(2024) 7.30
Länge: 02h 21min
Genres: Horror, Drama, Science Fiction
Creator: Coralie Fargeat
User-Wertung
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Elisabeth Sparkle, eine ehemalige A-Prominente, die ihre Blütezeit hinter sich hat und plötzlich vom widerlichen Fernsehchef Harvey aus der eigenen Fitness-Fernsehsendung gefeuert wird. Da ergreift sie die Chance, die ihr eine mysteriöse neue Droge bietet: THE SUBSTANCE. Eine einzige Injektion genügt und sie wird - vorübergehend - als wunderschöne Mittzwanzigerin namens Sue wiedergeboren. Die einzige Regel? Sie müssen sich die Zeit teilen: genau eine Woche im einen Körper, dann eine Woche im anderen. Ohne Ausnahme. Die perfekte Balance. Was kann schon schiefgehen?
Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar.
Elisabeth Sparkle
Sue
Harvey
Oliver
Man at Diner
Male Nurse
Diego
Alan
The Stylist
The Doctor
Girl
The Photographer
Troy
Bob Haswell
Mr. Scream
Casting Director
Silhouette
Suit
Woman from the Public
Happy Birthday Person
Suit
“The Substance” (voice)
Regisseur: Coralie Fargeat
Creator: Coralie Fargeat, Eric Fellner, Tim Bevan
Land: France, United Kingdom
Originaltitel: The Substance
Studios: Working Title Films, Blacksmith
Geradliniger Body-Horror, der hält, was er verspricht: Coralie Fargeats neuestes Werk nimmt die Mechanismen des Genres an und lässt die tragische Farce der Unterhaltungsbranche in eine grotesk-vulgäre Transformations-Tortur münden. Der simplen Abrechnung mit den bekannten Abgründen Hollywoods kann die ironisierte Drastik entgegenwirken, bei der Demi Moore und Margaret Qualley zahlreiche Facetten (versteht ihr?) zur Schau stellen können.
dereuro
30.09.2024Letztes Jahr haben wir mit BARBIE einen Film erhalten, der den Spagat zwischen Toy Movie, Schönheitswahn und Feminismus versuchte auszutarieren und meines Erachtens nur bedingt geschafft hat, auch wenn die Besucherzahlen Bände sprechen. Mit Coralie Fargeats THE SUBSTANCE haben wir nun endlich einen Film, der das alles widerspiegelt, was ich mir für BARBIE gern gewünscht hätte. Die in Pastellfarben gestalteten Sets, die Kleidung und die Bildgestaltung stehen dem Vorwerk in nichts nach und doch könnten beide Filme nicht unterschiedlicher sein. Fargeaut (über)zeichnet den erloschenen Stern des ehemaligen Hollywoodsternchens Elisabeth Sparkle (Demi Moore) trist und ausweglos. Wenn wir es auch nicht mit den Augen sehen, fühlen wir es, trotz der grellen Farben der Großstadt. Hält Sparkles strahlendes Lächeln die Zuschauer gebannt vor ihren Fernsehern, fällt selbiges, sobald der Regisseur „Cut“ ruft. Im Anschluss wird uns ihr perfekt durchgestyltes Vorzeige-Apartment, mit pittoresker Aussicht, gezeigt. Wehmütig schaut sie in die Ferne, über ihr Reich, dessen Königin sie einst war. Eine Königin, die sich die Zeit ihres Antlitzes bemächtigt hat. Ständig schwingt die Ungewissheit, ersetzt zu werden, mit. Als sie eines Tages ein selbst verursachter Autounfall in ein Krankenhaus katapultiert, erfährt sie von dem makellos aussehenden Arzthelfer über die titelgebende Substanz. Was danach auf unsere Protagonisten einprasselt, ist pures Body-Horror-Kino in Reinform, so rein und makellos wie ihr jüngeres Pendant Sue, gespielt von Margaret Qualley. Gehooked war ich bereits nach der ersten Einstellung, in der die titelgebende Substanz in ein rohes Ei gespritzt wird und sich zellenartig verdoppelt. Aufsichtig fotografiert, mit hellblauen Hintergrund und einem subtil wabernden Soundteppich einer Laboreinrichtung, garniert. Danach folgt in einer ähnlichen Kameraeinstellung das Funkeln und Erlöschen des Stars Elisabeth Sparkles, symbolisiert durch einen Stern auf dem Walk of Fame. Kleiner Fun Fact am Rande: Demi Moore selbst wurde nie mit einem Stern verewigt. Wer spätestens da nicht verliebt ist, wird wohl keine Freude mit den nächsten zwei Stunden haben. Immer wieder versuche ich Vergleichen mit anderen Filmen aus dem Weg zu gehen, doch merke, dass es mir am leichtesten fällt, Werke selbst - oder ihre Künstler dahinter - mit ähnlich geartetem zu erklären. Ad hoc schießen mir Regielegenden wie David Cronenberg oder John Waters in den Kopf. Die exotisch verspielte Farbpalette eines CRY BABY oder SERIAL MOM, die, wie die „Brundle Fliege“ aus Cronenbergs gleichnamigem Meisterwerk, mit dem Hardcore Bodyhorror fusioniert. THE SUBSTANCE ist, wie Eingangs erwähnt, kein Film über Beautywahn oder reinrassiger Body-Horror; er ist vielmehr eine Auseinandersetzung mit sich selbst, unserem Ego, dem wie andere einen sehen und viel wichtiger noch, wie man sich selbst sieht. In Demi Moore hat die Regisseurin die perfekte Verkörperung gefunden. Elisabeth Sparkle wirkt wie ein Abziehbild ihres eigenen Lebenslaufes. Moores Mut, sich nicht nur emotional zu entblößen, ist beachtlich. Fargeat fängt jedes Muttermal, jede Falte und jede Delle ein und hält unbarmherzig drauf - die Doppeldeutigkeit ist auch hier beabsichtigt. Die Ausstattung ist großartig. Jedes Set ist minutiös durchexerziert. SHINING stand Pate für das Fernsehstudio, in dem Sparkle ihre Fitnessshow aufzeichnet: sei es das Muster des Teppichs, die Fliesen im Badezimmer oder die ausufernde Tiefe, bei der man das Gefühl hat, nie ans Ziel zu kommen. Wie seiner Zeit im berühmten Overlook Hotel schwingt auch hier der Wahnsinn mit. Gleich in einer der ersten Szenen darf der schmierige, von Dennis Quaid mit sichtlich viel Spaß verkörperte, Produzent seine Notdurft vor uns entrichten. Sein Irrsinn und die Manierismen lassen gleich erkennen, dass er einem Jack Torrance in nichts nachsteht. Elisabeths Apartment macht, so wie sie, eine Wandlung im Laufe des Filmes mit. Der 80er-Schick ist unverkennbar. Lediglich ein hier und dort aufblitzendes Smartphone lassen erahnen, in welchem Jahrzehnt wir uns befinden. Nachdem die Herbert West-sche Tinktur, Fans wissen genau, wovon ich spreche, zum Einsatz kommen darf, kippt die sarkastische Zuspitzung und kulminiert in etwas, was Genrefans ein Grinsen ins Gesicht zaubern wird. Nicht nur, dass Elisabeths jüngeres Ebenbild Sue die Bühne betritt, nein, sie darf dabei in einer schmerzhaften Neugeburt aus ihrem Rücken heraustreten. Schnell wird der alte und unbrauchbare Körper zugenäht, an der mitgelieferten Magensonde angeschlossen und et voilà, das alte Ich darf nun die Bühne betreten und der Karriere neuen Auftrieb geben. Doch nichts funktioniert ohne Regeln: Eine Woche darf die alte Sparkle ihr Leben leben und eine Woche die bessere Version. Keine Stunde länger. Es ist klar, dass dieser Regelverstoß Konsequenzen mit sich zieht und die werden gewaltig sein. Strukturell ist THE SUBSTANCE in drei Kapitel aufgeteilt: Elisabeth, Sue und halt "Kapitel Drei" (welches hier zu benennen schon einem drastischen Spoiler gleichkäme). Die letzten 20 Minuten sind so überbordend blutig, eitrig und explodierend vor deformierenden Kreationen, dass mir nicht nur eine Freudenträne die Wange herunterrann, es waren ganze Sturzbäche. Einige werden vermutlich ihre Probleme mit dem gezeigten haben, bleibt jegliche Subtilität auf der Strecke und der etwas zu schablonenhaften Erzählstruktur fehlt hier und da ein Quäntchen mehr Überraschung. Obwohl einige Figuren im wahrsten Sinne des Wortes ihr Innerstes nach außen kehren, schafft Coralie Fargeat es, dem kuriosen Treiben eine konsequente Sinnhaftigkeit zu geben. Wenn auch vielleicht (noch) kein Meisterwerk, ist ihre zweite Regiearbeit wahrlich meisterhaft. In der letzten Einstellung, die wortwörtlich trieft, präsentiert sie uns ein Bild, das mehr spricht, als jedes Wort es könnte. Nicht umsonst wurde ihr in Cannes der Drehbuch-Preis verliehen. Wörter dienen nur als nötiges Mittel zum Zweck. Sie zwingt den Zuschauer, die Dinge anzuschauen und sich in ihrer Visualität zu entfalten, ganz genau wie die Menschen es mit Elisabeth und Sue machen. Das ist die größte Stärke des Filmes, uns den Spiegel vorzuhalten und zu zeigen, welches Bild die beiden für uns verkörpern. Wir fragen uns am Ende was wir eigentlich von den beiden wissen, zwei Stunden lang hatten wir Spaß an der Freakshow, haben uns geekelt und gelacht, uns um Leid beider Protagonistinnen ergötzt und nun zeigt uns Fargeat die wahre Fratze, unsere eigene, dann setzt die traurige Erkenntnis ein, wir wissen so viel wie am Anfang, wir wissen nichts über diese beiden Menschen. Das hallt lange nach und beschäftigt. Da wurde mir bewusst, einen der besten Filme des Jahres gesehen zu haben. Objektive Bewertung: 7/10 Persönliche Bewertung: 8/10