In Johnny Handsome – Der schöne Johnny bekommt Titelheld Mickey Rourke durch eine Gesichtsoperation eine zweite Chance, die er nutzt, um Rache zu nehmen. Warum das auch heute noch fesselt, erfahrt ihr bei uns!
[su_youtube url=”https://www.youtube.com/watch?v=GzQB6AadbAg”]
No data available.Johnny Handsome – Handlung
Der entstellte Kleinkriminelle John Sedley (Mickey Rourke) wird von allen nur spöttisch “Johnny Handsome” genannt. Als er und sein Ziehvater Mikey (Scott Wilson) sich an einem lohnenswerten Überfall auf einen Münzhändler beteiligen, um Mikeys Bar zu retten, werden sie hintergangen. Ihre Komplizen, das Gaunerpärchen Rafe (Lance Henriksen) und Sunny (Ellen Barkin), fallen ihnen in den Rücken – Mikey wird erschossen und John landet im Gefängnis, wo er nur knapp einen Mordanschlag überlebt.
Sehr zum Missfallen von Lt. Drones (Morgan Freeman) wird dem zur Aussage unwilligen Johnny die Mitwirkung in einem Resozialisierungsprogramm angeboten. Der Chirurg Dr. Fisher (Forest Whitaker) möchte dem Gesicht Johnnys einer plastischen Operation unterziehen, um ihm eine Chance für einen Neuanfang zu geben. Nachdem die Narben verheilt sind, ist er nicht wiederzuerkennen und kann schon bald das Gefängnis unter dem Namen Johnny Mitchell verlassen. Er nimmt eine Arbeit in einer Werft an und beginnt eine Liebes-Affäre mit Donna (Elizabeth McGovern) aus dem Lohnbüro. Doch seine Gedanken kreisen immer noch um Rache. Er nimmt unerkannt Kontakt zu Rafe und Sunny auf und plant mit ihnen einen Überfall auf die Werft…
Ein Film der Gegensätze
Johnny Handsome – Der schöne Johnny ist, wie Titel und Hauptfigur sehr schön veranschaulichen, ein Film der Gegensätze. Wir haben hier auf der einen Seite den enstellten John Sedley, den alle nur “den schönen Johnny” nennen. Er ist ein kleiner Ganove, der sich mit der Hilfe seines Ziehvaters durchs Leben schlägt. Auf der anderen Seite, nach der Operation, sehen wir dann Mickey Rourke als Johnny Mitchell, er ist beinahe ein ganz neuer Mensch. Doch es sind eben nicht nur die Äußerlichkeiten, die einen Menschen ausmachen. In seinem Innern wird der Mensch durch die Umstände seines Lebens geformt.
Es ist alleine schon spannend zu beobachten, wie diese Person sich verändert. Denn mit dem neuen Gesicht erlangt Johnny ja auch eine zweite Chance, sich neu zu definieren. Mit dem neuen Gesicht, den überwundenen Sprachfehler und dem so gewonnenen Selbstvertrauen ändert sich auch seine ganze Ausdrucksweise. Und anfangs scheint er dies alles zu nutzen, um in ein bürgerliches, normales Leben einzutreten. Er sucht sich einen Job und beginnt sogar eine Liebschaft, etwas, das ihm als entstellter Gauner gar nicht möglich war. Die soziologischen Vorhersagen des Dr. Fisher scheinen sich zu bestätigen.
Doch das ist nur die halbe Wahrheit, denn auch Lt. Drones mit seiner pessimistischen, konservativen Weltsicht hat in gewisser Weise recht. Die Vergangenheit lässt einen nicht los, sie ist tief in der Psyche verankert. Obwohl Johnny sein neugewonnes Leben genießt und ihn die Liebe zu Donna wichtig ist, gibt es noch einen Teil in ihm, der die Rechnung mit Rafe und Sunny begleichen will. Sei es nicht für ihn, dann für seinen toten Freund.
Mehr ruhig und düster, denn reißerisch
Regisseur Walter Hill ist bekannt für eher action-orientierte Filme, doch bei Johnny Handsome nahm er sich ungewohnt zurück. Es gibt zwar zwei Action-Setpieces, doch das Finale offenbart einen Standoff, der zuerst mit Worten ausgefochten wird, bevor die Waffen kurz, aber laut sprechen. Der Film ist kein oberflächlicher, reißerischer Rache-Thriller, sondern offenbart in der Zerissenheit seiner Hauptfigur tatsächlich Potenzial für mitreißendes Charakter-Drama, was gerade in der Interaktion mit Donna deutlich wird. Dies nutzt Hill allerdings nur soweit, dass er seinem Star Mickey Rourke, damals wohl auf dem Zenit seines Schaffens, Raum bietet, um sein Schauspiel zu entfalten. Sein Hauptaugenmerk gilt aber der Entwicklung der Geschichte, die seinen Protagonisten zum Point of no Return führt.
Je weiter die Laufzeit voranschreitet, unser Protagonist sein Netz auswirft und der Film damit Spannung aufbaut, desto bedrückender macht sich der Fatalismus breit, der seinen Weg vorzuzeichnen scheint. Man könnte Walter Hill jetzt vorwerfen, damit die konservative Ansicht zu vertreten, nach welcher Resozialisierung nicht funktioniert. Doch das wäre etwas sehr kurz gedacht. Denn dann würde er sich in die Gedankenwelt des von Morgan Freeman hervorragend verkörperten Lt. Drones begeben, der jedoch durch und durch negativ gezeichnet ist. Die Geschichte zeigt sehr wohl auf, dass die Theorien von Dr. Fisher, als Optimist mit Forest Whitaker natürlich perfekt besetzt, durchaus Hand und Fuß haben.
Das neue Gesicht, der feste Job und der neue Umgang in persona von Elizabeth McGovern als Donna üben einen nicht zu übersehenden positiven Einfluss auf den ehemaligen Verbrecher aus. Doch es gehört halt mehr dazu als ein menschliches Antlitz und eine gesellschaftlich akzeptierte Stellung, um einen Menschen von Grund auf zu ändern. Vor allem, wenn einen die dunkle Vergangenheit, im Film sehr schön versinnbildlicht durch den Schauplatz New Orleans, auf Schritt und Tritt begleitet.
Macher und Ensemble von Johnny Handsome
Nach dem mit Western-Anleihen gespickten Thriller Ausgelöscht (1987) und der Buddy-Actionkomödie Red Heat (1988) mit James Belushi und Arnold Schwarzenegger war Johnny Handsome Walter Hills dritter Film in Folge, der die Erwartungen am US-Box-Office nicht erfüllen konnte. Es ist daher kein Wunder, dass er hiernach wieder auf Nummer Sicher ging und mit Und wieder 48 Stunden (1990) eine Fortsetzung seines großen Buddy-Action-Hits von 1982 drehte.
Dabei präsentiert sich der Regisseur selbst hier in Bestform, erzählt eine spannende Geschichte über zweite Chancen und Fesseln der Vergangenheit. Das Drehbuch nach einem Roman von Jon Godey (Stoppt die Todesfahrt der U-Bahn 1-2-3) erweist sich als fettfrei und nuanciert, die Inszenierung als straight und pointiert. Auch die beiden großen Action-Szenen sind von erwartbar hoher Qualität, zeichnen sich durch dynamischen Schnitt und ein Auge für unangenehme, auch mal blutige, Details aus.
Mickey Rourke hatte, wie schon erwähnt, damals seine wohl beste Zeit, auch wenn sich das nicht immer in Kinohits niederschlug. Heutige Klassiker wie Rumble Fish (1983), Im Jahr des Drachen (1985) oder auch Angel Heart (1987) wurden damals von Kritikern wie Publikum oftmals verschmäht. Er bringt mit wenig Aufwand eine ganze Bandbreite an Emotionen ein. Das Make-up für den entstellten Johnny wurde übrigens vom selben Team entwickelt, das schon für Die Maske (1985) mit dem Oscar ausgezeichnet wurde.
Auch das Ensemble um den Star herum ist hochkarätig. Ellen Barkin darf hier mal die bösartige Schlampe geben, was ihr sichtlich Spaß macht. Morgan Freeman, Forest Whitaker und Lance Henriksen sind, wie immer, eine sichere Bank. Mikey wird vom letztjährig verstorbenen Scott Wilson (The Walking Dead) verkörpert. Einzig Elizabeht McGovern fällt ein wenig ab, was aber auch an ihrer Figur liegt, die kaum Raum bietet sich auszuzeichnen.
Unser Fazit zu Johnny Handsome
Auf eine HD-Premiere des Films musste man hierzulande lange warten. Das liegt wohl auch daran, dass Johnny Handsome – Der schöne Johnny auf vielen Märkten eher stiefmütterlich behandelt wird. Und das ist etwas, das dieser durchaus fesselnde Film nicht verdient. Leider ist der zugrundeliegende Scan als eher minderwertig zu betrachten. In helleren Szenen sieht das Bild recht gut aus, während dunklere und vor allem Szenen mit starkem Kontrast sehr unnatürlich und auch mal unscharf wirken. Allen diesen Szenen ist gemein, dass das Filmkorn viel zu stark in den Vordergrund tritt. Der Ton macht da schon einen etwas besseren Eindruck, auch wenn man auf einen Upmix verzichtet hat.
Sei es, wie es ist, für Fans von Walter Hill und Mickey Rourke ist Johnny Handsome wohl trotzdem unverzichtbar und in seiner schönen Aufmachung als Mediabook sicherlich eine Anschaffung wert. Es ist nur schade, dass diesem feinen Film keine bessere Abtastung und Restaurierung gegönnt wurde.
Das Mediabook von Koch Films mit Blu-ray und DVD ist am 8. Oktober 2020 im Handel erschienen!
Unsere Wertung:
© Koch Films