Mit seinem harten Yakuza-Thriller Mr. Long hat sich der japanische Regisseur Sabu auch in westlichen Gefilden einen Namen gemacht. Bei Jam versucht er sich nun an einem ebenso harten Episodenfilm, der sich irgendwo zwischen Thriller, Drama und Komödie einpendelt. Ob diese Mischung unterhält, lest ihr in unserer Rezension.
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No data available.Worum geht’s in Jam?
Die erste der drei Geschichten handelt von dem mäßig erfolgreichen Enka-Sänger Hiroshi, dargestellt von Shô Aoyagi. Mit seiner Mischung aus Schlager und Volksmusik ist Hiroshi eher bei den Damen gehobeneren Alters beliebt. Eines Abends kommt ihm eine dieser Damen näher als ihm lieb ist und offenbart eine gefährliche Obsession.
An zweiter Stelle lernen wir Takeru kennen, dargestellt von Keita Machida. Seine Freundin liegt im Koma, offenbar ohne jede Chance auf Besserung. Daher lässt sich Takeru auf eine Art Wahrsager ein, der ihm offenbart, dass seine Freundin nur aufwache, wenn er eine bestimmte Zeit lang jeden Tag so viele guten Taten wie möglich vollbringe. Eines Tages trifft er per Zufall auf zwei Männer, die seine Hilfe benötigen. Schließlich willigt er ein und ahnt nicht, was er damit in Gang setzt.
Zuletzt gibt es da noch die Geschichte von Tetsuo (Nobuyuki Suzuki). Frisch aus dem Gefängnis entlassen, kümmert er sich rührend um seine an den Rollstuhl gefesselte Großmutter. Während er mit ihr zum Bahnhof unterwegs ist, an dem sie ihren bereits verstorbenen Gatten abholen will, bekommt er es mit den Leuten zu tun, wegen denen er offenbar im Gefängnis war.
Der Episodenfilm
Jam ist in der Basis ein klassischer Episodenfilm. Mehrere scheinbar voneinander unabhängige Geschichten werden während der Rahmenhandlung miteinander verwoben und steuern somit auf ein gemeinsames Finale hin. Berühmte Beispiele dieses Genre sind L.A. Crash, 21 Gramm und natürlich auch Pulp Fiction. Da ist es kaum verwunderlich, dass Jam recht schnell mit dem Meisterwerk von Quentin Tarantino verglichen wird. Und tatsächlich ist dieser Vergleich nicht so weit hergeholt. Denn Jam mäandert in seinen knackigen 102 Minuten fröhlich zwischen düsterem Sozialdrama und knallhartem Thriller hin und her und streut zwischendurch auch einige humoristische Passagen ein.
Als Zuschauer kann man nur erahnen, in welche absurde Situation Regisseur Sabu seine Protagonisten als nächstes stolpern lässt. Auch den wahnwitzigen Schlussakkord, in dem die drei Geschichten aufeinander zu laufen und in einem furiosen Finale kulminieren, sieht man nicht kommen. Damit reizt der Film die Prämisse des Episodenfilms nahezu perfekt aus und kann sich, zumindest strukturell, mit den großen Namen dieser Art von Film messen.
Spaß und Härte
Der japanische Regisseur Sabu, bürgerlich Hiroyuki Tanaka, ist nicht dafür bekannt leicht verdauliche Filmkost zu kredenzen. Während manche seiner Werke, wie die 2000er Drama-Thriller-Comedy-Melange Monday, nur sehr schwer greifbar und für westlichen Geschmack vielleicht eine Spur zu drüber waren, zeigte er spätestens mit Mr. Long aus dem Jahr 2017, dass er auch ruhigere Töne beherrscht. Bei Jam wählt er einen gesunden Mittelweg zwischen diesen beiden tonalen Extremen. Da kann es Mal vorkommen, dass eine Szene eine Spur zu lang auserzählt wird. Oder dass manche Figuren mit Mimik und Gestik sehr nah am Anschlag agieren. Unter dem Strich funktionieren die drei Episoden und das eindringliche Finale jedoch sehr gut zusammen und liefern genügend Schauwerte, um über die Laufzeit von 102 Minuten stets zu unterhalten.
Dabei ist Jam beileibe kein Feelgood-Movie. Obwohl es durchaus eine Menge schwarzhumorige Elemente gibt, beherbergen alle drei Episoden enorm heftige Schläge in die Magengrube – sowohl psychische als auch physische. Während man in der einen Szene ob der Tragik der Ereignisse fast eine Träne verdrückt, tischt uns die nächste Szene eine Gewaltspitze auf, bei der man als Zuschauer ob der Schmerzhaftigkeit anerkennend Luft durch die Zähne zieht. Untermalt wird dieser Ritt auf der Genre-Rasierklinge mit einem tollen Score, der neben einigen seltsam entrückten Stücken auch den Film-Ohrwurm des Todes für das Jahr 2019 zu bieten hat.
Filmisch ist Jam, bis auf eine Szene gen Ende, sowieso über nahezu jeden Zweifel erhaben. Man darf teils wunderschöne Shots bewundern, stets mit einem treffsicheren Gespür für Bildkomposition und Kamera. Auch der in unseren Breiten völlig unbekannte Cast macht seine Sache wirklich überzeugend. Vor allem Shô Aoyagi spielt die Rolle des Enka-Sängers Hiroshi so als wäre sie ihm auf den Leib geschrieben worden.
Mein Fazit zu Jam
Sicherlich erfindet Jam das Rad nicht neu. Dennoch erzählt Sabu in seinem nunmehr 16. Langfilm drei packende Geschichten und weiß diese dann auch zu einem stimmigen Schlussakkord zu verweben. Auch wenn der Plot an mancher Stelle etwas konstruiert daherkommt und die ein oder andere Szene eine Spur zu ausladend erzählt wird, darf hier auch die nicht japanophile Kinofraktion mehr als einen Blick riskieren.
Unsere Wertung:
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