle-Hughes, Brad Beyer, Omar J. Dorsey, Kate Lyn Sheil, Hunter Burke, Erin Darke, Allison King, Dennis L.A. White, Deneen Tyler, Jayson Warner Smith, Sean P McGoldrick, Kerry Cahill, Jake Weber, Michael Love Toliver |
Länge | 108 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: BATTLEZONE Amazon Channel Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, Videobuster, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Verleihshop Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, Videobuster, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Verleihshop, Freenet meinVOD |
Darum geht es in Thank You for Your Service
Sergeant Adam Schumann (Miles Teller) kehrt nach drei Einsatzzeiten im Irak zurück ins heimatliche Kansas. Gemeinsam mit seinen Kameraden Tausolo Aieti (Beulah Koale) und Billy Waller (Joe Cole) versucht er, im Alltag wieder Fuß zu fassen. Doch die Erlebnisse aus der Kriegszone haben ihre Spuren hinterlassen, äußerlich wie innerlich.
Alle drei leiden unter posttraumatischen Belastungsstörungen. Bei ihrer Rückkehr fällt jeder von ihnen in ein tiefes Loch. Am schlimmsten erwischt es Waller. Seine Freundin hat ihn nicht nur verlassen, sondern auch noch das Haus leer geräumt. Er wählt für sich den endgültigen Ausweg. Aieti leidet unter Schlafstörungen und unvermittelten Wutanfällen. Schumann hält sich zunächst für stabil, bis sich Halluzinationen und unkontrollierbare Gefühlsschwankungen einstellen. Auf ihm lastet ein doppeltes Schuldgefühl. Er hatte seinen schwerverletzten Kameraden Emory (Scott Haze) fallen lassen, weswegen dieser nun halbseitig gelähmt ist. Erschüttert nahm er an dem folgenden Einsatz nicht teil. Dabei wurde sein Vorgesetzter Doster getötet.
Hunderttausende suchen Hilfe
Der Versuch der beiden Ex-Soldaten, therapeutische Hilfe zu finden, erstickt in der überforderten Bürokratie. Hunderttausende Soldaten kehren traumatisiert zurück. Die Wartezeit auf Therapieplätze dauert bis zu neun Monate. Doch die Rückkehr nach Hause ist darüber hinaus auch eine Rückkehr ins soziale Elend, in Arbeitslosigkeit, in ein Leben ohne rechte Perspektive. Aieti sieht sich zudem als Samoa-Amerikaner mit rassistischen Ausgrenzungen konfrontiert. Er will zurück in den Krieg, wegen seiner Traumatisierung wird ihm auch das verwehrt. Von Ecstasy erhofft er sich Linderung. Um an die Droge heranzukommen, verstrickt er sich in kriminelle Handlungen – mit fatalen Folgen. Beide verstecken ihre Gefühle, weichen aus und verdrängen. Erst als sie den Mut finden, über ihre Erlebnisse zu reden, gibt es Hoffnung.
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Vielen Dank, aber rutsch mir den Buckel runter
Man könnte den Titel Thank You for Your Service als zynisches Bonmot missverstehen. Als Ausdruck der Haltung einer US-Regierung, die Menschen in den Krieg schickt, und nach einem schnöden „Dankeschön“ meint, man solle ihr ansonsten den Buckel runterrutschen. Der Film greift ein wichtiges und zumindest in den USA gern verschwiegenes Thema auf. Psychische Leiden nach Kampfeinsätzen entsprechen nicht dem Bild der Männlichkeit und schon gar nicht dem des Soldaten. Ein vorgesetzter Offizier macht dies gegenüber Schumann deutlich: „Die jungen Rekruten sollten so etwas auf keinen Fall sehen“, sagt er ihm. „Das ist schlecht für die Moral.“
Schumann schweigt, wie auch Aieti, sogar gegenüber seiner Frau. Er stellt seine Erfahrungen nicht in Frage. „Ich war ein guter Soldat“, hört man ihn gleich am Anfang sagen. „Ich hatte einen Sinn im Leben, und ich habe es geliebt.“
Doch mit dieser Aussage offenbart sich zugleich das Dilemma des Films. Anders als in seinem Drehbuch zu American Sniper von Clint Eastwood vermeidet Jason Hall hier zwar die unglückliche Heroisierung eines eher dubiosen Charakters. Problematisch ist hierbei nicht, was der Film zeigt, sondern was er verschweigt. Authentisch wirft er einen Blick auf das Leben von Soldaten nach ihren Einsätzen. Die Einsätze selbst aber stellt er nicht in Frage. Es wird nicht gefragt, warum Menschen in den Krieg ziehen. Und erst recht nicht danach, wer diese Menschen aus welchen Gründen in den Krieg schickt.
Thank You for Your Service kritisiert nicht den Krieg
Die Zeiten, in denen Hollywood das martialische Engagement der USA in Frage stellte, sind passé. Filme wie etwa Hal Ashbys Coming Home von 1978 mit seiner deutlichen Kritik am Vietnamkrieg sind heute kaum noch denkbar, zumindest nicht im Mainstreamkino. Spätestens mit dem 11. September hat diese Nation eine kollektive narzisstische Kränkung erfahren, die sie meist mit testosterongesteuerten Heldenstorys zu kompensieren sucht. Dies macht Thank You for Your Service glücklicherweise nicht. Der Film nach dem gleichnamigen Buch von David Finkel basiert auf Tatsachen und ist durchaus um Authentizität bemüht. Aber eben nur im Rahmen der Geschichte, die er erzählt. Ob der Krieg im Irak berechtigt ist, wird nie hinterfragt.
Dessen ungeachtet aber macht der Film seine Sache wirklich gut. Die Inszenierung vermeidet irgendwelche Mätzchen. Nutzt die filmischen Möglichkeiten aber aus, wo es storytechnisch Sinn ergibt. Gleich zu Beginn ist der traumatisierende Treppensturz souverän inszeniert. Schwankende Kamera sowie steter Wechsel zwischen Nahaufnahmen und subjektiver Kamera lassen den Schwindel Schumanns nachfühlbar werden. Auch eine nächtliche Jagdszene, bei der Schumann massivere Halluzination erlebt, wird durch geschickte Kameraführung und Schnittwechsel zum Kriegsspiel.
Herausragender Miles Teller überzeugt
Darstellerisch kann Miles Teller nach Whiplash erneut unter Beweis stellen, dass er zur ersten Riege der jungen Hollywoodstars zählt. Mit ausdrucksstarker Mimik und Körpersprache macht er die inneren Konflikte und Zerrissenheit, auch die anfängliche Hilflosigkeit seines Charakters glaubhaft und nachvollziehbar. Auch der übrige Cast macht seine Sache überzeugend. Nur Haley Bennett als Schumanns Frau Saskia wirkt reichlich blass, auch wenn dies zur Rolle der etwas naiven und ebenfalls hilflos überforderten Gattin passen mag.
Manches hätte sich der Film sparen können. Der Ausflug Aietis in die Kriminalität lässt Thank You for Your Service kurz zu einem Gangsterthriller mutieren. Das wirkt aufgesetzt und unpassend. Auch die Sequenz, in der Aieti sich eines verletzten Kampfhundes annimmt, der von seinem Besitzer zum Sterben achtlos ins Gebüsch geworfen wurde, ist zu plakativ. Hier zeigt uns Hall die Identifikation des Ex-Soldaten mit eben diesem Hund mit einem zu dicken Zeigefinger.
Die Mauer des Schweigens durchbrechen
Aber er legt diesen eben auch gekonnt in die Wunde der verheerenden menschlichen Kriegsfolgen. Aufnahmen aus der Wartehalle des Veteranenamts wurden mit echten Veteranen gedreht, ein Saal voller Prothesen tragender, humpelnder oder im Rollstuhl sitzender Menschen. Um die sich der Staat viel zu wenig kümmert. „Wenn Du zurückkommst, bist Du im Arsch“, heißt es im Film treffend.
Jason Hall will die Mauer des Schweigens durchbrechen, die noch immer die psychischen und psychosomatischen Kriegsfolgen umgibt. Nur wer redet, wer über seine Erlebnisse und vor allem seine Gefühle spricht, kann sich helfen. „Traumata zu heilen, ist nicht möglich“, sagt eine Psychologin zu Schumann, „aber man kann lernen, mit ihnen zu leben.“ Thank You for Your Service zollt den Soldaten als Menschen, die glauben, ihr Leben einsetzen, um andere zu schützen, Respekt. Und in diesem Sinne ist der Titel des Films eben nicht zynisch, sondern als ehrlicher Dank an alle Kriegsveteranen gemeint. Und als Appell an die Regierenden, sich um sie zu kümmern.
Mein Fazit zu Thank You for Your Service
Streifen wie dieser spalten für gewöhnlich Kritiker wie Publikum. Auch ich stehe dem Film sehr ambivalent gegenüber. Zwischen Ablehnung und Wertschätzung entscheide ich mich bei der Toastvergabe für einen guten Mittelwert. Denn als Film funktioniert Thank You for Your Service durchaus, vor allem dank der herausragenden Darstellung Miles Tellers. Der Film macht auf ein oft verschwiegenes Problem aufmerksam. Die wichtigsten Fragen aber werden umgangen: Warum wird ein Mensch Soldat? Und aus welchen Gründen werden Kriege überhaupt geführt? So verbleibt am Ende der schale Geschmack, doch nur wieder ein Hohelied auf den soldatischen Heros präsentiert bekommen zu haben. Der gebrochene Held, der seinen Mut in der letzten Schlacht beim Psychologen beweist.
Der Film ist seit dem 13. Februar 2020 auf DVD und Blu-ray erhältlich.
Unsere Wertung:
© Constantin Film