Spannendes, Kreatives, Skurriles und Blutiges. Dafür steht das mittlerweile renommierte Fantasy Filmfest. Dieses Jahr wird das Festival mit dem neuen Film des österreichischen Regieduos Veronika Franz und Severin Fiala eröffnet. Sie machten bereits vor einigen Jahren mit dem verstörenden Horrorthriller Ich seh, ich seh auf sich aufmerksam. Deshalb haben sie nun den Sprung nach Hollywood geschafft und durften mit den legendären Hammer Studios ihr neues Projekt The Lodge verwirklichen. Ob der Streifen ebenso schockieren kann, wie das Vorgängerwerk erfahrt ihr im Folgenden.
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Titel | The Lodge |
Jahr | 2020 |
Land | United Kingdom |
Regie | Veronika Franz |
Genres | Horror, Drama, Mystery, Thriller |
Darsteller | Riley Keough, Jaeden Martell, Lia McHugh, Richard Armitage, Alicia Silverstone, Katelyn Wells, Rebecca Faulkenberry, Danny Keough, Lola Reid |
Länge | 113 Minuten |
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Worum geht es in The Lodge?
Mias und Aidans Eltern leben bereits getrennt und der Vater will die Scheidung schnell über die Bühne bringen, um seine neue Freundin Grace heiraten zu können. Von dieser halten die Kinder allerdings gar nichts. Zu Weihnachten will Grace die Gelegenheit nutzen, um zu ihren künftigen Stiefkindern ein besseres Verhältnis aufzubauen. Die vier sollen über Weihnachten in einer abgelegenen Hütte mitten im Schnee die Festtage verbringen. Insbesondere hofft sie auf die drei Tage, in denen der Vater Richard arbeiten muss und sie somit mit Mia und Aidan allein ist. Nach und nach ereignen sich jedoch merkwürdige Dinge im Haus, auf die niemand eine Erklärung finden kann. Sehr bald müssen die Drei versuchen ihre Differenzen zu überwinden, um der schnell lebensbedrohlichen Situation zu entkommen. Um zu klären was hinter alldem steckt, muss Grace nicht zuletzt zurück in ihre eigene dunkle Vergangenheit blicken.
Beeindruckende Kameraarbeit von Thimios Bakatakis
Wie auch schon in ihrem vorherigen Film verstehen es Veronika Franz und Severin Fiala eine unangenehme Atmosphäre des Ungewissen und des Misstrauens zu erzeugen. Die Hütte und die winterliche Umgebung werden genretypisch als lebendige Charaktere inszeniert, welche die Handlung scheinbar mit beeinflussen. Große Vorbilder wie Kubricks The Shining, aber insbesondere John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt werden währenddessen voller Genuss zitiert. Vieles verdanken die Regisseure dabei der großartigen Kameraarbeit von Thimios Bakatakis. Dieser ist sonst der Standard-Kameramann für Giorgos Lanthimos (The Lobster, Killing Of A Sacred Deer) und ähnlich kunstfertig und bedacht gesetzt fällt auch hier seine Arbeit aus. Formen und Muster sowie ein Hang zur unnatürlichen Symmetrie ergeben in Zusammenhang mit der düsteren Farbgebung und den leicht nebeligen Kulissen eine klassische, aber wirksame Horroratmosphäre.
The Lodge verschenkt auf den letzten Metern Potential
Besonders in der ersten Hälfte spielt die Kamera außerdem damit, auf verschiedenste Symbole zu verweisen und stößt das Publikum im Zuge dessen geradezu auf mysteriöse Gegenstände und Hintergründe der Räumlichkeiten. Dadurch baut The Lodge geschickt Spannung auf und lädt die Zuschauer und Zuschauerinnen dazu ein, sich bestimmte Handlungsstränge und symbolische Bedeutungen im Kopf zusammen zu spinnen. Schnell entsteht ein komplexes Bild der einzelnen Elemente, welche letztendlich durch die zunehmenden Story-Twists entweder weiter aufgegriffen werden oder lediglich dem Zweck eines vorgegebenen Handlungskonstruktes dienen. Leider schaffen es Veronika Franz und Severin Fiala also nicht, alles zu einem übergeordneten Ganzen zusammenzufügen. Besonders im Finale driften die Geschehnisse in eine 0815-Story ab, die man so in vergleichbarer Art und Weise schon mehrfach gesehen hat. Hier bleibt vorhandenes Potential auf der Strecke.
Am Ende geht man dann doch mit einem etwas unbefriedigten Gefühl aus dem Saal. Gerade im Vergleich mit Ich seh, ich seh bleibt The Lodge etwas zu belanglos, ohne eine greifbare Aussage. Das könnte auch daran liegen, dass das Regieduo die Handlung nicht wie noch bei ihren österreichischen Projekten selbst konstruiert hat, sondern einer vorgefertigten Drehbuchidee folgt. Im Gegensatz zu dieser spielt der neue Streifen seine interessante Grundidee leider nicht konsequent genug aus. Der Horror resultiert zu Beginn aus einer sehr verständlichen und psychologischen Angst: fehlende Anerkennung und die Sorge, auf die eigene Vergangenheit reduziert zu werden. Prämissen dieser Art schafften es in den letzten Jahren schon häufiger, gelungene Psycho-Horrorthriller (z.B. Der Babadook oder der großartige Hereditary) zu erschaffen. Stück für Stück gerät diese Ausgangssituation allerdings in den Hintergrund und muss einem recht beliebig und leider teilweise auch unglaubwürdigen Szenario weichen.
The Lodge kann mit großartigen Darstellern und Darstellerinnen aufwarten
Dem Spaßfaktor bei erstmaligem Sehen tut dies jedoch kaum einen Abbruch. Dieser entsteht besonders durch das hervorragende Schauspiel der Darsteller und Darstellerinnen. besonders Riley Keough (Under The Silver Lake) und Jaeden Lieberher (ES und ES Kapitel 2) können durch ihr nuanciertes Spiel hervorstechen. Beide Charaktere sind von einer mysteriösen und faszinierenden Aura umgeben, besonders von Riley Keough wird Einiges abverlangt, was ihr jedoch keine Schwierigkeiten bereitet. Einzig Alicia Silverstone kann in der Rolle der Mutter nicht wirklich überzeugen und verursacht zu Beginn einige Ablaufschwierigkeiten des Streifens.
Der Ton als wichtigstes Element eines Horrorfilms?
Ein wahres Fest für die Ohren ist zusätzlich die sehr aufwändig produzierte Tongestaltung, welche sich ebenfalls für einen Großteil der beklemmenden Atmosphäre verantwortlich zeichnet. Mit vielen beunruhigenden Klängen und geschickt gewählten Musikstücken wird hier nahezu das gesamte Spektrum des möglichen Horror-Tonmaterials abgedeckt. Speziell die Referenzen an den kirchlichen Hintergrund von Grace können in einigen Momenten wirkungsvoll für Stimmung sorgen. In Verbindung mit den wundervoll stilisierten Bildern ergibt sich eine morbide und deprimierende Grundhaltung des Streifens, welche zweifelsfrei das Interesse des Publikums wecken und auch über die gesamte Laufzeit hinweg halten kann. Veronika Franz und Severin Fiala greifen hier also zu vielfältigen Mitteln, um die Handlung möglichst effektvoll zu inszenieren und das gelingt ihnen ganz hervorragend.
Fazit
Mit The Lodge liefert uns das gefeierte Regieduo Veronika Franz und Severin Fiala erneut einen atmosphärisch dicht inszenierten, psychologischen Horrorthriller, der über die gesamte Laufzeit hinweg für eine unangenehme Spannung sorgt. Die fantastischen Bilder in Verbindung mit einem sorgfältig ausgearbeiteten Sound-Design wissen ebenso zu begeistern, wie der Hauptcast, sodass der Streifen besonders auf der großen Leinwand seine volle Sogkraft entfalten kann. Inhaltlich erinnert der Film in vielerlei Hinsicht sowohl an den Vorgängerfilm Ich seh, ich seh, als auch Ari Asters gefeiertes Debüt Hereditary. Diesem Vergleich kann The Lodge letztlich allerdings nicht standhalten. Zwar geht der Film von einer spannenden Ausgangssituation aus und kann gelungene Momente schaffen, die Handlung weicht jedoch einer recht belanglosen und oberflächlichen Auflösung. Dennoch sei der Streifen allen Freunden des Genres durchaus empfohlen, es bleibt aber noch Luft oben. Zusammenfassend macht der Film aber vor allem Eines: Lust auf mehr Genrekino auf dem Fantasy Filmfest!
The Lodge ist am 6. Februar 2020 in den deutschen Kinos gestartet!
Unsere Wertung: