Nach jahrelanger Pause wird die beliebte Found Footage-Reihe mit V/H/S/94 endlich fortgesetzt. Kann der neueste Beitrag an die früheren Erfolge anknüpfen?
Titel | V/H/S/94 |
Jahr | 2021 |
Land | Indonesia |
Regie | Timo Tjahjanto |
Genres | Horror, Thriller |
Darsteller | Anna Hopkins, Anthony Christian Potenza, Brian Paul, Tim Campbell, Gina Phillips, Thiago Dos Santos, Conor Sweeney, Kyal Legend, Devin Chin-Cheong, Daniel Matmor, Adam Kenneth Wilson, David Reale, Shania Sree Maharani, Shahabi Sakri, Daniel Ekaputra, Budi Ros, Donny Alamsyah, Juan Bio One, Vincent Martin, Novi Rahmat Hidayat, Sekar Dewantari, Andhika Martsans, Andini Effendi, Mardi Sulaiman, Isman Kurniawan, Achmad Basuni, Eko Kurnianto, Boy Arisandi, Christian Lloyd, Thomas Mitchell Barnet, Cameron Knetelman, Steven McCarthy, Brendan McMurtry-Howlett, Slavic Rogozine, Daniel Williston, Dru Viergever, Kimmy Choi, Nicolette Pearse, Thomas Mitchell, Dru Viergever, Rodrigo Fernandez-Stoll, Dax Ravina, Kevin P. Gabel, William Jordan, Kyle Durack, Demetri Kellesis |
Länge | 104 Minuten |
Wer streamt? | Derzeit leider auf keinem Streamingdienst verfügbar. |
Die Handlung von V/H/S/94
Ein SWAT-Team stürmt eine verlassene Lagerhalle und findet neben verstümmelten Leichen einen ganzen Haufen VHS-Bänder mit verstörendem Inhalt. Während die Einheit nach und nach das Gebäude sichert und Videokassetten sichtet, wird schnell klar, dass der Leichenfund und die auf Video gespeicherten Filme in einem Zusammenhang stehen müssen …
Zur Einordung: Die V/H/S-Reihe begründete sich mittlerweile vor 10 Jahren mit der Idee, den Erfolg von Filmanthologien und dem Found Footage-Genre zu kombinieren. Von einer Rahmenhandlung gedeckelt werden auf diese Art und Weise Kurzfilme präsentiert, die nicht nur im POV-Look bekannter Found Footage-Streifen wie Blair Witch Project daherkommen, sondern auch deren visuellen Videostil imitieren. Kernelement der einzelnen Shorts ist (neben der bewusst oldschooligen Aufmachung) der Wandel von einem handelsüblichen Amateurvideo in waschechte Genrearbeiten mit Ausflügen in den fantastischen Film, sodass nicht nur ominöse Killer oder Spukhäuser, sondern auch Außerirdische, Fabelwesen und paranormale Erscheinungen auf Band gebannt werden.
Die folgende Kritik zum aktuell frischesten Ablegers V/H/S/94 geht somit weniger auf den Film als Ganzes, sondern auf seine einzelnen Beiträge ein
Die Segmente
Holy Hell
Holy Hell stellt die Rahmenhandlung rund um den SWAT-Einsatz dar. Die von Jennifer Reeder inszenierte Episode sorgt durch ihre Location der abgeranzten und mit verstümmelten Leichen gesäumten Lagerräume bereits für eine düstere Atmosphäre, steigert diesen Effekt durch den stimmigen VHS-Look aber weiter. Aufgrund der steten Unterbrechung durch die eingestreuten Episoden ist es aber schwer, eine konstante Spannungskurve zu erzeugen, zumal das konkrete Geschehen während des Einsatzes nebulös bleibt. Nach und nach verschwinden Einsatzkräfte und der Zugriff gerät zusehends aus den Fugen.
Als Überleitung zu den einzelnen Kurzfilmen aber durchaus brauchbar, mit den Andeutungen rund um Sekten und Snuffringe sogar angenehm bedrohlich und bodenständig. Der finale Twist ist im Bezug auf das zugrunde liegende filmische Universum nett, lässt aber dennoch reichlich Fragezeichen offen.
Storm Drain
Die Fernsehreporterin Holly Marciano (Anna Hopkins) wittert ihren großen journalistischen Durchbruch indem sie der Urban Myth um den sogenannten „Ratman“ auf den Grund geht. Gemeinsam mit ihrem Kameramann Jeff (Christian Potenza) folgt sie der Spur von Zeugen und Mutmaßungen in die Abwasserkanäle unter der Stadt …
Auch hier sorgen die genutzten Filter zur Erzeugung des dreckigen VHS-Looks bereits von Hause aus für eine stimmungsvoll unheimliche Atmosphäre. Je tiefer Holly und Jeff in die labyrinthartigen Katakomben der Abwasserkanäle vordringen, umso mehr verdichten sich die Andeutungen der Urban Legend zu einer reellen Erscheinung, die bizarr und faszinierend gleichermaßen ist. Ganz nebenbei warten die finalen Bilder aus Chloe Okunos Beitrag mit einer herrlich schmatzigen „Body melt“-Szene auf. Und Steven Kostanski (Psycho Goreman, The Void) spendiert ganz nebenbei den wunderbar trashigen Werbeeinspieler des „Veggie Masher“ ganz im Stile von Straship Troopers oder Robocop.
Mit Strom Drain liefert der erste von insgesamt 4 Kurzfilmen einen mehr als würdigen Einstieg. Er verbindet geschickt eine alltägliche Ausgangslage, um diese fortschreitend zu verfremden und grotesk zuzuspitzen.
