Bernd Böhlich studiert mit Und der Zukunft zugewandt die Folgen einer schwierigen Entscheidung in der noch jungen DDR. In der Hauptrolle: Alexandra Maria Lara.
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Titel | Und der Zukunft zugewandt |
Jahr | 2018 |
Land | Germany |
Regie | Bernd Böhlich |
Genres | Drama, Historie |
Darsteller | Alexandra Maria Lara, Robert Stadlober, Stefan Kurt, Barbara Schnitzler, Carlotta von Falkenhayn, Karoline Eichhorn, Stefan Lochau, Jenny Langner, Peer Jäger, Alexander Khuon, Branko Samarovski, Swetlana Schönfeld, Jochen Nickel, Hark Bohm, Peter Kurth, Jürgen Tarrach, Bernd Stegemann, Mathias Renneisen, Frauke Poolmann, Nicolai Borger |
Länge | 109 Minuten |
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Worum geht’s in Und der Zukunft zugewandt?
Unschuldig verurteilt und in der Sowjetunion in ein Arbeitslager gesteckt, verliert die junge Kommunistin Antonia Berger (Alexandra Maria Lara) langsam die Hoffnung. Als sie 1952 von der Kreisleitung nach Deutschland in die DDR zurückgeholt wird, erhält sie eine schöne Wohnung, ordentlich Geld, eine würdevolle Arbeit und professionelle ärztliche Behandlung für ihre dem Tod nahe scheinenden Tochter Lydia. Der Preis dafür: Schweigen über die massenhaften Hinrichtungen Unschuldiger im sowjetischen Gulag, in dem auch ihr Mann erschossen wurde. Später, so verspricht der Sekretär für Agitation und Propaganda, Leo Silberstein (Stefan Kurt), wird die Zeit des Sprechens kommen. Und auch die Herzlichkeit und Solidarität der sozialistischen Gesellschaft lässt sie optimistisch in die Zukunft blicken. Bis sich die Konfrontationen mit der Vergangenheit häufen.
Und der Zukunft zugewandt erzählt eine fiktive Story, basiert aber auf Berichten von deutschen Überlebenden, die in den Fünfzigerjahren von Stalin in Gulags gesperrt wurden. Von der DDR wurde das offiziell bis zum Ende verschwiegen. Bernd Böhlich zeigt mit dem Drama die Gratwanderung zwischen dem Leben in einer Lüge und den idealistischen Hoffnungen einer jungen Frau. Denn am Potenzial der DDR und der grundsätzlichen Richtigkeit des Kommunismus zweifelt Antonia lange nicht – trotz des autoritären und freiheitsraubenden Auftritts einiger Machthaber. Diese, so glaubt sie, sind nur vorübergehende Erscheinungen in den noch jungen Jahren der DDR. Wenn sich die Nachwirkungen des Zweiten Weltkriegs gelegt haben, wird sich in der Zukunft endgültig Gerechtigkeit und damit ein gutes Leben einstellen.
Ein Herzensprojekt
Bernd Böhlich wuchs selbst in der DDR, in Löbau im Landkreis Görlitz auf, in der er nach seinem Regiestudium auch als Drehbuchautor und Regisseur für das Staatsfernsehen arbeitete. Und der Zukunft zugewandt war demnach ein Herzensprojekt für den Wahlberliner. „Ende der 80er Jahre erfuhr ich durch einen Zufall von der Schauspielerin Swetlana Schönfeld, dass sie in einem sowjetischen Arbeitslager geboren wurde“, erinnert sich Böhlich. Schönfeld spielt in seinem Drama nun die Mutter von Antonia Berger. Ungewöhnlicherweise zeigt Böhlich allerdings nicht ausschließlich die Schrecken der DDR. Viele Bürger waren anfangs noch überzeugt vom neuen Weg in Deutschland, der sich vom Westen unterschied, in dem auch nach dem Krieg noch einige Nazis größere Funktionärsrollen in der Politik erhielten. Viele hatten trotz ihrer Verzweiflung Hoffnung in den neuen Staat und wollten ihn zwar verändern, nicht aber abschaffen.
