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Die grandiose Optik von Blade Runner 2049 hat dem Film zu Recht einen Oscar eingebracht © 2017 Alcon Entertainment, LLC. All Rights Reserved.

High-Tech, Low Life: Die 12 besten Cyberpunk-Filme

Dunkle, verregnete Gassen. Mies gelaunte Protagonisten im Neonlicht. Fortschrittliche Technik und übermächtige Konzerne an der Macht. Cyberpunk ist eins der beliebtesten Science-Fiction-Genres, und jeder wird schon mal mit einem Film genannter Merkmalen in Berührung gekommen sein. Heute stellen wir euch deshalb die Lieblinge unserer Redaktion in Sachen Cyberpunk-Filme vor.

Doch zunächst stellt sich natürlich die Frage: Was definieren wir eigentlich als Cyberpunk? Die eingangs erwähnten Elemente bieten schon einmal einen guten Überblick darüber, was man bei Filmen dieses Genres erwarten kann. In den meisten Fällen werden wir in eine dystopische Zukunft entführt, in der eher die Nachteile fortschrittlicher Technologien beleuchtet werden, als die Vorteile. Während die reiche Elite, die in Form riesiger Konzerne mittlerweile die Macht an sich gerissen hat, immer reicher wird, werden die Armen nur noch ärmer. Dementsprechend stellt sich die Zukunft einer Cyberpunk-Welt immer ziemlich dreckig und düster dar, genau wie die Figuren, welchen wir folgen. Statt strahlenden Rettern in der Not, werden wir meist mit Anti-Helden konfrontiert, deren moralischer Kompass gerne mal von der verkommenen Welt um ihn herum korrumpiert wurde.

Das Genre exisitiert etwa seit den frühen 80er-Jahren und hat sich seitdem in zahlreichen Formen und Neuinterpretationen in die Popkultur eingebrannt. Entsprechend haben wir als Redaktion auch eine bunte Mischung an Filmen ausgewählt und den Begriff des Cyberpunk relativ weit aufgefasst. Und natürlich erheben wir keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es geht lediglich um die Favoriten der Redaktion, bei denen auch einige Filme vertreten sind, die eher weniger im Mainstream verankert sind. Die Liste ist außerdem kein Ranking, sondern lediglich eine Auflistung. Freut euch also auf unsere Auswahl dieser dystopischen Sci-Fi-Streifen!

Die beliebtesten Cyberpunk Filme aus der Filmtoast-Redaktion

 

1. Equilibrium (2002)

Equilibrium (2002) Official Trailer #1 - Christian Bale Movie HD

In einer dystopischen Zukunft wurden menschliche Emotionen als der entscheidende Auslöser von Gewalt und Kriegen ausgemacht. Deswegen beschloss die Regierung, diese mittels der Injektion eines bestimmten Wirkstoffs zu unterdrücken. John Preston (Christian Bale) gehört in dieser Gesellschaft den „Grammaton-Klerikern“ an, einer Art Elitepolizei. Diese jagen sogenannte „Sinnestäter“ – Menschen, die die Einnahme des Mittels zur Gefühlsunterdrückung verweigern. Als Preston eines morgens die Ampulle mit seiner täglichen Dosis auf den Boden fällt und zerbricht, machen sich kurz danach erste Entzugserscheinungen bemerkbar. Preston ist nun gezwungen, sich mit seinen Gefühlen auseinanderzusetzen…

Eigentlich widerspricht Equilibrium dem Cyberpunk-Gedanken, da die hier gezeigte Dystopie zunächst viel zu sauber und steril ist. Jedoch dient dies nur dazu, die Fassade dieser emotionslosen Gesellschaft zu unterstreichen. Unter dieser Oberfläche zeigt sich recht schnell die düstere und von Gewalt geprägte Nebengesellschaft. Eine Welt, in der niemand fühlt und die dadurch in Frieden lebt, klingt auch viel zu utopisch, als dass das Konstrukt nicht einen Haken hätte. Equilibrium zeigt eine Gesellschaftsform, wie sie die Romanverfilmungen Fahrenheit 451 oder 1984 bereits dargestellt haben. Auch wenn die Story einiges an Potenzial liegen lässt und mit seiner Gesellschaftskritik lediglich an der Oberfläche kratzt, punktet Equilibrium insbesondere mit Action, die seinerzeit sehr erfrischend daher kam, einem Look, der zuweilen an Matrix erinnert, und vor allem mit einem bestens aufgelegten Christian Bale als Hauptdarsteller.

