14 Jahre nach dem Ende der Serie kommt mit The Many Saints of Newark ein Prequel zur HBO-Serie Die Sopranos in die Kinos. Kann David Chase mit Regisseur Alan Taylor an der Seite die Magie des Mafia-Epos wiederbeleben? Oder ist der Film nicht mehr als nur eine nette Dreingabe für Fans?
Titel | The Many Saints of Newark |
Jahr | 2021 |
Land | United States of America |
Regie | Alan Taylor |
Genres | Krimi, Drama |
Darsteller | Alessandro Nivola, Leslie Odom Jr., Michael Gandolfini, Ray Liotta, Michela De Rossi, Vera Farmiga, Corey Stoll, Jon Bernthal, Billy Magnussen, John Magaro, Talia Balsam, Patina Miller, Joey Diaz, Germar Terrell Gardner, Michael Imperioli, Samson Moeakiola, Alexandra Intrator, Gabriella Piazza, Mason Bleu, Aaron Joshua, Lesli Margherita, Kathryn Kates, Nick Vallelonga, Ed Marinaro, William Ludwig, Mattea Conforti, Matteo Russo, Robert Vincent Montano, Chase Vacnin, Rob Colletti, De'Jon Watts, Nick DeMatteo, Matt Grossman, Chris LaPanta, Patricia Squire, Amelia Fowler, Prema Cruz, Maliq Johnson, Sam Labovitz, Daryl Edwards, Matthew Elam, Angelo Anthony Pizza, Audrey Bennett, Nicola Gabriele, Spenser Granese, Michael Zegarski, Michael Kaves, Vinnie Costanza, Ian Unterman, Lizzy Plimpton, Erik Weiner, Alex Morf, Bryce Burke, Joel Boyd, William Youmans, Andrew Polk, Ohene Cornelius, Craig Geraghty, Nygel Bush, Carrie Compere, Oberon K.A. Adjepong, Lexie Foley, Phyllis Pastore, Tatienne Hendricks-Tellefsen, Ayodele Olatunji, CJ Fly, Dessy Hinds, Laurie Sheppard, Marianne Ferrari, Julian Lerner, Stella Chivee, Louis Vanaria, Latoya Edwards, John Borras, Jodi Capeless, Lauren DiMario, Danny Schoch, Jesse Schratz, David Chase, Luca De Massis |
Länge | 120 Minuten |
Wer streamt? | Kaufen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Videoload Leihen: Apple TV, Amazon Video, Google Play Movies, YouTube, Sky Store, Rakuten TV, maxdome Store, MagentaTV, Videoload, Freenet meinVOD |
Die Handlung von The Many Saints of Newark
Anthony Soprano wächst als Teil des DiMeo-Verbrecherclans auf, der in den 1960er Jahren die Unterwelt von New Jersey beherrscht. Doch parallel zum blutigen Rassenkonflikt auf den Straßen Newarks stellen rivalisierende Gangsterbanden diese Vorherrschaft in Frage. Sein Onkel Dickie Moltisanti hat als Kopf der Soprano-Crew alle Hände voll damit zu tun, die Macht der Familie zu verteidigen und parallel sein Privatleben in geregelte Bahnen zu lenken. Dabei nimmt er Tony als eine Art Ziehsohn unter seine Fittiche, beschützt ihn vor seinem aufbrausenden Vater und lehrt ihn nebenbei alles, was er später mal brauchen sollte, um selbst Anführer der Soprano-Crew zu werden…
An dieser Stelle ein dringend notwendiger Spoiler-Hinweis: Die ersten Minuten von The Many Saints of Newark spoilern einen der größten Story-Twists aus der sechsten Staffel von Die Sopranos.
