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Glass

Mit Glass als Nachfolger von M. Night Shyamalans erfolgreichen Mystery-Thrillern Unbreakable – Unzerbrechlich und Split erwartet uns ab dem 17. Januar einer der am heißesten erwarteten Filme des neuen Kinojahres 2019. In diesem werden die bisher unabhängigen Figuren der ersten beiden Filme zusammengeführt und dürfen ihre Kräfte messen. Ist diese Verbindung der beiden Filme gelungen?

TitelGlass
Jahr2019
ProduktionslandUSA
RegieM. Night Shyamalan
DrehbuchM. Night Shyamalan
GenreThriller
DarstellerJames Mc Avoy, Bruce Willis, Samuel L. Jackson, Sarah Paulson, Anya Taylor-Joy, Spencer Treat Clark, Charlayne Woodard, Luke Kirby, Adam David Thompson, Marisa Brown
Länge129 Minuten
FSKab 16 Jahren freigegeben
VerleihWalt Disney Studios Motion Pictures Germany
Das Kinoplakat zu Glass © The Walt Disney Company Germany
Das Kinoplakat zu Glass © The Walt Disney Company Germany

Worum geht es in Glass?

Mr. Glass sitzt bereits seit Jahren im Gefängnis, wo er aufgrund seines außergewöhnlich hohen Verstandes unter Drogen gesetzt wird, um nicht zu entwischen. Währenddessen arbeitet der unverletzliche David Dunn mit seinem mittlerweile erwachsenen Sohn als getarnter Rächer, der Verbrecher aufspürt und sie dann zur Rechenschaft zieht. Dadurch gerät er auf die Fährte von Kevin Wendell Crumb, der unter einer multiplen Persönlichkeitsstörung leidet. Als er vier junge Frauen entführt, um sie dem monströsen „Biest“, einer boshaften Persönlichkeit, zu opfern, findet David das Versteck und es kommt zur Auseinandersetzung. Als diese jedoch von der Polizei unterbrochen wird, müssen beide ebenfalls ins Gefängnis.

David befreit 4 Frauen aus den Fängen des Biests in Glass © The Walt Disney Company Germany
David befreit vier Frauen aus den Fängen des Biests in Glass © The Walt Disney Company Germany

Dort angekommen, werden sie gemeinsam mit Mr. Glass, alias Elijah Price, von der Psychiaterin Dr. Ellie Staple betreut. Diese hat sich nach eigenen Angaben auf psychologische Krankheitsbilder spezialisiert, bei denen die Individuen überzeugt sind, dass sie besondere Fähigkeiten in Form von Superkräften besitzen. Ihrer Meinung nach ließe sich alles bisher Geschehene rational erklären und alle Halluzinationen ließen sich auf prägende Ereignisse in der Kindheit zurückführen. Handelt es sich wirklich um psychologische Einbildung oder liegt die Doktorin falsch und Superkräfte existieren? Und vor allem: Ist Mr. Glass durch seine Drogen wirklich so sehr der Welt entrückt, wie es scheint oder hat er bereits einen bösartigen Plan im Kopf?

Mr. Glass (Samuel L. Jackson) hat seine eigenen Pläne in Glass © The Walt Disney Company Germany
Mr. Glass (Samuel L. Jackson) hat seine eigenen Pläne in Glass © The Walt Disney Company Germany

Shyamalan und der Mystery-Thriller

M. Night Shyamalan gilt als erfolgreicher Regisseur, wenn er sich im Genre des Mystery-Thrillers bewegt. Besonders The Sixth Sense gilt als äußerst gelungener Vertreter seines Genres, welches von einer unheimlichen Spannung, scheinbar übernatürlichen Ereignissen und unvorhersehbaren Plot-Twists lebt. Die Überraschung war groß, als sich am Ende seines letzten Filmes herausstellte, dass Unbreakable – Unzerbrechlich und Split im selben filmischen Universum spielen. Durch den Aufbau von zwei praktisch unabhängigen ersten Teilen und dem jetzigen dritten Teil, in welchem alle Figuren zusammengeführt werden, stellt Shyamalan, der auch zu allen Filmen die Drehbücher verfasst hat, bereits klar, worum es ihm in dieser Trilogie geht. Glass ist nicht weniger als ein intelligenter und analysierender Kommentar auf die Ära der Superheldenfilme, in welcher wir uns derzeit befinden. In diesem Sinne können die ersten beiden Filme als Origin-Geschichten und Glass als Shyamalans düstere Version von The Avengers gedeutet werden.

