Als Saw in den 2000er-Jahren das Kino aufmischte und den Gewaltgrad in Horrorfilmen in immer neue Höhen schwang, erschien in Australien heimlich, still und leise ein fieser kleiner Outback-Slasher. Dank des neuen 4K-Mediabooks von Turbine Medien schauen wir zurück auf das Kleinod von Down Under namens Wolf Creek.
Titel | Wolf Creek |
Jahr | 2005 |
Land | Australia |
Regie | Greg McLean |
Genres | Horror, Thriller |
Darsteller | John Jarratt, Cassandra Magrath, Kestie Morassi, Nathan Phillips, Gordon Poole, Guy O'Donnell, Phil Stevenson, Geoff Revell, Andy McPhee, Aaron Sterns, Michael Moody, David Rock, Teresa Palmer, Paul Curran, Aaron J. March, Sean Gannon, Darren Humphreys, Isabella Reimer |
Länge | 99 Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Home of Horror, Home of Horror Amazon Channel Kaufen: Apple TV, Google Play Movies, YouTube, Microsoft Store Leihen: Apple TV, Google Play Movies, YouTube, Microsoft Store |
Die Handlung von Wolf Creek
Die Britinnen Kristy (Kestie Morassi) und Liz (Cassandra Magrath) hat es an die australische Westküste verschlagen. Beim Feiern treffen sie dort auf Ben (Nathan Philipps), der quer durchs Outback nach Sidney fahren möchte, um seine dortige Freundin zu treffen.
Die beiden Frauen schließen sich ihm an und schon geht die Reise in der spontan dafür gekauften Familienkutsche los.
Im australischen Outback treffen sie nur selten auf Menschen, die eher verschroben und unfreundlich daherkommen.
Bei einem Zwischenhalt am Wolf Creek, ein durch einen Meteoriteneinschlag verursachten Krater, will ihr Auto nicht mehr anspringen. Wie gut, dass sie auf den kauzigen Einsiedler Mick Taylor (John Jarratt) treffen, der sie mit seinem Truck abschleppen kann.
To live and die in Australia
Horrorfilme über das amerikanische Hinterland, das Backwood, haben in den USA seit jeher Hochkonjunktur. Das war auch Anfang der 2000er so, als ein paar junge Leute den Wrong Turn nahmen und auf ein deformiertes, kannibalistisches Brüdergespann trafen. Das Hinterland hat seine eigenen Regeln und Sitten, an dem die wohlzivilisierten (und etwas bornierten) Städter gerne zerschellen.
Wolf Creek schlägt dahingehend in die gleiche Kerbe, auch wenn es ans andere Ende des Globus geht. Sobald Liz, Ben und Kristy die Westküste Richtung Landesinnere verlassen, werden die Menschen wunderlich und speziell die Männer unflätig sexistisch. Statt den dichten undurchdringlichen Wäldern der USA dominiert hier allerdings ein schier endloses Flachland, meist steppenartig.
Wer dort mit seiner Karre liegen bleibt, hat es so gut wie hinter sich. Greg McLean wendet erstaunlich viel Laufzeit (gut 50 Minuten) für seine Kulisse und die Etablierung der Figuren auf der Reise quer durchs Land auf.
Zwar ist der Film kein von den Figuren selbst inszeniertes Found Footage, dennoch saugt Wolf Creek uns in vielen Szenen gekonnt ins Geschehen hinein, als würden wir an der Seite der Figuren stehen. Diese aus der Hand gefilmte Nahbarkeit ist zusammen mit den sehr sympathisch aufspielenden drei Hauptcharakteren der große Gewinn. Natürlich darf auch hier eine Liebelei nicht fehlen, wenn zwei Frauen und ein Mann tagelang durch die Pampa gondeln.
Diese Liebelei ist aber so schüchtern, so verhuscht, dass es wie das ganze Schauspiel natürlich wirkt. Dieser unbefangenen Natürlichkeit setzt McLean im Späteren eine beinharte, erschreckend kalte Härte entgegen, die den gegensätzlichen Reiz des Films ausmacht.