Ein Meilenstein der TV-Geschichte
Für viele Zuschauer gilt Die Sopranos als eine der besten TV-Serien aller Zeiten. Die sechs Staffeln des von David Chase erdachten Mafia-Epos wurden von 1999 bis 2007 ausgestrahlt und haben James Gandolfini durch seine Rolle als Tony Soprano weltweiten Ruhm eingebracht. Ständig zwischen den familiären Problemen daheim und dem anstrengenden Geschäft innerhalb der Mafia mäandernd, sucht Tony eine Psychotherapeutin auf, um mit seinen aufkeimenden Panikattacken umgehen zu können. Diese spannende Ausgangslage bildete die Basis für eine Vielzahl packender Erzählstränge und unzähliger Charaktere und Figuren, die einem im Laufe der sechs Staffeln mit all ihrer Ambivalenz ans Herz gewachsen sind.
Ganze 14 Jahre nach dem Ende der Serie möchte David Chase mit seinem Co-Writer Lawrence Konner (Zeit der Vergeltung, Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil, Duell der Magier) und dem Regisseur Alan Taylor (diverse Folgen von Die Sopranos, Sex and the City, The West Wing, Mad Men, Game of Thrones, aber auch Thor – Dark Kingdom und Terminator: Genisys) an diesen Erfolg anknüpfen und mit The Many Saints of Newark eine Vorgeschichte zur von der Writers Guild of America „Best Written TV Series“ ausgezeichneten Serie erzählen. Ob dieses Unterfangen gelungen ist und ob man den Film auch ohne Wissen um die Serie empfehlen kann? Das klären die folgenden Kapitel.
Ein schönes Wiedersehen…
Für Kenner der Serie ist The Many Saints of Newark vor allem ein Wiedersehen mit alten Bekannten. Da ist es natürlich umso wichtiger, dass die deutlich jüngeren Versionen der Figuren mit den passenden Schauspieler*innen besetzt sind. Und dieses Kunststück gelingt Chase mit seinem Casting Director Douglas Aibel in weiten Teilen ganz hervorragend. Vor allem Michael Gandolfini, der Sohn des 2013 viel zu früh verstorbenen James Gandolfini, macht seine Sache als heranwachsender Tony Soprano ausgezeichnet. Auch überraschend gut passt Vera Farmiga auf die Rolle von Tonys Mutter Livia Soprano. Denn die selbst aus New Jersey stammende Schauspielerin, die man aus Filmen wie Departed, der Psycho-TV-Serie Bates Motel oder auch Conjuring kennt, hat offenbar viel Zeit aufgewendet, um die Gestik und Mimik zu erlernen, mit der Nancy Marchand ihre Figur zu einer der liebens- und gleichzeitig hassenswertesten der ganzen Serie hat werden lassen.
Doch gibt es in The Many Saints of Newark einen Schauspieler, der mit seiner Präsenz sämtliche Szenen an sich reißt, in denen seine Figur vorkommt. Alessandro Nivola (bekannt aus American Hustle und The Neon Demon) als Dickie Moltisanti ist das schauspielerische Highlight des Films. Als Mentor von Tony und gleichzeitig Boss der Familie, ist er der interessanteste, weil vielleicht bisher auch unbekannteste, Charakter des Films und man wünscht sich fast eine weitere Serie mit ihm als zentrale Figur.
…mit alten Freunden
In weiteren Rollen sind beispielsweise Billy Magnussen und John Magaro als die jüngeren Versionen des aus der Serie bekannten und geliebten Duos Paul „Paulie“ Gualtieri und Silvio Dante zu sehen. Und auch im Film sorgen die beiden für den ein oder anderen Lacher, welche die ansonsten sehr ernste Geschichte angenehm auflockern. Dabei stört nur etwas, dass Magaro durch sein Overacting fast schon mehr eine Persiflage von Silvio Dante denn eine jüngere Version von ihm darstellt.
Weiterhin erwähnenswert sind Jon Bernthal (The Walking Dead, The Punisher) als Tonys Vater Giovanni Francis „Johnny Boy“ Soprano und Ray Liotta als Aldo „Hollywood Dick“ Moltisanti. Während Bernthals Performance ob der recht überschaubaren Screentime seiner Figur etwas untergeht, bereichert Liotta jede Szene, in der er den mit harter Hand herrschenden Patriarchen der Moltisanti-Familie darstellt.
Was bleibt, wenn man die Fanbrille ablegt?
