Mit The Endless erschien im Jahr 2017 ein kleiner Horror-Film unter dem Radar, der einen Großteil seiner Spannung aus dem Genre des Cosmic Horror bezieht. Ist der Film ein gelungener Ersatz für einen Lovecraft-Film oder bleibt das Grauen auf der Strecke?
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Titel | The Endless |
Jahr | 2017 |
Land | United States of America |
Regie | Justin Benson |
Genres | Science Fiction, Horror, Thriller |
Darsteller | Aaron Moorhead, Justin Benson, Callie Hernandez, Tate Ellington, Shane Brady, Lew Temple, Kira Powell, David Lawson Jr., James Jordan, Emily Montague, Peter Cilella, Vinny Curran, Ric Sarabia, Glen Roberts, Josh Higgins |
Länge | 111 Minuten |
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Worum geht’s in The Endless?
Als Kinder schafften es die beiden Brüder Aaron und Justin, einem UFO-Todeskult zu entkommen. Zumindest erklären sich die beiden nun Erwachsenen die mysteriösen, verheißungsvollen Ereignisse von damals so. Die Brüder versuchen, ein einigermaßen normales Leben zu führen, sind aber immer noch zu verstört von der Zeit in der Sekte. Sie finden keinen richtigen Job, keine Frauen und ziehen ziellos durchs Land. Während Justin sich mit aller Macht gegen seine Vergangenheit sträubt und seinen kleinen Bruder davor zu beschützen versucht, entwickelt Aaron mit der Zeit immer positivere Gefühle und Erinnerungen an das Camp im Wald, in dem sie ihre Kindheit verbrachten.
Als dann aber ein merkwürdiges Videoband in der Post liegt, welches alte Bekannte und die doch recht idyllische Umgebung zeigt, kann Aaron nicht mehr anders: Er bittet seinen Bruder, noch einmal dorthin zurückzukehren, nur um sich zu verabschieden und damit abzuschließen. Zähneknirschend stimmt Justin zu und so machen sich die beiden auf zum Camp. Dort werden sie zwar sehr nett begrüßt und alles scheint perfekt zu sein, doch die unerklärlichen Ereignisse häufen sich und deuten auf ein Geheimnis hin, das jenseits der menschlichen Vorstellungskraft liegt.
Subtiler Horror…
The Endless verzichtet bei der Inszenierung seines Grauens fast komplett auf Jumpscares oder andere Klischees des Genres. Stattdessen merkt man dem Film an, dass die Macher viel Zeit und Mühe in die Inszenierung des übersinnlichen Horrors gesteckt haben. So entstehen wirklich subtil unangenehme Momente, die zum Beispiel durch leichte Fish-Eye-Aufnahmen in mysteriösen Szenen dargestellt werden. Diese verzerrte Optik gepaart mit dem subtilen Soundtrack macht dem Zuschauer (wenn auch unterbewusst) klar, dass hier irgendwas nicht stimmen kann, dass mehr hinter den freundlichen Gesichtern und dem Lagerfeuer-Ambiente steckt.
Gerade dieses lauschige Plätzchen wirkt zu jeder Zeit suspekt. Während sämtliche Bewohner im Paradies zu leben scheinen und auch Aaron langsam dem Charme des Ortes verfällt, folgen wir als Zuschauer meist dem skeptischen Justin. Dieser erlebt nämlich allerhand unerklärliche Phänomene und sucht stets das Haar in der Suppe des vermeintlichen Sekten-Camps. Somit glauben auch wir als Zuschauer zu jedem Zeitpunkt, dass die teils sehr schweigsamen Bewohner irgendetwas zu verheimlichen haben. Spätestens ab der Hälfte des Films, wenn sich dem Zuschauer langsam das Geheimnis des Films offenbart, beginnen die unauffällig gestreuten Hinweise im Laufe der Handlung langsam Sinn zu ergeben. Das Ganze bewegt sich nicht auf dem Level eines Hereditary, kann aber trotzdem mehr als solide unterhalten.
…offensichtliche Auflösung
Ohne zu viel zu spoilern liegt hier aber auch eine Schwäche von The Endless. Der übernatürliche Cosmic Horror bezieht seinen Schrecken ja daraus, dass der Mensch die um ihn herum geschehenden Vorgänge nicht erfassen, nicht verstehen kann. Dass das unfassbar schwer in einem Film umzusetzen ist, zeigt allein schon die Tatsache, wie wenige Streifen es in diesem Genre gibt. Das Regisseur-Duo Moorhead und Benson wählt hier zwar einen Weg, der die meisten Zuschauer mit einer relativ eindeutigen Auflösung zufriedenstellen dürfte, zieht aber zu früh die Reißleine. Schon nach einer guten Stunde ist eigentlich klar, was im Camp vor sich geht, und diese Auflösung ist nicht einmal sonderlich intelligent gemacht. Die Idee ist zwar immer noch cool, muss dem Zuschauer aber nicht so auf die Nase gebunden werden.
