Horror-Experte Scott Derrickson inszeniert eine Kurzgeschichte von Stephen Kings Sohn Joe Hill. Ist The Black Phone einer der besten Horrorfilme des Jahres?
Titel | The Black Phone - Sprich nie mit Fremden |
Jahr | 2022 |
Land | United States of America |
Regie | Scott Derrickson |
Genres | Horror, Thriller |
Darsteller | Mason Thames, Ethan Hawke, Madeleine McGraw, Jeremy Davies, E. Roger Mitchell, Troy Rudeseal, James Ransone, Miguel Mora, Rebecca Clarke, J. Gaven Wilde, Spencer Fitzgerald, Jordan Isaiah White, Brady Ryan, Tristan Pravong, Jacob Moran, Brady Hepner, Banks Repeta, Kristina Arjona, Sheila M. O'Rear, Rocco Poveromo, Kellan Rhude, Gina Jun, Ryan Cronan, Braxton Alexander, Reagan Shumate, Bay Allebach, Andrew Farmer, T. Maxwell Martin, Ron Blake, Robert Fortunato, Chris TC Edge, Mark Riccardi, Megan Petersen, Mike Bailey, Christine Connelly, Matthew Simmons, Parrish Stikeleather, Luca De Massis |
Länge | 99 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Kabel Eins Classics Amazon Channel, Seven Entertainment Amazon Channel Kaufen: Apple TV, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, Microsoft Store, Freenet meinVOD |
Die Handlung von The Black Phone
Im Jahr 1978 verschwinden in Denver, Colorado fünf Kinder ohne jede Spur. Der Täter? Ein mysteriöser Serienkiller, den alle nur den “Greifer” (Ethan Hawke) nennen. Schließlich wird auch der 13-jährige Finney (Mason Thames) von ihm am helllichten Tag betäubt und verschleppt. Als der Junge aufwacht, findet er sich in einem leeren, schallisolierten Keller wieder. Das einzig interessante in dem Raum scheint ein schwarzes Telefon zu sein, das zwar nicht angeschlossen ist, aber plötzlich anfängt zu klingeln. Am anderen Ende der Leitung melden sich nach und nach die getöteten Opfer des Greifers, die Finney bei seiner Flucht aus dem Keller helfen möchten.
Parallel nimmt die Polizei im Rahmen ihrer Ermittlungen Kontakt zu Finneys Schwester Gwen (Madeleine McGraw) auf. Denn das kleine Mädchen weiß Dinge über die entführten Kinder, die niemand außer der Polizei wissen kann. In hellseherischen Träumen erhält Gwen rätselhafte Hinweise zu den Mordfällen. Diese Träume führen sie auch auf die Fährte ihres Bruders.
Zurück im Horrorgenre: Scott Derrickson
Wegen kreativer Differenzen stieg Regisseur und Drehbuchautor Scott Derrickson Anfang 2020 aus der Marvel-Fortsetzung Dr. Strange in the Multiverse of Madness aus. Die Horrorfans dürfte es freuen. Denn statt das gemeinsam mit C. Robert Cargill geschriebene Drehbuch für The Black Phone wie geplant an jemand anderes abzugeben, inszenierte er den Horrorfilm am Ende selbst. Damit kehrt Derrickson sozusagen in sein Stammgenre zurück, dem er mit Hellraiser V, Düstere Legenden 2, Der Exorzismus von Emily Rose oder Sinister nun schon über 20 Jahre die Treue hält.
Aus den geschätzten 16 bis 18 Millionen Produktionsbudget zaubert Derrickson mit seinem Kameramann Brett Jutkiewicz (Scream 5, Ready or Not) mal wieder hochwertige, stimmungsvolle Bilder. Die 70er-Jahre werden fantastisch eingefangen und wecken direkte Erinnerungen an Carpenters originalen Halloween, wenn die Kinder auf dem Weg zur Schule durch die typischen blätterdurchwehten Vorstadtstraßen ziehen.
Der besondere Clou in der Inszenierung sind darüber hinaus die lose eingestreuten Super-8-Aufnahmen, die mit ihrem krisseligen, grauen Look für eine absolut alptraumhafte, unwirkliche Stimmung sorgen. Wenn Ethan Hawke so in voller Montur mit Gruselmaske, Zylinder und einem Haufen schwarzer Ballons in den Händen regungslos vor einem Haus steht, sind kalte Schauer beim Publikum vorprogrammiert.