 

 

2. Paprika (2006)

Paprika | Official Trailer (2006)

In der Zukunft haben einige Wissenschaftler ein Gerät zur Analyse und Manipulation von Träumen entwickelt: den „DC Mini“. Dieser soll Psychotherapeuten erlauben, besser auf die Träume der Patienten einzugehen. Als der Prototyp eines Tages gestohlen wird, missbraucht der Dieb die Erfindung dazu, das Unterbewusstsein von Menschen zu manipulieren. Um den Drahtzieher dahinter zu finden und stoppen macht sich Atsuko Chiba, die an der Entwicklung des Gerätes beteiligt war, auf und verwandelt sich dazu in ihr lebhaftes und spontanes Alter Ego Paprika

Der auf dem Roman von Yasutaka Tsutsui basierende Anime von Satoshi Kon ist einfallsreich, skurril und die Vermischung zwischen Traum und Realität einfach toll anzusehen. Die düstere Grundstimmung hinter der bunten Fassade und die Verwendung einer fortschrittlichen Technologie, die eigentlich zum Wohle der Menschheit erdacht war, aber nun gegen diese eingesetzt wird, ist etwas, das Cyberpunk ausmacht. Paprika ist zugegebenermaßen konfus und eventuell nicht jedermanns Sache, da die ineinander fließenden Grenzen zwischen Traum und Realität hin und wieder dem eigenen Verstand zu viel werden. Jedoch erweist das mysteriöse Geschehen, in welches noch eine spannende Kriminalgeschichte geflochten wurde, gleichermaßen genial. Die Handlung erinnert ein wenig an den späteren Inception. Doch auch Paprika ist kurzweilig, tiefgründig und regt zudem zum Nachdenken an. Darüber hinaus wird die intelligente Handlung nicht nur durch die knalligen wie wunderschönen Bilder, sondern durch einen mitreißenden Score auf ein unnachahmliches Level angehoben.

 

 

3. Elysium (2013)

„Die da oben gegen uns hier unten“ – das ist die Essenz von vielen gesellschaftskritischen Filmen. In Neill Blomkamps Elysium aus dem Jahr 2013 hat man diese Prämisse wortwörtlich genommen: Im Jahr 2154 gibt es zwei Klassen von Menschen. Die Reichen und Privilegierten haben sich auf der namensgebenden Raumstation Elysium von der Masse der Menschheit abgesondert, die auf der überbevölkerten, heruntergewirtschafteten Erde einen rauen Alltag meistern muss. In einer Rüstungsfabrik auf der Erde arbeitet Max Da Costa, gespielt von Matt Damon, bis er bei einem Arbeitsunfall radioaktiv verstrahlt wird und damit dem Tode geweiht ist. Seine einzige Überlebenschance liegt darin, sich Zugang zu Elysium zu verschaffen. Dafür sucht er sich bei einem kriminellen Schleuser Hilfe und wird kurz darauf in einen politischen Konflikt verstrickt. Als er dann auch noch per Zufall den Schlüssel für einen Putsch entdeckt, wird Max endgültig zum Hoffnungsträger, aber auch zum Spielball im Kampf der Mächtigen…

Action-Hit vom Sci-Fi-Meister

Vier Jahre nach seinem Überraschungshit District 9 waren die Erwartungen an den Nachfolgefilm von Blomkamp immens hoch. Und auch wenn Elysium auf nicht ganz so viel positive Resonanz gestoßen ist, so kann der Science-Fiction-Actionfilm doch auf vielen Ebenen überzeugen. Vor allem die Star-Dichte im Cast ist ungleich größer, als noch bei District 9: Neben Damon spielen unter anderem Wagner Moura, Jodie Foster und Diego Luna in zentralen Rollen mit und auch der Landsmann des Regisseurs, Sharlto Copley, war hier erneut mit von der Partie.

