Selbst Filme zu drehen ist für viele ein Traum. Ein Traum, der greifbarer ist, als man glauben mag.
Ein Film in unserem Kopf
Wer Filme liebt, der hatte sicher auch schon einmal eine Idee für ein Drehbuch, eine coole Figur oder den perfekten Song für eine einzelne Szene. Doch die Wenigsten von uns stellen sich jemals vor oder hinter die Kamera, um ihre Ideen Wirklichkeit werden zu lassen. Immerhin können wir nicht alle Quentin Tarantino oder Kevin Smith sein. Und überhaupt, die Kosten für einen Film sind ja in der Regel gigantisch, man braucht Schauspieler, Kostüme, Kulissen, etc..
Low-Budget-Selbstverwirklichung
Ausreden! Alles Ausreden! Denn weltweit gibt es Menschen, die sich eine Kamera schnappen und diese Hindernisse in Do-it-youself-Manier zur Seite wischen. So gelangte in den letzten Jahren z. B. Wakaliwood zu einiger Aufmerksamkeit. In Wakaliga einem kleinen Slum in Uganda entstehen ultragewaltätitge Low-Budget Actionfilme, die es inzwischen sogar zum Seattle International Filmfestival geschafft haben. Doch um Low-Budget Blockbuster aller Art zu sehen, muss man nicht erst ins ferne Wakaliwood reisen. Nein, auch im wilden Osten der Bundesrepublik herrscht die Filmleidenschaft.
Straight outta Sachsen
Der in Sachsen ansässige Filmemacher Urlag stellt in unregelmäßigen Abständen kleinere Machwerke auf seinen Youtube Kanal UrlagEntertainments. Dabei bedient er diverse Genres, vom Kriegsfilm, über Parodien, bis hin zur eigenen Endzeitserie. Dieses Jahr baute er sogar eine kleinere Version des ikonischen Mad Max Autos, den Interceptor, für seine Filme nach. Zwar diente ihm als Basis dafür kein Ford Falcon, sondern ein Ford Capri, doch der Capricepter zieht auch mit dem Klang eines V6-Motors einen jeden Endzeitfan in seinen Bann.
Urlag selbst ist ein großer Mad Max Fan und so verwundert es überhaupt nicht, dass er im Trailer zu seinem eigenen Mad Max Fanfilm erneut in die Lederjacke eines sächsischen Max Rockatanskys schlüpft. Erneut, da er zuvor bereits einen Film unter dem Titel Mad Sax drehte. Ich hatte das Vergnügen, mit dem Kopf hinter UrlagEntertainemts ein Interview über seine Filmleidenschaft zu führen:
1) Urlag Entertainments, bedeutet der Name etwas?
Dies ist eine Frage, die ich mir durchaus auch schon selbst gestellt habe. Seit Kindertagen war „Urlag“ mein überall benutzter Username, inspiriert von Orks in „Der Herr der Ringe“ war es eine reine Wortneuschöpfung und 2005 musste dieser Name dann auch für unsere ersten Filme herhalten, das ist seitdem so geblieben, ebenso die Tatsache, dass das „s“ bei „Entertainments“ eigendlich falsch ist.
Doch ich war selbst neugierig, ob es das Wort „urlag“ nicht vielleicht doch gibt und welche Bedeutung sich dahinter versteckt. Nachforschungen haben ergeben, dass „urlag“ das mongolische Wort für „Kunst“ ist. Und im Altgermanischen war „Urlag“ das Wort für „Schicksal“ oder „Krieg“ … wenn man sich unsere Filme anschaut, muss ich doch sagen, dass es sich bei unserem Namen doch um einen guten Zufallstreffer handelt.
2) Wieviele Leute machen bei Urlag Entertainments mit?
Diese Frage ist sehr schwer zu beantworten, wir haben zwar eine kleine Stammbesatzung von einer Hand voll Darstellern, aber auch immer mal wieder einige Freiwillige oder Zwangsrekrutierte dabei. Im Grunde ist es der normale Freundeskreis, der immer mit einspringen muss. Müsste ich hier eine Zahl nennen, so würde ich irgendwas zwischen 5 und 30 sagen.
3) Wie motivierst du deine Darsteller?
Überwiegend Erpressung und Gewaltandrohung … nein, ich weiß es nicht, das läuft bei uns ganz zwanglos, wer Zeit und Lust hat, ist dabei. Das Ziel der Sache ist ja beim Dreh Spaß zu haben und etwas zu erleben, und am Ende hat man halt einen Film, den man sich auch Jahre später noch ansehen kann … dort liegt meine Motivation, und ich denke auch die meiner Darsteller.
4) Was war euer erster Film?
Eine absolut gruselige Drei-Minuten-Version eines Mafiafilmes … gefilmt mit einem Fotoapparat, Vor-und Abspann waren länger als der eigentliche Film … in keinster Weise sehenswert, maximal als historisches Belegstück. Der darauffolgende 30 minütige Zombiefilm „Pizza of the Dead“ war nicht wirklich besser.
5) Urlag Entertainments scheint „Lieblingskulissen“ zu haben, wo dreht ihr für gewöhnlich?
Am liebsten im Tagebau, oft im Wald, manchmal auf Feldern, auffällig oft im Hinterhof, hin und wieder alte Industriegelände.
5.1) Und wie findet ihr eure Drehorte?
Meist durch Zufall … man ist unterwegs und sieht eine interessante Ecke, und merkt sie sich für später. Oft richtet wir uns aber auch im Vorfeld nach dem Gelände, welches uns zur Verfügung steht.
5.2) Sind Drehgenehmigungen ein Thema?
Früher hat so etwas niemanden interessiert, heutzutage wird es gerade mit Waffen immer heißer, daher ist es aktuell so, dass wir fast nur noch ausschließlich auf Privatgelände mit Einverständnis des Eigentümers drehen.
6) Wo bekommt ihr eure Requisiten her und woraus schneidert ihr z.B. eure Kostüme?
Lumpen, Sperrmüll … der Großteil ist wirklich überwiegend irgendwie aus Abfall gebastelt … hin und wieder gibt’s mal was vom Flohmarkt oder ebay. Wir nehmen alles, solange es nichts kostet. Mittlerweile hat sich da auch ein beträchtliches Lager angehäuft.
7) Uberspast ist eine Serie wiederkehrender Filme, hast du ein spezielles Ziel für die Serie, einen Punkt zu dem die Reise gehen soll?
Aktuell ist das Ziel mit Episode 20 endlich die 2. Staffel fertigzumachen … danach gibt es grobe Pläne für eine 3. Staffel, aber das ist noch entfernte Zukunftsmusik, und ja, sicher wird es irgendwann auch zu einem abschließenden Ende kommen.
8) Wie kamst du auf den Uberspast, gibt es eine Inspirationsquelle?
Der Uberspast war mal das Nebenprodukt eines sehr sehr frühen Fallout (1+2) Fan Films. Aber der Charakter war sehr außergewöhnlich, und dadurch kam die Idee zu einer eigenen Serie. Als frühe Inspiration kann ich hier den Anime „Sunabozu – Desert Punk“ nicht verleugnen.
9) Der Capriceptor scheint bisher dein größtes Fahrzeugprojekt gewesen zu sein, aber der Fuhrpark von Urlag Entertainments ist noch größer, was hast du noch?
Ich selbst habe neben dem umgebauten Ford Capri noch einen GAZ67, durch den näheren Freundeskreis kommen noch einige andere Fahrzeuge wie ein Phänomen Granit, Trabant 601, Mopeds, Motorräder und alles mögliche andere hinzu. Hier darf man auch gespannt sein, da ist noch etwas Größeres in Planung.
9.1) Wie habt ihr die Fahrzeuge finanziert?
Naja, wir gehen halt arbeiten … so was hilft da ungemein.
10) Was kostet es einen Urlag Entertainment Film zu produzieren?
Da wir alles eigentlich komplett ohne Budget machen, kostet es überwiegend nur Zeit. Der Zeiteinsatz richtet sich dabei je nach Aufwand und Länge des Films, wobei die meisten ~10-15 min. Filme an einem Nachmittag gedreht werden. Und der Schnitt dauert dann meist ein oder mehrere Abende. Größere und aufwendigere Projekte benötigend natürlich entsprechend mehr Zeit, das kann man sehr schlecht pauschalisieren.
11) Willst du irgendwann hauptberuflich Filme machen?
Nein, ich bin noch immer der Überzeugung, dass ich das weiterhin rein als Hobby betreibe. Allerdings wäre mein Traumberuf, wenn dann wohl „Requisiteur“, aber das betrachte ich als nicht umsetzbar.
12) Gibt es eine Leitlinie hinter all deinen Projekten?
Es muss Spaß machen, und wir scheißen auf Political Correctness. Ansosnsten kann jeder gern für sich eine tiefere Bedeutung hineininterpretieren, wo keine ist.
13) Hast du einen persönlichen Liebling, unter den Urlag Filmen?
Ich glaube fast das es der „Hans mit dem Schrotgewehr“ (2012) Trailer ist … zumindest sehe ich ihn immer noch als sehr repräsentativ an.
14) Wenn du in einem Filmuniversum leben müsstest, welches wäre das?
Mad Max … auch wenn die Lebenserwartung wohl eher gering wäre, der Stylefaktor ist einfach unangefochten.
Alle Bilder in diesem Artikel wurden freundlicherweise von Urlag zur Verfügung gestellt.
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