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Frederick Lau und Oliver Masucci in Spielmacher

Interview mit „Spielmacher“ – Drehbuchautor Christian Brecht

Drehbuchautor Christian Brecht hat sich unseren Fragen zu seinem aktuellen Kinofilm Spielmacher gestellt.

TitelSpielmacher
Jahr2018
ProduktionslandDeutschland
RegieTimon Modersohn
DrehbuchChristian Brecht
GenreThriller, Drama, Sportfilm
DarstellerFrederick Lau, Oliver Masucci, Antje Traue, Paul Faßnacht, Karl Markovics, Goran Navojec, Kida Khodr Ramadan, Ludwig Trepte
Länge109 Minuten
FSKab 12 Jahren freigegeben
VerleihWarner Bros. GmbH
Hauptplakat zu Spielmacher
Hauptplakat zu Spielmacher aus 2018 ©Warner Bros. Pictures

Hallo Christian, Spielmacher ist der erste Kino-Langfilm, den du in Eigenverantwortung geschrieben hast. Wie ist es dazu gekommen?

Richtig, „Spielmacher“ war mein erstes Langfilm-Drehbuch, das ich noch an der Filmschule geschrieben habe. Nach einem internen Pitch kam der Regisseur Timon Modersohn auf mich zu und hatte Interesse, das Buch umzusetzen. Mit Frisbeefilms haben wir dann Produzenten gefunden, die den Film machen wollten.

Der Werdegang bis zum Drehbuchautor Christian Brecht

Wie kamst du zum Drehbuchschreiben und wie lange hast du an dem Skript für Spielmacher gearbeitet?

Ich kam relativ spät zum Drehbuchschreiben. Ich hatte zwar schon den einen oder anderen Kurzfilm geschrieben, war anfangs aber eher in Richtung Schnitt und Kamera unterwegs. Irgendwann merkte ich, dass ich mich als Drehbuchautor filmisch am besten ausdrücken konnte, irgendwie auch freier war. Ich habe mich dann bewusst für das Drehbuchstudium entschieden und mich seitdem aufs Schreiben fokussiert.
„Spielmacher“ zog sich von der ersten Fassung bis zum Drehstart über fünf Jahre. Das heißt natürlich nicht, dass man fünf Jahre durchgehend daran arbeitet. So ein Projekt ruht auch immer mal wieder, man wartet mitunter mehrere Monate auf Finanzierungsentscheidungen usw.

Antje Traue, Frederick Lau, Mateo Wansing-Lorrio in Spielmacher
Antje Traue, Frederick Lau, Mateo Wansing-Lorrio in Spielmacher von 2018 ©Warner Brothers/Gordon Timpen, SMPSP

Es handelt sich um keine Adaption, sondern ist ein Originaldrehbuch. Wie ist die Storyidee entstanden?

Ich hatte schon immer ein Faible für Gangsterfilme und wollte mich an diesem Milieu ausprobieren. Vor allem aber wollte ich einen „Fußballfilm“ machen, in dem es nicht primär um Fußball geht. Ich meine, wo nicht z.B. der Aufstieg eines Spielers im Zentrum steht. Mich interessierten eher die gescheiterten Existenzen, die der Sport hervorbringt. Die Melancholie und die Sehnsucht, die dieser Welt anhaften. Und natürlich die kriminellen Schattenseiten. Das Milieu der Wettmafia ist die optimale Schnittmenge dieser Ansätze.

Wie kam es zur Verfilmung? Wodurch kam der Kontakt bzw. das Interesse zustande?




Alles ging mit dem Kontakt zu Timon richtig los. Ohne ihn gäbe es den Film in dieser Form sicherlich nicht. Als nächstes war Frisbeefilms an Bord, die sich um die Produktion kümmerten. Irgendwann kam Frederick Lau hinzu, nach und nach der weitere Cast und die Crew. Als Warner dann als Verleiher mit einstieg, war irgendwann klar, dass gedreht werden würde.

„Ich hatte jedenfalls nie das Gefühl, dass irgendeine Seite so viel Einfluss nimmt, dass es am Ende nicht mehr mein Film ist.“

Inwiefern haben Regisseur, Produzent oder gar Schauspieler während des Drehs Einfluss auf das Skript genommen und hat das ggf. zu Veränderungen geführt, die du als Autor nicht erwartet hättest? Wie stehst du zu so einer Einflussnahme?

Ich denke, wann immer Leute gemeinsam an einer Idee arbeiten, gibt es Einflüsse und Veränderungen. Das ist ganz normal und im kreativen Prozess auch gut so. Gerade ein Drehbuch ist ständig im Wandel und eigentlich nie fertig, geschweige denn perfekt. Beim Dreh selbst passiert da meist nicht mehr allzu viel. Es sei denn, man ist Stanley Kubrick und schreibt das Ding täglich um. Die eigentlichen inhaltlichen Auseinandersetzungen finden aber in der Regel vorher statt. Für Storyelemente, die einem wichtig sind, sollte man als Autor schon kämpfen, bei anderen sind Kompromisse zu verschmerzen. Oft ist ein frischer Input von außen auch einfach besser als der ursprüngliche Gedanke. Wichtig ist mir persönlich, dass alles transparent und mit gegenseitigem Respekt abläuft. Bei „Spielmacher“ lief das korrekt. Ich hatte jedenfalls nie das Gefühl, dass irgendeine Seite so viel Einfluss nimmt, dass es am Ende nicht mehr mein Film ist.

Frederick Lau und Oliver Masucci in Spielmacher
Frederick Lau und Oliver Masucci in Spielmacher von 2018. ©Warner Brothers/Gordon Timpen, SMPSP

Im Jahr 2005 wurde der Deutsche Fußball von einem Wettskandal um den Schiedsrichter Robert Hoyzer in seinen Grundfesten erschüttert. Wieviel Einfluss hatten die damaligen Ereignissen auf das Drehbuch zu Spielmacher?

Den Fall Hoyzer, das Café King und andere Wettskandale habe ich natürlich verfolgt und somit hatten sie einen indirekten Einfluss. Sie waren aber keine unmittelbare Inspiration oder ähnliches. Wettmanipulationen gibt es, seit es Sportwetten gibt – und Sportwetten gibt es, seit es Sport gibt. Nur, dass die Sportkorruption mittlerweile professionalisiert und globalisiert ist, und dass medial viel mehr ans Licht kommt.

„Es war faszinierend für mich zu sehen, was Frederick aus Ivo gemacht hat.“

Der Film hat einen, für deutsche Verhältnisse, recht namhaften Cast. Hattest du ein gewisses Mitspracherecht, was die Besetzung angeht?

Ein gewisses, ja. Da die Zusammenarbeit mit Timon eng war, hat er mich manchmal nach meiner Meinung gefragt, wir sind potenzielle Besetzungen gemeinsam durchgegangen usw. Final entscheiden kann ich das natürlich nicht. Aber selbst, wenn ich mir bestimmte Figuren anders vorgestellt hatte, muss man ja flexibel bleiben. Ivo z.B. hatte ich rein optisch immer ganz anders gesehen. Wenn dann aber ein Vollblutschauspieler wie Frederick Lau seine ganz eigene Energie mit einbringt, ist es auch nicht schwer, sich von alten Vorstellungen zu lösen. Vielmehr war es faszinierend für mich zu sehen, was Frederick aus Ivo gemacht hat. Das gilt für den gesamten Cast.

Frederick Lau und Oliver Masucci beim Spielen in Spielmacher
Frederick Lau und Oliver Masucci beim Spielen in Spielmacher von 2018. ©Warner Brothers/Gordon Timpen, SMPSP

Spielmacher ist dein Debüt als hauptverantwortlicher Drehbuchautor, davor warst du aber auch schon an mehreren Kurzfilmen und Musikvideos beteiligt. Wie hast du den Sprung vom Kurzfilm-Indiebereich zu einer großen Studio-Produktion (Warner) für dich selbst wahrgenommen?

Die ganzen Prozesse sind interessant und lehrreich für mich. Die Dynamiken, die mit der Zeit entstehen, die Leute, die involviert sind und alle ihre eigenen Ideen und Interessen haben. Der Unterschied zum Indiebereich, aus dem ich komme, ist natürlich spürbar. Ich habe bei mehr als einem Low- oder No-Budget-Projekt das Konzept geschrieben, Kamera und Schnitt gemacht, das Catering vorbereitet und bin das Produktionsauto gefahren. Das bedeutet einerseits ein Maximum an Kontrolle, auch ein intimeres und freieres Drehen. Andererseits aber viel Stress, der nicht immer zum besten Ergebnis führt. Bei einer Produktion wie „Spielmacher“ ist es umgekehrt. Man gibt als Autor Kontrolle ab, auf einmal arbeiten in ganz Deutschland Menschen, die ich noch nie getroffen habe, an dem Film. Das ist schon verrückt. Aber man kann sich entspannt zurücklehnen und hat die Gewissheit, dass diese Leute ihre Jobs besser machen als ich es tun würde. Jede Produktionsform hat Vor- und Nachteile, denke ich. Und auf Dauer ist es ohnehin das Ziel der meisten Filmschaffenden, das Beste aus beiden Welten zu kombinieren, die richtige Balance aus Indie und Major, Arthouse und Mainstream zu finden.

