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Djemila und Luc kommen sich näher in Le sel des larmes

Le sel des larmes

Regisseur Phillipe Garrel ist ein Urgestein des französischen Kinos. Der neue Film des bereits seit den 60ern aktiven Filmemachers feiert auf der diesjährigen Berlinale seine Premiere und entsprechend wurde der für den Goldenen Bären nominierte Le sel des larmes mit Spannung erwartet. Wie gelungen er geraten ist, könnt ihr im Folgenden lesen.

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TitelLe sel des larmes
Jahr2020
LandFrankreich, Schweiz
RegiePhillipe Garrel
DrehbuchPhilippe Garrel, Jean-Claude Carrière, Arlette Langmann
GenreDrama, Romanze
DarstellerLogann Antuofermo, Oulaya Amamra, André Wilms, Louise Chevillotte, Souheila Yacoub, Martin Mesnier, Teddy Chawa, Aline Belibi
Länge100 Minuten
FSKnoch nicht bekannt
Verleihnoch nicht bekannt
Der Regisseur von Le sel des larmes
Regisseur Phillipe Garrel am Set von Le sel des larmes © RECTANGLE PRODUCTIONS – CLOSE UP FILMS

Worum geht es in Le sel des larmes?

Luc fährt für die Aufnahmeprüfung der Kunsttischlerschule Boulle nach Paris. An der Bushaltestelle fragt er ein für ihn attraktives Mädchen nach dem Weg und folgt ihr daraufhin im Bus, bis er sie schließlich um ein Date bittet. Beide entwickeln Zuneigung, doch Luc muss wieder zurück in seine Heimat. Dort begegnet er einer alten Schulfreundin, mit der er ebenfalls ein Verhältnis beginnt. Als er schließlich auch noch Betsy kennenlernt, die ihn mit ihrer aufbrausenden und zugleich lockeren Art verzaubert, findet sich Luc im Zentrum zwischen drei Frauen wieder und kann und will keine Entscheidung treffen. Liebt er diese Frauen wirklich? In welchem Verhältnis stehen sie zu ihm? Luc hinterfragt sein Verständnis von Liebe und den Frauen, während er sich unweigerlich irgendwann entscheiden muss.

Djemila und Luc kommen sich näher in Le sel des larmes
Djemila (Oulaya Amamra) und Luc (Logann Antuofermo) kommen sich näher in Le sel des larmes © RECTANGLE PRODUCTIONS – CLOSE UP FILMS

Es lebe die Nouvelle Vague!

Von der ersten Sekunde an ist zu spüren, wie stark der alteingesessene Regisseur Phillipe Garrel den Charme und Stil vergangener Filmzeitalter wiederbeleben möchte. In körnigem Schwarz-Weiß baut er mithilfe geschickter Lichtsetzungen die typische Stimmung eines klassischen Streifens der Nouvelle Vague nach. Selbst die markante Verwendung von Voice-Over-Elementen lässt sich ausmachen. Wer sich also in solch einer Ästhetik verlieren kann, dem dürfte Le sel des larmes durchaus gut gefallen. Dazu gesellen sich außerdem auch typisch französischer Dialoge, in denen es um freie Liebe, sinnliche Erfahrungen und nicht zuletzt das ganz große Gefühl geht. Garrel beschwört nostalgisch die alten Zeiten herauf und will ihnen mit seinem neuen Streifen ein Denkmal setzen. Dieser fühlt sich in der Tat so an, als hätte er in dieser Art auch bereits vor 50 Jahren realisiert werden können, auch wenn die Handlung in Jahre 2019 angesiedelt ist.




Doch auch abseits der augenscheinlichen Ästhetik orientiert sich der Regisseur an den klassischen Themen des französischen Films. Insbesondere die Liebe und deren freie Formen werden hier behandelt. Luc ist hin und hergerissen zwischen nicht nur zwei, sondern gleich drei Frauen, in denen er jeweils einen Reiz findet. Sei es die Naivität und Schüchternheit von Djemila, die Kindheitserinnerungen und Heimatverbundenheit von Geneviève oder das von Betsy verkörperte aufregende Großstadtleben – Luc möchte alles haben. Garrel inszeniert die Beziehungen zu diesen drei Frauen auch durchaus unterschiedlich, weshalb die einzelnen Geschichten und das Wecken von Interesse an allen drei Figuren durchaus funktioniert. Der Regisseur arbeitet erneut sein bereits mehrfach unter Beweis gestelltes Gespür für eine sinnliche, vielfältige, aber dennoch zurückhaltende Inszenierung heraus. In den einzelnen Momenten kann Le sel des larmes daher durchaus überzeugen und die Handlung mit viel Charme vermitteln.

