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Jennifer Lawrence erscheint hilflos zwischen ihrem Mann und den ganzen Fremden, die sie umringen - Neu auf Netflix im August 2020

Mother! – Ein Film, zwei Meinungen

Ein Film, zwei Meinungen zum kontrovers diskutierten Film Mother! Zuerst darf Rocket Man den Film in den Himmel heben, ehe Rooster Cogburn in dann in die Hölle zieht!

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Titel mother!
Jahr 2017
Produktionsland USA
Regie Darren Aronofsky
Drehbuch Darren Aronofsky
Genre Drama, Thriller, Horror
Darsteller Jennifer Lawrence, Javier Bardem, Ed Harris, Michelle Pfeiffer
Länge 115 Minuten
FSK Ab 16 Jahren freigegeben
Verleih Paramount Pictures

Seite 1 – Autor: Rocket Man

Mother! Ein Film von Darren Aronofsky
Mother! Ein Film von Darren Aronofsky von ©Paramount Pictures

Vorab warne ich vor starken Spoilern, da in dieser Kritik gerade die Funktionsweise, Interpretation und Intention der Handlung maßgeblich Teil an der Bewertung des Films und der Wirkung auf den Zuschauer hat!

Mother! – Handlung?

Für mich gab es nie eine übergreifende Handlung in Aronofsky’s Filmen. Was es aber immer gab, waren Schnipsel und Motive, Metaphern und Symbole, die es zu einer eigenständigen Handlung geschafft haben. Trotzdem ergibt es für den wahrlich interessierten Zuschauer immer einen Sinn, überanstrengt den einen oder anderen. Wer interpretieren mag, wird an Mother! und seiner psychisch-einnehmenden, intensiven Darstellung nicht vorbeikommen!

Viele, darunter auch Ich, leben doch für das Gefühl, vollkommen überfordert und beinahe terrorisiert zu werden, wenn die Klänge und Bilder auf der Leinwand, eine Sprache sprechen, die sich unserem Verstand entzieht. Aronofsky erschafft in „mother!“ so ein Gefühl. Ein Gefühl der Fremdheit. Und zwar zwischen Lawrence und Bardem. Mann und Frau. Der Sinnhaftigkeit halber, verbleibe ich bei den Namen der Schauspieler, da die meisten Figuren ohne Namen bleiben.

Es findet eine 115 minütige Entfremdung zwischen diesen und anderen Charakteren und zwischen der Liebe selbst statt. Wahnsinn und Abscheu ist das Resultat. Bardem’s Charakter ist ein angepriesener Schreiber, der für seine Werke, jedes seiner Worte, verehrt wird. Sie beide leben abgeschieden in einem Haus auf dem Land bzw. ländlicher Region und versuchen sich selbst zu finden, besonders aber Bardem, der aus seiner Schreibblockade aussbrechen und etwas großes dichten möchte. Lawrence ist die Inspiration, die sowohl eine eigene Welt erschaffen möchte, es aber auch jedem und gerade ihrem Mann (Bardem) recht machen möchte. Als dann plötzlich vermeidlich Fremde in das Haus kommen und Lawrence zu nichts mehr ge- oder befragt wird, nimmt die Geschichte an Fahrt auf und begleitet Lawrence dabei immer dicht an Nacken, Kopf, Schulter und Vordergesicht. Wie schon in Black Swan, vielleicht sogar noch intimer und persönlicher. Die Kamera hängt an ihr, wie Superkleber zwischen zwei Fingern.

Wiederkehr!

Und die Parallelen zwischen „Black Swan“ und „Mother!“ sind unverkennbar. Wiederkehrende, einleitende und abschließende Motive, wie ein kleiner Blutfleck, der ankündigt, warnt und beendet! Auch die Verwandlung, die zunehmend angestaute Wut in Lawrence Charakter steigt stetig. Die Kamera bleibt immer an Lawrence dran, zeigt das Geschehen aus ihrer Perspektive und fängt wackelnd, intensiv und realistisch, die Bilder für uns und die Leinwand ein. Und es ist wunderschön anzusehen. Ob nun verrückt oder nicht, aber ich hätte Lawrence auch 100 Minuten dabei zusehen können, wie sie einfach nur durch’s Haus, durch Wälder und Gestrüpp läuft, Hauptsache die Kamera hängt an ihr dran, wie Bardem, der sie gedanklich und psychisch immer verfolgt. Eben der Punkt. Die Handlung driftet währenddessen immer mehr ab und verdoppelt, vervielfältigt sich, bis zum Grande Finale, wenn dann alles seinen Platz findet. Wahnsinn, Abscheu, Brutalität, Liebe, Entfremdung und Wiedergeburt.

Unzählige Motive, Ebenen, über Sprache, Kommunikation, Veränderung und Verehrung. Gespickt mit einer der abscheulichsten und mutigsten Szenen, die das Kino je gesehen hat. Aronofsky wollte wieder paralysieren und setzt dem Ganzen die Krone auf, sodass kein Zuschauer drum herum kommt, zumindest an diese Bilder noch ein paar Tage zu denken. Entweder sie kauen darauf ein paar Tage rum, wie auf Kautschuk oder sie versuchen ein Statement zu erkennen, dass der Regisseur ihnen vorgehalten hat!

Jennifer Lawrence in mother!, from Paramount Pictures and Protozoa Pictures.

Intention?

Was möchte uns Aronofsky damit sagen? Ein Fest für all jene, die nicht wissen, sondern deuten und interpretieren möchten.
Ich denke, was er zeigen möchte, ist, dass Verehrung, so gut und lobenswert sie auch aussehen und sich anfühlen mag, fortschreitend und ohne Kontrolle, sich in den Wahnsinn selbst und einen Albtraum verwandeln kann. Und das zeigt uns Aronofsky in langsamer, atmosphärischer Handlung, steigenden Höhepunkten und atemberaubenden Bildern.

Was entstehen kann, wenn man nicht weiß, wann Schluss ist, kann zu einem blutigen Gemälde sondergleichen werden. Hochmut kommt vor dem Fall und Gott hat keine menschliche Gestalt. Keine menschliche Gestalt. „Mother!“ (Jennifer Lawrence), ist die Einzige Person im Film, die noch denken und aussprechen kann, was von Statten geht. Was Richtig, oder was Falsch ist. Sie ist die Einzige, das feststehende, unaufhaltsame Motiv der Vernunft, die ihren Mann vor der Bewunderung, bis hin zum auseinander reißen seiner gepriesenen Person und jeglicher Form von Liebe und Verstand, nicht retten kann.

Sie ist eine wunderschöne Statue, alle um sie herum sind verrückt. Menschen, die sich gegenseitig auffressen würden, nur um ein Teil von etwas größerem zu sein, ohne zu wissen, was sie zu wahrer Größe auserkoren haben oder was sie bedeutet, sie ausmacht!

Left to right: Javier Bardem and Jennifer Lawrence in mother!, from Paramount Pictures and Protozoa Pictures.

Ein Drei-Akter!

Was könnte er uns noch sagen wollen?

Dass das Leben zu kurz ist, als das man sich von den Meinungen anderer ernähren muss, ihnen zum Leid fällt und wieder ausgeschieden wird? Hat Aronofsky aus sich selbst einen Gott machen wollen, indem er sein Stück in 3 klare Akte teilt?

Akt 1:

Der schmerzvolle Weg und die Entstehung einer Idee, eines Buches.

Akt 2:

Das Schreiben und das gemachte Werk, dass unendlich wird.

Akt 3:

Selbstlob, Anerkennung, Vergötterung, Verwandlung und Wahnsinn und Leid.

Drei Akte, drei Handlungen, drei Ebenen und zwei Charaktere, die die Entwicklung und das Leid tragen. Eigentlich eine Person, die das ganze Leid trägt. Lawrence trägt jede auch nur ansatzweise erkennbare Emotion in Mother! und ist, was ihr Schauspiel betrifft, auf der Höhe der Zeit, vielleicht sogar auf der Höhe ihres Könnens. Bardem spielt gewohnt gut, intensiv, muss sich aber nicht sonderlich anstrengen, da ihm die Rolle eines Gottes, eines übermenschlichen denkenden und handelnden Wesens zu Teil wird. Kein Gott.

Jennifer Lawrence in mother!, from Paramount Pictures and Protozoa Pictures.

Erkenntnis?

Aronofsky kann uns sagen, dass Selbstlob und Bewunderung keine Kontrolle inne hat, dass er der einzig wahre Regisseur ist oder dass er auf das ganze Bling Bling seines eigenen Ansehens einen feuchten Furz gibt, indem er so manche Vernunft, die man in Mother! erkennen, gar wahrnehmen kann, mit einer widerwärtigen und markerschütternden Szene gleichzeitig wieder entkräftet.

Die Gefahren sind klar, das Statement variabel, der ganze Film eine einzige Wahrnehmungs- und interpretations-Tortur. Für mich überwiegt der Sinn des Bösen hinter der Bewunderung, der Aufgabe, die daraus wird und der vollkommenen Machtlosigkeit in sich selbst. Irgendwo, hinter all dem verbirgt sich ein Film der Liebe, die aufflammt, zwischen Charakteren und Bestimmungen, die verwelkt, stirbt und blutet. Liebe steckt in allem. In was auch immer ihr sie sucht.

Schöpfung!

Und nach Tagen der Erkenntnisse kann mother! sogar die Schöpungsgeschichte selbst sein. mother! – Natur und Gott, ihr Mann. Dazu Kain und Abel (Die Gebrüder Gleeson), Adam und Eva (Harris und Pfeiffer) und später der Sohn Gottes selbst, die Apokalypse und der Neuanfang, der symbolisieren soll, dass die Menschheit ihr Leid immer weiter in die Welt hinausträgt und sich der Mensch selbst dabei nicht verändert.

Er schreibt wieder und wieder die selbe Geschichte, Jahrtausend um Jahrtausend und fällt der Religion bzw. dem, was er aus der Religion macht, zum Opfer, die gedanklich so umfunktioniert wird, dass Sklaverei, Völkermord und Wahnsinn gerechtfertigt wird. Mother kann die Schöpfungsgeschichte, eine Geschichte angelehnt an Gott sein, die Geschichte wahrer und schmerzlicher Bewunderung eines Schriftstellers/Drehbuchautors, eine Fabel/ ein Mysterium über menschliches Handeln, die immer selbe Geschichte über die Ahnungslosigkeit und Dummheit der menschlichen Rasse, des menschlichen Denkens und der Liebe sein.

Fazit

Mother! kann so vieles, für so viele sein. ∞ In diesem Moment jedoch, sehe ich darin die Warnung vor Lob, Anpreisung, Berühmtheit, Hochmut und Fall. Dazu verschwimmen jegliche Grenzen und wenn die Bewunderung und einhergehende Gefahr nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden kann, dann macht Aronofsky auch aus dem ganzen Rest ein Psycho-Terror-Konstrukt, das Horrorfilme der letzten Jahre, Psychothriller der letzten Jahre, vollkommen mühelos in den Schatten stellt. Aber vielleicht bin ich auch einfach nur überwältigt und werde langsam so verrückt, dass ich die ganzen fremden Menschen da unten, in meinem Haus, meinen 4 Wänden, meinem wunderschönen Ort, die Ohren, Kehlen und Köpfe abschneiden werde.

Ihr müsst gehen.

Verschwindet!

Unsere Wertung:

 

© Paramount Pictures

1 Kommentar

  • Merkwürdige, pseudointellektuelle Kritiken sind das für mich. Mich beschleicht das Gefühl, dass der eine nur zeigen wollte, wie weltoffen er ist, der andere dagegen, dass er nicht mit dem Mainstream schwimmt.

    Rechtschreibfehler beider Rezensenten machen es dem geneigten Leser dann auch nicht wirklich einfacher, das Geschriebene ernst zu nehmen („Das Schreiben und das gemachte Werk, dass unendlich wird.“ Mit einem s oder mit zwei? Egal. Mal so, mal so. „Aronofsky“ oder „Arofnosky“? Egal. Hauptsache auf Kult herumtrampeln.)

    Ich bin wahrlich kein uneingeschränkter Fan von Aronofsky. „Black Swan“ fand ich sehr toll. „Noah“ konnte ich absolut nichts abgewinnen. Diesen hier habe ich noch nicht gesehen, aber auch wenn die Kritiken hier mit Spoileralarm versehen sind, empfinde ich sie als inhaltlich so dünn und nichts sagend, dass ich mir nach dem Lesen den Film ansehen kann, ohne das Gefühl zu haben, zu viel zu wissen.

    Insofern: thanx for nothing 🙂