Zwar bleiben am Ende aber immer noch einige grundlegende Fragen offen, und das soll auch so sein, trotzdem wirkt das Ganze ein wenig zu plump für die Machenschaften von Wesen, die jenseits unserer Vorstellungskraft liegen. Hätten die Regisseure stattdessen die Auflösung wenn überhaupt erst gegen Ende hin eingebaut, hätte man zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen können: Das unheimliche Mystery-Feeling wäre länger erhalten geblieben und der Film hätte keinen Durchhänger im zweiten Drittel. Man könnte The Endless um gut 20 Minuten kürzen, was für einen deutlich runderen und unheimlicheren Film gesorgt hätte.
Low-Budget-Perle
Den beiden Regisseuren standen für die Umsetzung ihrer Geschichte nicht allzu viele finanzielle Mittel zur Verfügung. Dass man das aber nur selten merkt, ist definitiv ein Qualitätsmerkmal von The Endless. Dank des geschickt geschriebenen Drehbuchs brauchen sie nämlich kaum CGI-Effekte und die wenigen, die es doch in den Film geschafft haben, sind zumindest keine Vollkatastrophe. Diese sind immer nur kurz zu sehen und erzielen auf jeden Fall den gewünschten Effekt, auch wenn sie nicht mit Blockbuster-Produktionen mithalten können. Auch die Drehorte wirken atmosphärisch und nahbar und das obwohl (oder vielleicht gerade weil) sie so alltäglich und vergleichsweise klein gehalten sind.
Das Schauspiel bleibt ebenfalls durchgehend solide. Oscarreife Vorstellungen sollte man hier nicht erwarten, dazu schießen die Darsteller doch das ein ums andere Mal ein wenig übers Ziel hinaus. Trotzdem Respekt an Aaron Moorhead und Justin Benson, die neben der Regie auch die beiden Hauptrollen übernehmen. Da es relativ wenige Charaktere in The Endless gibt, bauen wir als Zuschauer eine echte Bindung zu den Figuren auf, eben weil der Film so viel Zeit auf sie verwendet. Dabei wirkt glücklicherweise niemand zu arg gekünstelt oder nervt gar, was zu einer allgemein sehr guten Atmosphäre beiträgt. Der Film ist also trotz einiger kleiner Fehltritte ein absolutes Paradebeispiel dafür, wie man auch ohne astronomisches Budget einen mehr als ordentlichen Sci-Fi-Streifen auf die Beine stellen kann.
Ist The Endless ein guter Ersatz für einen Lovecraft-Film?
Wie bereits eingangs erwähnt, wagen sich nur wenige Filmemacher an eine Umsetzung des US-amerikanischen Horror-Autors. Auch Benson und Moorhead verzichten auf die Lizenz, was aber vermutlich eher an der finanziellen Situation lag. Stattdessen bedienen sich die beiden aber stark am Cosmic Horror, den Lovecraft maßgeblich prägte. Das machen die beiden auch ganz hervorragend. Abgesehen von der bereits kritisierten verfrühten Auflösung bleibt die Prämisse den Großteil des Films über mysteriös und unheimlich und sorgt für einige wirklich bizarre Szenen, die wir aus Sicht der beiden nichtswissenden Brüder erleben. Wir fühlen uns genauso verloren und überfordert, sind genauso ungläubig wie die beiden.
Auch ohne Cthulhu oder andere große Namen des Lovecraft-Universums fängt The Endless den Kern des kosmischen Schreckens eindrucksvoll ein und ist somit ein kleines Juwel in einem im Filmmarkt noch weitestgehend unerschlossenen Genre.
Unser Fazit zu The Endless
Es gibt wenige Filme, die es schaffen, den Geist einer von Lovecraft inspirierten Cosmic-Horror-Geschichte gelungen umzusetzen. Glücklicherweise gehört The Endless aber dazu! Zwar ist der Film lange nicht perfekt, erzeugt aber eine ziemlich mysteriöse und teils auch unangenehme Atmosphäre, die im Zuschauer stets die Lust auf mehr und eine Auflösung des Geheimnisses weckt. Einige kleine schauspielerische Fehlgriffe sowie die durch das geringe Produktionsbudget bedingten Effekte schmälern das Erlebnis ein wenig, genauso wie das etwas zu früh die Reißleine ziehende Drehbuch. Dennoch wagt sich der Film an ein lange von Hollywood ignoriertes Genre heran und macht etwas sehr eigenes und unterhaltsames daraus. Klare Empfehlung für alle, die mit Lovecrafts Werken etwas anfangen können und Lust auf Mystery-Horror der anderen Art haben.
Unsere Wertung: