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Jugend ohne Gott

Die Zukunft Deutschlands. Die Gesellschaft ist räumlich in Klassen getrennt. Jedes Jahr gibt es ca. 5 Plätze auf den Vorzeige-Unis und die sind hart umkämpft. Unmenschlich hart umkämpft.

TitelJugend ohne Gott
Jahr2017
ProduktionslandDeutschland
RegieAlain Gsponer
DrehbuchAlex Buresch, Matthias Pacht
GenreDrama
DarstellerAlicia von Rittberg, Emilia Schüle, Anna Maria Mühe, Jannis Niewöhner, Fahri Yardim, Livia Matthes, Jannik Schümann, Genet Zegay, Damian Thüne, David Meier, Iris Berben, Rainer Bock, Katharina Müller-Elmau, Hauke Petersen
Länge 114 Minuten
FSK Ab 12 Jahren freigegeben
Verleih Constantin Film
Cover zu "Jugend ohne Gott"
Cover zu „Jugend ohne Gott“ by ©Constantin Film

Story

Deutschland in der Zukunft. Das Land ist in mehrere Sektoren aufgeteilt, wobei die Leistungsträger streng von den Leistungsempfängern abgeschirmt werden. Bürger, die ihren Sektor ohne Genehmigung verlassen, gelten als sogenannte „Illegale“. Nur die Leistungsträger haben etwas zu sagen und die Chance auf eine gute Bildung. Und so schreibt die Rowald-Company nur sehr wenige Plätze an den 5 weltweiten Elite-Unis aus. Rowald ist ein führendes Unternehmen, das nur die allerbesten Absolventen für gut genug hält, für sie zu arbeiten.

Die Jahrgangsbesten werden in ein Camp in den Bergen geschickt, wo sie verschiedene Aufgaben erfüllen müssen und dafür in einem Punkte-System bewertet werden. Es werden Fähigkeiten wie Charakterstärke, Führungskraft, körperliche Fitness oder Einsatzwillen geprüft.

Zach ist ein talentierter Schüler, der jedoch auch eine starke soziale Ader hat und sich für die Benachteiligten einsetzt. Das ist in dem Leistungsbasierten System natürlich nicht gern gesehen und so stößt er auf allerlei Wiederstand. Er wird mit der sehr ehrgeizigen Nadesh in ein Team gesteckt und sofort entstehen starke Reibereien. Ihm ist das komplette System zuwieder und so steckt er seine Energie lieber in die Intensivierung des Kontaktes zu der „Illegalen“ Ewa, die in den Wäldern lebt.

Natürlich muss alles streng geheim bleiben, doch durch die „Rund-um-die-Uhr-Überwachung“, die Zwietracht zwischen den Anwärtern und dem, was alles auf dem Spiel steht, gerät schon bald alles völlig aus dem Ruder. Bis es irgendwann das erste Todesopfer gibt.

Jannis Niewöhner als "Zach" auf dem Weg zum Camp in "Jugend ohne Gott"
Jannis Niewöhner als „Zach“ auf dem Weg zum Camp in „Jugend ohne Gott“ von ©Constantin Film

Cast

Jannis Niewöhner gibt den intelligenten und zugleich sehr sozial eingestellten „Zach“. Er wird von den Rowald Verantwortlichen kritisch gesehen, da er Dinge hinterfragt und wegen des Todes seines Vaters, psychisch labil ist. Generell hat er aber einen starken Charakter. Er weiß genau was er will und geht dafür auch Risiken ein. Niewöhner verkörpert diese vielschichtige Persönlichkeit absolut glaubhaft und verleiht ihm auch eine sympathische Aura.

Sein Gegenstück, die ehrgeizige und auch eher linientreue Mitbewohnerin „Nadesh“ wird von Alicia von Rittberg gespielt. Sie fühlt sich zu „Zach“ hingezogen, doch verurteilt dessen Haltung und möchte daher möglichst viel über ihn heraus finden, um ihn besser verstehen zu können. Sie wird generell als etwas nervig dargestellt und der Zuschauer freut sich, wenn „Zach“ sie mal wieder abgehängt hat.

Emilia Schüle wuselt auf der Leinwand als die mysteriöse „Ewa“ umher und stellt dabei sowohl „Zach“, als auch den Zuschauer vor die Frage, was denn nun genau so schlecht an den „Illegalen“ ist und wo genau die Grenze verläuft und vor allem…warum überhaupt? Mit ihrer Mimik und der Dunkelheit des Waldes, erzeugt Schüle in ihrer Screentime stets Neugierde auf das, was jenseits der Norm liegt.

Zu guter Letzt haben wir noch zwei der Funktionäre, Anna Maria Mühe als „Loreen“ und Fahri Yardim als der Lehrer. Während Loreen kühl und analytisch die Schüler auswählt, einteilt und beurteilt, schlummern in dem Lehrer noch einige soziale Kompetenzen. Er setzt sich sehr für seine Schüler ein, unter anderem für „Zach“. Doch auch er hat nur begrenzen Spielraum. Auch weil „Loreen“ alles, was nicht nach Plan läuft, mit Hingabe auf Linie bringt. Mühe ist schon bald der Feind des Zuschauers und sie strahlt einfach auch so eine gewisse Kälte aus. Der Lehrer dagegen ist während des kompletten Films absoluter Sympathieträger. Eine Rolle, die Yardim wie auf den Leib geschneidert ist.

Alicia von Rittberg als "Nadesh" spioniert ihrem Mitbewohner hinterher in "Jugend ohne Gott"
Alicia von Rittberg als „Nadesh“ spioniert ihrem Mitbewohner hinterher in „Jugend ohne Gott“ von ©Constantin Film

Schauplätze

Das meiste der Handlung findet im Camp in den Bergen statt. Hier leben die Bewohner in bungalowähnlichen Zelten. Diese wirken zwar recht luxoriös, doch in Anbetracht des Tagesprogrammes dort, tut das nicht wirklich etwas zur Sache. Dazu sind sie sehr spartanisch eingerichtet. Weit und breit sieht man nur Gebirge und ein Gefühl der Abgeschiedenheit macht sich breit.

Darüber hinaus sieht man die Rowald Zentrale ein paar mal, diese ist großzügig gestaltet und hell, doch durch die unmenschlichen Führungskader dort, setzt dennoch ein eher beklemmendes Gefühl ein.

Auch in den Sektoren der Leistungsempfänger spielt sich einiges ab. Was man dort sieht, erinnert stark an die Gosse von Gotham City und der Schüleralltag dort, lässt jede noch so gruselige Reportage aus deutschen Problemschulen, wie ein Bällchenparadies von Ikea wirken.

Gedreht wurde bei Garmisch-Partenkirchen und dem UNESCO-Welterbe „Grube Messel“. Darüber hinaus in Frankfurt am Main, für die Stadtkulisse, im Kongresszentrum Darmstadt, um eine Rowald Zentrale zu erhalten und bei Kletterfelsen in Poppenhausen.

Insgesamt dauerten die Dreharbeiten 2 Monate.

Emilia Schüle & Jannis Niewöhner als "Ewa" & "Zach" in "Jugend ohne Gott"
Emilia Schüle & Jannis Niewöhner als „Ewa“ & „Zach“ in „Jugend ohne Gott“ von ©Constantin Film

Form

Auffällig ist hier vor allem der Erzähl-Stil. So wird die gesamte Story mehrmals wiederholt gezeigt, jeweils aus der Perspektive eines anderen Protagonisten. So erschließen sich jedes mal neue Sichtweisen und Informationen, die am Ende ein komplettes Puzzle ergeben. Doch bis dahin dauert es einige Zeit und der Zuschauer rätselt mit. Bis fast ganz zum Ende ist nicht klar, was genau gespielt wird.

Kamera und Schnitt sind gut eingesetzt, gerade durch den Erzähl-Stil. Immer neue Perspektiven eröffnen sich und auch während der einzelnen Erzählstränge wird die Kamera effektiv und künstlerisch eingesetzt. Sie verdeckt viele Dinge, die erst beim nächsten oder übernächsten Mal sichtbar werden.

Der Soundtrack ist modern. In manchen Momenten vll. etwas unpassend, aber das ist nur meine persönliche Empfindung.

