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Auf dem Bild sieht man Tommy Shelby in einer Bar nach einer Auseinandersetzung - Peaky Blinders Staffel 6

Peaky Blinders Staffel 6

Das Ende einer Ära steht bevor. Am 10. Juni startete die finale Staffel der Peaky Blinders auf Netflix. Die letzten Schlachten des Shelby-Clans stehen bevor, nicht nur gegen ihre Feinde, sondern auch gegen die eigenen Dämonen. Werden Tommy Shelby und seine Familie den inneren Frieden und die Serie einen würdigen Abschluss finden? Das erfahrt ihr in unserer Kritik!

TitelPeaky Blinders (Staffel 6)
Jahr2022
LandGroßbritannien
RegieAnthony Byrne
DrehbuchSteven Knight, Toby Finlay, Stephen Russell
GenreSerie
DarstellerCillian Murphy, Natasha O’Keeffe, Paul Anderson, Anya Taylor-Joy, Tom Hardy, Sophie Rundle, Finn Cole
Länge370 Minuten
FSKab 16 Jahren freigegeben
VerleihNetflix
Auf dem Bild sieht man einen wandelnden Tommy Shelby am Hafen in Begleitung eines Hundes - Peaky Blinders
Tommy Shelby auf dem Weg zu neuen Gefahren @Netflix

Peaky Blinders Staffel 6 – Die Handlung

Das Attentat auf Oswald Mosley im Finale von Staffel 5 ist gescheitert. Tommy Shelby (Cillian Murphy) befindet sich am Ende seiner Kräfte, er halluziniert über seine tote Frau Grace. Voller Trauer setzt er sich eine Pistole an die Schläfe und droht abzudrücken. Cliffhanger.

Selbstverständlich entledigt sich der große Anführer der Blinders nicht seines Lebens. Er stürzt erschöpft zu Boden und wird von seiner zweiten Frau Lizzie (Natasha O’Keeffe) gefunden. Tommy kommt wieder zurück zur Besinnung, denn das Tagesgeschäft geht weiter. Es zieht ihn nach Nordamerika, wo das Ende der Prohibition bevorsteht und neue Möglichkeiten eröffnet. Boston wird damit zu einem wichtigen Spielfeld für das Shelby-Imperium. Das bedeutet keineswegs, dass Ruhe im Hause Shelby einkehrt, sondern die Familie muss sich nicht nur mit dem aufkommenden Faschismus von Mosleys BFU (British Union of Fashists) befassen. Ein viel größerer Einschlag ist das unerwartete Ableben von Polly Gray (Helen McCrory), eine Person, die das gesamte Gefüge zusammenhielt. Das bringt sowohl Tommy als auch Arthur (Paul Anderson) vom Weg ab, da mit ihr eine ihrer wichtigsten Bezugspersonen verstarb. Wie werden die Blinders ohne Polly auf die bevorstehenden Gefahren reagieren?

Ruhe in Frieden, Polly

Zuerst einmal muss die große dunkle Wolke dieser finalen Staffel angesprochen werden. Leider verstarb Schauspielerin Helen McCrory im April 2021 an Krebs. Ein tiefer Schlag für alle Personen in McCrorys Umfeld, wie auch für das Team rund um die Serie. Tante Polly musste somit aus der Serie geschrieben werden. Die Serie entscheidet sich für einen holprigen Weg. Polly stirbt und kriegt ihre standesgemäße Bestattung durch die Familie. Der Grund für ihren Tod? Mord durch die Hand derjenigen, die auch schon den Anschlag auf Mosley sabotiert hatten.

Ihr Tod hatte nicht nur sichtliche Auswirkungen auf die Charaktere, allen voran auf Tommy und Arthur. Ihr Fehlen macht sich auch qualitativ bemerkbar. Sie war neben Cillian Murphys Protagonisten die zweitwichtigste Figur innerhalb der Serie. McCrorys Präsenz fehlt enorm, weil Polly stets für Dominanz und Ruhe stand. Sie war diejenige, welche die Lasten der Welt auf Tommys Schultern löste. Als ältestes Mitglied der Blinders verstand sie nicht nur das Geschäft, sondern auch die Opfer, welche hinter allen Entscheidungen standen. Ihre Rationalität als Gegenpol zu Tommys Explosivität wird von den Fans sicherlich sehr vermisst. Wir verbeugen uns vor einer großartigen Figur und einer grandiosen Darstellerin.

