Wenn Liam Neeson vom Plakat eines neuen Kinofilms grüßt, dann entwickelt man direkt eine gewisse Erwartungshaltung an den Film. Denn spätestens seit 96 Hours steht er für eine eigene Spielart des Actionfilms. Ob dieses Vorurteil bei The Ice Road zutrifft und ob sich die investierte Zeit lohnt, das und mehr lest ihr in unserer Rezension!
Titel | The Ice Road |
Jahr | 2021 |
Land | Canada |
Regie | Jonathan Hensleigh |
Genres | Action, Thriller |
Darsteller | Liam Neeson, Marcus Thomas, Laurence Fishburne, Amber Midthunder, Holt McCallany, Matt McCoy, Martin Sensmeier, Matt Salinger, BJ Verot, Bradley Sawatzky, Chad Bruce, Jake Kennerd, Arne MacPherson, Paul Essiembre, Marshall Williams, Adam Hurtig, Benjamin Walker, Gabriel Daniels, Natasha Elise Kotzubei, Lauren Cochrane, Harry Nelken, Al Corley, Paul Magel, Robert Nahum, Jacqueline Loewen, Alicia Johnston, Aaron Merke, Josh Strait, Kevin Klassen |
Länge | 109 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, Videobuster, MagentaTV, Microsoft Store, Videoload, Verleihshop Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, Videobuster, MagentaTV, Microsoft Store, Kino on Demand, Videoload, Verleihshop, Freenet meinVOD |
Worum geht’s in The Ice Road?
Mike (Liam Neeson) ist ein erfahrener Trucker und daher genau der Richtige für einen überaus gefährlichen Job: In einer abgelegenen Mine hat es einen Zwischenfall gegeben und eine Gruppe von Minenarbeiter wurde verschüttet. Bevor denen die Luft ausgeht, muss Mike mit seinem Bruder Gurty (Marcus Thomas) und einer Gruppe anderer Spezialisten einen Bohrkopf über die gefährliche und namensgebende Ice Road transportieren. Ein waghalsiger Kampf von Mensch gegen Natur nimmt seinen Lauf…
Die Faszination
The Ice Road macht aus den Inspirationen für seine interessante Prämisse keinen Hehl. Auf der einen Seite klingt die Story sehr nach der des William Friedkin Klassikers Atemlos vor Angst (im Original: Sorcerer) aus dem Jahr 1977. Der übrigens seinerseits eine Neuverfilmung des 1953 von Henri-Georges Clouzot inszenierten Lohn der Angst darstellt. Die Grundidee: Eine Gruppe von Menschen muss, um Menschenleben zu retten, mit mehreren Lkw eine eminent wichtige beziehungsweise gefährliche Fracht durch ein herausforderndes Gebiet von A nach B bringen. The Ice Road verlegt das Geschehen aus dem schweißtreibenden Dschungel Südamerikas in die eisige Einöde Kanadas und ersetzt die Bedrohung vom leicht entzündlichen Nitroglyzerin durch die potentiell zu dünne Eisdecke der Ice Road.
Auf der anderen Seite zahlt der Film natürlich auf die Faszination ein, die Serien wie Ice Road Truckers weltberühmt gemacht hat. Der ewige Kampf des Menschen gegen die Natur. Das Lösen von auf den ersten Blick unlösbaren Aufgaben in den widrigsten Umgebungen, die unsere Erde zu bieten hat. Die provisorischen Straßen auf den zugefrorenen Wasserflächen sorgen dabei für eine dauerhafte Grundanspannung und machen unter anderem den Reiz der angesprochenen Doku-Serie und auch des hier besprochenen Films aus.
Im Grunde also eine recht spannend anmutende Mischung, die The Ice Road zu bieten hat. Doch geht diese Rechnung auf?
Fisch oder Fleisch?
Eines der großen Probleme von The Ice Road ist die fehlende Stringenz in seiner Erzählung. Neben dem hauptsächlichen Plot (also der Rettungsmission an sich) eröffnet das Skript von Jonathan Hensleigh zu viele Nebengeschichten, die zum Teil sehr unbefriedigend zu Ende gebracht werden. Bestes Beispiel dafür ist die Beziehung zwischen Mike und seinem Bruder Gurty. Dieser ist zum einen ein begnadeter Mechaniker, leidet jedoch seit seiner Rückkehr aus einem Kriegsgebiet an starken kognitiven Einschränkungen, die ihm soziale Interaktionen deutlich erschweren. Sie sind auch der Grund dafür, dass das Bruderpaar ungewöhnlich oft den Arbeitgeber wechseln muss. Mike nimmt seinen Bruder immer wieder in Schutz und stellt sich bedingungslos vor ihn. Eigentlich eine interessante und dramatische Ausgangssituation, die zum Ende des Films dann aber derart unwürdig aufgelöst wird, dass man sich schon fragen muss, warum Hensleigh diese Flanke überhaupt aufgemacht hat.