Anna Maria Mühe & Fahri Yardim als "Loreen" & "Lehrer" in "Jugend ohne Gott"
Anna Maria Mühe & Fahri Yardim als „Loreen“ & „Lehrer“ in „Jugend ohne Gott“ von ©Constantin Film

Hintergrund

„Jugend ohne Gott“ basiert auf dem gleichnamigen Roman von Ödön von Horvath von 1937. Dort geht es jedoch mehr um das Thema Rassismus.

Der Film wurde vom „FilmFernsehFonds Bayern“ mit 1 Mio. Euro gefördert, dazu steuerte der „Deutsche Filmförderfonds“ weitere 800.000 Euro bei. Auch „HessenInvest Film“ und die „FFA“ beteiligten sich finanziell.

Aus zeitgeschichtlichen Gründen versetzte Gsponer die Geschichte in die Zukunft. Die Jungend muss sich heute eher mit Erfolgsdruck und der Überwachung auseinander setzen als mit dem Faschismus früherer Tage.

Und genau diese Themen werden in den Vordergrund gerückt. Nur wer unmenschlich und nicht emotional handelt, kann etwas werden. Es zählt nur das reine Ergebnis, die Punktetafel. Wer nicht mitzieht, bleibt auf der Strecke, wer denjenigen hilft, im Zweifel ebenfalls. Es ist kein Platz für Schwächen und die Dinge, die uns Menschen ausmachen, werden als genau so etwas gesehen. Die Überwachung ist allgegenwärtig und steht nicht zur Diskussion. Auch Mitglieder des Systems, die Dinge hinterfragen, sind unerwünscht. Entschuldigt wird das alles mit dem „Großen Ganzen“.

"Zach" steht vor seiner Leistungsbeurteilung in "Jugend ohne Gott"
„Zach“ steht vor seiner Leistungsbeurteilung in „Jugend ohne Gott“ von ©Constantin Film

Genre & Fazit

„Jugend ohne Gott“ hat bereits im Vorfeld von sich reden gemacht, da die Thematik doch etwas polarisiert. Zum einen wurde sie mit der NS-Vergangenheit assoziiert und zum anderen ist sie top aktuell. Rundumüberwachung, implantierte Tracking-Goodies, Drohnen, genauestens aufgeschlüsselte Bewertungsprogramme, die jede noch so kleine Anomalie sofort aufzeigen, das finden wir bereits heute in vielen Bereichen unseres Lebens. Zum Teil offensichtlich. Zum Teil merken wir es nicht.

In dieser Hinsicht reizt der Film sicherlich und auch in zwischenmenschlichen Aspekten zeigt er einige Problematiken auf. So ist das ein oder andere Zusammenspiel zweier unterschiedlicher Weltanschauungen, doch recht interessant zu betrachten. Die Story würde ich daher als durchaus reizvoll und gelungen ansehen. Untermalt wird das noch durch den unkonventionellen Erzählstil, der mir sehr gut gefallen hat.

Der Cast ist noch sehr jung und auch eher unbekannt. Alle spielen ihre Rollen solide bis gut, ohne jedoch großartig aufzufallen bzw. im Gedächtnis zu bleiben. Das liegt aber auch daran, dass das Individuum in dieser Gesellschaft nichts zählt und so auch kaum heraus gehoben wird. Von Rittberg, Schüle und Yardim haben mir von allen am besten gefallen.

Die Optik und Schauplätze sind absolut stimmig und passen ins Gesamtkonzept. Ob die großen, kalten Bauten der Reichen und Mächtigen, das idyllische Bergdorf oder die heruntergekommenen Sektoren der Leistungsempfänger. Jeder Bereich wurde mit einem bestimmten Gefühl versehen und dieses wurde auch gut verstärkt.

Es gibt leider auch einige kleine Schwächen. So wird Rundum-Überwachung sugeriert, die aber zu oft ausfällt, gerade an wirklich wichtigen Handlungspunkten. Dazu geschehen einige Persönlichkeitsänderungen oder überraschende Momente einfach zu plötzlich und nicht genug begründet.

Insgesamt würde ich „Jugend ohne Gott“ dennoch weiter empfehlen, da die Thematik einfach sehr interessant und die Inszenierung durchaus gelungen ist.

Hier die Bewertung der MovicFreakz – Redaktion:

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Hier könnt Ihr den Film selbst bewerten:

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© Constantin Film

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