Tommy Shelbys zäher Weg raus aus der Hölle

Einer der letzten Antihelden der sogenannten neuen „Golden Age of Television“ kriegt seine letzte Chance auf Frieden und Absolution. Tommy verkörpert nämlich alles, was die Antihelden der 2000er/2010er Jahre ausmachten. Sie waren gutaussehend, eloquent, ruchlos, intelligent und die geborenen Anführer. Autor und Journalist Brett Martin sprach von der „Era of difficult Men“. Die Helden waren keine glattgebügelten Hau-Drauf-Protagonisten, sondern allen voran Männer, die sehr viele Probleme mit sich trugen. Ihr größter Kampf war nämlich immer mit den eigenen Dämonen. Bekannte Beispiele waren dafür Tony Soprano (Die Sopranos), Don Draper (Mad Men) oder Walter White (Breaking Bad).

Der Anführer der Blinders ist ein emotionaler, vom Ersten Weltkrieg traumatisierter Mann. Sein größter Wunsch ist es, mehr aus seinem Leben zu machen als das, in welches er ursprünglich hineingeboren wurde. Tommys Weg ist stellvertretend für den Aufstieg dieser Serie. Es begann klein, unschuldig, mit kleinen Verbrechen und Pferderennwetten. Aber in kürzester Zeit formte er ein Familienimperium, vor das alle in Ehrfurcht erstarren. Ebenso kann über die Entwicklung der Popularität der Serie geredet werden, seit sie bei Netflix einen festen Platz bekam. Tommy Shelby wurde zum Aushängeschild und der staubige Antiheld erstrahlte in früherem Glanze.

Der Preis für das Imperium ist hoch gewesen und hat Kraft gekostet. In Staffel 6 kriegen wir einen düsteren, erschöpften und instabilen Antihelden. Er zeigt sich reuevoll, gebrochen und tatsächlich sogar angsterfüllt. In der letzten Staffel möchte man den Protagonisten vollkommen am Boden sehen.

Murphy stellt sie alle in den Schatten

Tommy funktioniert aber auch nur so gut wie der Darsteller, der ihn verkörpert. Cillian Murphy zeigt abermals eine Meisterleistung und taucht tief in das Innenleben seiner Hauptfigur ein. Jede Emotion scheint greifbar. Wir sympathisieren mit ihm, wir verabscheuen und lieben ihn. Tommy dominiert diese finale Staffel. Ebenso erwähnenswert sind aber auch die zentralen Frauenfiguren. Natasha O’Keeffe als Tommys Frau Lizzie liefert ihre beste Performance in der Serie ab. Die Szenen zwischen ihr und Tommy zählen zu den emotionalen Highlights dieser Staffel. Ein perfektes Beispiel hierfür ist ein Gespräch im Schlafzimmer. Hier gesteht Tommy, dass er sich reuevoll gegenüber ihrer Beziehung zeige, weil er sie konstant in Gefahr bringe.

Ebenso hervorzuheben ist die Leistung von Sophie Rundle als Ada Shelby. Sie gibt sich sehr große Mühe, um in Helen McCrorys Fußstapfen zu treten und es gelingt ihr in eindrucksvoller Manier. Sie kann Polly nicht vollkommen ersetzen, aber schafft es, ihrer Ada mehr Ecken und Kanten zu verleihen, indem sie die Rolle des emotionalen Familien-Supports einnimmt.