Auf der anderen Seite ist der Film aber auch kein reines Liam Neeson-Actionvehikel der Marke 96 Hours (im Original: Taken), Run All Night oder The Commuter. Es gibt keinen Rache-Plot, keinen übermäßig hohen Body-Count und auch so gut wie keine nennenswerten Gewaltspitzen. Vielmehr ist The Ice Road durch und durch als klassischer Action-Blockbuster inszeniert. Was bei dem Herrn auf dem Regiestuhl nicht groß wundert.
90er Jahre all over it
Der Name Jonathan Hensleigh dürfte vor allem Fans des 90er Jahre Kinos ein Begriff sein. Denn dort schrieb er die Drehbücher für Blockbuster wie Stirb langsam – Jetzt er recht, Armageddon – Das jüngste Gericht und Jumanji. Auf dem Regiestuhl nahm er indes nur selten Platz. Vor The Ice Road zuletzt 2011 bei Bulletproof Gangster und 2004 bei The Punisher mit Thomas Jane und John Travolta.
Auch Kameramann Tom Stern ist wahrlich kein unbeschriebenes Blatt. Zuletzt schoß Stern den Hai-Actioner Meg sowie Die Tribute von Panem und ist seit Blood Work im Jahr 2002 der Haus- und Hof-Kameramann von Clint Eastwood (Million Dollar Baby, Gran Torino und Sully, um nur einige der Werke ihrer Zusammenarbeit zu nennen). Und so viel sei gesagt: Die toll eingefangenen Bilder des ewigen Eises im Norden Kanadas sind sicher keine der Schwachstellen des Films. Wenn die tonnenschweren Trucks mit Höchstgeschwindigkeit über die provisorischen Straßen brettern und man im Hintergrund der Bilder nichts als Schnee und Eis sieht, dann tragen die manchmal schön weit aufgezogenen Shots von Stern ihren Teil zur düsteren Atmosphäre des Films bei.
Erst wenn das in weiten Teilen unterdurchschnittliche CGI aufs Tableau tritt, wird die von Sterns Bildern erzeugte Immersion leider immer wieder gebrochen. Das geht mit einer großen Explosion zum Start des Films los und zieht sich durch einige der Bedrohungssituationen (Stichwort: Truck bricht ins Eis ein) bis zum Finale des Films. In seinen besten Momenten wirkt The Ice Road audiovisuell wie einer der angesprochenen Action-Blockbuster aus den 90er Jahren. Nur eben, dass hier viele der damals praktisch inszenierten Effekte durch digitale ersetzt wurden.
Schwarz und weiß
Natürlich hat The Ice Road in seinen 109 Minuten Laufzeit storytechnisch noch die ein oder andere Überraschung zu bieten. Wobei Überraschung an dieser Stelle etwas hoch gegriffen ist, denn sonderlich subtil geht Hensleigh an diesen Stellen leider nicht zu Werke. Hat man schon ein paar dieser Men-on-a-Mission-Filme gesehen, dann weiß man natürlich, dass nicht jede Figur von Anfang an mit offenen Karten spielt. Und welche Figuren das in diesem Film sind, versucht das Skript nur sehr unbeholfen zu verschleiern.
Am Ende stehen alle Charaktere recht eindeutig auf der guten oder eben der bösen Seite und handeln auch exakt, wie man es durch diese Einstufung von ihnen erwartet. Das hat in den Action-Reißern vor einem Vierteljahrhundert vielleicht noch funktioniert. Im Jahr 2021 wirkt das aber doch zu vorhersehbar.
Unser Fazit zu The Ice Road
The Ice Road wirkt aus der Zeit gefallen. Wäre der Film in den 90er Jahren veröffentlicht worden, nachdem man das teils fürchterliche CGI durch praktische Effekte ersetzt hätte, dann hätte ich ihm einen veritablen Erfolg beim Publikum und den Kinokassen bescheinigt. Im Jahr 2021 reicht es aber leider nur zur leicht unterdurchschnittlichen, aber immerhin solide inszenierten, Actionkost.
The Ice Road ist seit dem 14. Oktober 2021 im Kino zu sehen!
Unsere Wertung:
© Wild Bunch Germany