Höre die Stille ist die Produktion einer kleinen Gruppe von Schauspielern, die im Kontext des Zweiten Weltkrieges ihrer Vorliebe für den Film Ausdruck verleihen. Was als ambitioniertes Abschlussprojekt einer Filmakademie begann, endete mit einem vielfach gelobten Spielfilm. Ob die Künstler auch von uns ihren Abschluss überreicht bekommen, erfahrt ihr im Folgenden!
Titel | Höre die Stille |
Jahr | 2016 |
Produktionsland | Deutschland, Polen |
Regie | Ed Ehrenberg |
Drehbuch | Julia Peters, Ed Ehrenberg, Axel Melzener |
Genre | Drama, Kriegsfilm |
Darsteller | Lars Doppler, Vera Stadler, Simon Hangartner, Antonia Langenohl, Andreas Zahn, Maja Jötten, Dominik Fenster, Clarissa Molocher, Andreas Erb, Marina Koch, Maximilian Grüneisen, Ana Sanchez, Oliver Troska, Jessica Reichert, Andreas Wilke, Alexandra Grant, Matthias Horn, Christa Schreiber, David Jobda |
Länge | 94 Minuten |
FSK | freigegeben ab 16 Jahren |
Verleih | Tiberius Film |
Die Schrecken des Krieges oder die Handlung von Höre die Stille
Ukraine 1941: Eine kleine Gruppe Soldaten wird von ihrem Verband aufgrund von Kampfhandlungen getrennt. Daraufhin erreichen die Männer unter der Führung von Leutnant Markus Wentzel (Lars Doppler) ein Dorf. Dieses bewohnen Deutsch-Russen, vorrangig junge Frauen, wenige Kinder und ein paar ältere Menschen.
Die Soldaten nutzen die Gelegenheit, um in dem Dorf ihre Vorräte aufzufüllen und nach einem Transportmittel zu suchen. Die Bewohner helfen ihnen dabei, da sie sich selbst einen Vorteil erhoffen, den Soldaten der Wehrmacht geholfen zu haben. So kommen sich diese und die Frauen von Tag zu Tag näher. Eine verhängnisvolle Nacht bringt jedoch alles zum Umsturz. Die Nächstenliebe weicht dem Misstrauen und die Gewalt obsiegt. Auch abseits des Schlachtfeldes beginnt ein Kampf ums Überleben…
Die Geschichte hinter der Erzählung
Um einen geeigneten Zugang zu finden, sollte man zunächst über die Ursprünge des Projekts Bescheid wissen. Denn bei diesem Film handelt sich ursprünglich um die Abschlussarbeit einer Gruppe von Schauspielern der München Film Akademie (MFA). Die Produktionsfirmen plädierten letztendlich dafür, aus dem Material einen Spielfilm zu machen. Das Independent-Projekt engagierte Ed Ehrenberg, der bis dato lediglich Schöpfer einiger Fernsehsendungen war (z.B. Unser Charly, Küstenwache, Die Rosenheim-Cops oder Alarm für Cobra 11) und reiste in das polnische Sanok, um dort im Freilichtmuseum der Volksbauweise mit den Dreharbeiten zu beginnen.
Julia Peters ist mitverantwortlich für das Drehbuch und auch für sie ist es das erste größere Projekt gewesen. Seit 2013 ist sie eine graduierte Drehbuchautorin und hat bereits zwei Kurzfilme produziert, die beide für den Deutschen Kurzfilmpreis vorgeschlagen worden sind. So entstand Höre die Stille auf den Schultern namentlich vermeintlich „kleiner“ Akteure, die ihre Leidenschaft für das Medium Film teilen. Seine Weltpremiere feierte Höre die Stille im Jahre 2016 auf dem Shanghai International Filmfestival. Daraufhin gewann die Produktion 18 Preise auf über 30 Preisverleihungen weltweit.
Der Kriegskrimi
Die Handlung des Films lässt nicht lange auf sich warten. Nach kurzen, einführenden Worten wirkt es, als öffne sich ein Vorhang und die Bühne werde sichtbar. Das verschlafen wirkende Dorf, welches sich in einer friedlichen Winterlandschaft erstreckt, ist die Kulisse. Diese entwickelt sich schnell zu einem Ort des Schreckens.
Das Drehbuch spielt mit Doppeldeutigkeiten in den Dialogen und die Sätze haben zum Teil einen hohen Symbolcharakter. Des Weiteren beschränkt es sich auf das Wesentliche, wodurch jedoch die Motivation einiger Charakter in den Wirren des Krieges verloren geht.
