Mit The King bringt Netflix ein opulentes Historiendrama mit Starbesetzung in die heimischen Wohnzimmer. Unter anderen dürfen Timothée Chalamet, Joel Edgerton, Robert Pattinson, Dauphin Louis, Sean Harris und Lily-Rose Depp die Anfänge der Regentschaft des britischen Königs Henry V. zu Beginn des 15. Jahrhunderts Leben auf die Bildschirme bannen. Ob sich der Film lohnt, erfahrt ihr im Folgenden.
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Titel | The King |
Jahr | 2019 |
Land | Australia |
Regie | David Michôd |
Genres | Drama, Historie, Kriegsfilm |
Darsteller | Timothée Chalamet, Joel Edgerton, Sean Harris, Tom Glynn-Carney, Lily-Rose Depp, Thomasin McKenzie, Robert Pattinson, Ben Mendelsohn, Andrew Havill, Dean-Charles Chapman, Steven Elder, Edward Ashley, Stephen Fewell, Tara Fitzgerald, Tom Fisher, Tom Lawrence, Ivan Kaye, Gábor Czap, Josef Davies, Roderick Hill, Kurta Niké, Nicholas Wittman, Philip Rosch, Lucas Hansen, Tom Lacroix, Cedric Cirotteau, Jack Bandeira, Kristóf Widder, Vincent Latorre, Bence Bakti, Bardó Fenyvesi, Henry Dent, Harry Trevaldwyn, Laurent Winkler, Jeremy Chevillotte, Thibault de Montalembert, Oscar Bennett |
Länge | 140 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix |
Worum geht es in The King?
Die Handlung beruht größtenteils lose auf den Werken von William Shakespeare über eben jenen englischen König Henry V. (Timothée Chalamet). Zu Zeiten der Regentschaft seines Vaters (Ben Mendelsohn) wendet er sich von diesem ab, da er die ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen für schädlich hält. Stattdessen betrinkt er sich jeden Abend mit seinem treuen Freund Falstaff. Als sein Vater schließlich stirbt und Henry an die Macht kommt, kündigt er drastische Reformen an und bemüht sich, den Sticheleien des französischen Dauphin Louis (Robert Pattinson), dem Sohn des dortigen Herrschers, nicht mit Aggression entgegenzutreten. Als diese jedoch immer drastischer werden, wird vom König erwartet, dass er das britische Gesicht wahrt und den Beleidigungen der englischen Krone etwas entgegensetzen kann. Widerwillig muss Henry V. das tun, was ihm doch eigentlich aus tiefstem Herzen widerstrebt.
Individueller Opportunismus vs. Gesellschaftliche Trägheit
Mit einer neuen Regentschaft soll ein frischer Wind in England wehen. Das Volk hätte nun einen völlig anderen König, wie der junge, frisch gekrönte Henry V. mehrfach betont und doch muss er sein Versprechen, den Krieg zu beenden, relativ schnell wieder brechen. Ein Mann an der Spitze kann selbst als König nichts Großartiges bewirken, wie er erst mit der Zeit lernen muss. Stattdessen hat er sich an den politischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten zu orientieren, um seine Regentschaft wahren zu können. Mit dieser Zwickmühle spielt The King durchaus geschickt. Auf der einen Seite steht der Wunsch nach einer fast schon revolutionären Umwälzung, während dem gegenüber eine nur langsame Veränderung gesellschaftlicher und politischer Zustände steht.
