Die Erde liegt im selbstverschuldeten Ressourcenkoma, und zu guter Letzt droht in The Last Journey – Die letzte Reise der Menschheit ein neuer Mond auf sie herabzustürzen. Nur ein Mann kann die Menschheit retten. Trotz hanebüchener Handlung ein sehenswerter Science-Fiction-Streifen? Ziemlich französisch eben. Hier erfahrt Ihr mehr.
Titel | The Last Journey |
Jahr | 2021 |
Land | Belgium |
Regie | Romain Quirot |
Genres | Science Fiction, Abenteuer |
Darsteller | Hugo Becker, Jean Reno, Paul Hamy, Lya Oussadit-Lessert, Philippe Katerine, Bruno Lochet, Émilie Gavois-Kahn, Jean-Luc Couchard, Franc Bruneau, Jean-Baptiste Blanc, Sonia Okacha, Darius Garrivier, Anthony Pho, Dorcas Coppin, Abdelaziz Bouyadnaine |
Länge | 87 Minuten |
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Darum geht’s in The Last Journey
Als die Erde ihre Ressourcen verbraucht hat, taucht in The Last Journey plötzlich ein neuer Planet, der rote Mond, im Sonnensystem auf und bietet der Menschheit mit dem ominösen Lumina eine alternative Energiequelle. Doch plötzlich droht dieser Mond auf die Erde zu stürzen. Ein undurchdringliches Magnetfeld schützt ihn. Der Astronaut Paul W.R. (Hugo Becker) ist der einzige Mensch, der es durchdringen kann. Doch kurz bevor er starten soll, um das Unheil abzuwenden, verschwindet er.
Durch den sich nähernden Planeten ist Wasser nahezu verschwunden, die Ozeane haben sich in Wüsten verwandelt. Auf der Suche nach einem Wald, den er als Kind in einer Vision gesehen hat, irrt Paul über die verwüstete Erde. Währenddessen versucht sein Bruder Eliott (Paul Hamy) an seiner Statt zum Mond zu fliegen. Doch er scheitert. Die Rückkehr zur Erde endet in einer Bruchlandung. Eliott überlebt, ist aber seltsam verändert. Er hetzt hinter Paul her. Doch während ihr Vater Henry W.R. (Jean Reno) Paul finden und zum Flug überreden will, will Eliott ihn töten. Zusammen mit dem an einer Tankstelle aufgegabelten Teenager Elma (Lya Oussadit-Lessert) flieht Paul – bis zum unvermeidlichen Showdown.
Willkommen in Absurdistan
Dass Franzosen durchaus spektakuläre Science-Fiction-Filme drehen können, weiß man spätestens seit Luc Besson (Das fünfte Element, Valerian – Die Stadt der tausend Planeten). Doch anders als bei den Sternensagas aus der Hollywoodschmiede sind den französischen Autoren und Filmemachern naturwissenschaftliche Fakten ziemlich (Sternen-)schnuppe. Die Idee eines plötzlich auftauchenden Mondes, der sich dann dazu entschließt, auf die Erde zu stürzen, ist schon absurd genug. Dass sich dazu auch noch irgendeine Verbindung zwischen diesem Mond und Paul, der offenbar als Kind von einem Mond-Blitz getroffen wurde, entwickelt, setzt dem Ganzen die Krone auf.
Ein Versuch, das auf irgendeine Weise zu erklären, wird erst gar nicht unternommen. Wozu auch. Die abstruse Idee ist immerhin Grundlage eines rasanten Actionstreifens, der sich irgendwo zwischen Mad Max und Blade Runner anzusiedeln scheint. Mit diesem Primat der Fantasie gegenüber der Logik wirkt The Last Journey wie ein überlanger Beitrag aus dem Comicmagazin Schwermetall (Metal Hurlant), in dem die Crème de la Crème der französischen Comic-Künstler einst eine erwachsene Heimat fand.
The Last Journey ins Reich der Fantasie
Erwachsen? Ja, aber auch auf eine schon beinah poetisch-kindliche Weise. Denn es ist die Kinderstimme des kleinen Paul aus dem Off, die vor dem Hintergrund ebenfalls kindlicher Bilder die Vorgeschichte erzählt. Ein Verweis, dass wir uns mit The Last Journey auch auf eine Reise in eine Märchenwelt begeben. In der die Fantasie ihre eigenen Regeln hat. Und die natürlich wild in allen Klischees des Genres wühlen darf. So fehlen die Underdogs, die hungernd und dürstend vor den Toren der letzten Stadt hausen müssen ebenso wenig, wie die an gepanzerte Star-Wars-Sturmtruppen erinnernden Ordnungshüter.