Die musikalische Untermalung des Films aus den Schmieden der Tonbüro GmbH sorgt dafür, dass dieser Film nicht den Eindruck eines Kriegsfilms macht, sondern eher an einen Krimi anmutet. Es sind nicht die epischen und heroischen Kompositionen moderner (Anti-)Kriegsfilme, sondern eher die unterschwelligen, mysteriösen Klänge eines Kriminalfilms. Die Spannung ist greifbar und jeder weiß, dass etwas Unumgängliches geschehen wird. Keiner traut dem anderen und die Akteure des Films verfolgen eigene Interessen. So wirkt Höre die Stille in manchen Situationen wie die Verfilmung eines Agatha-Christie– oder Edgar-Wallace-Romans. Häufig habe ich an Filme wie Und dann gabs keines mehr oder Das indische Tuch denken müssen, in denen die Charaktere der Reihe nach ermordet werden.
Die schauspielerischen Leiden des Krieges
Auf der einen Seite muss man dem Film zugestehen, dass es sich ursprünglich um eine Abschlussarbeit und Low-Budget-Produktion handelt. Für einen Großteil des Casts ist es das Debüt vor der Kamera des Kinos und Höre die Stille ist der Ausgangspunkt ihres schauspielerischen Werdeganges.
Auf der anderen Seite muss man sagen, dass es sich um Absolventen der MFA handelt und dass man diesen mehr zutraut. Leider vermag es keiner der Darsteller, durch schauspielerische Genialität zu beeindrucken. Das Talent lässt sich hier eher auf der Ebene einer TV-Soap verzeichnen. Auch Lars Dopplers Darstellung des Leutnants, für die er als Bester Hauptdarsteller auf dem Rahway International Film Festival ausgezeichnet worden ist, setzt keine neuen Maßstäbe für die Schauspielkunst. Sie ist ohne Frage solide und die Szene, die ihm den Preis eingebracht hat, durchaus erkennbar, aber abseits davon, hat Höre die Stille einen meist sehr seichten schauspielerischen Anspruch.
Dies ist der Grund, weshalb man als Zuschauer des Öfteren die Hände über dem Kopf zusammenschlägt. Der Film bietet viele Möglichkeiten und wirkt durch und durch stimmig. Nur leider wird man immer wieder von den monotonen und wenig überzeugenden Dialogen und Phrasen aus dem Ambiente und der Spannung dieses Kriegskrimis herausgerissen. Dass Dialoge aufgesetzt wirken, ist an mancher Stelle womöglich sogar vorgesehen. Denn die Beziehungen wirken erzwungen, da ein jeder bzw. eine jede versucht, das eigene Ziel zu erreichen. So scheinen die Dialoge dieses Verlangen durch simpel, stumpfsinnige Einzeiler und Small-Talk-Vokabular auszudrücken.
Mein Fazit zu Höre die Stille
Höre die Stille ist ein Film voller Spannung und Erwartungen. Er führt einem vor Augen, wie Misstrauen, Eigensinnigkeit und der Drang zu überleben, dazuführen können, dass gewöhnliche Menschen zu Mördern werden. Die klaustrophobisch anmutende Szenerie des Dorfes, das in die Stille der Winterlandschaft eingebettet ist, lässt den Zuschauer jeden Atemzug der Protagonisten spüren und ihn an der Eindringlichkeit des Verhältnisses zwischen Soldaten und Dorfbewohnern teilhaben. Gefangen in einer Spirale aus Gewalt versinnbildlichen die Darsteller, wie schwer es sein kann, das rationale Denken über die animalischen und instinktiven Triebe zu stellen. Der Film erzählt eine herausragende Geschichte, die von Anfang bis Ende spannend ist und mit den Erwartungen des Zuschauers spielt. Leider hat dieses Drehbuch des Öfteren an den mangelnden Fähigkeiten der Schauspieler zu leiden.
Jedoch ist dies ein Manko, über das man nach Sichten des Films durchaus hinwegsehen mag. Denn letztendlich kann der Film auf ganzer Länge überzeugen. Höre die Stille trägt sich wie ein Orden an der Uniform. Nach vorne hin glänzt er und zeugt von Einsatz und Ambition. Doch auf der Rückseite befindet sich eine Nadel, mit der man sich stechen kann. Wenn man diese jedoch in die richtige Position gebracht hat, dann erstrahlt der Glanz des Ordens.
Der Film ist seit dem 06.12.2018 auf Blu-Ray, DVD und als Video on Demand erhältlich.
Unsere Wertung:
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©Tiberius Film
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