Was jedoch wohl die Highlights dieser Produktion sind – und deshalb muss der Film hier unter den Cyberpunk-Filmen auch Erwähnung finden -, sind die Ideen, wie in knapp 150 Jahren die menschliche Natur durch die Technik einerseits optimiert werden kann und andererseits aber durch die Ressourcenknappheit die Möglichkeiten nur extrem wenigen Menschen zugänglich sind. Der Großteil der Bevölkerung scheint sogar eine wesentlich schlechtere Lebenserwartung zu haben als heute. In den Actionszenen punktet diese Dystopie vor allem dann, wenn verschiedene Akteure mit Exoskeletten aufeinanderprallen. Außerdem hat man Matt Damon, der hier mit Glatze auftritt, selten in einer so schroffen Rolle gesehen, was er aber auch richtig gut beherrscht.

Und hier geht’s zu unserer Review zu Elysium!

 

 

4. Alita: Battle Angel (2019)

Alita: Battle Angel | Offizieller Trailer 3 | Deutsch HD German (2019)

Nochmals 400 Jahre weiter in der Zukunft ist die Verfilmung des gleichnamigen Manga Alita: Battle Angel angesiedelt. Im Jahr 2563 sind auf der Erde alle gesellschaftlichen Systeme zerfallen. Alle, die den „Großen Krieg“ überlebt haben, leben in Iron City, einer gigantischen Metropole, in der ein ständiger Überlebenskampf tobt. Inmitten dieser Stadt befindet sich der Müllplatz der mysteriösen Himmelsstadt Zalem. Hier findet der Wissenschaftler Dr. Ito, gespielt von Christoph Waltz, eines Tages Reste eines weiblichen Cyborgs, die er anschließend revitalisiert. Für das kleine Robotermädchen, das er „Alita“ nennt, übernimmt er die Vaterrolle, obwohl er nicht weiß, woher es tatsächlich stammt und was alles in der komplexen Technologie verborgen ist.

Dann findet Alita (Rosa Salazar) heraus, dass auch Ito ein Geheimnis hat: Er ist ein „Hunter-Warrior“, quasi eine Art Kopfgeldjäger. Als Alita eines Nachts ihre wahren Kräfte entdeckt, will sie selbst „Hunter-Warrior werden, wird jedoch auch selbst zur Gejagten. Gemeinsam mit dem Schrottsammler Hugo (Keean Johnson) entdeckt sie außerdem ihre Leidenschaft für Motorball, einem populären Mannschaftssport. Sie beschließt, hier anzutreten, um Hugo seinen Traum von einem Aufstieg in die Wolkenstadt zu erfüllen. Nebenher kommen auf ihrer Suche nach der eigenen Identität immer mehr Wahrheiten über ihre Herkunft und über die Machenschaften der Mächtigen aus Zalem ans Licht…

Technisch beeindruckend

Regisseur Robert Rodriguez hat mit einem gigantischen Budget von knapp 200 Mio. Dollar ein zweistündiges Science-Fiction-Abenteuer abgeliefert, das vor allem auf technischer Ebene ganz oben mitspielen kann. Die Effekte, besonders in den Motorball-Szenen, sind bahnbrechend und machen Alita: Battle Angel speziell auf der großen Leinwand zu einer richtigen Achterbahnfahrt. Doch auch das Figurendesign ist wahnsinnig detailliert und vor allem sehr stimmig, sodass die Welt hier sehr plastisch und organisch zum Leben erweckt wird. Auch wenn sich an der Figur von Alita die Geister scheiden, so ist die Entscheidung, die Anime-Ästhetik im Realfilm beizubehalten, nur konsequent und sorgt außerdem dafür, dass man die Figur definitiv in Erinnerung behält.

Doch nicht nur auf audiovisueller Ebene weiß die Produktion zu überzeugen, denn sowohl die philosophische Frage, was das Menschsein ausmacht, als auch die emotionalen Momente werden perfekt in den Blockbuster eingewoben. Insgesamt hat Alita: Battle Angel mehr Tiefe, als man vorab erwarten würde und regt auch an, sich mit bestimmten Themen im Nachhinein mehr zu befassen. Und wer noch mehr Argumente braucht, um dieser Manga-Verfilmung einmal eine Chance zu geben, dem sei gesagt, dass in Nebenrollen A-Lister wie Jennifer Connelly, Mahershala Ali, Ed Skrein, Michelle Rodriguez und Edward Norton mitwirken. Bleibt abschließend nur zu hoffen, dass irgendwann tatsächlich eine Fortsetzung folgen kann, denn das Ende des Films deutet bereits an, dass in dieser Welt noch viel Erzählstoff schlummert.