Die Geschichte würde auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdienen. Ein weiteres dunkles Kapitel aus den Anfangszeiten im Stalinismus der DDR, das ein Schattendasein pflegt und in der Öffentlichkeit kaum Beachtung findet. Leider wirkt so manche Szene etwas zu konstruiert. Da bringt Leo Silberstein einen Fernseher als Geschenk an Antonia und ihre Tochter in die Wohnung, schaltet ihn an und prompt nachdem er fertig geredet hat, wird gerade die erste Fernsehansprache der DDR ausgestrahlt. Naja. Auch die Liebschaft zum Arzt ihrer Tochter scheint etwas aufgesetzt. Und trotzdem schafft es der Film in einigen Momenten, den Zuschauer emotional vor der Mattscheibe zurückzulassen. Fassungslos ob der versessenen Staatshörigkeit einiger. Wütend ob des Leugnens von Stalins brutaler Führung. Verzweifelt ob der Verschwiegenheit, die die Betroffenen wahren müssen.
Alexandra Maria Lara trägt den Film
Den größten Beitrag dazu leistet ganz klar Alexandra Maria Lara. Sie beweist erneut, warum sie eine der gefragtesten und besten Drama-Schauspieler des Landes ist. Daran dürften allerdings auch bereits seit Nackt (2002), Der Untergang (2004), Der Baader Meinhof Komplex oder Der Vorleser (beide 2008) keine Zweifel mehr aufkommen. Auch ihre Performance in Und der Zukunft zugewandt ist keine Ausnahme. Wie sie die junge – oder in kurzen Szenen auch alternde – Antonia spielt, ist auffallend gut. Sie zeigt eine fast stoische Ruhe, in der die Wut und Trauer über die Vergangenheit und die Gegenwart stets schlummert. Sie schafft es, den inneren Konflikt stets glaubhaft zu vermitteln. Das ist groß! Schade ist lediglich, dass ihr unnötigerweise als letzter Satz des Films „Jetzt fangen wir ganz neu an“ aufgebrummt wurde. Denn dieses Gefühl der Aufbruchstimmung hätte Lara hier auch komplett ohne Worte auf den Zuschauer übertragen.
Fernsehfilm-Feeling mit Leinwand-Look
Nicht nur aufgrund der typisch deutschen DDR-Thematik stellt sich manchmal das Gefühl ein, hierbei handele es sich um einen Fernsehfilm. Auch viele Darsteller, die ihre teils gestelzten Dialoge in üblicher, überdramatischer Theater-Manier aufsagen, verleihen Und der Zukunft zugewandt zu oft TV-Feeling. Die Sätze wirken oft nur auswendig gelernt und wenig interaktiv aus der Szene heraus entstehend. Das mag nicht verwundern, ist Bernd Böhlich dem Publikum bisher vor allem durch die Inszenierung von verschiedenen Polizeiruf 110 und Tatort-Folgen bekannt. Doch immerhin: Die Optik stimmt. Das fällt zwar nicht immer auf, auch weil das Setting in der DDR das nicht wirklich hergibt; trotzdem gelingt es Böhlich, ein paar wirklich schöne Bilder zu kreieren, die auf der Kinoleinwand sicherlich imposant gewesen sein dürften.
Unser Fazit zu Und der Zukunft zugewandt
Und der Zukunft zugewandt erzählt von einem dunklen und unbekannten Kapitel deutscher Vergangenheit in den Anfangsjahren der DDR. Manchmal erinnert das zu sehr an einen Fernsehfilm, überzeugt in anderen Momenten aber doch mit cineastischer Größe. Hervorzuheben sind besonders der Verzicht Böhlichs auf Schwarzweißmalerei und das einfühlsame Schauspiel Alexandra Maria Laras.
Der Film erscheint am 27. März 2020 auf Blu-ray und DVD.
Unsere Wertung: