Nell erscheint am 16. November 2018 erstmals auf Bluray als limitiertes Mediabook. Ich habe mir das zum Anlass genommen, den Film aus dem Jahr 1994 noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Wie sich das durchaus gefühlvolle Drama schlägt und sich die interessante Thematik entfaltet, erfahrt ihr im Folgenden!
No data available.“Ihr wisst große Dinge, aber ihr seht einander nicht in die Augen. Und ihr hungert nach Stille.”
Die Story von Nell
Inmitten der Abgeschiedenheit North Carolinas, fernab der Zivilisation, lebte Violet Kellty. Lediglich zu dem Dorfarzt Dr. Jerry Lovell (Liam Neeson) hatte sie Kontakt. Nach ihrem Tod entdeckt dieser, dass die alte Dame nicht alleine gelebt hat. Er trifft auf eine verängstigte, junge Frau (Jodie Foster), die sich lediglich in unverständlichen Worten ausdrücken kann. Jerry kann jedoch immerhin ihren Namen in Erfahrung bringen: Nell
Um ihr helfen und untersuchen zu können, kontaktiert Jerry die Wissenschaftlerin Dr. Paula Olsen (Natasha Richardson). Sie degradiert Nell jedoch schnell zu einem reinen Forschungsprojekt, um ihre Karriere voranzutreiben. Den beiden bleiben drei Monate, um herauszufinden, was für Nell das Beste ist. Doch auch die Presse hat von der verwilderten Nell Wind bekommen. Wie lange kann sie noch vor der Außenwelt geheimgehalten und beschützt werden?
Nell – Ein Sinne weckendes Drama
“Es ist, als wäre sie alleine auf dieser Welt. Als würde sie niemand brauchen. Kann man sein ganzes Leben so leben? Oder treibt es einen am Ende in den Wahnsinn?”
Es ist schon beinahe bezeichnend für den Film, dass die Filmcrew selbst für den Dreh abgeschieden von der Außenwelt über zwei Monate quasi in der Wildnis hauste, um nicht ein Vermögen an Fahrkosten zu bezahlen. So sagte Jodie Foster zum Beispiel selbst: “Das Unglaubliche ist, dass wir, nachdem wir uns auf das Schlimmste vorbereitet haben, nie glücklichere Leute gesehen haben. Ich denke, dass das ganze Erlebnis viele aus ihrem alltäglichen Trott gerissen und aufgeweckt hat.” Das Team erlebte also dieselben authentischen Erfahrungen wie die Charaktere auf ihrer Sinnessuche im Film und das merkt man Nell auch zu jeder Zeit an.
Die meditative Wirkung verdankt Nell zu einem nicht unerheblichen Teil Komponist Mark Isham (Warrior, L.A. Crash). Der Soundtrack aus seiner Feder lädt zum Träumen ein. Und gepaart mit der ebenso traumhaften und idyllischen Szenerie ergeben sich viele wundervolle Momente, die ein beflügelndes, beinahe sehnsüchtiges Gefühl vermitteln.
Gepaart mit der tief schürfenden Thematik entwickelt sich Nell zu einem Drama, das vor allem mit seiner entwaffnenden Anschaulichkeit zu punkten vermag.
Die tollen Performances und die Hintergründe von Nell
Ja, es gibt auch Filme, in denen Liam Neeson mal nicht den knallharten Haudrauf-Typen spielt. Dieser ist einer davon. Während seine Figur Dr. Jerome Lovell sich von der Welt der Menschen zurückziehen will, will Dr. Paula Olsen (Natasha Richardson) Nells Fall nutzen, um ihre Karriere voranzutreiben. Beide geben eine starke Performance ab und vor allem die Chemie zwischen den beiden scheint zu stimmen. Aber letzten Endes ist es natürlich Jodie Foster (Elysium, Das Schweigen der Lämmer) als Nell, die in ihrer Rolle wahrlich brilliert. Schade, dass sie damals nicht den Oscar für sich gewinnen konnte, denn den hätte sie sich mit ihrer Performance absolut verdient.
Der Film ist von realen Gegebenheiten inspiriert. Ende der 70er Jahre wurden die als behindert diagnostizierten Zwillinge Poto und Cabengo durch die Nachrichten bekannt. Ihre Eltern kümmerten sich kaum um die beiden und redeten kaum mit ihnen. So wuchsen sie in der Obhut ihrer Großmutter auf, die nur Deutsch sprach. Die Geschwister entwickelten also, ebenso wie Nell, ihre eigene Sprache, auch Idiolalie genannt. Nach ihrer Behandlung und “Normalisierung” fanden die beiden zwar den Weg zurück in die moderne Welt, jedoch gestaltete sich der Prozess aufgrund ihrer sprachlichen und geistigen Limitierung als langwierig und so glücklich wie zuvor scheinen die beiden mit der ihr aufgezwungenen Sozialisierung auch nicht zu sein. Deutlich besser ergeht es da jedoch Nell, was zwar stark romantisiert erscheint, im ohnehin etwas verklärten Film aber nicht deplatziert wirkt.
Mein Fazit zu Nell
Regisseur Michael Apted ergründet in Nell mit viel Feingefühl universelle Fragen und Botschaften. Der Film lässt einen zur Ruhe kommen, sich seiner selbst bewusster werden und reflektieren. Man muss sich aber voll und ganz auf Michael Apteds Drama einlassen können und sich der für gewiss nicht jeden zugänglichen Thematik hingeben. Ist man dazu gewillt und straft die Handlung nicht mit der Bezeichnung esoterischer Gutmenschlichkeit ab, dann kann man mit Nell eine Sinneserweiterung erleben.
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