Und hier geht’s zu unserer Review zu Alita: Battle Angel!

 

 

5. Strange Days (1995)

STRANGE DAYS - Trailer ( 1995 )

1995 inszenierte Actionveteranin Kathryn Bigelow nach einem Drehbuch von James Cameron und Jay Cocks den Film Strange Days. Der Film erzählt eine mit Elementen des Cyberpunk versetzte Thriller-Story, die sich in der Nacht des damals zukünftigen Jahrtausendwechsels 1999 zuträgt. Er zeigt eine dystopische Vision, in der sogenannte „Clips“ zur neuen Designerdroge avanciert sind. Dabei handelt es sich um auf MiniDiscs gespeicherte Erinnerungen, die direkt dem zerebralen Cortex des Gehirns entnommen werden. Als eine befreundete Prostituierte ermordet und er der Tat verdächtigt wird, begibt sich der Clips-Dealer Lenny Nero zusammen mit seiner guten Freundin Mace auf die Suche nach den wahren Mördern und hat nur wenige Stunden Zeit, da sich die Schlinge um seinen Hals immer mehr zuzieht. Bigelow zeichnet dabei eine von der Realität stark beeinflusste Zukunftsvision, in der Rassismus und Polizeigewalt an der Tagesordnung stehen.

Der Film stellt dabei eine Mischung aus klassischem Tech-Noir und dynamischen Actionszenen far, welche durchgehend die Handschrift von Drehbuchautor und Produzent James Cameron tragen. Je mehr sich Lenny und Mace in der Suche nach der Wahrheit in dieser Welt verlieren, desto mehr wird auch der Zuschauer in diese bunte Welt gezogen, in der an jenem Abend das legendäre Prince-Zitat „Tonight we Gonna Party like it’s 1999“  Programm ist. Das Worldbuilding ist dabei zwar längst nicht so großartig wie in anderen Vertretern des Genres, aber es entlohnt den Zuschauer trotzdem mit visuell grandiosen Bildern und coolen Figuren, die durch großartige Darsteller, allen voran Ralph Fiennes und Angela Bassett, perfekt zum Leben erweckt werden.

Strange Days war seinerzeit ein Riesenflop und beendete beinahe die Karriere von Kathryn Bigelow. Er entwickelte sich aber über die Jahre zu einem Kultfilm und zählt heute zu den besten Cyberpunk-Filmen der 90er-Jahre.

 

 

6. Upgrade (2018)

UPGRADE (2018) – Official Red Band Film Trailer

Dass es in der immer fortschrittlicher werdenden Zukunft auch Figuren gibt, die sich eigentlich gegen die zunehmende Modernisierung wehren, zeigt Upgrade. Im Mittelpunkt steht hier Grey, der lieber an seinen „altmodischen“ Autos schraubt, statt auf selbst fahrende High-Tech-Maschinerie umzusteigen. Nachdem er und seine Frau aber von einer Gang überfallen werden, die Greys Geliebte töten und ihn selbst beinahe tot zurücklassen, sieht ein befreundeter Chef einer Technik-Firma nur einen Ausweg: Er implantiert Grey ein Gerät namens STEM. Dabei handelt es sich um eine unerprobte künstliche Intelligenz, die Zugriff auf seinen Körper hat und ihm übermenschliche Kräfte verleiht. Mit diesem unfreiwilligen Upgrade macht sich Grey also auf, die Mörder seiner Frau zu finden und zur Strecke zu bringen…

Typisch für das Genre des Cyberpunk verschlägt es Grey auch hier in die dreckigsten Gassen der nahen Zukunft, statt in die luxuriösen Hochhäuser der Reichen und Mächtigen. Und dreckig geht es auch im ganzen Film zu. Dank STEM, der auf zahlreiche Kampftechniken programmiert ist, wird Grey zu einer wahren Kampfmaschine, der seine Gegner gnadenlos auseinandernimmt. Entsprechend blutig geht es in Upgrade auch zu, was dank der zahlreichen praktischen Effekte auch wahnsinnig gut aussieht. Das trifft allerdings auf so ziemlich alle Szenen des Action-Krachers zu, denn auch Kamera und Bildkomposition können sich mehr als sehen lassen. Dank des gekonnten Setdesigns und der phänomenalen Lichtsetzung kommt hier zu jedem Zeitpunkt echter Cyberpunk-Flair auf.