Bruce Willis als unverletzlicher Rächer David in Glass © The Walt Disney Company Germany
Bruce Willis als unverletzlicher Rächer David in Glass © The Walt Disney Company Germany

Was bedeuten Superkräfte?

Bei Shyamalan sind die Superkräfte Ausdruck unterdrückter Potentiale. Wir leben in einer Gesellschaft, die bestimmte Verhaltensweisen billigt und andere nicht. Diese Konformität wird bereits in Schulen professionell vermittelt. Das Anderssein wird in extremen Fällen sogar als psychische Krankheit eingeordnet. Wie sehr würde es unser Weltbild also erschüttern, wenn gerade solche etwaigen Unzulänglichkeiten der Persönlichkeit unfassbare Kräfte offenbaren würden? Man muss sich nur einmal fragen, worin denn das Unglaubliche von Superkräften eigentlich besteht. Im Grunde ist es das Andersartige, aus welchem ein unglaublicher Profit geschlagen werden kann, wenn man es als mögliches Potential anerkennt. Da jeder Mensch anders ist, ist es in gewisser Weise sogar eben jene Einzigartigkeit, die das Individuum zum Superhelden beziehungsweise zur Superheldin macht, wenn er oder sie nur selbst an diese individuellen Fähigkeiten und Stärken glaubt. Jeder Mensch ist durch unterschiedliche, gesammelte Erfahrungen etwas besonderes – selbst wenn er nicht ins normative Muster der Gesellschaft passt.

Das Biest ist entfesselt in Glass © The Walt Disney Company Germany
Das Biest ist entfesselt © The Walt Disney Company Germany

Vielleicht ist dies genau das, was uns derzeit an Superhelden so fasziniert. Diese Comicfiguren oder Leinwandhelden und -heldinnen können sich so ausleben wie sie sind und dadurch Unglaubliches vollbringen. Dafür werden sie von uns bewundert und jeder kann sich mit dem Gefühl, anders zu sein und der Suche nach seinem Platz im sozialen Gefüge identifizieren. All diese Themen wurden auch schon lose in Split angedeutet, in Glass allerdings gerade durch das Aufeinandertreffen der drei Hauptprotagonisten wesentlich intensiver behandelt. Durch die aufgeworfene Frage, ob es sich hier überhaupt um „Superkräfte“ oder vielmehr um besondere Stärken handelt, wirkt das Geschehen glaubhafter und der Realitätsbezug eindeutiger, wodurch ihm ein Subtext gelingt, an dessen Nichtvorhandensein die meisten Comicverfilmungen kranken. Somit stellt Glass sowohl Deutung des Superheldenwahns als auch Hommage dar.

Die Patienten Kevin (James McAvoy) und David (Bruce Willis) sind alles andere als begeistert in Glass © The Walt Disney Company Germany
Die Patienten Kevin und David sind alles andere als begeistert © The Walt Disney Company Germany

Einfühlsame Charakterportraits

Düsterer und realistischer wirkt das Geschehen eben auch durch die gelungene Charakterzeichnung. Alle Figuren (selbst die vermeintlich Bösen) besitzen nachvollziehbare Motive. Bis zu einem gewissen Grad kann man sogar mit allen sympathisieren. Besonders die drei Hauptfiguren kommen nicht nur ausgesprochen charismatisch daher, sondern werden durch ihre jeweiligen Sidekicks menschlicher, die ihre zugehörigen Helden in ihrem gesamten Sein verstehen und sie bedingungslos unterstützen (auch hier eine unverkennbare Anspielung an die Welt der Superhelden). Durch diese Beziehungen gelingt es auch dem Publikum, eine Verbindung zu den gefährlichen Protagonisten aufzubauen. Besonders die Verbindung zwischen Kevin und Casey wird ausgesprochen einfühlsam dargestellt. Die Rückblenden geben uns außerdem einen tieferen Einblick in ihre Vergangenheit und wirken im Rahmen der Sitzungen in der Klinik passend. Auch wenn psychologische Krankheitsbilder eventuell nicht immer akkurat dargestellt werden, so wirken sie doch stets so realistisch, dass wir uns den Figuren enger verbunden fühlen.