Auf dem Bild sieht man Michael Gray und seine Gefolgsleute im Nebel - Peaky Blinders Staffel 6
Michael Gray plant seinen Komplott gegen Tommy Shelby ©Netflix

Schwächelnde Nebenfiguren

Leider bleiben dennoch einige Figurenentwicklungen auf der Strecke. Die größten Enttäuschungen sind Arthur Shelby (Paul Anderson) und Michael Gray (Finn Cole). Bei Arthur macht sich sehr schnell das Gefühl breit, dass sich sein Charakter schon lange über dem erzählerischen Zenit befindet. Mehr als ein übermäßiger Alkoholkonsum, um die Tränen für Tante Polly zu unterdrücken, war für den Veteranen nicht mehr herauszuholen. Sein emotionaler Höhepunkt war in Staffel 4, wo auch seine Reise hätte enden können. Michael Gray hingegen startet so vielversprechend als derjenige, der Pollys Tod rächen möchte, ausgerechnet an dem Oberhaupt selbst. Aber auch Gray bleibt lange auf der Strecke, wodurch nie wirklich Spannung aufkommt und sein Charakter letztendlich auf einer eindimensionalen Ebene verbleibt.

Die bekannten darstellerischen Gesichter wie Tom Hardy und Anya Taylor-Joy bleiben auch eher uninteressante Erscheinungen, die im Hintergrund verweilen. Beide kriegen zu wenig Zeit und dürfen sich nie wirklich entfalten. Insgesamt fehlt es der finalen Staffel an großartigen Charaktermomenten, die über Tommy Shelby hinausgehen.

Die Geschichte hängt in der Luft

Abgesehen von Tommys Route in die Dunkelheit, überzeugt die finale Staffel handlungstechnisch nicht durchgehend. Die Handlungspunkte rund um den aufkommenden Faschismus in Großbritannien oder der neue Handlungsort in Boston, sie kommen nie wirklich aus dem Quark. Jede Szene, die außerhalb der Shelby-Familie stattfindet, wirkt zäh und unfokussiert. Man könnte meinen, dass alle Handlungsorte für den Peaky Blinders Abschlussfilm aufgebaut werden und die Charaktere sich in dieser Staffel zurücklehnen müssen, damit das Drama rund um die Familie mehr Zeit und Raum erhält.

Daher wirkt es in der finalen Episode nie, als würde eine große Geschichte enden, sondern dass kleine Storys vorbeiziehen und der eigentlich große Knall zurückgehalten wird.

Michael Gray wird im Gefängnis von den Wachen zurückgehalten - Peaky Blinder Staffel 6
Gray kann nur von den Wachen abgehalten werden © Netflix

Unser Fazit zu Peaky Blinders Staffel 6

Die finale Staffel wirkt leider sehr lauwarm. So bemüht sie auch sind – Die Serie bekommt es nicht hin, den großen Verlust von McCrory zu kompensieren. Auch die verschiedenen Handlungsebenen gehen insgesamt nicht auf oder verlaufen im Sande. Es wirkt eher, als würde der große Abschlussfilm vorbereitet werden, statt eine zufriedenstellene Konklusion zu bieten.

Es muss trotz aller Kritik gesagt werden, dass trotz einiger Schwächen in der Figurenzeichnung, schauspielerisch in dieser Staffel brilliert wird – alles voran die weiblichen Figuren von Rundle und O’Keeffe. Ebenso weiß auch Protagonist Shelby zu überzeugen und Murphy liefert abermals eine grandiose Leistung ab. Ebenso ist ein Blick lohnenswert, weil sich auch Kamera, Kostüm und Ausstattung auf einem hohen Niveau befindet.

Es ist nicht das Ende, das sich Fans gewünscht hätten, aber dennoch sehenswert. Mögen wir nur hoffen, dass der Abschlussfilm der Peaky Blinders dieser wunderbaren Serie gerecht werden mag.

Unsere Wertung:

 

 

Zuletzt aktualisiert am 11. November 2022 um 4:59 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.
Zuletzt aktualisiert am 11. November 2022 um 4:59 . Wir weisen darauf hin, dass sich hier angezeigte Preise inzwischen geändert haben können. Alle Angaben ohne Gewähr.

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