Regisseur Leigh Whannell scheint auch weitherhin auf den Spuren des Cyberpunk wandeln zu wollen. Immerhin arbeitet er bereits an einem Remake zum Kultklassiker Die Klapperschlange. Mit einem ordentlichen Budget (Die finanziellen Mittel zu Upgrade hielten sich eher in Grenzen) könnte uns hier direkt der nächste Leckerbissen bevorstehen.

Und hier geht’s zu unserer Review zu Upgrade!

 

 

7. Gattaca (1997)

Gattaca (1997) Trailer #1 | Movieclips Classic Trailers

Einen visionären Science-Fiction-Film erkennt man wohl spätestens daran, wenn er von der Realität eingeholt wurde – und das gilt leider auch für dystopische Zukunftsvisionen. Noch sind wir zwar von einer Gesellschaft, wie sie in Gattaca von Regisseur und Drehbuchautor Andrew Niccol (Die Truman Show, Lord of War) erdacht worden ist, technologisch und moralisch entfernt, aber schon heute ist die bewusste Veränderung von Erbgut keine Science-Fiction mehr.

Im vergangenen Jahr erhielten die Molekularbiologinnen Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna den Chemie-Nobelpreis für ihr CRISPR-Verfahren. Dahinter verbirgt sich eine Methode, mit der man DNA-Bausteine präzise – und erstaunlich einfach – verändern kann. Zwar ist das Verfahren vor dem Hintergrund erfunden worden, Erbkrankheiten oder auch AIDS und Krebs mittelfristig zu besiegen, aber wie so häufig in der Geschichte der Menschheit gibt es immer jemanden, der solche Entdeckungen auch für andere Zwecke nutzten wird. Schon im Jahre 2019 hat ein chinesischer Forscher mit dem CRISPR-Verfahren drei genetisch manipulierte Kinder „zur Welt gebracht.“

Wissenschaft im Fokus

Und damit sind wir plötzlich ganz schnell in der dystopischen Welt von Gattaca angekommen, einem Film, der auch dem Subgenre des Biopunk zugerechnet werden kann. Wofür der chinesische Wissenschaftler zwar noch wegen illegaler Experimente zu drei Jahren Haft verurteilt wurde, ist in Gattaca ganz normaler Alltag. Nur noch wenige Menschen werden auf natürlichem Wege gezeugt und vom genetisch verbesserten Rest der Menschheit diskriminiert. Ein Bluttest prognostiziert für Vincent Freeman (Ethan Hawke) bereits bei der Geburt gesundheitliche Schwierigkeiten, daher bleiben ihm die Türen zu einer Karriere – insbesondere der angestrebten in der Raumfahrt – verschlossen. Gute Gene sind für einen Arbeitgeber das wichtigste Einstellungskriterium, daher bekommt Vincent nur einen Job als Putzkraft.

Gattaca ist ein ruhig erzählter SciFi-Thriller, der mehr Wert auf die stimmungsvolle Atmosphäre und seine mahnende Botschaft legt, als auf genreübliche Action. Neben der künstlerischen Bildsprache überzeugt er vor allem aufgrund der ethischen Fragen, mit denen er sich eingehend auseinandersetzt. Ein Film, der zum Nachdenken über die Zukunft anregt – und damit den ureigensten Ansprüchen des Science-Fiction-Genres gerecht wird.

 

 

8. Akira (1988)

Akira - Trailer (1988)

Katsuhiro Otomos Verfilmung seiner eigenen Manga-Reihe spielt in einer dystopischen Zukunft des Jahres 2019 der Megalopolis Neo-Tokio, die auf den Ruinen der ehemaligen Metropole Tokio erbaut wurde. Was mit der japanischen Großstadt genau passiert ist, lässt der Film lange im Dunkeln. Es klingt aber an, dass es etwas mit einem nuklearen Zwischenfall rund um eine Person namens Akira zu tun hatte. Das futuristische Neo-Tokio wird immer wieder von Terroranschlägen und Studentenunruhen erschüttert, worauf die Staatsmacht mit Gewalt antwortet. Im Mittelpunkt der Handlung stehen die Freunde Kaneda und Tetsuo, die zusammen in einer Motorradgang die Randgebiete der Stadt unsicher machen.

