Den Charme von The Big Lebowski in Worte zu fassen ist sehr schwer. Es ist DER Kultfilm und machte den Dude, seinen Helden, zu einer wahren Ikone. Darum hier der Versuch einer Annäherung …
Titel | The Big Lebowski |
Jahr | 1998 |
Land | United Kingdom |
Regie | Joel Coen |
Genres | Komödie, Krimi |
Darsteller | Jeff Bridges, John Goodman, Julianne Moore, Steve Buscemi, David Huddleston, Philip Seymour Hoffman, Tara Reid, Philip Moon, Mark Pellegrino, Peter Stormare, Flea, Torsten Voges, Jimmie Dale Gilmore, Jack Kehler, John Turturro, James G. Hoosier, Carlos Leon, Terrence Burton, Richard Gant, Christian Clemenson, Dom Irrera, Gérard L'Heureux, David Thewlis, Lu Elrod, Mike Gomez, Peter Siragusa, Sam Elliott, Marshall Manesh, Harry Bugin, Jesse Flanagan, Irene Olga López, Luis Colina, Ben Gazzara, Leon Russom, Ajgie Kirkland, Jon Polito, Aimee Mann, Jerry Haleva, Jennifer Lamb, Warren Keith, Wendy Braun, Asia Carrera, Kiva Dawson |
Länge | 117 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: MagentaTV Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, Microsoft Store Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, Microsoft Store, Freenet meinVOD |
„Und dir pinkeln die auf deinen bekackten Teppich“ – Walter Sobchak
In The Big Lebowski geht es um Jeffrey Lebowski, den Dude. Ein alter, vom Dude begeisterter Cowboy berichtet uns die verrückte Geschichte, in welche dieser ohne eigenes Verschulden geraten war. Der Dude ist ein Slacker, ein Abhänger und ein Althippie. Er pflegt ein beschauliches Dasein, in einem kleinen Bungalow in Los Angeles und hat im Grunde keinerlei Ambitionen.
Seine Bowlingmannschaft, bestehend aus seinen besten Freunden Walter Sobchak und Donny Kerabatsos, spielt auf Liganiveau, aber deswegen macht er sich keinen Stress. Die einzigen erkennbaren Leidenschaften des Dudes, neben dem Bowling, sind White Russians (Cocktail) und gelegentliches Kiffen.
Als er eines Tages vom Supermarkt nach Hause kommt, warten dort zwei Schläger, die Geld von ihm eintreiben wollen. Die beiden Gorillas verwechseln den Dude mit einem Millionär und pinkeln ihm zum Abschied auf den Teppich. Infolgedessen wendet sich der Dude an seinen schwerreichen Namensvetter, um sich den Teppich ersetzen zu lassen. Unversehens steckt er in einem Entführungsfall mit Lösegeldforderung, in dem mehr Parteien mitspielen als auf den ersten Blick ersichtlich.
Held in Bademantel und Shorts
Jeffrey Lebowski ist ein ungewöhnlicher Held. Obwohl der Film eindeutig eine Kriminalgeschichte erzählt, macht das den Dude nicht zum Detektiv. Er will auch gar keine Spürnase sein und hat ursprünglich keinerlei Interesse an Geld. Eigentlich will der Dude nur einen neuen Teppich und seine Ruhe haben. Es sind alle anderen Figuren und die Umstände, die ihn immer weiter in die Sache reinziehen. Wenn der Dude sich doch einmal entschließt „detektivisch“ vorzugehen, z.B. in dem er mit einem Bleistift die Abdrücke einer Notiz sichtbar macht, ist das Ergebnis völlig absurd und nutzlos.
Dennoch ordnen viele, die den Film analysieren, The Big Lebowski dem Genre des Film noir zu. Da der Streifen, von Farbgestaltung und Witz abgesehen, über viele Elemente dieses Krimigenres verfügt. Die für den Film verantwortlichen Coen Brüder gaben an, sich munter am Film noir bedient zu haben, um einen möglichst undurchsichtigen Plot zu schaffen.
Ermittle, ohne zu ermitteln!
Während der Dude die Puzzlestücke einigermaßen zusammensetzt, klopfen schon die nächsten Schläger an seiner Tür oder jemand schickt ihn auf eine falsche Fährte. Dadurch wird der Protagonist viel mehr zum Spielball als zum aktiven Ermittler. Dementsprechend macht Jeffrey Lebowski selbst auch keine heldentypische Entwicklung durch. Er wächst nicht an dem Fall. Am Ende bleibt er derselbe Althippie, der er schon zu Anfang war. Der Fall wird zwar gelöst, doch gibt es keine Erleuchtung.