Willkommen zur John Jarratt Show
Wolf Creek ist leider so einfach und geradlinig gestrickt, dass es unmöglich ist, nicht auf John Jarratt als Gegenspieler Mick einzugehen. Wer den Film im Jahr 2025 noch möglichst unbefangen zum ersten Mal erleben will, sollte diesen Abschnitt überspringen.
Nun zurück zu Jarratt: Seine Darbietung ist schlichtweg kultverdächtig und zog nicht ohne Grund eine Fortsetzung und eine gleichnamige Serie mit zwei Staffeln nach sich.
Als ehemalig angestellter Jäger ist dieser Mick Taylor mit allen Wassern gewaschen, was sein Waffenarsenal und seinen Spürsinn angeht. Es liegt eine so unverblümt offenherzige Rohheit und Kälte in Mick, die alle drei Hauptfiguren zu spüren bekommen. Das macht Wolf Creek auch unangenehmer zu ertragen als ähnlich gelagerte Vertreter.
Hier kann sich niemand gedanklich damit runterkühlen, dass das Böse außerweltlich oder fantastisch ist und so nie existieren kann. Mick Taylor wirkt fast wie der Everyday-Guy des Outbacks, der eben so macht, was man macht, wenn jeder auf sich allein gestellt fernab von Polizei und Justiz lebt. Sadistische Psychopathen haben hier eine endlos weite Spielfläche.
Der Charakter funktioniert letztlich so gut, weil sich Jarrat voll in die Rolle reinkniet und einfach echt wirkt. Vorab übte er für die Rolle verschiedene Arten zu lachen.
Als selbst sein Hund bei einem Mal erschrocken vom Boden aufsah, wusste Jarrat, dass er den richtigen Vibe gefunden hatte.
Das Upgrade für Sammler von Turbine
Wolf Creek erschien 2005 und war hierzulande gar nicht so leicht zu bekommen. Lange Zeit war die britische Blu-ray die Go-To-Edition, um den Film wohlgemerkt ungeschnitten sehen zu können. Eine deutsche Fassung war gemessen an diesen Parametern Mangelware und nur über Umwege zu besorgen. Dieses Loch hat Turbine Medien für sich entdeckt, um es mit einer gewohnt hochwertigen 4K-Edition zu stopfen.
Umso schöner wirken jetzt die malerischen Sonnenuntergänge und die endlosen Weiten des Outbacks. Auch die starke Dunkelheit im spannungsgeladenen Schlussdrittel, die nur ab und zu durch schwache Lichtquellen ein wenig aufgerissen wird, zahlt voll auf das Filmerlebnis ein. Der erlösende Sonnenaufgang als Ausweg aus der überwältigenden Dunkelheit hat auch 20 Jahre später immer noch eine besondere Wirkung.
In Sachen Mediabook ist auf Turbine Verlass, dass nicht schon ein kurzes oberflächliches Essay dem Anspruch genügen soll. 28 Seiten vollgepackt mit tiefen Einblicken in die Produktion und den Film, geschrieben von Tobias Hohmann, werden hier spendiert. Insgesamt fühlt sich alles vom Cover bis zu den einzelnen Seiten sehr hochwertig an.
Die Edition bietet also einen guten Gegenwert für den aufgerufenen Preis, der Liebhaber des Films zufriedenstellen dürfte.
Unser Fazit zu Wolf Creek
Greg McLeans Wolf Creek ist ein grimmiger kleiner Horrorthriller mit einem kultverdächtigen Antagonisten, der in das malerisch schöne, aber auch unheimliche Niemandsland des australischen Outbacks entführt. Mit seiner fast schon Found-Footage-artigen Immersion und den drei natürlich aufspielenden Hauptfiguren hält der Film ungemein lange bei der Stange.
Aber im lange aufgebauten Finale geht diesem achtbaren Kleinod leider schnell die Luft aus, weil nur die denkbar einfachsten und ausgetretenen Pfade eines Terrorfilms beschritten werden.
Wolf Creek ist im Dezember 2024 in einer neuen 4K-Edition von Turbine Medien erschienen.
Unsere Wertung: