Mit Space Force hat sich Netflix zuletzt eher auf ironische Weise dem Thema Raumfahrt gewidmet. Mit Away schlägt man nun beim Streamingdienst deutlich ernstere Töne an. Erfahrt hier, wie gut das Science Fiction-Drama mit Hilary Swank geworden ist.
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Titel | Away |
Jahr | 2020 |
Land | United States of America |
Genres | Sci-Fi & Fantasy, Drama |
Darsteller | Hilary Swank, Mark Ivanir, Ray Panthaki, Vivian Wu, Ato Essandoh, Talitha Eliana Bateman |
Länge | Minuten |
Wer streamt? | Abonnement: Netflix, Netflix basic with Ads |
Away – Mars-Astronauten sind auch nur Menschen
Als sich die amerikanische Astronautin Emma Green (Hilary Swank) auf die Leitung einer internationalen Mannschaft und den ersten Raumflug zum Mars vorbereitet, muss sie damit leben, dass sie ihren Mann (Josh Charles) und ihre Teenager-Tochter (Talitha Bateman) in einem Moment zurücklässt, in dem beide sie am meisten bräuchten. Je weiter sich die Crew von der Erde entfernt, desto komplexer und dynamischer werden die emotionalen Konflikte, als allen bewusst wird, was sie zurückgelassen haben. Away handelt davon, dass wir manchmal die Heimat verlassen müssen, wenn wir nach den Sternen greifen.
Die Review basiert auf allen 10 Folgen der ersten Staffel, die uns Netflix dankenswerterweise vorab zur Verfügung gestellt hat.
Eine Vision von einer nicht allzu fernen Zukunft
Away erzählt die Geschichte einer Marsmission, wie sie vermutlich innerhalb des nächsten Jahrzehnts tatsächlich stattfinden könnte. Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass man als Zuschauer noch viel mehr als bei ähnlich gelagerten Gedankenspielen das Gesehene auf Plausibilität hin hinterfragt. Auch wenn man natürlich nicht exakt so in ein paar Jahren die Reise zum Mars antreten wollen wird, so ist es doch sehr gut vorstellbar, dass die Mission ein nationenüberspannendes Projekt sein wird wie eben in der Serienversion.
Sowohl das Team der fünf Astronauten als auch die Wissenschaftler, die das Projekt von der Erde aus dirigieren, entstammen verschiedenen Ländern, die sich schon in der Vergangenheit in der Raumfahrt verdingt gemacht haben. So steigt Hilary Swank (Logan Lucky) als Emma Green stellvertretend für die NASA ins Space Shuttle. Mit an Bord sind dann neben der Kommandantin ein Russe (Mark Ivanir), ein Inder (Ray Panthaki), eine Chinesin (Vivian Wu) und ein afrikanischstämmiger Brite (Ato Essandoh).
Überaus gelungen ist in Away, wie man einerseits die Klischees über die jeweiligen Landsleute aufgreift und dann aber auch jeweils die Stärken der Figuren daraus ableitet. Immer wieder müssen die Astronauten, Taikonauten und Kosmonauten einerseits an Bord als Team für den Erfolg zusammenarbeiten und andererseits nicht ihre Stellvertreterrolle für ihre Heimatnationen außer Acht lassen. Aus diesem Spannungsfeld ergeben sich nachvollziehbare Konfliktherde, aus denen die Dramaserie ihre stärkeren Momente zieht.
In Away stehen die menschlichen Dramen über der Science-Fiction
Wer sich von Away eine Science Fiction Serie à la The Expanse, nur eben näher an unserer Jetztzeit, erwartet hat, der wird enttäuscht werden. Der Schwerpunkt dieser Geschichte liegt eindeutig auf der zwischenmenschlichen Ebene. Hier spielen sich die interessanten Dramen ab. Eindeutig im Fokus steht die Frage, was es mit Menschen macht, wenn sie bereit sind, ihre Familie hinter den Fortschritt der Menschheit stellen, aber auch die Gegenseite, also die auf der Erde Zurückgelassenen, wird vielfältig porträtiert. Es ergeben sich zwangsläufig innere Kämpfe, wenn man beispielsweise während der Mission erfährt, dass dem Gatten oder dem Kind auf der Erde etwas zustößt und man nicht zurückkehren und Beistand leisten kann.