Dabei ist gerade dieser nicht vorhandene Fortschritt und die passive Art des Dudes ein großer Bestandteil der Faszination des Films. Während der Plot an sich nichts spektakulär Neues zum Genre beitragen kann, ist die Art und Weise wie der Held auf die Lösung des Falls zusteuert gänzlich unkonventionell.
Die Wegbegleiter
The Big Lebowski wurde erstklassig besetzt. Jeff Bridges als der Dude, John Goodman als Walter und Steve Buscemi als Donny wurden alle zu Ikonen, die man bis heute munter zitiert. Philip Seymour Hoffman mimte den Butler Brandt. Julianne Moore ist als Tochter des Millionärs Lebowski zu sehen.
Hängen geblieben
Eines der Motive, das sich in The Big Lebowski stets wiederholt, ist der Bezug auf die Vergangenheit der Figuren. Für Walter hat alles mit „Nam!“ (dem Vietnamkrieg) zu tun, oder seiner Exfrau. Dem Dude ist sein politischer Aktivismus in den 60ern wichtig. Smoky war Pazifist. Bunny und Karl waren Pornodarsteller. Die Nihilisten hatten ein Elektropop Album namens Nagelbrett. Die Liste ließe sich entsprechend fortsetzen.
All diese Informationen werden geradezu beiläufig in die Dialoge eingestreut. Im Laufe des Films zeigt sich schließlich, dass keine der Figuren sich von der Vergangenheit lösen kann. Niemand scheint so richtig in den 90ern angekommen zu sein. Die 90er selbst spielen eher eine untergeordnete Rolle. Weder thematisiert der Film ein bestimmtes Lebensgefühl, noch greift er die damalige Popkultur auf. Der Golfkrieg wird zwar thematisiert, hat aber keinerlei Auswirkung auf die Handlung.
Erfolg und Zufriedenheit
Jeffrey Lebowski erscheint anderen Figuren des Öfteren als Versager. Weder verfügt er über große finanzielle Mittel, noch hat er Karriere gemacht. Sein Mangel an Ambitionen lässt ihn faul wirken. Dennoch ist der Dude völlig zufrieden. So lange er einen Teppich hat, ist er im Einklang mit der Welt. Begierden scheinen ihm fremd zu sein, was fast schon ein buddhistischer Ansatz ist.
Im Vergleich dazu ist sein Freund Walter getrieben, von dem Bedürfnis es seiner Exfrau recht zu machen oder das Bowlingturnier zu gewinnen. Das Streben nach Geld motiviert alle Parteien im Entführungsfall, alle außer den Dude. Der würde zwar gern etwas von der Kohle abhaben, aber den Teppich ersetzt zu bekommen, ist ihm wichtiger. Nur selten verliert der Dude seine Coolness. In jedem anderen Moment strahlt er eine innere Ruhe aus, die auch den Zuschauer in ihren Bann schlägt.
Der „Kult-Film“
Auf Grund dessen erkennen viele Fans in The Big Lebowski Ansätze fernöstlicher Philosophien. In den USA ist aus der Gefolgschaft dieses Kultfilms nicht nur ein jährliches Lebowski-Festival entstanden, sondern auch eine Religionsgemeinschaft. The Church Of The Latter Day Dude hat eine internationale Anhängerschaft, samt diverser heiliger Schriften. Ein geweihter Priester dieser Kirche zu werden, ist aber auch denkbar einfach.
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Auch Hauptdarsteller Jeff Bridges kann sich der Verehrung, die seiner Rolle zu Teil wird, nicht entziehen und bleibt augenzwinkernd Teil der „Lebowski-Bewegung“. Bei einer Laudatio für seinen Freund und Kollegen John Goodman schlüpfte Jeff Bridges noch einmal in die Klamotten des Dudes.
Endlose Faszination
The Big Lebowski ist ein zeitloser Film. Jeder Dialog taugt zum Zitat und jede Figur hat ihren Platz. Der Witz des Films basiert auf cleverer Absurdität und ist situationsbedingt. Gerade ein so ungewöhnlicher Held wie der Dude hat das Zeug niemals aus der Mode zu kommen. Denn die Lehre von Zufriedenheit, die er uns auf den Weg gibt, ohne sie selbst anzusprechen, ist universell. Figuren wie der Dude, Donny und Walter sind näher an der Lebenswirklichkeit des Zuschauers, als ein Whisky trinkender Privatdetektiv, der sich in seine Klientin verliebt.
Der Dude ist einer von uns. Dinge passieren, wir müssen damit fertig werden und danach ist meistens alles wie immer.
© Gramercy Pictures