Im Grunde erzählt The Many Saints of Newark drei Geschichten in einem. Erstens, und das war genau so zu erwarten, wie Tony Soprano zu dem Mann geworden ist, den man in der Serie über 80 Stunden lang begleitet hat. In einer fast schon klassischen Coming of Age-Story lernt Tony nach und nach das Leben als Teil der Mafia kennen und macht damit eine ähnliche Entwicklung durch, wie sein Sohn Anthony Junior in der HBO-Serie.
Zweitens widmet Chase einen beträchtlichen Teil des Films Dickie Moltisanti und seinen privaten wie geschäftlichen Verwicklungen. Dann wird The Many Saints of Newark am ehesten zum klassischen Mafia-Thriller, hat ordentliche Spannungsmomente und auch die ein oder andere Härte zu bieten. Ferner gibt es noch einige Überraschungen für Serienkenner zu entdecken.
Eingerahmt werden diese beiden Handlungsstränge schließlich durch die Newark riots, in denen sich die jahrelang angestauten Konflikte zwischen der schwarzen und weißen Bevölkerung Ende der 1960er Jahre in blutigen Ausschreitungen entluden.
Vor allem, wenn man die Serie nicht kennt und daher nicht ab Minute eins mit vielen der Figuren eine Verbindung aufbaut, kann diese Art der Erzählung etwas überladen und vor allem ziellos wirken. Obwohl die drei Storystränge genügend Anknüpfungspunkte untereinander haben, fragt man sich die ganze Zeit, welche dieser drei Geschichten Chase eigentlich im Kern erzählen will. Das hätte in einem Serienformat, in dem man nicht auf zwei Stunden Laufzeit begrenzt ist, vermutlich besser funktioniert.
Viel Licht, wenig Schatten
In bester Prequel-Manier werden in The Many Saints of Newark ein paar Fragen beantwortet, die in Die Sopranos aufgeworfen wurden. Ob man diese Erklärungen beziehungsweise Hintergründe braucht, muss jeder für sich selbst bewerten. In den meisten Fällen haben sie aber keine elementaren Auswirkungen auf die Handlung der Serie und können daher als nette Dreingabe verstanden werden.
Zumindest bis auf einen handfesten Twist gen Ende des Films, der Serienkenner mit offenem Mund zurücklassen und schließlich für reichlich Gesprächsstoff sorgen wird.
Für ebenfalls offene Münder wird die Ausstattung und, in weiten Teilen, die Kinematographie des Films sorgen. Denn der Production Designer Bob Shaw, der schon für den den Look von Scorseses The Irishman und The Wolf of Wall Street verantwortlich zeichnete, hat ein glaubhaftes New Jersey der 60er-, bzw. 70er-Jahre geschaffen und gemeinsam mit Kameramann Kramer Morgenthau dafür gesorgt, dass The Many Saints of Newark wie ein echter, wertiger Kinofilm aussieht, den man möglichst auf der großen Leinwand erleben sollte.
Lediglich das an manchen Stellen zum Einsatz kommende CGI sieht nicht immer zeitgemäß aus und kann den Zuschauer daher zumindest kurzzeitig aus der Immersion reißen. Da das aber nicht häufig passiert, ist es absolut verschmerzbar und nur ein kleiner Wermutstropfen.
Unser Fazit zu The Many Saints of Newark
Unterm Strich ist The Many Saints of Newark ein Fest für Fans von Die Sopranos. Denn für Serienkenner vergehen die zwei Stunden wie im Flug und man wünscht sich noch weitere Erzählungen dieser Art aus der bewegten Geschichte der DiMeo-Familie.
Als Einstieg in die Welt der Sopranos ist der Film, wegen des massiven Spoilers zu Beginn und seiner sehr gedrungenen Erzählung, allerdings nur bedingt geeignet. Abschließend bleibt dabei aber immer noch ein sehr kompetent inszenierter Mafia-Thriller mit einigen Härten und einem wunderschönen Look.
The Many Saints of Newark läuft seit dem 23. September im Kino!
Unsere Wertung:
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