Sehr spannend wird es vor allem, da man anhand der unterschiedlichen Persönlichkeiten auch sieht, wie schnell sich Motivationen dann auch während einer Reise ins Ungewisse ändern können. Selbst der, der am meisten Gewissheit gezeigt hat, sich im Zweifelsfall für den Erfolg der Mission zu opfern, kann doch Heimweh entwickeln oder letztendlich mehr als alle anderen am eigenen Leben hängen.
Away ist in den ruhigen Momenten stark, …
In den Situationen, in denen sich den Schicksalen der Crewmitglieder gewidmet wird, oftmals auch unterstützt von Rückblenden in die Vergangenheit oder gar Kindheit, kann Away durch starke Emotionen glänzen. Schön ist, dass zwar die Protagonistin Emma Green und ihre Familie im Vordergrund stehen, aber dennoch auch alle anderen aus dem Team mit reichlich Hintergrund zu spannenden Figuren aufgebaut werden. An Bord des Missionsschiffs Atlas gibt es über die 10 Folgen hinweg dann einige richtig starke Dialogszenen, die auf Basis des Wissens über die Charaktere durchaus für Gänsehaut sorgen können. An dieser Stelle soll nicht zu viel verraten werden, aber speziell auch die Figuren, die anfangs eher unsympathisch und distanziert wirken, entwickeln sich im Laufe der ersten Staffel zu den spannendsten Persönlichkeiten.
… aber kann in den Spannungsmomenten selten überraschen
Im Überbau hat man aber trotzdem eine Science Fiction-Story, wie man sie schon unzählige Male gesehen hat. Es geht um eine Pioniermission, auf der natürlich einige Unwägbarkeiten lauern, die man durch Teamwork, die individuelle Genialität der Raumfahrer und Glück überstehen muss. Diese Szenen wirken dann teils zu konstruiert und abgedroschen, vor allem aber auch in ihrer Inszenierung zu vorhersehbar und unspektakulär, um erfahrene Science Fiction-Fans vom Hocker reißen zu können. Mit großen Vorbildern wie Gravity und Der Marsianer kann man bei weitem nicht mithalten, obwohl man sich erkennbar daran orientiert hat.
Schauspielerisch stark, technisch aufs wesentliche konzentriert
Wenn man schon eine Oscarpreisträgerin im Cast hat, dann sollte man deren Qualität auch einzusetzen wissen. Glücklicherweise ist es in Away gelungen, sowohl Hilary Swank als auch ihren Co-Stars einiges ihrer schauspielerischen Güte heraus zu kitzeln. Wie bereits angedeutet, sind die zwischenmenschlichen Reibungen, die sich aufgrund der unterschiedlichsten Typen und den Zielen, die die Charaktere verfolgen, an Bord des Raumschiffs ergeben, die eindeutig die starken Momente von Away. Da die Menschen hinter den Astronauten allesamt komplexe Persönlichkeiten haben, müssen die Darsteller ein großes Spektrum an Emotionen abbilden können. Durch die Bank ist der Cast, was dies betrifft, absolut fantastisch zusammengestellt. Ein besonderes Lob muss man hier noch an die Jungschauspielerin Talitha Bateman aussprechen. Sie ist für mich das heimliche Highlight der Serie als Serientochter von Hilary Swank.
Bei den visuellen Aspekten hat man sich stets darauf besinnt, dass man nicht mit hoch budgetierten Blockbustern des Genres mithalten kann. Selten sieht man Außenaufnahmen im All oder vom Raumschiff. Wenn man allerdings dann mal einen Weltraumspaziergang darstellen muss, dann sieht das schon sehr wertig aus. Ein optisches Spektakel darf man sich jedoch nicht erhoffen. Die Innenaufnahmen des Shuttles und die Zentrale in Huston wirken wiederum auch lebensecht und unterstreichen nochmals den Anspruch von Away an eine sehr realistische Darstellung der zeitgenössischen Raumfahrt.
Unser Fazit zu Away
Die Dramaserie mit dem Science Fiction-Setting ist kein Futter für Fans actionreicher Weltraumabenteuer. Die teils erzwungenen Spannungsmomente, die die Crew auf die Probe stellen sollen, zeigen wenig Neues. Dafür punktet Away durch nachvollziehbare menschliche Tragödien sowie einen hohen Grad an Realismus. Auch wer die Darsteller in anderen Rollen bereits überzeugend fand, darf dem Neuling eine Chance geben, da der Cast eine Vielzahl an interessanten Persönlichkeiten mit hohem Identifikationspotenzial zum Leben erwecken kann.
Away kann ab dem 4. September komplett bei Netflix gestreamt werden.
Unsere Wertung:
© Netflix