Kevin und Casey haben eine ganz besondere Beziehung in Glass © The Walt Disney Company Germany
Kevin und Casey haben eine ganz besondere Beziehung © The Walt Disney Company Germany

Natürlich ließe sich eine solche Atmosphäre nicht ohne einen fähigen Cast erzeugen. Bruce Willis spielt zwar etwas trocken und zurückhaltend, da dies jedoch sein Rolle entspricht, wirkt es passend und glaubhaft. Samuel L. Jackson kann als mysteriöser und charismatischer Mr. Glass mehr als überzeugen und auch Sarah Paulson nimmt man die einfühlsame Psychiaterin durchaus ab. Auch wenn sämtliche Nebenrollen ihre Figuren entsprechend präsentieren können, so stiehlt James McAvoy erwartungsgemäß allen die Show. Seine Darstellung der insgesamt 24 Persönlichkeiten ist fantastisch und allein seine physische Präsenz einschüchternd. Ihm gelingt der schmale Grat zwischen sympathischem Typen und gruseligem Bösewicht ausgezeichnet. Eine solche Rolle kann, wenn sie nicht gut vorgetragen wird, schnell lächerlich wirken, doch wenn ein so hervorragender Darsteller wie McAvoy am Werk ist, kann man nur anerkennend den Hut ziehen.

Dr. Staple (Sarah Paulson) versucht ihren Patienten zu helfen in Glass © The Walt Disney Company Germany
Dr. Staple versucht ihren Patienten zu helfen © The Walt Disney Company Germany

Technische Raffinessen

Auch auf technischer Ebene wird den Darstellern viel Platz eingeräumt. In den Gesprächen bleibt die Kamera ungewöhnlich lange und dicht an den Gesichtern der Figuren, wodurch jede minimale Regung vom Publikum wahrgenommen werden kann. Außerdem nimmt der Zuschauer oder die Zuschauerin dadurch die Position des Gegenübers ein und man fühlt sich häufig als säße man mit in den Sitzungen. Erstaunlicherweise wendet Kameramann Mike Gioulakis diese Stilmittel sogar in den wenigen Kampfszenen an, wodurch das nahbare Erlebnis noch verstärkt wird, da man das Geschehen aus einer scheinbaren Ego-Perspektive betrachten kann.

Mr. Glass kann furchteinflößend wirken in Glass © The Walt Disney Company Germany
Mr. Glass kann furchteinflößend wirken in Glass © The Walt Disney Company Germany

Ansonsten sind auch kameratechnisch gelungene Anspielungen an das Superheldengenre erkennbar. So gibt es zum Beispiel bestimmte Kamerabewegungen, welche den Bildern eine leicht epische Note verleihen. Außerdem werden die drei Protagonisten markant durch bestimmte Lichtsetzungen in Szene gesetzt. Mr. Glass ist weitestgehend in lila Umgebungen zu sehen, während Kevins einen leichten Gelbstich besitzen und Davids grünlich daherkommen. Auch das verleiht den Figuren eine superheldenhafte Aura.

Kevin kämpft in gelbem Licht, währen Mr. Glass im lila Anzug sitzt in Glass © The Walt Disney Company Germany
Kevin kämpft in gelbem Licht, währen Mr. Glass im lila Anzug sitzt in Glass © The Walt Disney Company Germany

Leider trägt die Musik aus der Feder von West Dylan Thordson nicht unbedingt dazu bei, denn diese erfüllt vorwiegend eine atmosphärische Funktion. Sie fängt durch metallene Streicherklänge oder tief dröhnende Bässe zwar eine angemessene und bedrohliche Stimmung ein, bleibt allerdings auf Dauer relativ eintönig und uninspiriert. Gerade hier wären ein paar düster verfremdete Superheldenmotive interessant gewesen.