Davon zeugt in besonderem Maße eine Szene, in der sich der junge König eigentlich mit den Anliegen des Volkes beschäftigen will, während seine Berater ihn dazu drängen, auf den politischen Affront des französischen Herrschers zu reagieren. Das Volk spielt aufgrund der großen politischen Bühne keine Rolle mehr. Stattdessen muss es die Konflikte der Herrschenden letztlich auf dem eigenen Rücken austragen. In diesem Sinne präsentiert sich Michôds Historiendrama keineswegs als so antiquiert, wie man aufgrund des historischen Settings möglicherweise meinen könnte. Auch heute noch finden wir den gesellschaftlichen Wunsch nach Führungspersönlichkeiten, die einen Wandel oder eine größere Volkszuwendung versprechen. Leicht können Bezüge zu Trump, Obama, aber auch Johnson im aktuellen politischen Geschehen des Vereinigten Königreichs gezogen werden. Michôd stellt somit eine durchaus spannende These auf: Die Fähigkeit, handeln zu können, sei weniger eine Frage der Personalie, sondern wohl eher eine Frage der gesellschaftlich verbreiteten Akzeptanz für gewisse Veränderungen.
Spannende moderne Einflüsse, allerdings nicht vollends auserzählt
Zur Verdeutlichung aktueller Debatten, auf die sich der Film beziehen möchte, nutzt er ungewöhnliche Kostümierungen und Make-Up-Designs. Wie bereits in der Anfang des Jahres erschienenen Robin Hood-Adaption wählt man keine historisch authentischen Ausstattungen, sondern eine durchaus spannende Mischung aus modernen und altertümlichen Stilen. So erinnern zum Beispiel die langen schwarzen Haare und die schwarze Kleidung des noch nicht gekrönten Henry automatisch an eine eher alternative oder gar autonome Einstellung gegenüber dem herrschenden System seines Vaters. Auch sonst hält sich der Streifen nicht immer an gewisse Genrekonventionen. Selten werden alte englische Ausdrücke verwendet und nie versteckt man seine Anliegen hinter einer Fassade der Höflichkeit. Die Dialoge wurden von Joel Edgerton und Regisseur David Michôd sehr direkt und unverblümt geschrieben, was ebenfalls im Begriff ist, ein modernes politisches Phänomen darzustellen. Solche Modernisierungen des Genres tragen dazu bei, dass The King nie zu einem altmodischen, historischen Bühnenstück verkommt.
Zum Glück sind diese Ansätze dennoch deutlich dezenter und fließender in die Zeit der Handlung eingewoben als im bereits erwähnten Robin Hood. Leider thematisiert The King derlei spannende Beobachtungen letztendlich nur oberflächlich. Wie bei vielen Netflix-Produktionen setzten die Produzenten (unter anderen Brad Pitt) eher auf die Entwicklung einer ausgeweiteten Handlung als auf Tiefe. So thematisiert man fast eine Stunde den Feldzug gegen Frankreich und die taktischen Möglichkeiten des Vormarsches, anstatt sich den großen gesellschaftlichen Themen zu widmen. Besonders ärgerlich wird es, wenn gegen Ende durch einen Twist eine zu vereinfachende Auflösung der sonst durchaus tiefsinnigen Problematik angeboten wird, die man zudem schon seit mindestens 90 Minuten hat kommen sehen. Solche Ausweitungen der eigentlichen Handlung sind zwar mitunter durchaus unterhaltsam anzusehen, ziehen den Film zuweilen aber auch in die Länge.
Solide Inszenierung
Vermutlich will man hier, wie für die Serien-Plattform typisch, eine möglichst große Welt und natürlich auch etwas Action zeigen, um das Publikum tiefer eintauchen zu lassen. Solche World-Buildings hat man allerdings schon öfter und auch geschickter gesehen. Auf der rein visuellen Ebene bleibt Michôd nämlich äußerst gediegen. Zum Glück verliert er sich besonders in den Kampfsequenzen nicht in einem Schnittgewitter und führt stattdessen einige gelungene Long Takes vor. Ansonsten bleibt die Inszenierung überaus unkonventionell. Die Räumlichkeiten werden mit viel realistischem Kerzenlicht ausgeleuchtet (Erinnerungen an Kubricks Barry Lyndon werden wach) und auch allgemein präsentiert der Streifen eben das, was man von einem mittelalterlichen Sujet erwartet. Auch Komponist Nicholas Britell bedient sich hauptsächlich gängiger Konventionen, vermag es damit aber, einen überaus passenden und stimmungsvollen Score zu entwickeln. Dennoch ist es schade, dass man sich hier weder erzählerisch noch inszenatorisch traut, konsequenter über gängige Stilmittel hinaus zu arbeiten.
Der Cast
Dennoch vermag es The King, besonders Genrefreunde über die nicht gerade kurze Laufzeit gut zu unterhalten. Einen nicht gerade unwesentlichen Teil trägt dazu der ausgezeichnete Cast bei. Allen voran liefert Timothée Chalamet erneut eine hervorstechende Leistung. So bitter und so ernst hat man ihn bisher noch nicht gesehen und erstaunlicherweise liegt ihm auch diese Seite ausgesprochen gut. Hiermit beweist er erneut, dass er zu den ganz großen Nachwuchsschaupielern des internationalen Kinos gezählt werden muss. Leider hilft ihm das Drehbuch nicht wirklich dabei, wahrhaft nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben. Zu sprunghaft und zu unverständlich muss seine Figur besonders im ersten Akt agieren. Weshalb sich der junge Henry nämlich trotz seiner zuvor kriegsresistenten Einstellung so leicht überreden lässt, gegen Frankreich in den Krieg zu ziehen, bleibt nicht nachvollziehbar und simplifiziert zudem den eigentlich spannenden, inneren Konflikt. Das ist schade, hätte man doch sonst einen vielschichtigen und gut porträtierten Charakter erschaffen können.
Joel Edgerton, der auch am Drehbuch mitgewirkt hat, spielt solide und man merkt ihm eine sichtliche Freude an der Rolle an. Dennoch ist die Anlage seiner Figur zu großen Teilen nicht nachvollziehbar. Redet er in einem Moment noch wie ein Wasserfall und kann mit seinen Weisheiten nicht an sich halten, so schweigt er in anderen Momenten und behauptet, nichts zu sagen zu haben. Mehrere schwierige Entscheidungen diese Figur betreffend führen letztendlich dazu, dass man den Eindruck gewinnt, der Charakter sei eher funktionaler Natur und werde immer dann eingesetzt, wenn die Handlung gerade ein bestimmtes Element benötigt. Eher enttäuschend ist vor allem Robert Pattinson, der doch deutlich mit seiner Art des Overactings hervorsticht. Zudem ist sein französischer Akzent so stark übertrieben, dass die Figur leider in den meisten Momenten nicht ernst zu nehmen ist. Ben Mendelsohn, Sean Harris und Lily-Rose Depp können hingegen in eher kleinen Rollen überzeugen.
Unser Fazit zu The King
The King bleibt trotz interessanter gesellschaftlicher sowie politischer Hintergründe im Endeffekt zu gediegen und während die Darsteller und Darstellerinnen, insbesondere Timothée Chalamet, zu Höchstformen auflaufen, bekommen sie nicht immer die Rollen, die ihrem Spiel ebenbürtig sind. Dennoch bleibt festzustellen, dass der Streifen besonders im Genre des Historiendramas ausgesprochen gut über 140 Minuten Laufzeit unterhält. Die Produktion ist wertig und die Handlung kann fesseln, wenn man sich den verschiedenen Entwicklungen hingeben kann und Lust hat, in eine solche Welt einzutauchen. Michôds Film genügt damit eigentlich auch dem Anspruch, wie Maria Stuart, Königin von Schottland, regulär auf der großen Leinwand zu laufen. Allerdings wird er nur in einigen wenigen Kinos auf diese Art und Weise gezeigt werden. Dafür kann sich nun jeder mit einem Abonnement bei Netflix selbst ein Bild von The King machen.
Der Film ist seit dem 01. November auf Netflix verfügbar.
Unsere Wertung:
© 2019 Netflix