Wer bei Look Away einen Horrorfilm erwartet, der mag enttäuscht sein. Wer sich jedoch auf einen hintergründigen Psychothriller einstellen kann, der wird hier schon eher auf seine Kosten kommen.
No data available.“Sie haben es verdient. Sie alle.”
Die Story von Look Away
Die 18-jährige Maria (India Eisley) ist die Tochter des vermögenden, strengen und anerkannten Chirurgen Dan (Jason Isaacs). Ihm stößt es sauer auf, dass sich seine Tochter scheinbar keine Mühe mit ihrem Aussehen gibt und kein Interesse zeigt, ein soziales Umfeld aufzubauen. Zu allem Überfluss wird sie in der Schule gemobbt und das einzige Mädchen, zu dem sie so etwas wie eine Beziehung pflegt, ist lediglich dem Anschein nach ihre Freundin. Da sie auf das Verständnis ihrer Eltern nicht bauen kann, zieht sie sich immer weiter zurück und wird von Tag zu Tag lethargischer.
Dies soll sich jedoch rasch ändern, als ihr eines Tages ihre verstorbene Zwillingsschwester im Spiegelbild erscheint. Nach anfänglichem Misstrauen glaubt sie endlich jemanden gefunden zu haben, dem sie ihre Gefühle anvertrauen kann und von dem sie sich verstanden fühlt. Nach und nach beginnt ihre Schwester jedoch, die Kontrolle über Maria zu erlangen. Ihre innersten Begierden und ihr tiefsitzender Hass treten zum Vorschein und schon bald ist es nicht mehr Maria, sondern ihr Umfeld, das vor Angst erzittert.
Spieglein, Spieglein an der Wand
“Ich bin überall, wo du bist.”
Maria besitzt kein wirkliches soziales Umfeld, hat keine richtigen Freunde und kommt einfach nicht aus ihrem Schneckenhaus heraus. Sie ist ein Mauerblümchen, wie es im Buche steht. Hinzu kommt noch, dass ihre eigenen Eltern sie für verkorkst halten, sie nicht ausreden lassen oder ernst nehmen und ihre Selbstzweifel somit nur noch weiter schüren. Vor allem ihr Vater, ein renommierter Schönheitschirurg, macht Marias Leben durch seine abfällige, oberflächliche und untreue Art zur wahren Hölle. Er interessiert sich nur für seine Reputation als Chirurg. Seine Tochter ist ihm mit ihrem zurückhaltenden Verhalten und dem nach seinen Maßstäben ungepflegtem Aussehen peinlich.
Jason Isaacs (A Cure for Wellness, The OA) spielt seine Rolle mit dem für ihn typisch eiskalten und überaus kontrollierten Charisma hervorragend. Der von dem Zuschauer und Maria empfundenen Antipathie setzt er mit der in seiner Stimme stets mitschwingenden Arroganz zudem die Krone auf. Look Away gelingt es schnell, eine schaurige Atmosphäre aufzubauen und einen wunderbaren Erzählfluss zu entwickeln. Dabei lebt der Streifen nicht im geringsten von offen visualisierter Gewalt oder sonstiger Effekthascherei, sondern von seiner psychisch geschundenen Protagonistin und ihrem perfiden Umfeld.
Der Teufel auf der Schulter
Ein weiterer Aspekt, der dem etwas aufmerksameren Zuschauer in Look Away eine wahre Freude bereiten kann, ist die Hintergründigkeit des Spiegelbildes. Das Spiegelbild ist hierbei als Sinnbild für Marias unterdrückten Hass und ihre versteckten Begierden zu betrachten. Ihr Spiegel-Ich verspricht ihr auf suggestive Weise, Marias Traurigkeit zu nehmen und die ihr auferlegten Ketten zu sprengen. Doch schlussendlich lehrt sie Maria, wie wichtig es sein kann, das eigene tiefsitzende Verlangen bis zu einem gewissen Punkt unterdrückt zu lassen.
Eine Lehre, die sie schmerzlich am eigenen Leib erfahren muss. India Eisley gelingt es dabei fabelhaft, gleich zwei Charaktere zur selben Zeit zu spielen. Somit sei also empfohlen, dass man auf jeden Fall weiterhin ein Auge auf die Karriere der jungen US-amerikanischen Schauspielerin werfen sollte. Letztendlich bleibt vor allem die Frage offen, ob Maria von dem Geist ihrer verlorenen Zwillingsschwester heimgesucht wird oder ob sie schlichtweg unter einer dissoziativen Identitätsstörung leidet. Eine spannende Frage, die der Film erfreulicher Weise offen lässt.
Mehr Psychothriller als Horror
Wer sich den Klappentext des Films durchliest und die Trailer anschaut, der mag den Eindruck bekommen, Look Away wäre ein Horrorfilm. Doch weit gefehlt! Der Streifen ist weit davon entfernt, eine schlichte Highschool-Horror-Geschichte mit irgendwelchen Dämonen zu erzählen. Hier und da werden zwar einige wirklich schaurige Szenen eingestreut, doch der Grundtonus geht nie über eine beklemmende Spannung hinaus.
Die Parallelen zu Carrie sind zwar unverkennbar. Dennoch ist zu keiner Zeit ein fader Beigeschmack zu bemerken, als würde einem hier dieselbe Thematik noch einmal vorgekaut werden. Dafür würzt Regisseur Assaf Bernstein seinen Streifen mit einer ganz eigenen Hintergründigkeit und Bildsprache.
Unnötig verschenktes Potential
Leider nimmt sich Look Away schon in seinem ersten Bild, das zwei Kinder im Mutterleib auf einem Ultraschallbild zeigt, einiges an Überraschungspotential. Es sind gerade die Überraschungen, die dem Streifen hinten heraus noch etwas gefehlt hätten. Der letzte Feinschliff bleibt ihm somit leider verwehrt. Auch hat es natürlich etwas ziemlich Befriedigendes, zu sehen, wie die fiesen Mobber und der schreckliche Vater ihr Fett weg kriegen. Zumindest bis zu einem gewissen Grad versteht sich. Doch da zumindest Marias Mobber in der Schule größtenteils leider nur aus Stereotypen bestehen, ist die Freude an der Rache nur von kurzer Dauer. Hier wäre es also wünschenswert gewesen, hätte man etwas originellere Motive und Ausgangslagen kreiert.
Mein Fazit zu Look Away
Assaf Bernsteins Psychothriller Look Away trumpft mit astreiner Kameraarbeit, wirklich tollen Darstellern und einer schaurigen Atmosphäre auf. Der Film ist dabei unbedingt eher als Psychothriller, denn als Horrorfilm zu sehen und verknüpft den Aspekt der verstorbenen Zwillingsschwester hinter dem Spiegel raffiniert und hintergründig mit dem Leben seiner Protagonistin.
Look Away ist ab dem 22. Februar 2019 als DVD und Blu-ray erhältlich!
Unsere Wertung:
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