Die Sicherheitsbeamten überprüfen die Zelle von Mr. Glass in Glass © The Walt Disney Company Germany
Die Sicherheitsbeamten überprüfen die Zelle von Mr. Glass in Glass © The Walt Disney Company Germany

Unser Fazit zu Glass

Mit Glass präsentiert sich M. Night Shyamalan in Höchstform mit einem Kommentar auf die Superheldenlandschaft, welcher dem Genre gleichzeitig einen großen ehrerbietungsvollen Tribut zollt. Immer wieder werden bestimmt Plot Points durch Mr. Glass explizit angesprochen, wodurch klar wird, dass die Handlungsstruktur der eines Comics ähnelt. Obwohl der Film den Zuschauer somit über seine handlungsrelevanten Muster aufklärt, ist es erstaunlich, dass der Film ungemein spannend und zu keiner Sekunde vorhersehbar wird. Dieses Stilmittel gelingt hier also deutlich besser als zum Beispiel bei Deadpool. Einzig und allein der Beginn wirkt in seinem Bemühen, die drei Protagonisten in der Klinik zusammenzubringen, etwas simpel konstruiert. Die anschließende Spannung und ein für Shyamalan typischer, unvorhersehbarer Plottwist lassen den Mystery-Thriller mit immerhin über zwei Stunden Laufzeit jedoch wie im Fluge vergehen.

Dr. Staple und Mr. Glass im persönlichen Gespräch in Glass © The Walt Disney Company Germany
Dr. Staple und Mr. Glass im persönlichen Gespräch in Glass © The Walt Disney Company Germany

Dabei muss man die vorhergehenden Teile nicht zwangsläufig gesehen haben, um der Handlung folgen zu können, es ist aber zu empfehlen. Somit schließt der Regisseur seine geschickt konzipierte Trilogie eindrucksvoll mit einem unterhaltsamen, spannenden, aber auch reflektierten Streifen. Dabei präsentiert er eine gute Mischung aus angemessen harten und konsequenten Kampfsequenzen, die eindrucksvoll in Szene gesetzt worden sind und mit einem tollen und brachialen Sound aufwarten können, und einer Handlung hinter welcher sich sogar ein interessanter Subtext erkennen lässt. Einen solchen Thriller mit Hirn gab es schon lange nicht mehr im Kino.

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Unsere Wertung:

 

 

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© The Walt Disney Company Germany

1 Kommentar

  • Intelligent? Wo denn? Der Film spricht die ganze Zeit über seine Themen und ergeht sich in verschwurbelter Selbstbeweihräucherung, ohne auch nur eine Sekunde die Klasse eines Split (der selbst nur bedingt gelungen war) oder die Cleverness eines Unbreakable zu erreichen.

    Die Figuren bleiben blass und schwach geschrieben, Jackson darf 80% der Laufzeit ne sedierte Kartoffel mimen, Willis ist lustlos wie lange nicht mehr und wenn er manchmal grinst wirkt es als habe er einen Witz verstanden, der dem Zuschauer verborgen bleibt. Einzig McAvoy bleibt brillant. Die Nebenfiguren fügen der Story nichts hinzu und insbesondere Taylor-Joy hat eigentlich überhaupt keinen Grund da zu sein. Stockholm-Syndrom wäre hier noch die nachvollziehbarste Erklärung. Hier wird ne Beziehung aufgegriffen, die nie entstanden ist. Sie hat in Split 30 Sekunden mit Kevin bevor dieser wieder „eingesperrt“ wird. Sie lernt die Person, zu der sie da so eine Verbindung haben soll nicht mal kennen, soll aber nun sein Anker sein? Extrem platt geschrieben.

    Dazu die „technische Rafinesse“ selbst Auseinandersetzungen mit der Kamera so zu vergeigen, dass man sich fühlt wie in nem POV auf nem Karussell, wütend die Kamera sinnentleert um die Gesichter der Protagonisten rotiert.

    Und der Subtext? Shizophrenie macht einen übermenschlich, aber auch unkontrolliert böse, sofern die falschen Persönlichkeiten am Ruder sind. Nur Versehrtheit ist der Schlüssel zu wahrer Macht? Naja Hauptsache wir ersäufen unseren Sympathieträger am ende unzeremoniell in ner Pfütze, um dem „Plottwist“ Gewicht zu geben, das er nicht verdient hat.

    Das Grundregelwerk einer Comicgeschichte zu rezitieren macht den Film auch nicht tiefgründiger, wenn man von Plotstruktur innerhalb des Werkes selbst praktisch nichts spürt…