„Wenn ich in diesem Leben einen Film, wie Das Schweigen der Lämmer schreibe, dann bin ich jedenfalls ein ziemlich glücklicher Drehbuchautor.“

Das deutsche Kino wird oftmals dafür kritisiert, dass es überwiegend Komödien und Dramen produziert. Was für einen Genre-Film würdest du verwirklichen wollen, wenn man dir die Gelegenheit gäbe?

Ich finde, unsere Dramen stehen nicht so sehr in der Kritik, zumal das ein weit gefasster Begriff ist und es da viele gute Sachen gibt. Die Komödien hingegen, besonders die flachen Mainstream-Komödien der letzten Jahre, werden natürlich schon – oft zurecht – kritisiert.
In der Tat würde ich irgendwann gerne eine Komödie schreiben, allerdings eher mit schwarzhumorigem Touch, in Kombination mit tragischer Tonalität, so wie es Thomas Anders Jensen oder Martin McDonagh toll hinbekommen. Ansonsten versuche ich mich gerade an ganz unterschiedlichen Genres, vom Kinderfilm bis zum Horrorfilm. Und die Königsdisziplin ist für mich nach wie vor der anspruchsvolle Thriller, also extrem spannend und mit gewissem Tiefgang. Wenn ich in diesem Leben einen Film schreibe, der auch nur annähernd so gut ist wie z.B. „Das Schweigen der Lämmer“, dann bin ich jedenfalls ein ziemlich glücklicher Drehbuchautor.




Bei deinem letzten Musikclip zu „Rampue: Adagio for Phoenicopterus“ hast du nicht nur das Drehbuch verfasst, sondern auch die Regie übernommen. Außerdem hast du bei mehreren Projekten auch Erfahrungen bei Schnitt und Kamera gesammelt. Könntest du dir vorstellen, auch in Zukunft als Autorenfilmer in Deutschland tätig zu werden?

Vorstellen kann ich mir das natürlich. Momentan habe ich da aber keine Ambition. Erst, wenn ich als Autor gefestigter bin oder das Gefühl habe, dass sich eine Idee wirklich nur mit mir als Regisseur umsetzen lässt, macht das Sinn. Aber ich stehe gefühlt immer noch am Anfang, habe noch so viel zu lernen als Autor, genug Ideen im Kopf. Das reicht erstmal.

„Fatih Akin ist jemand, der schon immer meinen Nerv getroffen hat.“

Welche deutschen Schauspieler und Regisseure schätzt du besonders?

Da könnte man natürlich bei Lang, Murnau und Lubitsch anfangen. Aber ich bleibe mal bei den lebenden und zeitgenössischen Regisseur/innen. Fatih Akin ist jemand, der schon immer meinen Nerv getroffen hat. Seine Filme sind einfach authentisch, haben die richtige Mischung aus Anspruch und Herz. Ich bewundere aber auch, wie ein Tom Tykwer den Spagat zwischen Hollywoodkino, Filmprojekten in Afrika und „Babylon Berlin“ hinbekommt. Von einem Dominik Graf kann man sich immer etwas abschauen. Andreas Dresen macht sehr einfühlsame Filme. Maren Ade hat einen einzigartigen Stil kultiviert. Dann gibt es Leute wie die Lass Brothers, die freshes Zeug für wenig Geld machen. Es gibt, gerade in den Nischen, eine Menge gute Filmemacher/innen, die alle ihre Stärken und Stile haben. Generell schätze ich es einfach, wenn es jemand schafft, eine eigene Handschrift zu entwickeln.
Ich halte Frederick Lau für einen der besten deutschen Darsteller, und das sage ich nicht, weil er in unserem Film mitspielt. Dasselbe gilt für Oliver Masucci. Und wo wir jetzt schon bei „Spielmacher“ sind, hat mich auch Antje Traue voll überzeugt. Nina Hoss halte ich für eine außergewöhnliche Schauspielerin. Maria Schrader, die ja auch Regie führt, sehe ich gerne. Mit Filmen mit Moritz Bleibtreu und Jürgen Vogel bin ich quasi großgeworden. Ulrich Tukur, Ulrich Matthes, Martina Gedeck, Peter Kurth, Martin Brambach – wir haben viele gute Schauspieler/innen. In meiner Generation würde ich noch Daniel Brühl und Tom Schilling hervorheben. Edin Hasanovic und Franz Rogowski sind auch sehr stark. Ich höre jetzt mal auf…

Gibt es bereits andere geplante Projekte?

Klar, man muss ja immer viel raushauen, da die Prozesse lang sind und nicht alles „durchkommt“. Momentan konzipiere ich einen Kinderfilm, arbeite an einer Horrorfilm-Idee und tüftele mit einem befreundeten Regisseur an einer Science-Fiction-Serie. Und ich habe gerade einen TV-Krimi geschrieben.

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