Nach einem Unfall mit einem seltsamen, kleinwüchsigen Mann gerät Tetsuo in die Hände des Militärs und Kaneda verliebt sich in Kei, die einer Zelle von Revolutionären angehört. In einer Forschungseinrichtung diagnostiziert ein Doktor bei Tetsuo ein großes Potenzial für telekinetische Kräfte, die denen Akiras ähneln sollen. Als diese zur Entfaltung kommen, steigert er sich in eine Obsession, seinen Vorgänger zu finden, während Kaneda sich den Revolutionären anschließt, um seinen Freund aus der Gewalt des Militärs zu befreien. Nebenher spitzt sich die Lage in Neo-Tokio zu, die Stadt wandelt in Richtung eines Abgrunds und die Katastrophe scheint unabwendbar…

Das macht Akira so besonders

Otomo zelebriert in seinem Film eine apokalyptische Grundstimmung. Er porträtiert ein korruptes System, das zwar die rasante Entwicklung zu einer Megalopolis begünstigt, aber im sozialen Sektor vollkommen versagt. Während dem Militär unglaubliche Mittel zur Verfügung stehen und die Stadt-Regierung – ein wahrhaft unheimlicher Zufall – die Austragung der Olympiade 2020 plant, ist das Bildungssystem erodiert. So drängt es die Jugend, die aus Perspektivlosigkeit und Langeweile kriminell wird, auf die Straße hinaus. Die hoch technisierte Welt von Akira folgt damit dem Cyberpunk-Motto „High Tech – Low Life“. Tetsuo entwickelt sich mental und körperlich zu einem entmenschlichten Monstrum, als Vorbote erneutem Untergangs, weil die Leute an der Macht die Fehler der Vergangenheit wiederholen.

 

 

9. Ghost in the Shell (1995)

Ghost in the Shell - English Trailer

Im Jahr 2029 sind Implantate zur ständigen Kommunikation und hoch entwickelte Körpermodifikationen weit unter den Menschen verbreitet. Doch in Tokio versetzt ein Hacker namens Puppet Master die Staatsmacht in Aufruhr. Er nutzt diese Schnittstellen, um Menschen zu manipulieren und Chaos zu stiften. Die Sondereinheit Sektion 9 wird abkommandiert, ihn aufzuspüren und festzusetzen. Diese Truppe von Spezialisten agiert unter dem Befehl von Major Kusanagi. Diese ist selbst, bis auf ihre in einer Bio-Kapsel gespeicherten geistlichen Wesenszüge, dem sogenannten Ghost, ein vollkommen synthetisches Lebewesen. Die Jagd nach dem Puppet Master wird für sie, die mit der Symbiose von Mensch und Maschine auch fast alle Erinnerungen an ihr früheres Leben verloren hat, zu einer Auseinandersetzung mit der eigenen Existenz…

Cyberpunk par excellence

Die Manga-Verfilmung Ghost in the Shell stellt wohl das Paradebeispiel eines Cyberpunk-Films dar, der alle relevanten Elemente und Themen in sich vereint: vom Abtauchen in das Internet, wo durch Hacking Geheimnisse aufgedeckt, Informationen verfälscht und integrierte Elektronik zugänglich gemacht werden kann, über fortschrittliche Technologien, überdimensionale Architektur, bis hin zu über einfache Körpermodifikationen hinausgehenden Transformationen des Selbst, die das Menschsein auf eine gänzlich neue Ebene hieven.

Die erzählte Geschichte ist in ihrer Einbindung eines allgegenwärtigen, allumfassenden Informationsnetzwerks erstaunlich konsequent. Es stellt eine Art Bindestück zwischen William Gibsons aus seinem stilbildenden Roman Neuromancer bekannten Vorstellung eines virtuellen Raums und dem modernen Internet dar. Cyberpunk wird hier zeitgemäß transformiert, bindet den damaligen Stand der Technik logisch ein und entwickelt das Genre folgerichtig weiter. Das ist umso beachtlicher, da der zugrunde liegende Manga bereits 1989 erschien. Trotzdem war der Film seiner Konkurrenz Mitte der 1990er, und auch im Folgenden bis in die 2000er, in der Darstellung des „Informationshighways“ weit voraus. Dies macht Ghost in the Shell zu DEM Cyberpunk-Film schlechthin.

 

 

10. Jesus Shows You the Way to the Highway (2019)

JESUS SHOWS YOU THE WAY (2019) HD Trailer (Deutsch / German)

2035 bedroht Stalin mit dem Virus „Soviet-Union“ das Psychobook, weswegen Megalopolis in Gefahr ist. Die CIA-Agenten Gagano und Palmer Eldritch werden in die Virtual Reality geschickt, um das Virus zu bekämpfen. Aber Palmer Eldritch spielt falsch. Er lässt seinen nichts ahnenden Kollegen mit der Substanz, einer Droge, die die VR flutet, in Berührung kommen. Dessen realer Körper fällt nun in ein Koma und sein Bewusstsein ist im Computer gefangen. Man verschleppt ihn nach Beta Ethopia, wo Präsident Batfro ein Komplott gegen sich wittert. Aber Gagano hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, zumal der ehemalige Drogendealer Jesus auf seiner Seite ist. Doch währenddessen teilt seine Freundin Malin in der echten Welt mit Eldritch das Bett, unwissend dass dieser ihren Liebsten verraten hat…

Retrofuturismus & Phillip K. Dick

Man kann sich wohl schon denken, dass die wilde Mixtur an Themen und Ideen, die der Independent-Streifen von Miguel Lansó aufbietet, in ebenso wilden wie ungewöhnlichen Bildern wiedergegeben wird. Vom Verleih als „Matrix auf Acid“ beworben, entspinnt Jesus Shows You the Way to the Highway ein teils schwer durchschaubares Handlungskonstrukt, dessen Zusammenhänge vom Zuschauer abstrahiert werden wollen. Mit einfachen Mitteln entwirft der Film eine dystopische Welt in retrofuturistischen Bildern. Der beschriebene Cyberspace ist ein Ort, wo Menschen sich oftmals hinter Masken verstecken und gewalttätige Auseinandersetzung gerne mal an Computer- und Videospiele erinnern. Dieser groteske Sci-Fi-Thriller beinhaltet außerdem auch einen kräftigen Schuss Film Noir. Genauso verweisen die Drogenthematik und aufkeimende Paranoia, die Angst von einer großangelegten Manipulation getäuscht zu werden, stark an die Geschichten von Cyberpunk-Vorreiter Phillip K. Dick (wie am Namen Palmer Eldritch auch nur unschwer zu erkennen ist).

Jesus Shows You the Way to the Highway ist ein herrlich durchgeknallter, experimenteller Trip, weit abseits der immer gleichen Cyber-Welten gelackter Hollywood-Produktionen.

Und hier geht’s zu unserer Review zu Jesus Shows You the Way to the Highway!

 

 

11. Tetsuo: The Iron Man (1989)

Tetsuo: The Iron Man Original Trailer (Shinya Tsukamoto, 1989)

Ein Salaryman entdeckt eines Morgens einen metallenen Pickel an seiner Wange. Sein Tag ist von da an geprägt von schrecklichen Tagträumen und Verfolgungswahn. Dann stellt er entsetzt fest, dass sein Körper immer weiter zu einer Maschine mutiert…

Shin’ya Tsukamoto, ein filmtechnischer Autodidakt, ist neben Gakuryu Ishii (Burst City, Electric Dragon 80.000 Volt) der wohl populärste Vertreter des japanischen Cyberpunk abseits der Manga-Szene. Tetsuo: The Iron Man ist in schwarz-weiß gehalten und kommt nahezu ohne Dialoge aus. Der in Anlehnung an die Body-Horror-Filme David Cronenbergs entstandene Experimentalfilm konzentriert sich auf die Wucht seiner audio-visuellen Ausgestaltung. Diese schafft es in alptraumhafter Weise, analog zur Verwandlung des kleinen Büromenschen in ein entmenschlichtes Maschinenwesen, eine immer stärker werdende Sogwirkung auf den Zuschauer auszuüben. Je weiter die Transformation fortschreitet, desto mehr verschwinden die menschlichen Züge des Protagonisten. Am Ende kann die vorausgegangene Anatomie nur noch erahnt werden. Dazu fräst sich der sich aus Noise- und Industrial-Versatzstücken zehrende Score von Chu Ishikawa unerbittlich in die Gehörgänge. Dieser Film ist kein Vergnügen, er ist ein Erlebnis!

Tetsuo: The Iron Man feierte seine Premiere 1989 auf dem Fanta Filmfestival in Rom, wo er als bester Film ausgezeichnet wurde. Dadurch wurde Tsukamoto schlagartig im Westen bekannt, der Eisenmann avancierte schnell zu einem echten Kultfilm, der mit Tetsuo II: Body Hammer (1992) und Tetsuo: The Bullet Man (2010) noch zwei Neubearbeitungen dieser Thematik nach sich zog.  Zudem entfachte der Film ein neues Interesse am japanischen Kino, das in den 80ern in hiesigen Breitengraden gar keine Rolle mehr spielte.

 

 

12. Blade Runner (1982) und Blade Runner: 2049 (2017)

Blade Runner | The Final Cut Trailer | Warner Bros. Entertainment

Nur wenige Filme haben es geschafft, ein ganzes Genre derart zu prägen, wie Ridley Scotts Blade Runner. Besonders ein immer wiederkehrendes Handlungselement des Cyberpunk nimmt im Klassiker von 1982 eine immens wichtige Rolle ein: Die Frage nach der Einzigartigkeit menschlichen Lebens und der Grenzen desselben. Im Film muss sich Rick Deckard, seines Zeichens einer der titelgebenden Blade Runner, auf die Suche nach entflohenen Androiden machen, um diese zu neutralisieren. In der Zukunft sind künstliche Intelligenzen in Menschengestalt nämlich derart weit entwickelt, dass es nur mithilfe eines speziellen Tests möglich ist, sie von echten Menschen zu unterscheiden. Im Verlauf der Handlung wird auch Deckard immer mehr mit der Frage nach seiner eigenen Existenz konfrontiert. So ist er gezwungen, seine bisherige Weltsicht zu hinterfragen…

Sein oder nicht sein?

Die Frage, ob nichtorganisches, vom Menschen geschaffenes Leben überhaupt als solches definiert werden kann, wirft noch allerhand Folgefragen auf: Wo liegen die Grenzen der Anerkennung als Lebewesen? Haben solche Wesen die selben Rechte wie organische Menschen? Und wann hört der Mensch auf, unter dem Einfluss technischer Verbesserungen als solcher zu existieren, oder kann er das überhaupt? Diese hochkomplexen ethischen und moralischen Themengebiete kommen alle in Blade Runner zur Sprache, was dem Zuschauer neben der phämomenalen Inszenierung ordentlich zu denken geben dürfte. Doch auch abseits davon liefert der Film allerlei Bemerkenswertes. So etwa die Darstellung der futuristischen Häuserschluchten in Nacht und Nebel, erleuchtet von den Neon-Reklamen der Super-Konzerne. Und auch Harrison Ford in der Hauptrolle sowie Rutger Hauer als einer der charismatischsten Antagonisten, die Hollywood je auf die Leinwand gezaubert hat, bleiben für immer im Gedächtnis.

Und auch wenn es zunächst nicht nach einer guten Idee klang, kann sogar das Sequel zu Blade Runner auf ganzer Linie überzeugen: Mit dem Sequel Blade Runner 2049 hat es Denis Villeneuve geschafft, den Sci-Fi-Klassiker ins nächste Jahrtausend zu hieven und dabei genauso tiefgründig auf die genannten Fragen der Menschlichkeit einzugehen. Diesmal allerdings mit dem stoischen Ryan Gosling in der Haupt- und einem gealterten, aber mehr als willkommenen Harrison Ford in einer Nebenrolle. Beide dieser Filme sind ein absolutes Muss für Fans des Cyberpunk-Genres und außerdem der würdige Abschluss für unsere heutige Liste.

Und hier geht’s zu unseren Reviews zu Blade Runner und Blade Runner: 2049!

 

 

Und das waren noch längst nicht alle!

Natürlich gibt es noch zahlreiche fantastische Cyberpunk-Filme, die es nicht in diese Liste geschafft haben. Welche davon könnt ihr noch empfehlen? Und was begeistert euch am meisten am Genre des Cyberpunk? Oder fühlt ihr euch in einem anderen Subgenre der Science-Fiction wohler?

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