Ein Coming-of-Age-Familiendrama mit Serienkiller und übernatürlichem Horror
Unter der schönen Haube von The Black Phone steckt eine Kurzgeschichte von Stephen Kings Sohn Joe Hill. So wirkt der Film für entsprechende Buch- und Filmfans sehr schnell sehr vertraut. An allen Ecken und Enden scheinen typische Motive zu stecken. Da wären natürlich Gwens hellseherische Fähigkeiten, in ihren Träumen Details der Mordfälle zu sehen, oder das zerrüttete Elternhaus der beiden Kinder. Denn während Finney und Gwen ohne Mutter aufwachsen, neigt der Vater zum Trinken und unkontrollierbaren Gewaltausbrüchen. Das eigene Zuhause wird so zu einem gefährlichen Ort und lässt die eigenen Geschwister dadurch noch enger zusammenrücken. Dass vor allem Finney durch die Entführung auch eine wichtige Entwicklung durchmacht und erwachsen(er) wird, ist typischer Coming-of-Age-Stoff.
Leider bleiben die meisten dieser unterschiedlichen Motive eher Stückwerk, weil sie nur oberflächlich beleuchtet werden und für den Fort- und Ausgang der Geschichte nur relativ wenig von Belang sind. Zudem muss das Drehbuch die zu knappe Vorlage gehörig aufblähen, um auf Spielfilmlänge zu kommen. Während Finney im Buch einmalig einen Anruf bekommt, um Tipps und Hinweise für seine Flucht aus dem Keller zu erhalten, telefoniert seine Filmversion nach und nach mit allen fünf der vor ihm ermordeten Kinder. Dadurch fehlt The Black Phone im Mittelteil einiges an Tempo, wozu auch das begrenzte und triste Kellerszenario beiträgt.
Genretechnisch mischt Derrickson einiges zusammen, was mit Blick auf die verschiedenen Motive auch nicht verwundert. Was als typischer Entführungs-Thriller und Familiendrama beginnt, entwickelt sich erst im Laufe der Zeit immer mehr zu einem übernatürlichen Horrorfilm und damit zu dem, was das Publikum auch von Derrickson erwartet und sehen will. Zum Glück findet der Regisseur in Sachen Jump-Scares das richtige Maß und greift auf wenige, dafür heftige Schreckmomente zurück.
Großartige Darsteller von Groß bis Klein
Wenn zwei Kinder bzw. Jugendliche die Hauptfiguren darstellen, ist damit in der Regel ein gewisses schauspielerisches Risiko verbunden. Doch hier sei direkt Entwarnung gegeben: Der 15-jährige Mason Thames und die 13-jährige Madeleine McGraw sind absolut gewinnbringend für die Rolle des Geschwisterpaares und meilenweit davon entfernt, die Nerven zu strapazieren. Der eigentliche Clou ist jedoch die Besetzung des Serienkillers mit Ethan Hawke, der hier im Vergleich zu Sinister, der letzten gemeinsamen Zusammenarbeit mit Derrickson, auf die böse Seite wechselt.
Dass Hawke ein großartiger Schauspieler ist, ist klar. Doch in The Black Phone ist er zudem gezwungen, fast die ganze Zeit unterschiedliche Masken zu tragen, die mal sein ganzes und mal nur Teile seines Gesichts verdecken. Es ist vor allem die Stimme, die ihm zur Verfügung steht. Und Hawke schafft es, seinen “Greifer” (im Original: Grabber) als unheimlichen, aber vor allem schwer zu durchschauenden Charakter anzulegen. Keine Schablone altbekannter Serienkiller scheint auf diese Figur zu passen und so sind seine Auftritte echte Highlights, bei denen man die Luft anhalten möchte, weil man nie genau weiß, was passieren könnte.
Unser Fazit zu The Black Phone
The Black Phone statt Dr. Strange: Scott Derrickson kehrt in sein Stammgenre zurück und liefert einen weiteren atmosphärisch dichten sowie optisch hervorragenden Horror-Thriller ab. Die schmale Vorlage aus der Feder von Stephen Kings Sohn Joe Hill wird dabei spürbar aufgebläht und besonders im Mittelteil sackt die Spannung im tristen Kellersetting etwas ab. Auch die verschiedenen Motive aus hellseherischer Begabung, Familiendrama und Coming-of-Age-Geschichte sind alle für sich genommen interessant, wirken am Ende aber etwas wie Stückwerk. Wer generell etwas für die King-Verfilmungen der letzten Jahre übrig hat, dem sei Derricksons neuester Horrorfilm auf jeden Fall empfohlen.
The Black Phone ist am 8. September auf DVD & Blu-ray erschienen sowie digital verfügbar.
Unsere Wertung:
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