The Empty Wake
Hayley (Kyal Legend) hält Totenwache in einem kleinen Beerdigungsinstitut, bei der es nicht nur aufgrund eines aufbrausenden Sturmes unheimlich zugeht …
Genrekenner Simon Barrett (Produzent/Autor von u. a. The Guest, You’re Next oder Blair Witch) verlässt sich in seinem Segment auf klassischen Grusel und garniert diesen mit einer winzigen Prise Gedärm. Kein Wunder, ist der Verstorbene doch Opfer eines schweren Unfalls gewesen.
Hier sorgen ganz traditionell ausfallender Strom, sich bewegendes Mobiliar oder ein stark begrenzter Bewegungsradius für wohlige Gänsehaut. Damit erfindet Barrett das Rad natürlich nicht neu und wenn der Tote sich als doch nicht so tot entpuppt, wie eingangs behauptet, weiß doch das Setting der nächtlichen, einsamen und vom heulenden Wind umstürmten Kirche zu überzeugen – nett inszeniert, aber wenig überraschend.
The Subject
Dr. James Suhendrabecame (Budi Ross) ist das Paradebeispiel eines Mad Scientist: in seinem Labor versucht er mit unfreiwilligen Versuchskaninchen groteske Hybriden aus Mensch und Maschine zu kreieren. Eine Spezialeinheit soll Überlebende evakuieren. Was als Routineeinsatz startet, entwickelt sich zu einem blutigen Kampf um Leben und Tod.
Mit The Subject ist Timo Tjahjanto (The Night Comes for Us, Headshot, Macabre) nach Safe Haven in S-VHS nicht nur zum zweiten Male am V/H/S-Franchise beteiligt, sondern steuert sicherlich auch den am heißesten erwarteten Beitrag bei. Filmisch hat sich Tjahjanto bisher reichlich ausgetobt, doch ganz egal ob Actionfilm oder Horrorstreifen, drastische Gewalt kann getrost als eines seiner Markenzeichen benannt werden.
Und auch The Subject hält sich in puncto Gewalt nicht zurück. Diebische Freude am filmischen Gewaltexzess wird hier reichlich zelebriert. Neben seiner Brutalität ist dieser Beitrag allerdings auch der befremdlichste. Das Setting und auch die Optik wollen nicht so recht zum sonstigen 90er-Jahre-Revival passen. Trotz all dem spritzenden Blut und umherfliegender Körperteile wirkt The Subject zu sauber, zu futuristisch – tatsächlich findet sogar CGI-Blut seinen Einsatz.
Erst verrückter Wissenschaftler mit Frankenstein-Komplex, dann knüppelhartes Geballer mit Body-Horror-Anleihen. In seiner Inszenierung ein zu drastischer Bruch mit dem Rest der Anthologie, was es schwer macht, sich homogen einzugliedern. Für sich genommen aber ein verdammt starker Kurzfilm.
Terror
Eine selbsternannte Bürgerwehr hinterwäldlerischer Rednecks plant einen Anschlag auf ein Regierungsgebäude. In ihrem Hauptquartier horten sie nicht nur unzählige großkalibrige Waffen, sondern hüten auch ein ganz besonderes Geheimnis.
Ryan Prows schließt die Ansammlung verstörender Videotapes mit einem zynischen Paukenschlag. Bedenkt man den Sturm auf das Kapitol in Washington im vergangenen Jahr, imitiert das Leben leider schon lange die Kunst. Denn hier wie da sieht sich eine Minderheit Umständen ausgesetzt, die ihre Weltordnung zersetzen würde. Konkret heißt es in Terror, Amerika sei von einem „black cancer“ befallen, den es gilt, auszumerzen. Prows gibt die patriotische Bewegung der Lächerlichkeit preis, lange bevor sie durch eigenes Verschulden – Machogehabe und Alkohol induzierter Vollrausch – von ihrer eigenen Geheimwaffe in die Knie gezwungen werden.
Der Plottwist dieser Episode lässt etwas auf sich warten, dafür entschädigen die letzten 5 Minuten mit blutiger Abrechnung für die selbsternannten Sittenwächter.
Unser Fazit zu V/H/S/94
Die lange Kreativpause nach dem misslungenen V/H/S: Viral wurde bestmöglich genutzt! V/H/S/94 bietet einen gelungenen Rundumschlag des fantastischen Films: Horror, Suspense und sogar zynischer Humor finden hier ihren Platz. Der Look stimmt und gibt sich authentisch, die einzelnen Episoden wirken tatsächlich als seien sie Relikte der 90er Jahre. Außerdem stimmen Härtegrad und Abwechslung, insgesamt erscheint der 4. Teil der Reihe wesentlich durchdachter als noch sein direkter Vorgänger. Ausschlaggebend für die eigene Bewertung ist hierbei sicherlich die Affinität zu den individuellen Stilen und Themen der Kurzfilme – in der Summe aber definitiv gleichauf mit dem zweiten Eintrag der Reihe.
Derzeit läuft V/H/S/94 auf dem /slash-Filmfestival, der deutsche Verleih Indeed hat in einem Beitrag auf Instagram allerdings schon diverse Editionen für den diesjährigen Herbst angekündigt – uncut selbstverständlich.
Mit V/H/S/99 startet übrigens bereits am dem 20.10.2022 der 5. Teil der Reihe beim Streaming-Dienst Shudder.
Unsere Wertung:
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© Indeed Film