Genevieve und Luc in Le sel des larmes
Auch Geneviéve (Louise Chevillotte) hat sich in Luc verliebt in Le sel des larmes © RECTANGLE PRODUCTIONS – CLOSE UP FILMS

Schwierige Rollenbilder

Dennoch ist der Streifen aus heutiger Sicht kritisch zu betrachten. Die Frauen und ihre Reize bilden das fast ausschließliche Interesse von Lucs Welt. Die Ausbildung in Paris scheint seinem Vater wichtiger zu sein, als ihm selbst. Daher ist die Perspektive, aus der der Film heraus erzählt wird, eine zutiefst männliche. Garrel inszeniert die Reize der Frauen mit solcher Inbrunst, wie man es aus dem heutigen Kino kaum noch kennt. Angesichts des vielfältigeren Blicks auf die Frauenwelt in unserer modernen Gesellschaft ist dies auch nicht weiter verwunderlich. Lucs Frauen werden auf ein Begehren seinerseits reduziert und dadurch schon fast versachlicht, was aus heutiger Perspektive ein durchaus kritisch zu betrachtendes Bild zeichnet. Garrel, der auch am Drehbuch mitgewirkt hat, erzählt die Geschichte eines überaus selbstbezogenen jungen Mannes und vergisst dabei diesen Aspekt kritisch zu kommentieren.

Sexismus muss man Garrel zwar nicht zwangsläufig vorwerfen und dennoch problematisiert der Streifen gewisse Aspekte der Beziehungen von Frauen und Männern zu wenig. In vielen Situationen verhält sich Luc überaus unverantwortungsbewusst seiner Partnerin gegenüber und dennoch verfallen sie alle seinem Charme. Es ergibt sich das Bild eines Mannes auf der Suche nach echter Liebe und eine Frau alleine könne diese nicht bieten. In Konsequenz kann es nur die Gesamtheit der Frauen sein, die für Luc interessant ist. Gleichzeitig gefällt sich Luc und auch der Film in seiner Darstellung der schmachtenden Frauen. Damit ist nicht nur der Charakter des Protagonisten fast schon egomanisch, sondern leider auch der Film. Inwieweit sich Garrel dessen bewusst ist bleibt bis zum Ende von Le sel des larmes fraglich. Auf jeden Fall fällt die Darstellung von polygamen Weltanschauungen zu unreflektiert aus.

Betsy und Luc in Le sel des larmes
Betsy (Souheila Yacoub) mit Luc in Le sel des larmes © RECTANGLE PRODUCTIONS – CLOSE UP FILMS

Vertane Chance

Dabei bietet die aufgebaute Ausgangssitution durchaus die Möglichkeiten, den Protagonisten auf die Reise eines Gesinnungswandels (zum Guten oder zum Schlechten) zu schicken. An dieser Stelle kommt der Streifen allerdings zu einem überraschenden und abrupten Ende, welches sich in seiner dramaturgischen Funktion nur schwer deuten lässt.  Damit setzt Le sel des larmes einen überaus unpassenden Schlusspunkt, der den aufgebauten Optionen ein Brett vor den Kopf schlägt und überhasteter nicht hätte daherkommen können. Da ist man von Garrels bisherigen Filmen und auch den großen französischen Filmen, in dessen Gestus er hier arbeitet, bereits deutlich mehr Tiefe gewohnt. Gerade deshalb hinterlässt der Streifen einen faden Beigeschmack, der sich nicht so einfach wegspülen lässt. Dennoch kann man sämtlichen Darstellern und Darstellerinnen keinen Vorwurf machen, denn diese können durch die Bank überzeugen. Lediglich die immer wieder eingeworfene Klavierbegleitung wirkt zuweilen etwas zu dick aufgetragen und will manchmal nicht recht in die stimmige Atmosphäre passen.

Lucs Vater in Le sel des larmes
Lucs Vater (André Wilms) in Le sel des larmes © RECTANGLE PRODUCTIONS – CLOSE UP FILMS

Unser Fazit zu Le sel des larmes

Alles in allem ist Le sel des larmes ein durch und durch französischer Film. Es geht um die Liebe und die Frauen. Garrel beschwört den Charme des alten französischen Kinos erneut herauf, dem man sich durchaus genussvoll hingeben kann. Allerdings bleibt der Regisseur nicht nur formal in vergangenen Zeiten verhaftet, sondern leider auch inhaltlich. Gäbe es in der Handlung keine Handys oder Flat-Screens, so könnte man meinen, der Filme wäre bereits um die 50 Jahre alt. Trotz einiger raffinierter und witziger Dialoge bleibt der Streifen leider zu sehr in der Vergangenheit verankert, als dass er eine moderne, interessante Geschichte erzählen könnte. So weiß man gegen Ende nicht so richtig, was man mit Garrels neustem Werk anfangen soll. Einerseits im schönen, nostalgischen alten Stil und andererseits altbacken. Wer das klassische französische Kino allerdings mag, kann möglicherweise ein solides Kinoerlebnis erhalten.

Unsere Wertung:

 

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