Dass dabei der sich offenbar auf Antigravfeldern bewegende, räderlose Gleiter ein Flugwagen der Marke Peugeot ist, zeugt nicht nur von französischem Selbstbewusstsein, sondern auch von lässiger Ironie. Ebenso wie die Songauswahl: Das ausgerechnet zu der düsteren Eingangsszene Kim Wildes „Cambodia“ erklingt, ein Song, der mit Disco-Pop unterlegt einen bitter-ironischen Kommentar zum militärischen Heldentum und -tod abgibt, passt wie die Panzerfaust aufs Auge.
Bestechende Endzeit-Ästhethik
Dabei besticht der erste Langfilm von Romain Quirot, eigentlich eine Fortsetzung seines Kurzfilms „Le Dernier Voyage de l’énigmatique Paul W.R.“ von 2016, vor allem durch seine Optik. Schon die erste Szene ist von makelloser Endzeit-Ästhetik: Im Vordergrund sonnt sich eine Echse auf einem Stein – möglicherweise der einzige Klimakrisengewinnler. Im Hintergrund sieht man die Ruine eines umgestürzten, vor sich hin rostenden Stahlturms der an den Eiffelturm erinnert, auch wenn er dafür etwas klein geraten scheint. Aber vielleicht befinden wir uns ja auch in den Ruinen von Las Vegas. Denn die Kamera fährt vorbei an weiteren Relikten vergangener und besserer Zeiten: einem Autowrack, einem zerstörten Konzertflügel. Der Ort der Handlung wird uns nicht verraten. Warum auch?
Dann humpelt ein Mann auf uns zu. Und noch einmal drängt die Stimme aus dem Off: „Paul, such die Wahrheit. Du darfst keine Angst haben.“ Die letzte Reise der Menschheit in The Last Journey ist eigentlich die letzte Reise des Paul W.R., über dessen Ausgang hier nichts verraten werden soll. Es ist auch seine Suche nach dem letzten Stück Natur in der zerstörten Welt, die sich als Chimäre herausstellt. Auch dies nur eine Fantasie? Pauls Vater Henry sagt in einer von mehreren Rückblenden zu ihm: „Weißt Du, warum Fantasie gelegentlich gefährlich ist? Sie erschafft Dinge, die es eigentlich nicht gibt.“
Über allem droht der rote Mond
Auf dieser Metaebene, auf der The Last Journey sich als Familientragödie geriert, wird es damit schon fast philosophisch. Doch im Vordergrund steht die Action, verpackt in fantastische Bilder eines Road-Movies. Ihre Fahrt führt Paul und Elma durch eine zerstörte, fast surrealistisch anmutende Landschaft von faszinierenden Schauwerten. Vorbei an einem umgestürzten Riesenrad als Symbol aller vergänglicher Reigen, über eine Wüstenstraße, die mitten durch das Wrack eines abgestürzten Flugzeugs hindurchführt. Und immer wieder der bedrohliche rote Mond, der riesig und dicht über dem weiten Horizont hängt.
Die visuellen Tricks brauchen sich dabei vor Hollywood nicht zu verstecken. Die fliegenden Autos funktionieren genau so gut wie kleine Roboterspinnen, fliegende Spionsonden oder als Gag am Rande ein holografisches 3-D-Billard. Die Hauptdarsteller agieren überzeugend. Hugo Becker als wortkarger Paul gibt ein charismatischen Helden, Paul Hamy als Eliott spielt den süffisant lächelnden Psychopathen mit eindringlicher Intensität. Doch vor allem die junge Lya Oussadit-Lessert überrascht als temperamentvolle Elma auf ganzer Linie. Sie spielt einfach nur großartig. Einzig Jean Reno verblasst etwas. Bei ohnehin nur geringer Screentime wirkt er ungewöhnlich müde. Vielleicht hatte er ja angestrengt versucht, einen Sinn in die Geschichte zu bringen. Wozu aber?
Mein Fazit zu The Last Journey
Romain Quirots Langfilmerstling The Last Journey macht einen tadellosen Eindruck. Natürlich ist die Handlung hanebüchen und entbehrt jeglicher Logik. Doch angesichts rasanter Action, spektakulärer Schauwerte und toller Darsteller ist der Film unbedingt sehenswert. Neben der genretypischen Heldenstory bietet er aber auch einen quasi philosophischen Subtext als Mehrwert. Als surrealistisches Märchen betrachtet, ist The Last Journey eine geistreiche Reflektion über Fantasie. Ein schönes Stück Schwermetall fürs Heimkino. Die Familientragödie als dafür dienendes Vehikel ist dagegen etwas aufgesetzt.
The Last Journey – Die letzte Reise der Menschheit erscheint am 30. September auf DVD und Blu-ray. Digital ist der Film bereits ab dem 16. September erhältlich.
Unsere Wertung:
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